Verwaltungsrecht

Staatliche Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher, Schriftliche Prüfung in der Muttersprache (Prüfungswiederholung), Fehler im Verfahren zur Leistungserhebung (verneint), Bewertungsfehler (verneint), Anspruch auf Neubewertung (verneint)

Aktenzeichen  M 27 K 18.2148

Datum:
17.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31834
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ÜDPO § 14 Abs. 2
ÜDPO § 20
FakOÜDol § 28
FakOÜDol § 37
FakOÜDol § 43 Abs. 5
FakOÜDol § 31 Abs. 1 S. 2
BayEUG Art. 54 ABs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom … … 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 3. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, die von der Klägerin im Rahmen der Staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher 2017 in den Aufgaben „Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“ und „Fachübersetzung ins Deutsche“ erbrachten Prüfungsleistungen neu zu bewerten. Ein Anspruch der Klägerin auf Einräumung einer weiteren Wiederholungsmöglichkeit besteht ebenfalls nicht (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Fachakademie (in der Rechtsträgerschaft eines privaten Vereins) ist als staatlich anerkannte Ersatzschule im Sinne des Art. 100 Abs. 1 Satz 1 BayEuG vorliegend passivlegitimiert. Staatlich anerkannte Ersatzschulen sind beliehene Unternehmen (vgl. Lindner/Stahl, BayEUG, Stand: 194. Aufl., Art. 100 Rn. 9). § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO findet entsprechende Anwendung (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 78 Rn. 13).
2. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 43 Abs. 5 FakOÜDol, wonach externen Bewerbern, welche die Abschlussprüfung nicht bestanden haben, ein entsprechender Bescheid mit Angabe der erzielten Leistungen zu erteilen ist. Grundlage für die Durchführung der streitgegenständlichen Prüfung sind die Prüfungsordnung für Übersetzer und Dolmetscher (ÜDPO) vom 7. Mai 2001 (GVBl. 2001, 255, BayRS 2236-9-3-UK) sowie ergänzend die die Prüfung betreffenden Vorschriften der zum Prüfungszeitpunkt noch geltenden Schulordnung für die Fachakademien für Übersetzen und Dolmetschen in Bayern (Fachakademieordnung Übersetzen und Dolmetschen – FaKOÜDol) vom 10. August 1987 (GVBl S. 278; BayRS 2236-9-1-2-UK), welche durch § 92 Abs. 2 Nr. 3 der Schulordnung für die Fachakademien (Fachakademieordnung – FakO) vom 9. Mai 2017 (GVBl S. 118; BayRS 2236-9-1-4-K) aufgehoben wurde. Da die Klägerin die Prüfung als externe Bewerberin abgelegt hat, finden nach § 40 Abs. 2 Satz 2 FakOÜDol die §§ 28 ff. FakOÜDol entsprechende Anwendung.
3. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Bewertung der Prüfungsaufgaben Nr. 1d („Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“) und Nr. 5 („Fachübersetzung ins Deutsche“) mit der Note 5 (mangelhaft) formell fehlerfrei und inhaltlich zu Recht erfolgt ist. Die Klägerin hat die streitgegenständliche Prüfung daher nach § 20 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Nr. 1 ÜDPO nicht bestanden.
Bei der Übersetzer- und Dolmetscherprüfung handelt es sich um eine gestufte Prüfung, welche in den schriftlichen und mündlichen Teil der Übersetzerprüfung (§§ 14, 16 ÜDPO) sowie die Dolmetscherprüfung aufgegliedert ist. Die Dolmetscherprüfung umfasst den mündlichen Teil der Übersetzerprüfung (§ 17 Abs. 1 Nr. 1 ÜDPO) sowie drei weitere mündliche Aufgaben (§ 17 Abs. 1 Nr. 2 ÜDPO). Der mündliche Teil der Übersetzerprüfung ist für die Dolmetscherprüfung allerdings nach § 17 Abs. 2 Satz 1 ÜDPO unter anderem dann nicht nochmals abzulegen, wenn die Dolmetscherprüfung wie im Falle der Klägerin in derselben Sprache und demselben Fachgebiet zum selben Termin wie die Übersetzerprüfung abgelegt wird. Das Bestehen der Dolmetscherprüfung setzt neben den in diesem Prüfungsteil zu erbringenden Prüfungsleistungen das Bestehen der Übersetzerprüfung voraus (§ 20 Abs. 3 Nr. 1 ÜDPO).
Nach § 20 Abs. 1 Satz 3 ÜDPO gilt die Übersetzerprüfung insgesamt als abgelegt und nicht bestanden, wenn der Bewerber von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen ist, was wiederum laut § 20 Abs. 1 Satz 2 ÜDPO der Fall ist, wenn der Kandidat in einer Klausurarbeit die Note 6 oder in zwei Klausurarbeiten die Note 5 erhalten hat. § 31 FakOÜDol trifft entsprechende Regelungen.
§ 19 Abs. 1 Satz 1 ÜDPO enthält einen Notenschlüssel für die Bewertung der einzelnen Prüfungsleistungen. Danach ist eine Leistung, die zwar Mängel aufweist, aber im Ganzen den Anforderungen noch entspricht, mit der Note 4 („ausreichend“) zu bewerten. Eine den Anforderungen nicht entsprechende Leistung, die jedoch erkennen lässt, dass die notwendigen Grundkenntnisse vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können, ist mit der Note 5 („mangelhaft“) zu bewerten.
a) Verfahrensfehler, die eine Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheids zur Folge haben und zu einem Anspruch der Klägerin auf Wiederholung der Prüfung führen könnten (vgl. hierzu Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 825), sind nicht ersichtlich.
aa) Rechtliche Bedenken gegen die der streitgegenständlichen Prüfung zugrundeliegenden Bestimmungen sind nicht ersichtlich, insbesondere sind die in § 20 Abs. 1 Sätze 2 und 3 ÜDPO getroffenen Regelungen zur Zulassung zur mündlichen Prüfung (vgl. entsprechend § 31 Abs. 1 Sätze 2 und 3 FakOÜDol) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 ÜDPO (bzw. § 31 Abs. 1 Satz 2 FakOÜDol) die Teilnahme an der mündlichen Übersetzerprüfung für Prüfungsteilnehmer ausgeschlossen hat, die in zwei schriftlichen Prüfungsaufgaben der Übersetzerprüfung die Note 5 erhalten haben.
Prüfungsrechtliche Bestehensregeln greifen in die Berufsfreiheit des Prüflings ein. Sie genügen den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur, wenn sie für sich genommen geeignet, erforderlich und zumutbar sind. Der Ausschluss der Kompensation schlechter Einzelnoten durch bessere Leistungen in einem anderen Fach oder ergänzend zu erbringende Leistungen ist verfassungswidrig, wenn er sachlich nicht hinreichend zu rechtfertigen und daher willkürlich ist oder wenn auf diese Weise das Grundrecht auf freie Berufswahl ohne hinreichend tragfähigen Grund eingeschränkt wird. Dabei kann das Bestehen von Teilprüfungen gefordert werden, wenn diese schon für sich genommen jeweils eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage für die Erreichung des Prüfungszwecks bieten (BVerfG, B.v. 26.6.2015 – 1 BvR 2218/13 – juris Rdnr. 24; BVerwG, B.v. 6.3.1995 – 6 B 3.95 – juris Rn. 5; vgl. zum Ganzen auch Niehues /Fischer /Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Auflage 2018, Rn. 540 f.).
Gemessen daran begegnen die getroffenen Regelungen keinen rechtlichen Bedenken. Der in § 20 Abs. 1 Satz 2 ÜDPO (bzw. § 31 Abs. 1 Satz 2 FakOÜDol) normierte Ausschluss eines Prüfungsteilnehmers von der mündlichen Prüfung im Falle einer Bewertung einer schriftlichen Prüfungsarbeit mit der Note 6 oder zweier schriftlicher Prüfungsarbeiten mit der Note 5 ist sachlich gerechtfertigt. Dies ergibt sich mit Blick auf die in den §§ 12 und 13 ÜDPO normierten allgemeinen und besonderen Prüfungsanforderungen, die Anzahl der im Rahmen der Staatlichen Übersetzerprüfung abzulegenden schriftlichen Prüfungsarbeiten und deren Inhalt.
§ 12 ÜDPO normiert die allgemeinen Prüfungsanforderungen der Staatlichen Übersetzer- und Dolmetscherprüfung. Der Prüfungsteilnehmer hat gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 ÜDPO in der Prüfung nachzuweisen, dass er die sprachlichen und sachlichen Kenntnisse und die persönlichen Fähigkeiten besitzt, die für die zuverlässige Ausübung des 
Übersetzer- oder Dolmetscherberufs erforderlich sind. Bei der Übersetzerprüfung werden von dem Prüfling nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 ÜDPO als besondere Prüfungsanforderungen die sichere Beherrschung des Deutschen und der zu prüfenden Sprache in Grammatik, Wortschatz, Stil und Rechtschreibung, Gewandtheit im schriftlichen Ausdruck und Sicherheit in Aussprache und Intonation, Anpassungsfähigkeit an den jeweiligen Text und seine Sprachform sowie die Befähigung, möglichen Missverständnissen und Fehldeutungen eines Textes vorzubeugen, verlangt. Erfasst werden demnach sowohl im Rahmen der schriftlichen als auch der mündlichen Übersetzerprüfung nachzuweisende Fähigkeiten. § 14 Abs. 1 ÜDPO legt für den schriftlichen Teil der Übersetzerprüfung fünf Prüfungsaufgaben fest, nämlich einen landeskundlichen Aufsatz in der zu prüfenden Sprache (im Falle der Klägerin als spanische Muttersprachlerin nach § 14 Abs. 2 ÜDPO in deutscher Sprache), sowie jeweils eine Allgemein- und eine Fachübersetzung von der zu prüfenden Sprache ins Deutsche und vom Deutschen in die zu prüfende Sprache. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber die Erbringung der genannten Prüfungsanforderungen im Falle des Erzielens mangelhafter Prüfungsergebnisse in zweien dieser fünf schriftlichen Prüfungsaufgaben als nicht mehr gegeben betrachtet. Aufgrund der Dualität der Übersetzer- und Dolmetscherprüfung und des Umstands, dass sich diese Dualität auch im Berufsbild des Übersetzers und Dolmetschers widerspiegelt, können die sich auf die schriftlichen Prüfungsleistungen beziehenden Prüfungsanforderungen wie z.B. Rechtschreibung und Gewandtheit im schriftlichen Ausdruck auch nicht durch mündliche Prüfungsleistungen kompensiert werden.
Ebensowenig ist ein Verstoß gegen Art. 54 Abs. 3 Satz 1 BayEUG festzustellen, der lediglich regelt, dass die Abschlussprüfung nach Maßgabe der Rechtsvorschriften für die einzelnen Schularten entsprechend der Art des jeweiligen Fachs einen schriftlichen, einen mündlichen und einen praktischen Teil umfasst.
bb) Ferner ergibt sich kein Verfahrensfehler aus der Auswahl des Prüfungsstoffes der streitgegenständlichen Prüfungsaufgaben. Bei der Auswahl der Prüfungsfragen steht den Prüfungsbehörden und den einzelnen Prüfern ein Spielraum zu, wobei auch für die Bestimmung der konkreten Prüfungsthemen ein rechtlicher Rahmen gezogen ist. So ist die Prüfung etwa denn fehlerhaft, wenn der durch eine Prüfungsregelung vorgegebene Rahmen des zugelassenen Prüfungsstoffes verlassen worden ist, die Auswahl einzelner Themen den Zweck der Prüfung verfehlt, die Chancengleichheit verletzt oder die Prüfungsaufgabe aus anderen rechtlichen Gründen nicht zulässig ist (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 377 m.w.N.).
Verfahrensfehler bei der Auswahl des Prüfungsstoffes für die Prüfungsaufgabe Nr. 1d („Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“) sind nicht erkennbar. § 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ÜDPO (entsprechend § 37 Abs. 2, Abs. 1 Nr.1 FakOÜDol) sieht bei Prüfungsteilnehmern wie der Klägerin, deren Muttersprache die zu prüfende Sprache ist, vor, dass für den in deutscher Sprache zu fertigenden Aufsatz drei Themen zur deutschen Landeskunde zur Auswahl gestellt werden. Nähere Vorgaben hierzu machen weder die ÜDPO noch die FakOÜDol. Allerdings enthält das „Merkblatt für das Erstellen von Prüfungsvorschlägen“ hinsichtlich der Themenauswahl Konkretisierungen. Thema Nr. 1 soll auf allgemeine Landeskunde (Zeitgeschichte, Politik, Gesellschaft) hin orientiert sein, Thema Nr. 2 die wirtschaftlichen (sozioökonomischen) Verhältnisse des Landes zum Inhalt haben und Thema Nr. 3 kulturell (Literatur, Kunst, Medien o.Ä.) ausgerichtet sein. Da die Sinnhaftigkeit der Abschaffung von Bargeld ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Zeitungsartikel insbesondere im Zeitraum der Prüfung Thema der öffentlichen Diskussionen in Deutschland war, ist das Thema Nr. 2 als auf die Bundesrepublik Deutschland bezogenes wirtschaftliches Thema anzusehen. Der Umstand, dass eine entsprechende öffentliche Diskussion auch in anderen Ländern geführt wird, schließt die Zuordnung zur deutschen Landeskunde nicht aus.
Verfahrensfehler bei der Auswahl des Prüfungsstoffs für die Prüfungsaufgabe Nr. 5 („Fachübersetzung ins Deutsche“) vermag das Gericht ebenfalls nicht zu erkennen, insbesondere begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass § 14 Abs. 1 ÜDPO für die streitgegenständliche Prüfung nicht nur eine Fachübersetzung in die zu prüfende Sprache (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 ÜDPO), sondern auch eine Fachübersetzung ins Deutsche (§ 14 Abs. 1 Nr. 5 ÜDPO) vorsieht. Die Länge dieser Prüfungsaufgabe begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. § 14 Abs. 1 Nr. 5 ÜDPO schreibt eine Länge von etwa 30 Schreibmaschinenzeilen vor, macht aber keine Vorgaben zur Formatierung. Konkretisierungen enthält das „Merkblatt für das Erstellen von Prüfungsvorschlägen“, welches ergänzend bestimmt, dass eine Zeile mit ca. 60 Anschlägen (inklusive Leerzeichen) anzusetzen ist und der Gesamttext ca. 1.800 Zeichen (inklusive Leerzeichen) enthalten soll. Ungeachtet des Umstands, dass sowohl die gesetzlichen Grundlagen als auch das „Merkblatt für das Erstellen von Prüfungsvorschlägen“ lediglich ungefähre Angaben zur Textlänge machen, gewisse Über- und Unterschreitungen daher möglich sind, ergibt eine Überprüfung der pro Textzeile verwendeten Anschläge (über 70), dass die vorliegende Unterschreitung der Textlänge durch die Formatierung des Textes bedingt ist.
cc) Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit hinsichtlich der Verwendung von Hilfsmitteln bei der Prüfungsaufgabe „Fachübersetzung ins Deutsche“ liegt nicht vor. Der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit nach Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, dass für vergleichbare Prüflinge so weit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen gelten. Bevorzugungen und Benachteiligungen einzelner Prüflinge oder Teilnehmergruppen einer Prüfung sollen vermieden werden, um allen Teilnehmern gleiche Erfolgschancen zu bieten. Jeder Teilnehmer hat einen Anspruch auf chancengleiche Behandlung im Prüfungsverfahren (BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 und 213/83 – BVerfGE 84, 34/52). Unter Prüfungsbedingungen sind diejenigen Regeln und Umstände zu verstehen, die das Verfahren gestalten, in dem die Prüfungsleistung erbracht wird. Sie bilden den äußeren Rahmen für die Ermittlung der Kenntnisse und Fähigkeiten der Prüflinge. Insoweit verlangt das prüfungsrechtliche Gebot der Chancengleichheit einheitliche Regeln für Form und Verlauf der Prüfungen sowie Gleichartigkeit der tatsächlichen Verhältnisse während der Prüfung (stRspr; vgl. nur BVerwG, U.v. 14.12.1990 – 7 C 17.90 – BVerwGE 87, 258/261). Gemessen an diesen Vorgaben lässt sich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit nicht feststellen, da die Zulassung von Hilfsmitteln für alle Prüfungsteilnehmer einheitlich erfolgt ist. Zweifel an der Eindeutigkeit der Hilfsmittelzulassung bestehen nicht. Auch wurden die Vorgaben des § 15 Abs. 3 ÜDPO (entsprechend § 37 Abs. 3 S. 2 FakOÜDol) eingehalten, der vorsieht, dass Hilfsmittel nur verwendet werden dürfen, wenn sie ausdrücklich genehmigt wurden. Aus dem „Merkblatt für das Erstellen von Prüfungsvorschlägen“ und der Stellungnahme des damaligen Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 24. Oktober 2017 geht eine solche Genehmigung klar hervor.
dd) Ein Verfahrensfehler ergibt sich nicht aus einer etwaigen fehlerhafte Prüferbestellung. Hierfür bestehen keinerlei Anhaltspunkte, die Klägerin hat hierzu auch nichts substantiiert vorgetragen.
ee) Dessen ungeachtet hat die Klägerin die von ihr behaupteten Verfahrensfehler nicht zeitnah gerügt. Es obliegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Prüfling, auf eine fehlerfreie Verfahrensgestaltung hinzuwirken, sodass er seine Kenntnisse und Fähigkeiten optimal zur Geltung bringen kann. Unterlässt der Prüfling eine ihm zumutbare zeitnahe Rüge, ist ihm regelmäßig eine spätere Berufung auf diesen Fehler verwehrt. Für eine so beschriebene Rügeobliegenheit spricht unter dem Blickwinkel des Gebots der Chancengleichheit der Prüflinge zum einen, dass es zu verhindern gilt, dass der betroffene Prüfling in Kenntnis des Verfahrensmangels die Prüfung fortsetzt und das Prüfungsergebnis abwartet, um sich so eine ihm nicht zustehende weitere Prüfungschance zu verschaffen. Zum anderen soll eine unverzügliche Rüge die Prüfungsbehörde in den Stand setzen, eine eigene, möglichst zeitnahe Überprüfung des gerügten Mangels mit dem Ziel einer schnellstmöglichen Aufklärung und gegebenenfalls einer noch rechtzeitigen Korrektur oder Kompensation des festgestellten Mangels vorzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.1994 – 6 C 37.92 – BVerwGE 96, 126 – juris Rn. 18, m.w.N.). Eine solche Rüge der Klägerin ist vorliegend nicht erfolgt. Umstände, die vorliegend eine Ausnahme von der Rügeobliegenheit begründen könnten, sind nicht erkennbar.
b) Bewertungsfehler sind ebenfalls nicht erkennbar.
Die Aufhebung eines Prüfungsbescheids und die Verpflichtung der Prüfungsbehörde, das Prüfungsverfahren durch Neubewertung der betreffenden Aufgabe fortzusetzen, die in diesem Zusammenhang lediglich begehrt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – juris Rn. 22), setzt voraus, dass die Bewertung fehlerhaft ist und dass dieser Fehler Einfluss auf das Gesamtergebnis hat (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1994 – 6 C 5.93 – juris Rn. 22). Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten (VGH BW, U.v. 26.11.2019 – 9 S 1126/19 – VBlBW 2020, 302 – juris Rn. 15). Bei der Bewertung von Prüfungsleistungen steht den Prüfern deshalb grundsätzlich ein Bewertungsspielraum zu, der gerichtlich nur begrenzt überprüfbar ist (hierzu grundlegend BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34 – juris Rn. 53 ff.; B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 1529/84 u.a. – BVerfGE 84, 59 – juris Rn. 65 ff.). Gegenstände dieses prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums sind etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (BVerwG, U.v. 14.7.1999 – 6 C 20.98 – BVerwGE 109, 211 – juris Rn. 19; VGH BW, U.v.26.11.2019 a.a.O. Rn. 16). Jedoch haben die Gerichte zu prüfen, ob die Prüfer anzuwendendes Recht einschließlich der Verfahrensvorschriften verkannt oder gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verstoßen haben, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind oder den Antwortspielraum des Prüflings missachtet haben, da eine richtige oder zumindest vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete fachliche Ansicht des Prüflings nicht als falsch bewertet werden darf, nur weil der Prüfer anderer Auffassung ist (vgl. BVerwG, U.v. 9.12.1992 – 6 C 3.92 – BVerwGE 91, 262 – juris Rn. 24 ff.). Ansonsten aber ist es den Gerichten verwehrt, ihre Bewertung an die Stelle der Prüfer zu setzen. Ergibt sich, dass die Bewertung einer regulär erbrachten Leistung fehlerhaft ist, ist grundsätzlich eine Neubewertung der Prüfungsleistung geboten (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 500).
Unter Heranziehung dieses Maßstabs begegnet die Bewertung der Aufgaben Nr. 1d („Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“) und Nr. 5 („Fachübersetzung ins Deutsche“) mit der Note 5 („mangelhaft“) keinen rechtlichen Bedenken.
Zunächst ist festzustellen, dass Voraussetzung für eine gerichtliche Überprüfung der Bewertung der Korrektoren im Einzelnen ist, dass diese durch konkrete und hinreichend substantiierte Rügen des Prüflings angegriffen werden. Dazu genügt es nicht, dass er sich gegen eine bestimmte Bewertung seiner Prüfungsleistungen wendet und etwa pauschal eine zu strenge Korrektur bemängelt. Vielmehr muss er konkret darlegen, in welchen Punkten die Korrektur bestimmter Prüfungsleistungen nach seiner Auffassung Bewertungsfehler aufweist, indem er substantiierte Einwände gegen Prüferbemerkungen und -bewertungen erhebt (BVerfG U.v. 24.2.1993 – 6 C 35.92 – juris Rn. 27).
Da die Klägerin vorliegend substantiierte Einwendungen lediglich gegen die Bewertung der Prüfungsaufgabe Nr. 1d („landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“), nicht hingegen gegen die Bewertung der Prüfungsaufgabe Nr. 5 („Fachübersetzung ins Deutsche“) erhoben hat, ist eine gerichtliche Überprüfung mithin auf die Bewertung der Prüfungsaufgabe Nr. 1d beschränkt.
Die für eine schriftliche Übersetzerprüfung maßgeblichen Bewertungsgrundsätze ergeben sich zum einen aus den gesetzlichen Vorgaben, insbesondere den in §§ 12 und 13 ÜDPO normierten allgemeinen und besonderen Prüfungsanforderungen und dem in § 19 ÜDPO festgelegten Notenschlüssel, und zum anderen aus dem „Merkblatt zur Korrektur und Beurteilungen der schriftlichen Arbeiten bei der Staatlichen Prüfung für Übersetzer und Dolmetscher“. Die im Merkblatt enthaltenen Aussagen besitzen zwar keine rechtsnormative Qualität; soweit sie mit den Vorgaben des materiellen Rechts, insbesondere mit der Prüfungsordnung, in Einklang stehen, sind sie von den Prüfern gleichwohl zu beachten, da nur so die Einheitlichkeit der Bewertung und damit die Wahrung des Gebots der Chancengleichheit gesichert werden kann.
Die gegen die Bewertung des Aufsatzes erhobenen Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. Die Klägerin verweist in diesem Zusammenhang auf den ihr zukommenden Antwortspielraum und wendet ein, dass der Schwerpunkt der Bewertung weder auf den Sprachstil, noch auf den Inhalt hätte gelegt werden dürfen. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Zweitprüferin meine, das Thema der Erörterung sei nicht erfasst worden. Zudem sei nicht ersichtlich, weshalb der Erstprüfer die Auffassung vertrete, dass die Einleitung nicht zum Thema hinführe. Zu Unrecht sei auch die Kürze des Aufsatzes kritisiert worden. Die Klägerbevollmächtigte wendet ferner ein, dass die Prüferinnen die Notenstufen und deren Definitionen bei der Bewertung der Prüfungsaufgabe Nr. 1d nicht berücksichtigt hätten. Diese Einwendungen verfangen nicht. Die Prüferinnen haben die Bewertung der Prüfungsaufgabe Nr. 1d („Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“) mit schweren sprachlichen und inhaltlichen Mängeln begründet und in ihren im Rahmen des Überdenkungsverfahrens abgegebenen Stellungnahmen ergänzend dargelegt, dass die Klägerin bei der Bearbeitung dieser Prüfungsaufgabe über weite Strecken einen nicht angemessenen Sprachstil verwendet habe, die notwendige Argumentationstiefe auf der etwas mehr als vierseitigen Bearbeitung nicht erreicht worden sei, formale Vorgaben missachtet worden seien und auch das Thema verfehlt worden sei, da in nicht ausreichendem Maße auf Kulturschaffende Bezug genommen worden sei. Diese Prüferbewertung ist nachvollziehbar, sachfremde Erwägungen sind nicht erkennbar. Die Klägerin ist in ihrer Bearbeitung lediglich am Rande auf die Rolle von Kulturschaffenden eingegangen, eine Hinführung zu der Thematik unterblieb. Zudem weist die Arbeit der Klägerin zahlreiche Rechtschreib- und Grammatikfehler auf. Zwar besteht eine gestalterische Freiheit des Prüflings bei der Anfertigung der in Rede stehenden Prüfungsaufgabe. In den Blick zu nehmen sind jedoch die allgemeinen und besonderen Prüfungsanforderungen (§§ 12, 13 ÜDPO), welche unter anderem die sichere Beherrschung des Deutschen und der zu prüfenden Sprache in Grammatik, Wortschatz, Stil und Rechtschreibung sowie Gewandtheit im schriftlichen Ausdruck nennen. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass die Prüfer dem von der Klägerin verwendeten Sprachstil, dem Inhalt und der Kürze des Aufsatzes maßgebliche Bedeutung bei der Bewertung haben zukommen lassen. Eine Missachtung des Antwortspielraums der Klägerin und eine Überschreitung des prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraums sind nicht erkennbar.
c) Abgesehen von der Nachvollziehbarkeit der Beurteilung der von der Klägerin monierten Einzelpunkte liegen dem Gericht auch keine Hinweise auf einen rechtswidrigen oder gar willkürlichen Gebrauch des oben erläuterten prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums durch die Korrektorinnen bei der Gesamtbewertung der von der Klägerin im Rahmen der Prüfungsaufgabe Nr. 1d („Landeskundlicher Aufsatz in deutscher Sprache“) erbrachten Leistung vor. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Korrektorinnen die Definition der Notenstufen nicht berücksichtigt hätten. Die Bewertung ihrer Prüfungsarbeit leidet deshalb nicht an gerichtlich zu beanstandenden Rechtsfehlern.
II. Aus diesen Gründen ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
III. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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