Verwaltungsrecht

Sachlicher Grund für Abbruch eines Auswahlverfahrens

Aktenzeichen  2 EO 715/20

Datum:
1.12.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:1201.2EO715.20.00
Normen:
Art 19 Abs 4 S 1 GG
Art 33 Abs 2 GG
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Ob ein sachlicher Grund für den Abbruch eines fehlerhaften Auswahlverfahrens erst dann zu bejahen ist, wenn die Fehler im fortgeführten Auswahlverfahren nicht mehr behoben werden könnten, bleibt offen.(Rn.28)

2. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung, ob ein sachlicher Grund vorliegt, sind grundsätzlich diejenigen Erwägungen, die der Dienstherr für die Abbruchentscheidung anführt.(Rn.28)

Verfahrensgang

vorgehend VG Gera, 30. September 2020, 1 E 1051/20 Ge, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 30. September 2020 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 12.156,06 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, das Verfahren zur Besetzung der Stelle eines Hauptbrandmeisters/Meister Innendienst (BesGr A 9 zzgl. Amtszulage ThürBesO) fortzuführen.
Die Antragsgegnerin schrieb im Jahr 2019 eine Stelle als „Hauptbrandmeisters/Meister Innendienst (m/w/d)“ der Besoldungsgruppe A 9 zzgl. Amtszulage ThürBesO fachdienstintern aus. Unter der Überschrift „Ihr Profil:“ wurde in der Stellenausschreibung unter anderem aufgeführt: „mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer eines HLF der Berufsfeuerwehr Jena durch entsprechende Darstellung der Einsätze“. Auf die Stellenausschreibung bewarb sich neben anderen der Antragsteller. Nachdem die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 9. Dezember 2019 mitgeteilt hatte, dass ein anderer Beamter ausgewählt worden sei, beantragte der Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz, dem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 24. Februar 2020 (Az. 1 E 2493/19 Ge) stattgab. Durch Bescheid vom 29. April 2020 hob die Antragsgegnerin ihren „Bescheid“ vom 9. Dezember 2019 auf und begründete dies damit, dass angesichts des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2020 (Az. 1 E 2493/19 Ge) das Auswahlverfahren erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts durchzuführen sei.
Im Juli 2020 schrieb die Antragsgegnerin die Stelle als „Hauptbrandmeister/Meister Innendienst (m/w/d)“ erneut intern aus. Unter der Überschrift „Ihr Profil:“ hieß es nunmehr: „mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung durch bisherigen Einsatz als Hauptbrandmeister/Fahrzeugführer oder durch detaillierte Darstellung von 24-Stunden-Diensten als Gruppenführer HLF-Nord oder HLF-Süd“. Im Übrigen war der Text der Stellenausschreibungen aus den Jahren 2019 und 2020 identisch.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 15. Juli 2020 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, über seine Bewerbung auf die Stellenausschreibung des Jahres 2019 zu entscheiden und für den Fall, dass das Bewerbungsverfahren abgebrochen worden sein sollte, die Gründe hierfür mitzuteilen.
In einem Aktenvermerk vom 28. Juli 2020 legte der Bürgermeister und Dezernent für Stadtentwicklung und Umwelt der Antragsgegnerin fest, dass das Auswahlverfahren „Hauptbrandmeister/Meister Innendienst“ aus der Ausschreibung im Jahr 2019 abgebrochen werde, weil es aufgrund verschiedener Verfahrens- und Formfehler nicht mehr mit einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung abgeschlossen werden könne. Die Stelle sei neu auszuschreiben. Bei umfassender Prüfung des Auswahlverfahrens seien mehrere Fehler gefunden worden. Im Folgenden wurden die Gründe der Festlegung näher ausgeführt, u. a. dass aufgrund der ursprünglichen Formulierung der Stellenausschreibung möglicherweise nicht alle potentiellen Bewerber, die die Kriterien erfüllten, ihre Bewerbungschancen erkannt hätten und der Bewerberkreis falsch ermittelt worden sei.
Mit Schreiben ebenfalls vom 28. Juli 2020 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass das Auswahlverfahren aus dem Jahr 2019 abgebrochen worden sei, weil es wegen der vom Verwaltungsgericht beanstandeten und weiterer festgestellter Fehler nicht mehr zu einer rechtsfehlerfreien Entscheidung habe führen können. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 3. August 2020 Widerspruch.
Seinen am 5. August 2020 gestellten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 30. September 2020 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Abbruch des Auswahlverfahrens verletze nicht seinen Bewerbungsverfahrensanspruch.
Der Abbruch des Auswahlverfahrens für die im Jahr 2019 ausgeschriebene Stelle sei formell rechtmäßig erfolgt. Die Antragsgegnerin habe durch die Neuausschreibung der Stelle ihre Abbruchentscheidung öffentlich gemacht. Darüber hinaus habe sie in dem Abbruchvermerk vom 28. Juli 2020 ausführlich dargestellt, dass das Auswahlverfahren abgebrochen werde und aus welchen Gründen dies geschehe.
Der Abbruch sei auch aus einem sachlichen Grund erfolgt. Grund für den Abbruch sei nach dem Vermerk vom 28. Juli 2020, dass die Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens eine rechtsfehlerfreie erneute Auswahlentscheidung unmöglich gemacht habe. Die von der Antragsgegnerin für den Abbruch angeführten Gründe seien sachlicher Natur und rechtsfehlerfrei. Sie führe Fehler des ursprünglichen Auswahlverfahrens auf, die im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2020 (Az. 1 E 2493/19 Ge) aufgezählt worden seien. Die gerichtliche Beanstandung einer Auswahlentscheidung stelle grundsätzlich einen sachlichen Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens dar, sofern die Ausführungen des Gerichts dem Dienstherrn berechtigten Anlass gäben, seine Entscheidungsfindung zu überdenken.
Die Antragsgegnerin vertrete auch zu Recht die Ansicht, dass die in der Stellenausschreibung des Jahres 2019 enthaltene Formulierung unglücklich gewählt worden sei und ggf. potentiell geeignete Bewerber ausgeschlossen worden seien. Sie habe mit der ursprünglichen Formulierung im Anforderungsprofil der Stellenausschreibung des Jahres 2019 eine zulässige Einschränkung des Bewerberkreises vorgenommen, indem sie von den Bewerbern als konstitutives Merkmal eine mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer eines HLF der Berufsfeuerwehr Jena verlangt habe. Diese Einschränkung des Bewerberkreises sei zulässig, auch wenn sie sich an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens orientiere. Denn die Wahrnehmung der Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle setze zwingend im Interesse der Funktionsfähigkeit der Feuerwehr diese besonderen Fähigkeiten voraus, die ein Laufbahnbewerber nicht unmittelbar mitbringe und die er sich auch nicht ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung verschaffen könne. Durch die ursprüngliche Formulierung in der Stellenausschreibung würden zwar auch Feuerwehrbeamte mit Erfahrung als Fahrzeugführer angesprochen. Die Formulierung sei aber unglücklich gewählt, so dass nicht auszuschließen sei, dass sich betreffende Beamte nicht angesprochen gefühlt und deshalb von einer Bewerbung abgesehen hätten. Durch die geänderte Formulierung in der neuen Stellenausschreibung werde diese fehlende Eindeutigkeit beseitigt.
Die Antragsgegnerin habe darüber hinaus weitere Fehler des durchgeführten Auswahlverfahrens festgestellt, bei denen es sich ebenfalls um sachliche Gründe für einen Verfahrensabbruch handelte.
Die Argumentation des Antragstellers, die für den Abbruch der Auswahl angeführten Gründe hätten im Wesentlichen in dem ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahren geheilt werden können, überzeugten nicht. Da ein hinreichender sachlicher Grund für den Abbruch des ersten Bewerbungsverfahrens gegeben sei und es allein im Organisationsermessen der Antragsgegnerin liege, ob sie bei Fehlern im ursprünglichen Auswahlverfahren nur die fehlerhaften Teile wiederhole oder insgesamt ein neues Bewerbungsverfahren durchführe, habe sie die Stelle neu ausschreiben dürfen.
Der Antragsteller hat gegen den am 9. Oktober 2020 zugestellten Beschluss am 16. Oktober 2020 Beschwerde eingelegt und sie am 9. November 2020 begründet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (ein Band), die Gerichtsakte des Verfahrens 1 E 2493/19 Ge (ein Band) sowie den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin (ein Hefter) verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen nicht die Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Mit dem Beschwerdevorbringen zeigt der Antragsteller nicht auf, dass sein Bewerbungsverfahrensanspruch durch den Abbruch des Auswahlverfahrens verletzt worden wäre und das Verwaltungsgericht den Antrag zu Unrecht abgelehnt hätte.
Der Antragsteller beanstandet zunächst ohne Erfolg, dass der Abbruch des Auswahlverfahrens für die im Jahr 2019 ausgeschriebene Stelle in formeller Hinsicht nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.
Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend dargestellt, ist für den Abbruch eines Auswahlverfahrens in formeller Hinsicht erforderlich, dass die von dem Verfahren Betroffenen von dem Abbruch rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen. Dies kann durch eine öffentliche Verlautbarung, etwa die erneute Ausschreibung der zu besetzenden Stelle, oder durch Mitteilungen an die im Verfahren bisher beteiligten Personen geschehen. Denn ihnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, ihr aus dem Bewerbungsverfahrensanspruch folgendes Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in das Verfahren gegebenenfalls geltend zu machen, insbesondere Rechtsschutz zu suchen. Dies setzt voraus, dass die in ein Auswahlverfahren einbezogenen Beamten jederzeit zweifelsfrei über den Stand des Verfahrens informiert sind, weil ihr Bewerbungsverfahrensanspruch mit einem rechtmäßigen Abbruch des Auswahlverfahrens untergeht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7/09 – Juris, Rn. 28; Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6/11 – Juris, Rn. 19; Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 13).
Der maßgebliche Grund für den Abbruch muss jedenfalls dann, wenn er sich nicht evident aus dem Vorgang selbst ergibt, schriftlich dokumentiert werden. Die Bewerber werden grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des sachlichen Grundes für den Abbruch des Auswahlverfahrens dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch nachzuvollziehen. Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zeiten Senats, Beschluss vom 28. November 2011 – 2 BvR 1181/11 – Juris, Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7/09 – Juris, Rn. 29; Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 13).
Der Antragsteller macht in der Beschwerde geltend, dass weder er noch die Mitbewerber vor der Neuausschreibung über den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens informiert worden seien. Aus dem angegriffenen Beschluss sei zu folgern, dass das Verwaltungsgericht annehme, ein Auswahlverfahren könne auch konkludent abgebrochen werden, wobei die Veröffentlichung genüge, ohne dies den bisher in das Verfahren einbezogenen Beamten mitzuteilen. Dies sei unzutreffend. Auch sei die Neuausschreibung zu einem Zeitpunkt erfolgt, als die Gründe für den Abbruch noch nicht dokumentiert gewesen seien.
Diese Rüge geht fehl. Es spricht bereits viel dafür, dass der Antragsteller zu einem noch früheren Zeitpunkt, als vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegt, über den Abbruch des Auswahlverfahrens informiert wurde. In der Begründung des Abhilfe- und Aufhebungsbescheids der Antragsgegnerin vom 29. April 2020 wurde dem Antragsteller nämlich bereits mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin sich den im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2020 (Az. 1 E 2493/19 Ge) genannten Gründen anschließe und sie das „Auswahlverfahren“ erneut durchführen werde. Diese Wendung ist im Regelfall so zu verstehen, dass der Dienstherr nicht lediglich die Auswahlentscheidung neu trifft – gegebenenfalls auf berichtigten Grundlagen wie z. B. neuen Beurteilungen -, sondern das (vollständige) Stellenbesetzungsverfahren neu durchführen wird; diese schließt in der Regel eine neue Stellenausschreibung ein.
Abgesehen davon ist aber auch nach der Lösung des Verwaltungsgerichts der Abbruch formell rechtmäßig erfolgt. Unzutreffend ist der Standpunkt des Antragstellers, es reiche nicht aus, dass er durch die Neuausschreibung der Stelle vom Abbruch des Besetzungsverfahrens erfahre und erst nachträglich über die Gründe für den Abbruch informiert werde. Nach der vom Verwaltungsgericht zitierten und oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt es grundsätzlich, dass der Betroffene durch die erneute Ausschreibung der zu besetzenden Stelle von dem Abbruch zuverlässig Kenntnis erlangt. Dies setzt nicht voraus, dass die Gründe für den Abbruch schon zuvor dokumentiert bzw. dem betroffenen Beamten eigens mitgeteilt wurden. Entscheidend ist, dass die wesentlichen Erwägungen für den Abbruch belegbar festgehalten werden und dass der Betroffene hiervon noch rechtzeitig erfährt, damit er in der Lage ist zu beurteilen, ob er Rechtsschutz in Anspruch nimmt. Die Kenntnis von den Gründen für den Abbruch kann er sich gegebenenfalls auch dadurch rechtzeitig verschaffen, dass er, nachdem er über den Abbruch des Auswahlverfahrens informiert wurde, Akteneinsicht nimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 15). Nicht ausreichend wäre, dass er die maßgeblichen Erwägungen erst im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens erführe. Diesen Anforderungen wurde hier genügt, weil der Antragsteller sowohl durch die Stellenausschreibung als auch durch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 28. Juli 2020 über den Abbruch des Auswahlverfahrens informiert wurde und ihm in dem genannten Schreiben auch die maßgeblichen Gründe mitgeteilt wurden.
Der Abbruch des Auswahlverfahrens ist auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens ist dem Bewerbungsverfahrensanspruch Rechnung zu tragen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu. Der Abbruch des Auswahlverfahrens, durch welchen sich die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt, erfordert jedoch einen sachlichen Grund (vgl. BVerfG, 1. Kammer des Zweiten Senats, Beschluss vom 28. Februar 2007 – 2 BvR 2494/06 – Juris, Rn. 7; Beschluss vom 28. November 2011 – 2 BvR 1181/11 – Juris, Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 – 2 C 14/98 – Juris, Rn. 26).
Ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens kann sich aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn ergeben. So kann der Dienstherr etwa das Verfahren abbrechen, wenn er die Stelle, die dem erfolgreichen Bewerber übertragen werden sollte, nicht mehr besetzen will. Ebenso stellt es einen sachlichen, dem Organisationsermessen zugehörigen Grund für einen Abbruch dar, wenn der Dienstherr sich entschlossen hat, die Stelle neu zuzuschneiden. Zum anderen ist der Dienstherr berechtigt, ein Stellenbesetzungsverfahren aus Gründen abzubrechen, die aus Art. 33 Abs. 2 GG hergeleitet werden. So kann er aufgrund seines Beurteilungsspielraums bei der Bewerberauswahl das Verfahren abbrechen, wenn kein Bewerber seinen Erwartungen entspricht oder das Verfahren womöglich nicht (mehr) zu einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung führen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7/09 – Juris, Rn. 27; Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6/11 – Juris, Rn. 17; Beschluss vom 10. Dezember 2018 – 2 VR 4/18 – Juris, Rn. 18; Urteil vom 10. Dezember 2020 – 2 C 12/20 – Juris, Rn. 30). Er kann das Verfahren aber auch abbrechen, weil er erkannt hat, dass das Stellenbesetzungsverfahren fehlerbehaftet ist. In der Regel ist ein Abbruch jedenfalls dann sachlich gerechtfertigt, wenn dem Dienstherrn im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt wird, den von ihm ausgewählten Bewerber zu ernennen. Daraus kann der Dienstherr regelmäßig den Schluss ziehen, seine bisherige Verfahrensweise begegne erheblichen Zweifeln im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG. In einer solchen Situation darf das bisherige Verfahren beendet werden, damit in einem anschließenden neuen Verfahren aufgrund eines aktualisierten Bewerberkreises eine dem Art. 33 Abs. 2 GG genügende Entscheidung getroffen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. März 2011 – 2 A 2/09 – Juris, Rn. 16, 20; Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6/11 – Juris, Rn. 17, 20). Unsachlich hingegen sind etwa solche Gründe für einen Abbruch, die das Ziel verfolgen, einen unerwünschten Kandidaten aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen oder einen bestimmten Bewerber bei der späteren Auswahlentscheidung zu bevorzugen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 – 2 A 7/09 – Juris, Rn. 27; Urteil vom 29. November 2012 – 2 C 6/11 – Juris, Rn. 20).
In diesem Zusammenhang beanstandet der Antragsteller, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens vorgelegen habe. Zwar habe das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 24. Februar 2020 (Az. 1 E 2493/19 Ge) beanstandet, dass der Auswahlentscheidung fehlerhafte und teilweise keine aktuellen Beurteilungen zugrunde gelegen hätten. Dieser Umstand rechtfertige jedoch den Abbruch nicht, weil er nur die Fehlerhaftigkeit eines Schrittes innerhalb des Auswahlverfahrens betreffe, der isoliert hätte rückgängig gemacht werden können. Des Weiteren halte das Verwaltungsgericht für zulässig, den Bewerberkreis durch das Anforderungsprofil zu beschränken, sehe es dann aber als gerechtfertigt an, eine Änderung des Anforderungsprofils vorzunehmen. Die Antragsgegnerin habe bewusst darauf abgestellt, dass die Bewerber über eine „mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer eines HLF“ verfügen müssten. Dann sei nicht nachvollziehbar, wenn das Verwaltungsgericht meine, dass man derartige spezifische Erfahrungen auch durch Praktika und Aushilfseinsätze sammeln und den Kreis der Bewerber nicht lediglich auf Hauptbrandmeister/Fahrzeugführer beschränken könne. Da es sich um eine interne Stellenausschreibung handele, müsse die Antragsgegnerin naturgemäß Kenntnis davon haben, weshalb der Bewerberkreis gleich von Beginn an auf die potentiellen Bewerber hätte erweitert werden können. Fehlerhaft sei der Rückgriff auf die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte eidesstattliche Versicherung des stellvertretenden Fachdienstleiters H …, wenn es dort heiße, im Rahmen der normalen Personalentwicklung bestehe die Möglichkeit, dass Mitarbeiter unter Aufsicht als Fahrzeugführer fahren. Dem lasse sich außer einer intensiven Einarbeitung und außerplanmäßigen Einsätzen nicht entnehmen, dass derartige Mitarbeiter auf diese Weise eine mehrjährige Führungserfahrung hätten sammeln können. Bei den in der eidesstattlichen Versicherung Genannten handele es sich um Hauptbrandmeister/Fahrzeugführer, für die die Erweiterung des Anforderungsprofils ohnehin unerheblich sei. Die Antragsgegnerin habe keine weiteren Mitarbeiter benannt, die die geforderte Führungserfahrung aufwiesen, aber lediglich Oberbrandmeister/Truppführer seien. Daher habe jede Notwendigkeit gefehlt, das Anforderungsprofil zu ändern. Zudem sei unstreitig, dass es wegen der ausreichenden Zahl von geeigneten Bewerbern nicht notwendig gewesen sei, den Kreis der Bewerber zu erweitern und die Anforderungen abzusenken. Ein sachlicher Grund sei ferner auch nicht zu erkennen, soweit das Verwaltungsgericht als Aufhebungsgrund anführe, dass die Dokumentation in dem ursprünglichen Auswahlverfahren unzureichend gewesen sei (Einbeziehung zweier Bewerber, Nachweise und Listen für Einsätze, Ermittlung des Gesamtergebnisses im Praxistest) und dass die überwiegende Gewichtung von Praxistest, Präsentation und Gespräch gegenüber den Beurteilungen beanstandet worden sei; dies gelte auch für das angeführte Näheverhältnis zwischen Mitgliedern der Auswahlkommission und Bewerbern. Hierbei handele es sich um Fehler, die die Antragsgegnerin im Rahmen der Fortsetzung des ursprünglichen Auswahlverfahrens unter Beachtung der Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte ändern können. Eine Neuausschreibung sei nicht zwingend notwendig gewesen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass jeder Bewerber in einem Bewerbungsverfahren eine schützenswerte Rechtsposition erlangt habe, bei der Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle auch ausgewählt zu werden. Dagegen stelle das Verwaltungsgericht nur fest, dass sachliche Gründe vorhanden seien, ohne sich damit zu befassen, ob Fehler in dem bisherigen Auswahlverfahren selbst korrigiert werden könnten.
Die vorstehenden Rügen gehen am rechtlichen Ausgangspunkt des Verwaltungsgerichts vorbei. Bei dem Beschwerdevorbringen wird übersehen, dass das Verwaltungsgericht einen sachlichen Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens nicht erst dann anerkannt hat, wenn Fehler im laufenden Auswahlverfahren nicht behoben werden können. Vielmehr hat es ausdrücklich dem Ermessen des Dienstherrn überlassen, ob er bei Fehlern im ursprünglichen Auswahlverfahren nur die fehlerhaften Teile wiederholt oder insgesamt ein neues Bewerbungsverfahren durchführt (vgl. Beschluss S. 7, 2. Abs., sowie S. 16, 3. Abs.). Diese Frage wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt (ebenso OVG NRW, Beschluss vom 11. Januar 2018 – 6 B 1185/17 – Juris, Rn. 4 ff.; OVG Nds., Beschluss vom 7. Mai 2018 – 5 ME 41/18 – Juris, Rn. 25 f.; OVG SH, Beschluss vom 20. November 2019 – 2 MB 10/19 – Juris, Rn. 7, Beschluss vom 14. Juli 2021 – 2 MB 26/20 – Juris, Rn. 10 ff.; Sächs. OVG, Beschluss vom 2. September 2020 – 2 B 247/20 – Juris, Rn. 20 f.; BayVGH, Beschluss vom 30. Oktober 2020 – 3 ZB 20.673 – Juris, Rn. 8; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 8. November 2021 – 4 S 1431/21 – Juris, Rn. 31 f.; a. A.: OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 – Juris, Rn. 22 ff., Beschluss vom 4. Februar 2020 – 1 B 1519/19 – Juris, Rn. 13 ff.; HessVGH, Beschluss vom 1. Oktober 2020 – 1 B 1552/20 – Juris, Rn. 15; wohl auch BayVGH, Beschluss vom 20. September 2019 – 3 CE 19.1166 – Juris, Rn. 9). Sie bedarf hier jedoch keiner abschließenden Klärung (auch in bisherigen Entscheidungen des Senats war die hier fragliche Abgrenzung nicht zu treffen, u. a. Beschluss des Senats vom 5. Januar 2016 – 2 EO 584/15 – n. v.). Denn der Antragsteller greift diese grundlegende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert an und legt auch nicht dar, aus welchen Gründen sie (zumindest) in der vorliegenden Konstellation keine Anwendung hätte finden dürfen.
Die Beschwerde wäre aber auch dann unbegründet, sofern man davon ausginge, dass das Auswahlverfahren nur aufgehoben werden durfte, wenn es nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen konnte. Maßgeblich für die rechtliche Überprüfung, ob ein sachlicher Grund vorliegt, sind grundsätzlich diejenigen Erwägungen, die der Dienstherr für die Abbruchentscheidung anführt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2018 – 2 VR 4/18 – Juris, Rn. 18; insoweit auch OVG NRW, Beschluss vom 12. Juli 2018 – 1 B 1160/17 – Juris, Rn. 13). Wie oben dargestellt wurde im Aktenvermerk des Bürgermeisters vom 28. Juli 2020 festgelegt, dass das Auswahlverfahren abgebrochen werde, weil es aufgrund verschiedener Verfahrens- und Formfehler nicht mehr mit einer rechtsfehlerfreien Auswahlentscheidung abgeschlossen werden könne. Diese einleitende Bemerkung ist allerdings nicht so zu verstehen, dass sämtliche in der dann folgenden, ausführlichen Aufzählung solche Fehler waren, die im fortgeführten Verfahren nicht mehr hätten behoben werden können. Vielmehr ist die Darstellung so aufzufassen, dass alle erkannten Mängel genannt wurden. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass ausweislich des Vermerks vom 28. Juli 2020 und des Schreibens an den Antragsteller vom gleichen Datum nach den im Eilverfahren (Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. Februar 2020 – Az. 1 E 2493/19 Ge) zutage getretenen Verfahrensfehlern die Auswahlverfahren der Antragsgegnerin insgesamt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft worden und neu auszugestalten seien. Die vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 24. Februar 2020 behandelten Fehler seien nicht abschließend. Die vorgenommene umfassende Prüfung habe ergeben, dass nicht nur der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers, sondern auch der Anspruch anderer Bewerber verletzt worden sei; diese Fehler hätten nicht in der noch ausstehenden Auswahlentscheidung behoben werden können. Zum anderen wird dies daraus ersichtlich, dass in der weiteren Begründung auch fehlerhafte Elemente im ursprünglichen Verfahren genannt wurden, die bei einer neuen Auswahlentscheidung, d. h. ohne vollständig neues Auswahlverfahren, offenkundig hätten vermieden werden können oder nicht mehr zur Auswahlgrundlage gemacht worden wären (wie etwa unzureichende Berücksichtigung und Auswertung der dienstlichen Beurteilungen, fehlende Dokumentation durch die Auswahlkommission).
Wesentlich ist in dieser Hinsicht die im Abbruchvermerk angeführte Begründung, die ursprüngliche Formulierung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung habe nicht erkennen lassen, dass dieses Kriterium auch Beamte erfüllten, die zur Erprobung als Fahrzeugführer eines HLF (Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug) ausgebildet und im Vertretungsfall eingesetzt worden seien; es könne nicht ausgeschlossen werden, dass nicht alle potentiellen Bewerber, die die Kriterien erfüllten, ihre Bewerbungschancen erkannt hätten und dass der Bewerberkreis von Anfang an falsch ermittelt worden sei. Diese Begründung ist nicht zu beanstanden.
Macht ein Dienstherr im Rahmen der Stellenausschreibung Vorgaben für die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens, bleiben diese für das laufende Auswahlverfahren verbindlich. Unzulässig ist es insbesondere, die Auswahlkriterien nachträglich dergestalt zu ändern, dass sich der Bewerberkreis erweitern würde, ohne dass mögliche Interessenten hiervon Kenntnis erhielten. Ob und in welchem Umfang ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss daher durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden. Der Bewerber muss erkennen können, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1/13 – Juris, Rn. 32, 49; Beschluss vom 8. Juli 2014 – 2 B 7/14 – Juris, Rn. 8; Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 20).
Das Verwaltungsgericht hat im angegriffenen Beschluss darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht der konkrete Dienstposten, sondern das angestrebte Statusamt ist und dass die Auswahl grundsätzlich nicht anhand der Anforderungen des aktuell zu besetzenden Dienstpostens vorgenommen werden darf. Eine Ausnahme von der grundsätzlich unzulässigen Ausrichtung an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens sei anzuerkennen, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und die er sich in angemessener Zeit und ohne zumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 – Juris, Rn. 28 ff.).
Das Verwaltungsgericht hat – von dem Antragsteller nicht beanstandet – angenommen, dass das von der Antragsgegnerin geforderte konstitutive Merkmal, die mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer eines HLF, eine zulässige Einschränkung des Bewerberkreises darstelle, weil die Wahrnehmung der Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle zur Sicherung der Funktionsfähigkeit der Feuerwehr im Einsatz zwingend voraussetze, dass die Gruppe als Grundeinheit der Feuerwehr vom ersten Einsatz an durch einen erfahrenen Beamten geleitet werde. Das Verwaltungsgericht hat weiter ausgeführt, nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin sei nicht ausgeschlossen, dass auch Oberbrandmeister eine mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer eines HLF haben könnten. Zwar würden durch die Formulierung in der Stellenausschreibung des Jahres 2019 auch diese Beamten der Feuerwehr angesprochen, doch sei angesichts der Verwendung des Begriffs „Fahrzeugführer“ und des dargestellten Zusammenhangs mit der Stellenbeschreibung der Hauptbrandmeister nicht auszuschließen, dass sich betreffende Beamte nicht angesprochen fühlten und deshalb von einer Bewerbung absähen.
Weshalb die Formulierung der ursprünglichen Stellenausschreibung zu Missverständnissen Anlass geben konnte, hat das Verwaltungsgerichts anhand der feuerwehrspezifischen Besonderheiten, der Stellenbeschreibungen für Haupt- und Oberbrandmeister sowie der Feuerwehr-Dienstvorschriften ausführlich und überzeugend dargelegt. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dass die Antragsgegnerin bei der ursprünglichen Fassung der Stellenausschreibung das Anforderungsprofil bereits durch praktische Erfahrungen im Einsatz als Fahrzeugführer, jedoch nicht als Fahrzeugführer in einem bestimmten Statusamt (Hauptbrandmeister) erfüllt ansah, wird dadurch verdeutlicht, dass die damaligen Oberbrandmeister F … und H … mit nachvollziehbarer Begründung in die Auswahl einbezogen wurden. Andererseits belegt die im vorangegangenen Eilverfahren (Az. 1 E 2493/19 Ge) darüber geführte Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten, dass die Stellenausschreibung zumindest noch Auslegungsfragen aufwarf. Wertete man die ursprünglich formulierte Ausschreibung in der Weise, dass durch eine am objektiven Empfängerhorizont orientierte Auslegung nicht mehr ermittelbar und somit für potentielle Bewerber nicht zu erkennen war, welche Anforderungen vom Dienstherrn zwingend erwartet werden, wäre das Anforderungsprofil ohnehin fehlerhaft und der Abbruch des Auswahlverfahrens geboten gewesen. Im Fall eines rechtswidrigen Anforderungsprofils wäre der Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf Fortsetzung des abgebrochenen Auswahlverfahrens, von vornherein ausgeschlossen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 17).
Nicht stichhaltig ist der weitere Einwand des Antragstellers, es sei nicht nachvollziehbar, dass man die von der Antragsgegnerin geforderte spezifische Erfahrung auch durch Praktik und Aushilfseinsätze sammeln könne und der Kreis der Bewerber nicht lediglich auf Hauptbrandmeister/Fahrzeugführer beschränkt werden könne; der eidesstattlichen Versicherung des stellvertretenden Fachdienstleiters H … sei nicht zu entnehmen, dass außerplanmäßig eingesetzte und geschulte Mitarbeiter auf diese Weise eine mehrjährige Führungserfahrung sammeln könnten. Dies ist nicht überzeugend. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen und unter Verweis auf die eidesstattliche Versicherung des stellvertretenden Fachdienstleiters Feuerwehr H … dargelegt, dass im Rahmen der Personalentwicklung auch Oberbrandmeister, die sich durch besonders gute Leistungen hervorheben, als Fahrzeugführer/Gruppenführer eingesetzt würden und ihnen die Bewährung für einen höherwertigen Dienstposten ermöglicht werde. Diese Mitarbeiter würden intensiv in die Arbeit als Fahrzeugführer eingeführt und könnten als Fahrzeugführer auch selbständig fahren. Die Notwendigkeit des Einsatzes dieser Kollegen entstehe durch nicht besetzte Planstellen und krankheitsbedingte Ausfälle. Dabei werde auf einen regelmäßigen Einsatz geachtet, um das Wissen im Bereich Fahrzeugführer zu erhalten. Mit dieser Erläuterung hat die Antragsgegnerin plausibel gemacht, dass auch Beamte, die keine Hauptbrandmeister sind, die nach der Ausschreibung geforderte mehrjährige nachweisbare Führungserfahrung als Fahrzeugführer erlangen können. Diese Forderung ist Ausfluss des Organisationsermessens des Dienstherrn. Es ist seine Aufgabe, die Anforderung zu definieren, die der Inhaber eines Dienstpostens jeweils zu erfüllen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2020 – 2 VR 3/20 – Juris, Rn. 19). Nicht maßgeblich ist, welche Anforderungen aus Sicht des Antragstellers zu stellen wären.
Schließlich kann der Antragsteller auch nicht mit Erfolg rügen, dass die Antragsgegnerin keine weiteren Mitarbeiter benannt habe, die die geforderte Führungserfahrung aufwiesen, aber lediglich Oberbrandmeister/Truppführer seien, und dass wegen der ausreichenden Zahl von geeigneten Bewerbern nicht notwendig gewesen sei, den Kreis der Bewerber zu erweitern. Zum einen hat die Antragsgegnerin dem entgegengehalten, dass neben den Beamten F … und H … auch anderen Oberbrandmeistern ermöglicht wurde und wird, in die Aufgabe des Fahrzeugführers eingeführt zu werden und Führungserfahrung zu sammeln. Zum anderen muss die Antragsgegnerin keine genaue Kenntnis darüber haben, welche Beamten diese Anforderungen erfüllen, da potentielle Bewerber die verlangte Erfahrung als Fahrzeugführer – zumindest auch – außerhalb des feuerwehrtechnischen Dienstes der Antragsgegnerin erworben haben können. Dass sich unter den Bewerbern kein hinreichend geeigneter Kandidat mehr finde, ist entgegen der Auffassung des Antragstellers keine notwendige Voraussetzung dafür, ein Besetzungsverfahren abbrechen zu können (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 14. September 2006 – 5 ME 219/06 – Juris, Rn. 15; Beschluss des Senats vom 5. Januar 2016 – 2 EO 584/15 – Abdruck S. 7, n. v.). Der Dienstherr hat nach dem Leistungsgrundsatz Art. 33 Abs. 2 GG eine freie Beförderungsstelle grundsätzlich mit dem am besten geeigneten Bewerber zu besetzen hat. Das öffentliche Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenplanstellen ist vorrangig (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 1996 – 2 C 21/95 – Juris, Rn. 22; Urteil vom 31. März 2011 – 2 A 2/09 – Juris, Rn. 20).
Den weiteren im Abbruchvermerk vom 28. Juli 2020 aufgeführten Fehlern im Auswahlverfahren tritt der Antragsteller inhaltlich nicht entgegen. Sie entsprechen zudem teilweise denjenigen Rügen, die er im vorangegangenen Konkurrentenstreitverfahren (Az. 1 E 2493/19 Ge) selbst erhoben hatte. Der Antragsteller beanstandet insoweit nur, dass diese Mängel im fortgeführten Auswahlverfahren hätten behoben werden können. Darauf kommt es jedoch nach den vorstehenden Ausführungen nicht mehr an.
Dafür, dass die Antragsgegnerin das Ziel verfolgen könnte, den Antragsteller aus leistungsfremden Erwägungen von der weiteren Auswahl für die Stelle auszuschließen oder einen bestimmten Bewerber bei der späteren Auswahlentscheidung zu bevorzugen, ist weder etwas vorgetragen noch von Amts wegen ersichtlich.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 4 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung.
Hinweis:
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG in entsprechender Anwendung).


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