Verwaltungsrecht

Sicherungshaft, Ausreisepflicht, Fluchtgefahr

Aktenzeichen  XIV 62/18 (B)

Datum:
20.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 54653
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 50 Abs. 4, § 59, § 62 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Gegen den Betroffenen wird die Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum Ablauf des 31.01.2019 angeordnet.
2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
3. Der Betroffene hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen. Dolmetscherkosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die zuständige Ausländerbehörde beabsichtigt, den Betroffenen, der die afghanische Staatsangehörigkeit besitzt, aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abzuschieben und hat beantragt, Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 31.01.2019 anzuordnen. Auf die Begründung des Antrags der Ausländerbehörde wird Bezug genommen.
Der Betroffene wurde am heutigen Tag gehört. Auf seine Angaben im Anhörungsvermerk wird Bezug genommen.
II.
Die Sicherungshaft kann nach § 62 Abs. 3 AufenthG gegen einen Ausländer angeordnet werden, wenn er ausreisepflichtig ist (§ 50 AufenthG), die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 59 AufenthG gegeben sind, einer der Haftgründe des § 62 Abs. 3 AufenthG vorliegt und besondere Gründe der Anordnung der Haft nicht entgegenstehen.
1. Der Betroffene ist zur Ausreise verpflichtet, weil er einen nach § 4 AufenthG erforderliche Aufenthaltsgenehmigung nicht besitzt (§ 50 Abs. 1 AufenthG) und auch nicht im Besitz einer Aufenthaltsgestattung ist, § 55 AsylG.
Sein Asylantrag wurde bestandskräftig abgewiesen.
Die Ausreisepflicht ist auch vollstreckbar (§ 59 AufenthG).
2. Es besteht der Haftgrund des § 62 Abs. 3 S. 1 Ziff. 5 AufenthG. Danach ist ein Ausländer in Sicherungshaft zu nehmen, wenn im Einzelfall Gründe vorliegen, die auf den in § 2 Abs. 14 AufenthG festgelegten Anhaltspunkten beruhen, und deshalb der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung durch Flucht entziehen will (Fluchtgefahr). Die Annahme der Fluchtgefahr stützt sich auf folgende konkrete Anhaltspunkte im Sinne des § 2 Abs. 14 Nr. 1 AufenthG:
Der Betroffene erhielt mit dem Bescheid über die Ablehnung seines Asylantrags eine Belehrung über die Anzeigepflicht nach § 50 Abs. 4 AufenthG sowie über die Abschiebehaftgründe nach § 62 Abs. 3 AufenthG. Der Bescheid samt Belehrung wurde am 17.11.2016 an den Betroffenen zugestellt. Eine weitere Belehrung über seine Pass- und Mitwirkungspflichten erhielt der Betroffene von der Zentralen Ausländerbehörde Oberfranken in Bayreuth (ZAB), als er am 31.10.2016 seine Aufenthaltsgestattung abholte. Auch wurde der Betroffene schriftlich in seiner Muttersprache am 08.02.2017 belehrt.
Der Betroffene ist spätestens am 01.05.2017 aus der ihm zugewiesenen Unterkunft nach unbekannt verzogen. Seither war der Betroffene unbekannten Aufenthalts und für die Ausländerbehörde nicht mehr erreichbar. Damit entzog sich der Betroffene zielgerichtet und wissentlich jeglichen Zugriffs der Ausländerbehörde, obwohl er wusste, dass er zur Anzeige seines Aufenthaltsorts verpflichtet war.
Der Betroffene meldete sich am 05.11.2018 bei dem Einwohner-Zentralamt, Erstaufnahme Asyl/Flüchtlinge in … H., S.weg 66a. Dort wurde er mit Meldeauflage aufgefordert, am 06.11.2018 bei der Dienststelle „Regierung von Oberfranken, L.str. 20, … B.“ vorzusprechen. Erst am 19.11.2018 wurde der Betroffene schließlich bei der ZAB Oberfranken, Dienststelle B., vorstellig.
Es muss aufgrund der geschilderten Punkte auch zukünftig damit gerechnet werden, dass sich der Betroffene nicht in der ihm zugewiesenen Unterkunft aufhält. Die mit ganz erheblichem organisatorischen und finanziellen Aufwand verbundene Abschiebung wird folglich ohne die lnhaftnahme des Betroffenen wesentlich erschwert oder gar vereitelt. Die Voraussetzungen für die Anordnung der zeitlich befristeten Sicherungshaft des Betroffenen liegen daher vor.
Sonstige Gründe stehen der Anordnung der Sicherungshaft nicht entgegen.
3. Der Haftausschließungsgrund nach § 62 Abs. 3 S. 3 AufenthG liegt nicht vor, denn es steht nicht fest, dass die Abschiebung innerhalb der nächsten 3 Monate aus Gründen, die der Betroffene nicht zu vertreten hat, nicht durchgeführt werden kann. Die Dauer der angeordneten Sicherungshaft ist erforderlich, um die Abschiebung organisatorisch vorzubereiten.
4. Die Abschiebungshaft wird in der JVA E. – Einrichtung für Abschiebungshaft – vollzogen. Die Haftanstalt entspricht den Vorgaben gemäß § 62b Abs. 2, Abs. 3 i.V.m. § 62a AufenthG für den Vollzug der Abschiebungshaft.
5. Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 422 Abs. 2 S. 1 FamFG. Sie ist geboten, um den Zweck der Sicherungshaft sicherzustellen und den Beschluss vollziehen zu können. Würde der Beschluss erst mit Rechtskraft wirksam werden, wäre die Abschiebung ggf. in Frage gestellt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG. Von der Auferlegung der Dolmetscherkosten ist gemäß § 81 Abs. 1 S. 2 FamFG in Hinblick auf die Regelung des Art. 6 Abs. 3 Buchstabe e EMRK abgesehen worden (vgl. BGH – Beschl. vom 4.3.2010 – V ZB 222/09).


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