Verwaltungsrecht

Staatsangehörigkeit: Türkei, Eigenständiges Aufenthaltsrecht nach Familiennachzug

Aktenzeichen  M 4 S 21.1155

Datum:
10.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 171
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG § 81 Abs. 4 S. 1
AufenthG § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
AufenthG §§ 18 ff.
AufenthG 2004 §§ 18 ff.
AufenthG § 10 Abs. 3
AuslG 1965 § 2 Abs. 1
AufenthG § 25 Abs. 4
Art. 6 ARB 1/80.

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt in der Hauptsache die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Ablehnung seines Antrags durch die Antragsgegnerin.
Der Antragsteller ist 27 Jahre alt und türkischer Staatsangehöriger.
Der Antragsteller reiste am …2014 ohne Visum in das Bundesgebiet ein und stellte am 26. September 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag (Bl. 19 Behördenakte I).
Am …2015 heiratete der Antragsteller im türkischen Generalkonsulat in … eine türkische Staatsangehörige, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis war (Bl. 95 Behördenakte I).
Am …2016 gestattete die Regierung von O. dem Antragsteller die private Wohnsitznahme bei seiner Ehefrau (Bl. … Behördenakte I).
Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers bei der Ausländerbehörde der Stadt München die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug (Bl. 107 Behördenakte I).
Am 2. August 2016 erschien der Antragsteller nicht zum Termin für die persönliche Anhörung beim Bundesamt. Daraufhin stellte das Bundesamt das Verfahren am 10. August 2016 ein. Der Bescheid erwuchs am 30. August 2016 in Bestandskraft (Bl. 17 ff. Behördenakte I).
Am … … 2016 erteilte die Landeshauptstadt M. dem Antragsteller eine bis zum …2017 gültige Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug (Bl. 147 Behördenakte I).
Zum 30. November 2016 beendete der Antragsteller seine Tätigkeit bei der Firma „…“, bei der er seit Juli 2016 beschäftigt war (Bl. 189 Behördenakte II).
Ab dem 1. Januar 2017 bis 31. August 2017 war der Antragsteller bei der … „…“ tätig (Bl. 189 Behördenakte II).
Am 11. August 2017 meldete der Antragsteller als alleiniger Gesellschafter die Firma „… …“ an.
Am 4. November 2017 verlängerte die Landeshauptstadt München die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers bis zum … … 2019 (Bl. … Behördenakte I).
Am 2. Januar 2018 verzog der Antragsteller ohne seine Ehefrau von … nach … (Bl. … Behördenakte I).
Am 26. Januar 2018 schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau eine Scheidungsvereinbarung (Bl. … Behördenakte II).
Ab dem 1. März 2018 war der Antragsteller für die …“ als Friseur für tätig, wo er ein Monatsgehalt von 2.500 Euro brutto bezog (Bl. … Behördenakte II).
Ab dem 1. Mai 2018 war der Antragsteller zusätzlich bei der Firma „…“ als Geschäftsführer beschäftigt, wo er ein Monatsgehalt von 5.000 Euro brutto erhielt (Bl. 189 Behördenakte II).
Mit Urteil des Amtsgericht Istanbul Anadolu vom 29. Juni 2018 wurde die Ehe des Antragstellers geschieden (Bl. … Behördenakte II).
Das Beschäftigungsverhältnis bei der …“ endete am 31. August 2018 (Bl. …, … Behördenakte II).
Am 20. Dezember 2018 meldete der Antragsteller zum 2. Januar 2019 ein Gewerbe mit dem Namen „… … …“ bei der Stadt … an (Bl. … Behördenakte II).
Am 28. März 2019 heiratete der Antragsteller in der Türkei eine türkische Staatsangehörige, die am 25. Juni 2019 bei der deutschen Botschaft in Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Visums zum Familiennachzug stellte.
Am 22. Oktober 2019 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Bl. 1 Behördenakte II). Als Aufenthaltszweck gab er „Sicherheit im Land“ und als beabsichtigte Aufenthaltsdauer „unbefristet“ an. Dabei legte der Antragsteller einen Geschäftsführeranstellungsvertrag mit der Firma „…“ vom …2018 vor (Bl. … Behördenakte II) sowie eine auf seinen Namen lautende Gewerbeanmeldung vom … … 2018 für einen Friseursalon namens „…“ mit Tätigkeitsbeginn zum …2019 vor (Bl. 11 Behördenakte II). In Folge des Antrags erhielt der Antragsteller eine Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG bis zum 30. November 2019 (Bl. 47 Behördenakte II), die in der Folge mehrmals verlängert wurde, zuletzt bis 24. Dezember 2020 (Bl. 54, 82, 107 Behördenakte II).
Ab dem 1. November 2019 war der Antragsteller als angestellter Friseur bei der Firma „…“ beschäftigt. Die Parteien vereinbarten eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 3.000 Euro (Bl. … f. Behördenakte II). Am 28. November 2019 meldete der Antragsteller sein Gewerbe für seinen Friseursalon „…“ mit Wirkung zum 30. November 2019 wegen Übergabe an … ab (Bl. … ff. Behördenakte II).
Am 2. Dezember 2019 wurde der Antragsteller als Geschäftsführer der Firma „…“ abberufen.
Mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 kündigte die Firma „…“, vertreten durch den Geschäftsführer … … … das Arbeitsverhältnis mit dem Antragsteller zum 31. Januar 2020 (Bl. … Behördeakte II).
Mit Schreiben vom 3. August 2020, dem Bevollmächtigten des Antragstellers gegen Empfangsbekenntnis am 5. August 2020 zugestellt, hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis an (Bl. … ff. Behördenakte II). Mit Schreiben vom 27. Oktober 2020 bat der Prozessbevollmächtigte um Mitteilung, ob wegen eines Umzugs des Antragsstellers noch eine Zuständigkeit der Antragsgegnerin bestehe (Bl. … Behördenakte II).
Am 14. Oktober 2020 wurde die Firma „…“ nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens aufgelöst.
Mit Bescheid vom 6. November 2020, dem Bevollmächtigten am 10. November 2020 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt, lehnte die Antragsgegnerin den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 22. Oktober 2019 ab (Nr. 1), setzte eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids (Nr. 2) und drohte dem Antragsteller die Abschiebung in die Republik Türkei oder einen anderen aufnahmebreiten oder zu seiner Rücknahme verpflichteten Staat an (Nr. 3). Für den Fall der Abschiebung wurde ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet, befristet auf die Dauer von drei Jahren ab der Abschiebung (Nr. 4). Zur Begründung führte die Antragsgegnerin im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zum ausländischen Ehegatten nach der dauerhaften Trennung und Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft spätestens zum Zeitpunkt des Umzugs nicht mehr vorlägen. Ein eigenständiges von der Ehe unabhängiges Aufenthaltsrecht habe der Antragssteller nicht erlangt, weil die eheliche Lebensgemeinschaft entgegen § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht mindestens drei Jahre lang rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Selbst wenn wegen Art. 13 ARB 1/80 nur eine zweijährige Ehebestandszeit erforderlich wäre, käme die Erteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht, weil auch dieser Zeitraum nicht erfüllt wäre: Die Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug sei erstmals am 3. November 2016 erteilt worden, die Trennung sei zum …2018 erfolgt. Auch eine besondere Härte im Sinne von § 31 Abs. 2 AufenthG liege nicht vor. Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Erwerbstätigkeit gemäß §§ 18 ff. AufenthG scheide aus. Der Antragsteller übe zwar seit dem 1. November 2019 eine Vollzeitbeschäftigung als Friseur aus, verfüge aber nicht über eine entsprechende Berufsausbildung. Damit fehle es an den Voraussetzungen des § 18a AufenthG. Auch die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als Friseur ohne entsprechende Qualifikation gemäß § 19c Abs. 1 AufenthG sei ausgeschlossen, weil kein Tatbestand der Beschäftigungsverordnung erfüllt sei. Die Voraussetzungen einer humanitären Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 4 AufenthG lägen ebenfalls nicht vor. Der Antragsteller als türkischer Staatsangehöriger könne auch nicht ein Aufenthaltsrecht nach ARB 1/80 ableiten. Der Antragsteller erfülle nicht die Grundvoraussetzung für den Erwerb einer Rechtsstellung nach Art. 6 ARB 1/80. Eine „ordnungsgemäße Beschäftigung“ in diesem Sinne liege nur dann vor, wenn der türkische Staatsangehörige als Arbeitnehmer auch über einen gesicherten Aufenthaltstitel verfüge. Beschäftigungen während des Asylverfahrens, also mit einer Aufenthaltsgestattung, zählten nicht dazu. Gleiches gelte für Beschäftigungen in Zeiten, in denen der türkische Staatsangehörige nur im Besitz einer Fiktionsbescheinigung sei, insbesondere dann, wenn – wie vorliegend – der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werde. Beim Antragsteller seien deshalb nur Beschäftigungen im Zeitraum zwischen dem 3. November 2016 (erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) und dem 6. November 2019 (letzter Gültigkeitstag der verlängerten Aufenthaltserlaubnis) zu Grunde zu legen. In diesem Zeitraum habe keines der Beschäftigungsverhältnisse für mindestens ein Jahr bestanden. Ausweislich der Mitgliedschaftsbescheinigung der … vom …2020 sei der Antragsteller bei der Firma „…“, vom …2016 bis zum 31. Dezember 2016 beschäftigt gewesen, beim Friseursalon „…“ vom 1. Januar 2017 bis zum 30. September 2017 und bei „…“ vom 1. März 2018 bis zum 31. August 2018. Das am 1. November 2019 begonnene Beschäftigungsverhältnis finde nur bis zum 6. November 2019 Berücksichtigung. Auch der Erwerb eines Aufenthaltsrechts gemäß Art. 7 ARB 1/80 als Familienangehöriger scheide aus, weil der Antragsteller nicht für drei Jahre einen gemeinsamen Wohnsitz mit seiner ehemaligen Ehefrau gehabt habe. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides verwiesen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog.
Ab dem 1. Dezember 2020 begann der Antragsteller eine neue Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma „…“ mit einem vereinbarten Monatsgehalt von 3.500 Euro brutto (Bl. … Behördenakte II).
Zusätzlich war der Antragsteller ab 1. Dezember 2020 nebenberuflich auf Basis von 10 Stunden pro Woche als Friseur bei der Firma „…“ beschäftigt.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 10. Dezember 2020, beantragte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Berufsausübung als Geschäftsführer gemäß § 18 Abs. 2 AufenthG a.F. i.V.m. § 3 Nr. 2 BeschV a.F. und die Zusendung einer Fiktionsbescheinigung mit entsprechender Arbeitsgenehmigung (Bl. 194 ff. Behördenakte II).
Die Antragsgegnerin legte am 10. Dezember 2020 die elektronische Behördenakte vor.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10. November 2020 (sic), eingegangen bei Gericht am 10. Dezember 2020, ließ der Antragsteller, unter Ankündigung einer gesonderten Begründung, Klage auf Aufhebung der Verfügungen des Bescheids vom 6. November 2020 und Verpflichtung zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 4 Abs. 2 AufenthG i.V.m. Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erheben (Az.: M 4 K 20.6466).
Mit Email vom 2. Februar 2021 legte der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin die Entgeltabrechnungen des Antragstellers bei der Firma „…“ vor. Danach bezog der Antragsteller im Dezember 2020 und im Januar 2021 Kurzarbeitergeld (Bl. … f. Behördenakte II).
Mit Schreiben vom 10. Februar 2021 begründete der Bevollmächtigte des Antragstellers die Klage im Wesentlichen wie folgt: Der Antragsteller sei nicht ordnungsgemäß zur beabsichtigten Ablehnung angehört worden, weil die Antragsgegnerin seine Nachfrage zur Zuständigkeit nicht beantwortet habe. Der Antragsteller habe durch seine Tätigkeit bei der „…“ vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Januar 2020 ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erworben. Seine Stellung als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der „…“ ändere daran nichts, denn die Firma „…“ beschäftige bis zu 13 weitere Arbeitnehmer. Dass der Antragsteller als Arbeitnehmer einzustufen sei, folge nicht nur aus der Tatsache, dass Arbeitgeber eine GmbH und somit eine juristische Person gewesen sei, die als unabhängig vom Kläger zu betrachten sei, sondern auch aus der Tatsache, dass dem Antragsteller mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 von der „…“ gekündigt worden sei. Die erlangte Rechtsstellung habe der Antragsteller auch nicht aufgrund der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 ARB 1/80 aufgrund des unverschuldeten Verlusts seines Arbeitsplatzes verloren. Der Antragsteller erreiche im April 2021 sogar die zweite Verfestigungsstufe des Art. 6 Abs. 1 zweiter Spiegelstrich ARB 1/80, da er seit Dezember 2019 bis heute ununterbrochen bei der Firma „…“ tätig sei. Es sei dafür auch unschädlich, dass der Antragsteller dort nur noch nebenberuflich tätig sei, da gemäß Rechtsprechung des EuGH eine Arbeitszeit von zehn Stunden pro Woche grundsätzlich ausreiche. Ferner könne die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund seiner am 1. Dezember 2020 begonnenen Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma „…“ gemäß § 18 Abs. 2 AufenthG a.F. in Verbindung mit der Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80, auf die sich der Antragssteller als türkischer Staatsangehöriger berufen könne, erteilen. Die erfolgreiche Führung des Unternehmens mache die Anwesenheit des Klägers „dringend erforderlich“, da der Antragsteller bereits im Unternehmen tätig gewesen sei, das „volle Vertrauen“ der Inhaberin genieße und seine in anderen Friseurbetrieben gewonnen Erfahrungen für den Betrieb „sehr wertvoll“ seien. Bis zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 10. Dezember 2020 gelte der Aufenthalt des Antragstellers als erlaubt. Aus den Stillhalteklauseln des ZusProtAssAbk AR 41 Abs. 1 und Art. 13 ARB 1/80 folge, dass zugunsten des Antragstellers altes Recht anwendbar sei. Für die Anwendbarkeit des Art. 13 ARB 1/80 sei es nicht erforderlich, dass der Antragsteller bereits Rechte in Bezug auf Beschäftigung genieße, sondern es sei ausreichend, dass er sich darum bemühe, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Art. 13 ARB 1/80 sei im Lichte der Parallelvorschrift des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls auszulegen, die keinen ordnungsgemäßen Aufenthalt voraussetze. Mit § 81 AufenthG gelte heute eine für den Antragsteller ungünstigere Rechtslage als am 1. Dezember 1980, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 13 ARB 1/80 sowie des 1. Januar 1973, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Abkommen über die Assoziation. Daher sei auch der § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 zugunsten des Antragstellers anwendbar, sodass jeder Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Fiktionswirkung auslöse (Bl. 244 ff. Behördenakte II).
Mit Schreiben vom 11. Februar 2021 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers der Antragsgegnerin mit, dass die eingereichte Klage nach seiner Rechtsauffassung bereits aufschiebende Wirkung entfalte. Dies begründete er damit, dass die aufschiebende Wirkung nicht kraft Gesetzes ausgeschlossen sei, da § 84 Abs. 1 AufenthG nicht auf türkische Staatsangehörige anwendbar sei, die sich auf ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 berufen könnten. Die für EU-Staatsangehörige und deren Familien geltenden Regelungen, insbesondere § 11 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU, seien soweit wie möglich auf türkische Staatsangehörige, die sich auf ein Recht nach ARB 1/80 berufen könnten, anzuwenden. Bei Freizügigkeitsberechtigten habe eine Klage gegen die Feststellung des Nichtbestehens oder des Verlusts des Freizügigkeitsrechts aus § 2 FreizügG/EU gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Entsprechendes habe daher für türkische Staatsangehörige zu gelten. Zum selben Ergebnis komme man über das Diskriminierungsverbot des Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 (Bl. 240 Behördenakte II).
Mit Schriftsatz vom 26. Februar 2021, eingegangen bei Gericht am 3. März 2021, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 9. Dezember 2020 (Az.: M 4 K 20.6466) anzuordnen.
Zur Begründung wiederholte er seine Ausführungen zur Begründetheit der Klage im Hauptsacheverfahren (Az.: M 4 K 20.6466) und gegenüber der Antragsgegnerin vom 11. Februar 2021 (Bl. … Behördenakte II). Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 1. April 2021,
den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Zur Begründung führte sie aus, dass der Bevollmächtigte des Antragstellers ausreichend Gelegenheit gehabt habe, sich zur beabsichtigten Maßnahme zu äußern. Dass sich der Bevollmächtigte nicht zur Maßnahme geäußert habe, mache die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht rechtswidrig. Ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht aus Art. 6 ARB 1/80 aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer bei der „…“ ergebe sich für den Antragsteller nicht, da er als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer seiner Firma kein weisungsbefugter Arbeitnehmer im Sinne der Rechtsprechung des EuGH sei. Der Antragsteller sei zu dieser Zeit vielmehr selbständig tätig gewesen. Eine Einstufung als Arbeitnehmer lasse sich auch nicht durch die Beschäftigung von 13 weiteren Mitarbeitern oder durch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages herleiten. Art. 6 Abs. 2 ARB 1/80 finde wegen des fehlenden Arbeitnehmerstatus keine Anwendung. Aus seinen sonstigen Beschäftigungen ergebe sich ebenfalls kein Anspruch aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80. Dazu verweise man auf den Bescheid. Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 19c Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 Nr. 1 BeschV wegen seiner Beschäftigung als Geschäftsführer bei der Firma „…“ seit dem 1. Dezember 2020. Das unter Einbeziehung von § 18 Abs. 1 AufenthG auszuübende Ermessen sei zu seinen Ungunsten ausgeübt worden. Der Antragsteller sei zwar Zeit seines Aufenthalts im Bundesgebiet überwiegend beschäftigt gewesen, allerdings sei eine klare Linie in dessen Erwerbsbiographie nicht zu erkennen. In der Gesamtbetrachtung entstehe der Eindruck, der Antragsteller würde mit den ab 1. Dezember 2020 geltend gemachten Beschäftigungsverhältnissen versuchen, Bleibegründe zu konstruieren. Es bestünden Zweifel, ob der Antragsteller die angegebenen Beschäftigungen tatsächlich ausübe, da die Handlungen verfahrensangepasst erschienen und der Antragsteller in beiden Betrieben gut vernetzt sei. Für die Annahme von Gefälligkeitsverträgen spreche, dass das Arbeitsverhältnis mit „…“ erst nach Zugang des ablehnenden Bescheids abgeschlossen worden sei. Der Prozessbevollmächtigte habe in seinem Schreiben vom 1. Dezember 2020, das der Antragsgegnerin am 2. Dezember 2020 zugegangen sei, lediglich „ARB-Rechte“ geltend machen wollen, die dem Antragsteller aus seiner Tätigkeit bei „…“ und der ausgeübten Nebentätigkeit bei „…“ zustünden. Das neue Arbeitsverhältnis mit der Firma „…“ sei erst nach telefonischer Mitteilung der Antragsgegnerin am 9. Dezember, dass sie die Rechtsauffassung des Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der „ARB-Rechte“ aufgrund der bestehenden Arbeitsverhältnisse nicht teile, mit Schreiben vom selben Tag geltend gemacht worden. Auch das fortgeführte Arbeitsverhältnis bei der Firma „… … …“ sei nur deshalb so gestaltet, um damit eine weitere Verfestigungsstufe nach Art. 6 ARB 1/80 zu erreichen. Es erschließe sich auch nicht, warum der Antragsteller einer Nebentätigkeit nachgehe, anstatt sich voll und ganz der Position als Geschäftsführer bei „…“ zuzuwenden, wo dessen Anwesenheit in der Pandemiezeit „unbedingt erforderlich“ sei. Es lasse sich auch nicht erklären, weshalb der Antragsteller seine besser dotierte Tätigkeit als Vollzeitfriseur bei „…“ für eine schlechter bezahlte Tätigkeit als Geschäftsführer bei „…“ aufgebe. Weiter bestünden Zweifel, ob der Antragsteller die Tätigkeit als Geschäftsführer tatsächlich ausübe, da aus dem Arbeitsvertrag vom 2. Dezember 2020 nicht hervorgehe, welche Aufgabenbereiche sein Tätigkeitsfeld umfasse und er weder eine Generalvollmacht noch eine Prokura besitze. „…“ sei ein Einzelunternehmen und keine Gesellschaft, sodass die Bezeichnung als „Geschäftsführer“ ohnehin irreführend sei. Der Kläger habe auch keinerlei Nachweise über bestehende Qualifikationen, wie Bildungsabschlüsse oder betriebswirtschaftliche, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse und insbesondere auch keine Ausbildung im Friseurhandwerk dargelegt. Ferner gehe die Antragsgegnerin davon aus, dass der Antragsteller bereits bei seiner vorherigen Tätigkeit als Geschäftsführer bei der „…“ nur „auf dem Papier“ gearbeitet habe, da nicht bekannt sei, welche Tätigkeiten er dort tatsächlich absolviert habe. Daher erschließe sich auch nicht, welche Erfahrungen der Antragsteller für die neue Stelle mitbringe. Es sei bereits fraglich, ob sich der Antragsteller überhaupt auf die Standstillklauseln des Art. 13 ARB 1/80 bzw. Art. 7 ARB 2/76 berufen könne. Deren Anwendung setze voraus, dass der Aufenthalt und die Beschäftigung des Antragstellers „ordnungsgemäß“ seien. Wenn man davon ausgehe, dass ein ordnungsgemäßer Aufenthalt vorliege, sofern der Antragsteller die Vorschriften über die Einreise, den Aufenthalt und die Beschäftigung beachtet habe, könne man beim Antragsteller davon ausgehen, dass er die Voraussetzungen erfülle, denn er sei bereits im Besitz einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis gewesen und einer Beschäftigung nachgegangen. Ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach § 21 Abs. 3 AuslG 1965 scheide jedoch aus, da der Antrag des Bevollmächtigten vom 9. Dezember 2020 eine bloße Wiederholung des bereits abgelehnten Antrags darstelle. Darüber hinaus handele es sich auch um eine missbräuchliche Antragstellung, um die Aufenthaltsbeendigung abzuwenden. Die Auffassung über die aufschiebende Wirkung der Klage in Anlehnung an das Freizügigkeitsrecht teile die Antragsgegnerin nicht. Insgesamt sei dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Vollziehung der Vorrang gegenüber etwaigen persönlichen Interessen einzuräumen. Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog.
Mit Schriftsatz vom 8. April 2021 übersandte der Bevollmächtigte die Gehaltsabrechnungen des Antragstellers für den Zeitraum vom 27. Juli 2015 bis zum 21. Juli 2020.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2021, dem Prozessbevollmächtigten per Fax am selben Tag zugestellt, hörte die Antragsgegnerin den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 9. Dezember 2020 an (Bl. 111 Behördenakte III).
Mit Bescheid vom 15. November 2021 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 9. Dezember 2020 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab. Die Voraussetzungen für die begehrte Aufenthaltserlaubnis zu Beschäftigungszwecken seien nicht gegeben, da die Abwägung im Rahmen der Prüfung des § 19c AufenthG zu Lasten des Antragstellers ausfalle. Dabei verwies die Antragsgegnerin auf die bereits erfolgten Ausführungen zur Antragserwiderung vom 1. April 2020 und begründete ihre Entscheidung ferner mit dem am 29. September 2021 eingeleiteten Steuerstrafverfahren des Hauptzollamts Augsburg-Stadt. Dem Antragsteller werde während seiner Zeit als Geschäftsführer bei der Firma „…“ die Hinterziehung der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie des Solidaritätszuschlags 07/2019 bis 09/2019 und 10/2019 zur Last gelegt. Darüber hinaus habe auch die Staatsanwaltschaft München II Anklage wegen Subventionsbetrug gegen den Antragsteller erhoben, weil er Corona-Hilfen beantragt habe, obwohl er hierfür gar nicht berechtigt gewesen sei. Darüber hinaus lägen die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG nicht vor, da der Antragsteller nicht im Besitz eines Visums sei (§ 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) und sich aufgrund der anhängigen Strafverfahren Ausweisungsinteressen im Sinne des § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG ergäben (§ 5 Abs. 1 Nr. 2). Ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB 1/80 komme ebenfalls nicht in Betracht, da der Antragsteller nicht über einen gesicherten Aufenthaltsstatus verfüge. Im Übrigen wird auf die Begründung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog (Bl. … ff. Behördenakte III).
Dagegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 24. November 2021 unter Ankündigung einer gesonderten Begründung Klage und beantragte die Aufhebung der Verfügungen des Bescheids vom 15. November 2021 und dem Kläger auf seinen Antrag vom 9. Dezember 2020 eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen (Az.: M 4 K 21.6179).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt das Gericht Bezug auf die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 4 K 20.6466 und M 4 K 21.6179 sowie auf die vorgelegte Behördenakte
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg, da er unbegründet ist.
Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Der Antrag ist zwar zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthafter Rechtsbehelf gegen die Ablehnung der Erteilung des Aufenthaltstitels, die Androhung der Abschiebung und den Erlass des Einreise- und Aufenthaltsverbots.
1.1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Ablehnung des Aufenthaltstitels ist statthaft.
Der Antrag des Antragstellers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 22. Oktober 2019 hat die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst, weil der Antrag vor Ablauf des Aufenthaltstitels am 6. November 2019 gestellt wurde. Deshalb richtet sich der vorläufige Rechtsschutz nach Ablehnung des Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO (BayVGH, B.v. 17.7.2019 – 10 CS 19.1212 – juris Rn. 8 f. m.w.N.). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung stellt zwar nicht die Fiktionswirkung wieder her, sie hat aber zur Folge, dass die Ausreisepflicht des Antragstellers nicht vollziehbar ist, weil die Versagung des Aufenthaltstitels nicht vollziehbar ist, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG (vgl. dazu VGH BW, B.v. 20.11.2007 – 11 S 2364/07 – juris Rn. 2 f.). Unabhängig davon, dass in der Hauptsache die Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die statthafte Klageart ist und damit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ein Antrag nach § 123 VwGO zu stellen wäre, ist vorläufiger Rechtsschutz somit trotz § 123 Abs. 5 VwGO gemäß § 80 Abs. 5 VwGO statthaft.
1.1.1. Dem Gericht erschließt sich schon nicht, in welchem Verhältnis der Vortrag des Prozessbevollmächtigten, die Klage habe bereits aufschiebende Wirkung wegen analoger Anwendung von § 11 FreizüG/EU auf ARB-Berechtigte bzw. wegen des Diskriminierungsverbots gemäß Art. 10 ARB 1/80, zu seinem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht. Insoweit sind Vortrag und Antrag des Rechtsanwalts perplex. Das Gericht ist zwar gemäß § 88 VwGO nicht an die Fassung der Anträge gebunden, darf aber über das Klagebegehren nicht hinausgehen. Der Antragsteller ist durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist – wie soeben ausgeführt – statthaft und auch im Übrigen zulässig. Vor diesem Hintergrund besteht vorliegend keine Veranlassung, den Antrag entgegen seinem Wortlaut auszulegen. Soweit sich die Ausführungen des Prozessbevollmächtigten auf den am 9. Dezember 2020 bei der Antragsgegnerin gestellten weiteren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beziehen sollten, ist über diesen mit Bescheid vom 15. November 2021 durch die Antragsgegnerin entschieden und dagegen vom Antragsteller auch Klage erhoben worden (Az.: M 4 K 21.6179). Die Hauptsache, deren aufschiebende Wirkung mit vorliegendem Antrag angeordnet werden soll, ist eine Versagungsgegenklage gegen den Bescheid vom 6. November 2020.
1.1.2. Unabhängig davon genießt der Antragsteller als türkischer Staatsangehöriger ungeachtet einer eventuellen assoziationsrechtlichen Stellung auch nicht die gleiche privilegierte Stellung wie Unionsbürger, für die § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gemäß § 11 FreizügG/EU nicht anzuwenden ist. Die in der Hauptsache erhobene Klage entfaltet daher gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG keine aufschiebende Wirkung (vgl. OVG Hamburg, B.v. 13.6.2019 – 4 Bs 110/19 – juris Rn. 15 ff. m.w.N.).
1.1.3. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, inwieweit sich im Hinblick auf Art. 10 ARB 1/80 die aufschiebende Wirkung der Klage ergeben sollte. Es liegen schon nicht die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Art. 10 ARB 1/80 vor, nämlich, dass der Aufnahmemitgliedsstaat dem Ausländer die Erlaubnis erteilt hat, im Gebiet des Mitgliedstaats für eine bestimmte Zeit eine Beschäftigung auszuüben und in Bezug auf diese Beschäftigung weitergehende Rechte als in Bezug auf den Aufenthalt verliehen hat (vgl. VG Schleswig, B.v. 30.6.2021 – 11 B 38/21 – juris Rn. 23).
1.2. Der Antrag ist auch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung statthaft, weil es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung handelt und eine dagegen gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet, § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 21 Satz 1 BayVwZVG.
1.3. Der Antrag ist auch hinsichtlich des Einreise- und Aufenthaltsverbots statthaft, da eine dagegen gerichtete Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltet, § 84 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG (vgl. VGH BW, B.v. 13.11.2019 – 11 S 2996/19 – juris Rn. 40 ff.).
2. Der im Übrigen auch zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage erweist sich jedoch als unbegründet.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 2.12.2014 – 1 B 21/14 – juris Rn. 6) überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat dabei abzuwägen zwischen dem gesetzlich bzw. behördlich angeordneten öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse eines Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei der Interessenabwägung.
Das Gericht geht nach der gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung davon aus, dass die Klage des Antragstellers erfolglos bleiben wird. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung oder zu sonstigen Aufenthaltszwecken, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Auch die Abschiebungsandrohung sowie das Einreise- und Aufenthaltsverbot sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönlichen Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
2.1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde ordnungsgemäß angehört, Art. 28 BayVwVfG. Aus einem eventuellem Irrtum des Prozessbevollmächtigten in Bezug auf die örtliche Zuständigkeit der Ausländerbehörde ergibt sich ersichtlich kein Anhörungsmangel.
2.2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, weder aus dem AufenthG (2.2.1.) noch aus den Vorschriften des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) (2.2.2.).
2.2.1. Aus den Normen des AufenthG ergibt sich kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Insbesondere hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Aufenthalt aus familiären Gründen nach dem sechsten Abschnitt des AufenthG, zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder aus humanitären Gründen.
2.2.1.1. Hinsichtlich eines Anspruchs auf Verlängerung der zum Ehegattennachzug erteilten Aufenthaltserlaubnis wird auf die zutreffenden Ausführungen des Antragsgegners im Bescheid vom 6. November 2020 Bezug genommen und von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
2.2.1.2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch aus § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert werden, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war. Vorliegend besteht ein solcher Anspruch nicht, da die Ehe des Antragstellers nicht für die erforderliche Zeit rechtmäßig bestanden hat.
Die Landeshauptstadt München erteilte die Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug erstmals am 3. November 2016. Der Antragsteller ist am 1. bzw. 2. Januar 2018 aus der gemeinsamen Wohnung in München nach Ingolstadt ausgezogen. Die Scheidung erfolgte am 29. Juni 2018 durch Urteil des Amtsgerichts Anadolu in Istanbul. Die Ehebestandszeit betrug damit von der erstmaligen Erteilung eines familiären Aufenthaltstitels bis zur Scheidung des Antragstellers von seiner Ehefrau circa 20 Monate: Für den Beginn der Berechnung ist weder der Zeitpunkt der Eheschließung am …2015 noch der der Gestattung der privaten Wohnsitznahme am …2016 noch der Zeitpunkt des tatsächlichen Beginns des Zusammenlebens maßgeblich, sondern der der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 23.4.2008 – 2 B 173/08 – juris Rn. 16 f.; Bergmann/Dienelt/Dienelt, AufenthG § 31 Rn. 32 ff.). Denn nur die unter der Geltung einer ehebedingten Aufenthaltserlaubnis gelebte eheliche Lebensgemeinschaft ist rechtmäßig im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Der Antragsteller hat auch dann, wenn man zu seinen Gunsten davon ausgeht, dass er sich als türkischer Staatsangehöriger auf die Standstillklauseln des Art. 13 ARB 1/80 bzw. Art. 41 ZP berufen kann, und somit das rechtmäßige Bestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft für mindestens zwei Jahre ausreichen würde (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.4.2014 – OVG 11 S 26.14 – juris Rn. 4), keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG als eigenständiges Aufenthaltsrecht, weil er auch diese Voraussetzung nicht erfüllt.
Unabhängig davon wäre eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG ohnehin nur für die Dauer von einem Jahr zu erteilen, sodass sich im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts die weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 31 Abs. 1 AufenthG nach § 31 Abs. 4 AufenthG richten würde, wonach die Verlängerung im Ermessen der Behörde stünde.
2.2.1.3. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach den §§ 18 ff. AufenthG insbesondere § 19c bzw. § 21 AufenthG.
Abgesehen davon, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 19c bzw. § 21 AufenthG jeweils im Ermessen der Ausländerbehörde steht und ein Anspruch deshalb eine Ermessensreduzierung auf Null voraussetzen würde, die vorliegend nicht ersichtlich ist, scheitert die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung bzw. zur Ausübung einer selbständigen Tätigkeit nach fingierter Rücknahme des Asylantrags bereits an der Titelerteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG.
Danach darf einem Ausländer, der seinen Asylantrag zurückgenommen hat oder dessen Rücknahmeantrag fingiert wird, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 erteilt werden (Bergmann/Dienelt/Dienelt AufenthG, 13. Auflage 2020, § 10 Rn. 24). Keine Anwendung findet diese Regelung nur im Falle eines gesetzlichen Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG. Unter einem Anspruch i.S.v. § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 AufenthG ist nur ein sog. „strikter Rechtsanspruch“ zu verstehen, der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt, und bei dem alle zwingenden und regelhaften Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2014 – 1 C 15/14 – juris Rn. 19 ff.; B.v. 16.2.2012 – 1 B 22.11 – juris Rn. 4; U.v. 16.12.2008 – 1 C 37.07 – juris Rn. 21 ff.). Ein Anspruch auf Grund einer Ermessensvorschrift genügt nicht, auch wenn das Ermessen im Einzelfall „auf Null“ reduziert wäre (vgl. BVerwG, U.v. 16.12.2008, a.a.O., juris Rn. 21). Ebenso wenig ist bei einer Ausnahme von einer regelhaft zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzung ein strikter Rechtsanspruch gegeben (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2014, a.a.O., juris Rn. 19 ff.; OVG Hamburg, U.v. 20.3.2015 – 1 Bf 231/13 – juris Rn. 28).
Nach diesen Grundsätzen steht § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit entgegen. Der Asylantrag des Antragstellers gilt als zurückgenommen, da der Antragsteller ohne genügende Entschuldigung nicht zu seiner Anhörung erschien, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG. Die Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund von Erwerbstätigkeit nach den §§ 18 ff. AufenthG im Abschnitt 4, insbesondere §§ 19c und 21 AufenthG stehen im Ermessen der Behörde und stellen daher keine strikten Rechtsansprüche im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG dar. Dabei spielt auch keine Rolle, dass der Antragsteller zwischenzeitlich im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug war.
2.2.1.4. Selbst bei unterstellter Anwendung der Standstillklauseln des Art. 13 ARB 1/80 bzw. Art. 41 ZP hat der Antragsteller keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus den §§ 18 ff. AufenthG 2004, da auch insoweit eine Ermessensreduktion auf Null nicht ersichtlich ist. Ferner war nach (fingierter) Rücknahme des Asylantrags auch unter Geltung der damaligen Rechtslage gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG 2004 die Erteilung eines Aufenthaltstitels zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausgeschlossen.
Im Übrigen ergäbe sich auch kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 1 AuslG 1965, da zum einen eine Ermessensreduktion auf Null nicht gegeben ist und außerdem kein nach den damaligen Vorschriften (vor Inkrafttreten des § 39 Satz 1 Nr. 1 AufenthV am 1.1.2005) notwendiges Visums- bzw. Sichtvermerksverfahren durchgeführt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 21.6.2021 – 10 CS 21.1352 – juris Rn. 13).
2.2.1.5. Es sind auch keine dringenden humanitären oder persönlichen Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen ersichtlich, die eine vorübergehende weitere Anwesenheit des Antragstellers im Bundesgebiet gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderlich machen.
2.2.2. Der Antragsteller hat auch kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach den Regelungen des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) erworben. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80.
Dem Antragsteller steht kein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 zu. Dies ergibt sich weder aus seiner Zeit als Geschäftsführer bei der „…“ im Zeitraum von Mai 2018 bis Januar 2020 (2.2.2.1.) noch aus seinen sonstigen Beschäftigungszeiten (2.2.2.2.).
Nach Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erwirbt ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung einen Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis beim gleichen Arbeitgeber. Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist eine ordnungsgemäße Beschäftigung als Arbeitnehmer für ein Jahr. Den assoziationsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff bestimmt der EuGH in ständiger Rechtsprechung nach dem von ihm entwickelten unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff (BeckOK MigR/Gerstner-Heck EWG Türkei, Art. 6 Rn. 7). Als Arbeitnehmer ist jede Person anzusehen, die tatsächliche und effektive Tätigkeiten ausübt, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, U.v. 26.2.2019 – C-581/17 – juris Rn. 45; EuGH, U.v. 27.6.1996 – C-107/94 – NJW 1996, 2921, Rn. 25; EuGH, U. v. 3.7.1986 – 66/85 – NVwZ 1987, 41 Tz. 17; EuGH, U.v. 8.6.1999 – C 337/97 – juris). „Nach dessen Weisung“ bedeutet, dass die betreffende Person unter der Weisung oder Aufsicht eines Dritten steht, der ihm die zu erbringenden Leistungen und die Arbeitszeit vorschreibt und dessen Anordnung oder Vorschriften der Arbeitnehmer zu befolgen hat (EuGH, U.v. 3.7.1986 – 66/85 – NVwZ 1987, 41 Tz. 17; Callies/Ruffert/Brechmann, AEUV Art. 45 Rn.14). Ein Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren einziger Gesellschafter er ist, übt seine Tätigkeit nicht im Rahmen eines Unterordnungsverhältnisses aus, sodass er nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, sondern als eine Person, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt (EuGH, U.v. 26.2.2019 – C-581/17 – juris; EuGH, U.v. 27.6.1996 – C-107/94 – juris; EuGH, U.v. 8.6.1999 – C 337/97 – juris).
2.2.2.1. Der Antragsteller war im Zeitraum von Mai 2018 bis Januar 2020 Geschäftsführer bei der „… …“ und zugleich deren alleiniger Gesellschafter. Damit ist er nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 anzusehen, da er nicht weisungsgebunden gegenüber jemand anderem in einem Unterordnungsverhältnis stand. Vielmehr ist davon auszugehen, dass aufgrund seiner beherrschenden Stellung im Unternehmen als alleiniger Gesellschafter, alle Beschlüsse des Unternehmens mittel- oder unmittelbar auf den Willen des Antragstellers zurückgingen.
Es überzeugt nicht, wenn der Bevollmächtigte des Antragstellers argumentiert, dem Antragsteller sei gekündigt worden, was für die Stellung als Arbeitnehmer spreche. Kraft der beherrschenden Stellung des Antragstellers im Unternehmen als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer geht das Gericht davon aus, dass die Kündigung mittelbar auf den Willen des Antragstellers zurückgegangen sein muss. Genauso wenig ist erkennbar, wie die Beschäftigung 13 weiterer Arbeitskräfte die Stellung des Antragstellers als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer beeinflusst.
Zwar handelte es sich, wie der Bevollmächtigte vorträgt, vorliegend um eine GmbH, also eine juristische Person, bei welcher der Antragsteller angestellt war. Allerdings ist entscheidend, welche natürliche Person hinter der Gesellschaft steht und den Antragsteller im Rahmen seiner Tätigkeit anweist. Das war vorliegend nur der Antragsteller selbst, denn dieser übte als alleiniger Gesellschafter die faktische Kontrolle über das Unternehmen aus.
2.2.2.2. Auch im Rahmen seiner sonstigen Tätigkeiten war der Antragsteller bei keinem Arbeitgeber ein Jahr ordnungsgemäß beschäftigt im Sinne des Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen des Arbeitsgebers im Bescheid vom 6. November 2020 verwiesen und von einer weiteren Darstellung abgesehen, § 117 Abs. 5 VwGO analog.
Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 erfordert jedoch eine mindestens einjährige ununterbrochene ordnungsgemäße Beschäftigung bei ein und demselben Arbeitgeber, um ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht zu begründen. Beschäftigungszeiten von weniger als einem Jahr bei verschiedenen Arbeitgebern können nicht kumuliert werden (Bergmann/Dienelt/Dienelt, ARB 1/80, Art. 6 Rn. 69).
Der Antragsteller war jedoch bei keinem seiner übrigen Arbeitsverhältnisse bei der Firma „…“, bei der Firma „…“ und bei der …“ für mindestens ein Jahr tätig. Die zum 1. Dezember 2020 aufgenommenen Tätigkeiten als Geschäftsführer bei der Firma „…“ und als Friseur auf Basis von 10 Stunden pro Woche bei der Firma „…“ können ebenfalls kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht begründen, weil es sich hierbei nicht um ordnungsgemäße Beschäftigungen gemäß Art. 6 Abs. 1 erster Spiegelstrich ARB 1/80 handelt. Voraussetzung dafür ist eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt des Mitgliedsstaates. Eine solche gesicherte Position hat der Antragsteller jedoch nicht, da er nach Ablauf der zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis am 6. November 2019 lediglich im Besitz einer Fiktionsbescheinigung war (vgl. BayVGH B.v. 18.8.2014 – 10 CS 14.1324 – juris Rn. 7).
2.2.3. Die Androhung der Abschiebung ist rechtmäßig.
2.2.3.1. Der Antragsteller ist ausreisepflichtig gemäß § 50 Abs. 1 AufenthG, denn seine bis 6. November 2017 befristete Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug ist erloschen, § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG. Sein weiterer Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 9. Dezember 2020, eingegangen bei der Antragsgegnerin am 10. Dezember 2020, wurde unabhängig von einer ggf. ausgelösten Fiktionswirkung mit Bescheid vom 15. November 2021 abgelehnt.
2.2.3.2. Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG.
2.2.3.3. Die Verpflichtung zur Ausreise innerhalb von 30 Tagen begegnet auch keinerlei rechtlichen Bedenken, da sie sich am oberen Ende der gesetzlich vorgesehenen Fristdauer befindet, § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG.
2.2.4. Auch der Erlass des Einreise- und Aufenthaltsverbots erfolgte rechtmäßig, § 11 Abs. 1 AufenthG. Ermessensfehler hinsichtlich der Frist nach § 11 Abs. 2 AufenthG sind nicht ersichtlich, § 114 VwGO.
Der Antrag war somit abzulehnen.
2.3. Der Antragsteller hat als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO
2.4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5. und 8.2. des Streitwertkatalogs.


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