Verwaltungsrecht

Reichweite des Darlegungserfordernisses bei Berufungszulassungsgründen

Aktenzeichen  10 ZB 17.138

Datum:
20.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24971
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60a Abs. 2, Abs. 2c, Abs. 2d

 

Leitsatz

Die nach § 124a Abs. 4 S. 4 VwGO erforderliche Darlegung von Berufungszulassungsgründen erfordert eine konkrete und fallbezogene Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Dem Darlegungserfordernis ist nur Genüge getan, wenn im Zulassungsantrag einer oder mehrere der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe geltend gemacht werden sowie fallbezogen und aus sich heraus verständlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht näher erläutert wird, aus welchen Gründen jeweils welcher geltend gemachte Zulassungsgrund für gegeben erachtet wird. (Rn. 2) (red. LS Clemens Kurzidem)

Verfahrensgang

Au 1 K 16.987 2016-12-13 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Erteilung einer Duldung weiterverfolgt, ist unzulässig. Denn er ist nicht den rechtlichen Anforderungen entsprechend begründet worden.
Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils darzulegen. Die Zulassungsbegründung muss sich mit dem angefochtenen Urteil konkret und fallbezogen auseinandersetzen. Dem Darlegungserfordernis ist nur Genüge getan, wenn in dem Zulassungsantrag einer oder mehrere der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe geltend gemacht werden sowie fallbezogen und aus sich heraus verständlich in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht näher erläutert wird, aus welchen Gründen jeweils welcher der geltend gemachten Zulassungsgründe für gegeben erachtet wird. Zwar muss der Zulassungsgrund nicht ausdrücklich benannt werden, doch muss es dem Berufungsgericht bei angemessener Würdigung und Auslegung der Vorbringens möglich sein zu erkennen, welcher Zulassungsgrund oder welche Zulassungsgründe geltend gemacht werden und was jeweils hierzu vorgebracht wird. Nur dann ist eine inhaltliche Prüfung, ob ein Zulassungsgrund im Sinne des § 124 Abs. 2 VwGO tatsächlich vorliegt, überhaupt erst möglich. Ohne substantiierte Darlegung wenigstens eines Zulassungsgrundes ist der Zulassungsantrag unzulässig (vgl. Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.4.2018, § 124a Rn. 64 ff.).
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil vom 13. Dezember 2016 die Verpflichtungsklage, dem Kläger eine Duldung zu erteilen, abgewiesen, weil die geltende gemachte Reiseunfähigkeit und damit eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1, Abs. 2c, Abs. 2d AufenthG nicht vorliege. In dem Schriftsatz vom 9. Februar 2017 beschreibt der Kläger zunächst ausführlich die tatsächlichen Vorgänge um die Stellung eines Asylfolgeantrags durch den Kläger und die Ablehnung der Ausländerbehörde, eine Duldung zu erteilen. Sodann folgen abstrakte Rechtsausführungen zur Duldung; der Kläger legt dar, dass eine Duldung zu erteilen sei, wenn eine Abschiebung nicht möglich sei, und dass es nicht darauf ankomme, ob der Ausländer freiwillig ausreisen könne. Derartiges hat das Verwaltungsgericht auch nicht behauptet. Es hat vielmehr unter Auswertung des vorliegenden fachärztlichen Gutachtens entschieden, dass eine Abschiebung nicht wegen einer Reiseunfähigkeit des Klägers unmöglich ist. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils geht der Schriftsatz des Klägers überhaupt nicht ein. Es ist weder erkennbar, welche Zulassungsgründe im Sinn des § 124 Abs. 2 VwGO vorgetragen werden sollen, noch können aus dem Schriftsatz Gesichtspunkte entnommen werden, die auf einen Zulassungsgrund im Sinn des § 124 Abs. 2 VwGO führen könnten. Die Ausführungen zum Asylfolgeantrag sind nach dessen Ablehnung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge überholt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 und 2 GKG.
Da der Antrag auf Zulassung der Berufung aus den vorgenannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, ist auch der Antrag auf Prozesskostenhilfe abzulehnen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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