Verwaltungsrecht

Richtige Aufbewahrung von Waffen und zugehöriger Munition

Aktenzeichen  21 ZB 15.2434

Datum:
5.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11765
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 36 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Ein Verstoß gegen die Pflichten betreffend die Aufbewahrung von Waffen und Munition kann die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit begründen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Unerheblich ist dabei, ob nur eine geringe Menge Munition betroffen ist. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 K 14.143 2015-09-18 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf ihrer Waffenbesitzkarten.
Nach einem Ermittlungsbericht der Kriminalpolizeiinspektion Suhl vom 23. April 2013 wurde anlässlich einer am Vortag durchgeführten Wohnungsdurchsuchung in dem von der Klägerin und ihrem Ehemann genutzten Anwesen P.-H.-Straße 42 in Z.-M. Folgendes festgestellt: Im zweiten Obergeschoss des Hauses war in einem offenen Holzschrank ein Waffenkoffer abgelegt, in dem sich die Bockdoppelflinte der Klägerin in zerlegtem Zustand befand. Der auf derselben Etage vorhandene Waffenschrank der Klägerin war verschlossen. Der dazugehörige Schlüssel lag für jeden sichtbar auf dem Schrank.
Nach dem Inhalt der Akten wurde in dem Waffenschrank, es handelte sich um ein Behältnis der Sicherheitsstufe A nach VDMA 24992, die Langwaffe der Klägerin zusammen mit dazu passender Munition verwahrt.
Das Landratsamt Hof widerrief mit Bescheid vom 20. Februar 2014 die Waffenbesitzkarten Nrn. 2015/2002-1 und 2015/2002-2, in die jeweils eine Waffe eingetragen ist (Nr. 1). Zudem wurde der Klägerin aufgegeben, dem Landratsamt die Waffenbesitzkarten zurückzugeben (Nr. 2) und die in die Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen sowie vorhandene Munition an Berechtigte zu überlassen oder unbrauchbar zu machen (Nr. 3).
Das Verwaltungsgericht Bayreuth hat die Klage mit Urteil vom 18. September 2015 abgewiesen. Zuvor hatte der Senat die Beschwerde im Eilverfahren der Klägerin mit Beschluss vom 23. Mai 2014 (21 CS 14.916) zurückgewiesen.
Die Klägerin hat nach Zustellung des vollständigen Urteils (2.10.2015) am 2. November 2015 die Zulassung der Berufung beantragt.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Das mit dem Zulassungsantrag innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, begründet nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
1.1 Der Bevollmächtigte der Klägerin wendet sich gegen die Bewertung des Verwaltungsgerichts, nach der sich die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Klägerin bereits daraus ergibt, dass sie gegen Vorschriften zur Aufbewahrung von Waffen und Munition verstieß, indem sie in einem Waffenschrank der Sicherheitsstufe A ihre Langwaffe zusammen mit dazugehöriger Munition aufbewahrte. Er rügt, das Verwaltungsgericht habe nicht gewürdigt, dass aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheit und der von der Klägerin getroffenen Vorkehrungen jeglicher Drittzugriff, einschließlich eines Zugriffs für den Ehemann oder die Kanzleiangestellte, völlig ausgeschlossen gewesen sei. Es habe auch nicht berücksichtigt, dass es sich bei der aufbewahrten Munition nur um geringe Mengen von Restmunition gehandelt habe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht keinerlei Einschätzung vorgenommen, weshalb es diesen Verstoß als nicht situativ, nicht als (bloße) Nachlässigkeit, sondern als besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung eingestuft habe.
1.2 Daraus ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin im maßgebenden Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids die für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erforderliche Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) nicht mehr besaß und deshalb ihre Waffenbesitzkarten zwingend gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu widerrufen waren, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass sie Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG).
Waffen sind im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 16; SächsOVG, B.v. 12.8.2016 – 3 B 113.16 – juris Rn. 14). Die Klägerin verstieß gegen das gesetzliche Gebot des § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG in der zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses maßgebenden Fassung vom 17. Juli 2009, wonach Schusswaffen getrennt von der dazugehörigen Munition aufzubewahren sind. Diese Vorschrift wird für das von der Klägerin verwendete Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufe A VDMA 24992 (Stand Mai 1995) durch § 13 Abs. 4 Satz 2 AWaffV i.d.F. vom 26. März 2008 dahin konkretisiert, dass die Munition in einem Innenfach aus Stahlblech ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung unterzubringen ist. Das ließ die Klägerin unbeachtet und verwahrte ihre Jagdwaffe zusammen mit der dazugehörigen Munition.
Angesichts dieses schwerwiegenden Verstoßes gegen zentrale waffenrechtliche Vorschriften, bot die Klägerin im Zeitpunkt des Widerrufsbescheids nicht mehr die Gewähr dafür, dass sie Waffen und Munition künftig stets ordnungsgemäß aufbewahren wird. Die Klägerin offenbarte damit eine so erhebliche Sorglosigkeit hinsichtlich der Aufbewahrung von Waffen und Munition, dass nach aller Lebenserfahrung ein plausibles Risiko dafür bestand, sie werde auch künftig eine solche Verhaltensweise begehen (vgl. dazu allgemein BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris Rn. 17).
Die Klägerin kann diese Prognose nicht mit dem Vorwurf erfolgreich infrage stellen, das Verwaltungsgericht habe keinerlei Einschätzung vorgenommen, weshalb es den Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht als nicht situativ, nicht als (bloße) Nachlässigkeit, sondern als besonders schwerwiegende Zuwiderhandlung eingestuft habe. Das Verwaltungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, aus welchen Gründen es sich bei dem gegebenen Verstoß gegen die Normen zur Aufbewahrung von Waffen und Munition nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit handelt, die bei nur einmaligem Auftreten ggf. noch toleriert werden könnte (vgl. UA S. 14 f.). Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht konkret auseinander.
Ebenso wenig hilft es weiter, wenn der Bevollmächtigte der Klägerin auf die konkrete örtliche Gegebenheit und die von der Klägerin getroffenen Vorkehrungen verweist. Angesichts der gesetzlichen Aufbewahrungsvorschriften, die einen einheitlichen und effizienten Vollzug des Waffengesetzes sicherstellen sollen (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 74), ist es nicht dem Belieben des jeweiligen Waffenbesitzers überlassen, auf welche Weise er dafür Sorge trägt, dass seine Waffen und Munition sicher aufbewahrt sind.
Unerheblich ist auch der Verweis darauf, es habe sich bei der aufbewahrten Munition nur um geringe Mengen von Restmunition gehandelt. Das Gebot, Schusswaffen und die dazugehörige Munition getrennt aufzubewahren, trägt dem Umstand Rechnung, dass die latente Gefährlichkeit der Schusswaffe durch eine Munitionierung und die dadurch mögliche sofortige Schadensverursachung zu einer akuten Gefahr wird (vgl. Gerlemann in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 36 Rn. 5). Es liegt auf der Hand, dass eine solche Gefahrerhöhung schon dann eintritt, wenn sich lediglich eine geringe Menge (passender) Munition bei einer Schusswaffe befindet.
1.3 Der Bevollmächtigte der Klägerin wehrt sich ohne Erfolg dagegen, dass das Verwaltungsgericht die Ausführungen der Klägerin zum Beginn der Reinigung der Waffen am frühen Morgen und zur Unterbrechung der Reinigung zum Zweck des Frühstücks als Schutzbehauptung gewertet hat.
Auf diese (ergänzenden) Erwägungen des Verwaltungsgerichts kommt es letztlich nicht an, weil das Verwaltungsgericht zu Recht die Unzuverlässigkeit der Klägerin bereits daraus abgeleitet hat, dass sie ihr Jagdgewehr nicht getrennt von der dazugehörigen Munition verwahrte.
Unabhängig davon verstieß die Klägerin selbst dann, wenn ihr Vorbringen zutreffen sollte, gegen die allgemeine Anforderung des § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG. Wer Waffen oder Munition besitzt hat danach die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Dem genügte das Verhalten der Klägerin nicht. Denn der zum Waffenschrank gehörige Schlüssel war für jeden sichtbar auf dem Schrank abgelegt und das Jagdgewehr der Klägerin war zerlegt im Waffenkoffer in einem (unverschlossenen) Holzschrank untergebracht. Das Vorbringen, es habe sich insoweit nicht um eine Aufbewahrungs-, sondern um eine Arbeitssituation gehandelt, entlastet die Klägerin nicht. Sie hat das angebliche Reinigen der Waffe nach ihrem eigenen Vortrag unterbrochen, um das Frühstück zu sich zu nehmen. Sie hätte mit Blick auf diese Unterbrechung ihr Jagdgewehr in den Waffenschrank zurücklegen und den dazugehörigen Schlüssel für andere unzugänglich aufbewahren müssen.
Die Klägerin hat auch insoweit eine nicht hinzunehmende Sorglosigkeit bezüglich der zentralen waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften offenbart. Bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen oder Munition kann genügen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen. Es kommt dabei im Übrigen nicht darauf an, ob durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG unter Berücksichtigung der Nr. 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. vom 18. Juli 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, Anhang zu § 164 Rn. 14).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben