Verwaltungsrecht

Stellenstreit beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz

Aktenzeichen  M 5 E 16.729

Datum:
17.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG BeamtStG § 9
GG GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
VwGO VwGO § 67 Abs. 2, Abs. 4, § 123 Abs. 1, Abs. 3, § 154 Abs. 1
ZPO ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

Die das Bewerberfeld einengenden konstitutiven Anforderungsmerkmale sind nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Wahrnehmung der Dienstaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mit sich bringt und sich auch in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgaben nicht verschaffen kann. (redaktioneller Leitsatz)
Das Vorliegen der Voraussetzungen für ein konstitutives Anforderungsprofil hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen der vollen gerichtlichen Kontrolle (ebenso BVerwG NVwZ 2014, 75). (redaktioneller Leitsatz)
Das erstmalige Vortragen der Besetzungsgründe im gerichtlichen Verfahren kann die unzureichende Transparenz in der Entscheidungsphase und damit den formalen Fehler im durchgeführten Besetzungsverfahren nicht heilen. (redaktioneller Leitsatz)
Der Besetzungsvermerk muss die tragenden Gründe der Entscheidung derart beinhalten, dass ein eigenständiges Nachvollziehen der Entscheidung und eine Prüfung des Mitbewerbers, hiergegen vorzugehen, möglich ist, d.h. der Vermerk muss beinhalten, an welchen Beamten die Stelle vergeben wird und weshalb der Mitbewerber im Gegensatz zum ausgewählten Beamten den festgelegten Anforderungen nicht entspricht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Dem Antragsgegner wird untersagt, die am 29. Januar 2016 ausgeschriebene Stelle einer/eines Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiters … beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz zu besetzen, bevor über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Beim Landesamt für Verfassungsschutz wurde am 29. Januar 2016 die Stelle einer/eines Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiters … (A 13/14) ausgeschrieben. Darin ist angegeben, dass beabsichtigt sei, diesen Dienstposten mit einer/einem Beamtin/Beamten zu besetzen, die/der die Voraussetzungen für die Teilnahme an der modularen Qualifizierung gemäß §§ 61 ff. FachV-Pol/VS erfüllt. Bewerberinnen/Bewerber müssten daher in der letzten periodischen Beurteilung zum Stichtag 31.5.2015 in einem Amt der Besoldungsgruppe A 13 beurteilt sein. Außerdem müsse in dieser Beurteilung festgestellt worden sein, dass sie für die Teilnahme an der modularen Qualifizierung in Betracht kämen und ihre Leistung einem Gesamtprädiakat von mindestens 12 Punkten entspreche. Ferner müsse sich die/der Bewerberin/Bewerber mindestens zwei Jahre in einer Funktion als stellvertretende/r Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiter (A 13/00) bewährt haben.
Auf die Stelle bewarben sich der Antragsteller wie der Beigeladene.
Der Antragsteller steht als Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) in Diensten des Antragsgegners und ist beim Landesamt für Verfassungsschutz tätig.
Der Beigeladene steht als Regierungsrat (Besoldungsgruppe A 13) in Diensten des Antragsgegners und ist ebenfalls beim Landesamt für Verfassungsschutz tätig.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass dessen Bewerbung nicht habe berücksichtigt werden können, da er nicht alle geforderten Voraussetzungen erfülle. Der Dienstposten (A 13/14) solle mit einer/einem Beamtin/Beamten besetzt werden, die/der die Voraussetzungen für die Teilnahme an der modularen Qualifizierung gemäß §§ 61 ff. FachV-Pol/VS erfüllt. Ferner sei für diesen Dienstposten eine mindestens zweijährige Bewährung als stellvertretende/r Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiter gefordert.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2016, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit folgendem Inhalt beantragt:
Dem Antragsgegner wird vorläufig untersagt, den Dienstposten des Sachgebietsleiters des Sachgebietes … (A 13/14) beim Landesamt für Verfassungsschutz mit einem anderen Bewerber zu besetzen, zu beschäftigen und eine auf den streitigen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden worden ist.
Das Anforderungsprofil sei zu Unrecht auf Beamte der dritten Qualifikationsebene beschränkt worden. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund. Zum einen erhalte der Beigeladene einen Bewährungsvorsprung. Zum anderen werde bezweifelt, dass beim Landesamt für Verfassungsschutz ausreichend freie Dienstposten A 14 vorhanden seien, die es ermöglichen würden, bei einem Obsiegen in einem Hauptsacheverfahren den Dienstposten für den Antragsteller frei zu machen.
Das Landesamt für … hat für den Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Das Landesamt habe sich dazu entschieden, den Dienstposten zum Zweck der Personalentwicklung wieder mit einem Spitzenbeamten/einer Spitzenbeamtin der dritten Qualifikationsebene zu besetzen und diesem/dieser damit die Gelegenheit zur modularen Qualifizierung für Ämter der vierten Qualifikationsebene zu geben. Es lägen auch weder besondere dienstliche oder zwingende persönliche Gründe vor, die eine Besetzung des Dienstpostens durch den Antragsteller nahelegen würden. Im Übrigen läge auch kein Anordnungsgrund vor, da der Antragsteller Umsetzungsbewerber sei. Ein förmlicher Besetzungsvermerk liege noch nicht vor, da auf Bitte des Gerichts das Besetzungsverfahren unterbrochen worden sei.
Mit Beschluss vom 22. April 2016 wurde der ausgewählte Beamte zum Verfahren beigeladen. Dieser hat sich bislang nicht geäußert und insbesondere auch keinen Antrag gestellt.
Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig und begründet.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr droht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch, den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, als auch einen Anordnungsgrund, die Eilbedürftigkeit der Streitsache, glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO).
2. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund – das Bedürfnis für eine eilige Entscheidung des Gerichts – glaubhaft gemacht. Würde der Beigeladene auf den Dienstposten bestellt und sich in einem Hauptsachverfahren herausstellen, dass das rechtsfehlerhaft erfolgt ist, so wäre bei einer neuen Auswahlentscheidung ein möglicher Bewährungsvorsprung dieses Beamten auf diesem Dienstposten zu berücksichtigen (BayVGH, B.v. 24.11.2006 – 3 06.2680 – juris Rn. 44; B.v. 21.1.2005 – 3 CE 04.2899 – BayVBl 2006,91). Soweit das Landesamt darauf verweist, dass der Antragsteller Umsetzungsbewerber sei und es daher an einem Anordnungsanspruch fehle, trifft das nicht die Sache. Denn maßgeblich für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist die Überlegung, ob der ausgewählte Beamte bei einer Wahrnehmung des Dienstpostens einen Bewährungsvorsprung im Rahmen einer leistungsbezogenen Auswahl erlangen könnte. Das ist hier der Fall, da das Landesamt am 1. April 2016 ausdrücklich mitgeteilt hat, dass ein Auswahlverfahren nach dem Leistungsprinzip erfolgt sei. Bei einer unterstellt erneut durchzuführenden Auswahl anhand des Leistungsgrundsatzes kann dieser Aspekt nicht ausgeblendet werden.
3. Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat der Antragsteller nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Der Antragsteller hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d. h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG), Art. 94 Abs. 2 Satz 2 der Verfassung für den Freistaat Bayern (BV), § 9 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) und Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der Bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746 und vom B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746).
Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird. (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
Abweichend von diesem Grundsatz kann der Dienstherr über die Eignung des Bewerberfeldes auch in einem gestuften Auswahlverfahren befinden. Bewerber, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen, können zwar in einer ersten Auswahl ausgeschlossen werden und müssen nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Erst wenn es darum geht, ggf. eine Auswahl unter mehreren das Anforderungsprofil erfüllenden Bewerbern zu treffen, kommt den dienstlichen Beurteilungen (wieder) Bedeutung zu. Dieser absolut wirkenden Ausschlussfunktion entspricht es aber, dass konstitutive Anforderungsprofile nur aus besonderem Grund in ein Auswahlverfahren eingeführt werden dürfen (BayVGH, B.v. 4.2.2009 – 3 CE 08.2852 – juris Rn. 44). Außerdem ist der Dienstherr bei der Bestimmung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 23 f.). Bereits das Bewerberfeld einengende konstitutive Anforderungsmerkmale sind folglich nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Wahrnehmung der Dienstaufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle (BVerwG, B.v. 20.6.2013, a. a. O., juris Rn. 31; VG München, B.v. 25.3.2014 – M 21 E 13.5890 – juris Rn. 71).
4. Nach diesen Grundsätzen erweist sich das Auswahlverfahren als fehlerhaft. Bei Durchführung eines erneuten Besetzungsverfahren erscheint eine Auswahl zugunsten des Antragstellers möglich.
Das durchgeführte Verfahren erweist sich bereits als formal fehlerhaft. Denn das Landesamt hat die Gründe für die Entscheidung, die Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, nicht ausreichend schriftlich dokumentiert. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Eine Darlegung der Gründe im gerichtlichen Eilverfahren reicht grundsätzlich nicht aus (BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – NVwZ 2007, 1178, juris Rn. 19, 21; B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – 2016, 309, juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 25.1.2016 – 3 CE 15.2015 – juris Rn. 27).
Dem vorgelegten Besetzungsvorgang fehlt ein Vermerk über die tragenden Gründe der Vergabe der Stelle an den Beigeladenen. Dem Schreiben des Amtes vom 8. Februar 2016 an den Antragsteller – das im Besetzungsverfahren den einzigen Anhalt für die Gründe der Ablehnung gibt – ist zwar zu entnehmen, dass der Antragsteller nicht alle in der Ausschreibung geforderten Voraussetzungen erfülle. Das legt bereits nahe, dass der Antragsteller einigen Bedingungen entspricht, lässt andererseits aber die für den Beamten entscheidende Frage offen, welche er konkret nicht erfüllt. An welchen Beamten die Stelle vergeben wird und weshalb dieser im Gegensatz zum Antragsteller den festgelegten Anforderungen entspricht – was ein eigenständiges Nachvollziehen der Entscheidung und eine Prüfung, hiergegen vorzugehen, im Kern ermöglicht – folgt aus diesem Schreiben nicht. Soweit diese Informationen erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen wurden (Schriftsatz vom 10. März 2016) führt das nicht dazu, dass der Mangel geheilt werden könnte (BVerfG, B.v. 9.7.2007, a. a. O.). Vielmehr liegt hier eine unzureichende Transparenz in der „Entscheidungsphase“ vor (BVerfG, B.v. 25.11.2015, a. a. O.). Das folgt auch daraus, dass der Antragsteller im Schriftsatz des Landesamtes vom 10. März 2016 als Umsetzungsbewerber bezeichnet wurde, weshalb es dessen Antrag an einem Anordnungsgrund fehle. Auf Nachfrage des Gerichts wurde im Schriftsatz vom 1. April 2016 andererseits mitgeteilt, dass ein Stellenbesetzungsverfahren nach dem Leistungsgrundsatz durchgeführt worden sei. Soweit das Landesamt angegeben hat, dass ein Besetzungsvermerk noch nicht vorliege, da das Verfahren auf Bitte des Gerichts unterbrochen worden sei, bedingt das nichts anderes. Denn die Pflicht, die Gründe für eine Besetzungsentscheidung schriftlich und transparent niederzulegen, trifft die Behörde spätestens mit der Absage an die unterlegenen Beamten. Zudem hat das Verwaltungsgericht um die – von der Behörde gegebene – Zusage gebeten, die Stelle bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über das gerichtliche Eilverfahren nicht zu besetzen. Die notwendige Dokumentation der Gründe für die Besetzung ist hiervon nicht umfasst.
Im Übrigen ist die Festlegung des konstitutiven Anforderungsprofils in der Ausschreibung vom 29. Januar 2016 rechtswidrig. Mit der Aufstellung des Anforderungsprofils, dass die Bewerberin/der Bewerber um die Stelle die Voraussetzungen für die Teilnahme an der modularen Qualifizierung gemäß §§ 61 ff. FachV-Pol/VS erfüllen müsse, in der letzten periodischen Beurteilung zum Stichtag 31.5.2015 in einem Amt der Besoldungsgruppe A 13 beurteilt sein und dort festgestellt worden sein müsse, dass die Bewerber für die Teilnahme an der modularen Qualifizierung in Betracht kämen und ihre Leistung mit einem Gesamtprädiakat von mindestens 12 Punkten entspreche und sich ferner mindestens zwei Jahre in einer Funktion als stellvertretende/r Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiter (A 13/00) bewährt haben müssten, wurde ein konstitutives Anforderungsprofil aufgestellt. Von der Formulierung als strikte Voraussetzung stellt sich die vorausgesetzte Eignung als Filter vor dem Vergleich anhand der dienstlichen Leistungen dar. Auch wenn – wie oben dargelegt – nachvollziehbare und transparente Auswahlerwägungen fehlen, kann nach dem Schreiben des Amtes vom 10. März 2016 sowie den Stellungnahmen im gerichtlichen Eilverfahren vermutet werden, dass die genannten Voraussetzungen wohl auch als Ausscheidungskriterium der Bewerber, die dieses Merkmal nicht erfüllen, vor dem eigentlichen Leistungsvergleich, gehandhabt wurde (vgl. BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565, juris Rn. 33 ff.).
Ein konstitutives Anforderungsprofil ist jedoch nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle. Solche dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen oder spezieller fachspezifischer Vorkenntnisse für die Wahrnehmung eines Dienstpostens ergeben (BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – BVerwGE 147, 20, juris Rn. 31, 34). Die von der jüngsten obergerichtlichen Rechtsprechung geforderte Darlegung des Dienstherrn für ein konstitutives Anforderungsprofil soll eine unangemessene Verengung des Bewerberfeldes (im Extremfall auf einen einzigen Bewerber) ausschließen (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013, a. a. O., Rn. 32 ff.; ThürOVG, B.v. 10.1.2012 – 2 EO 293/11 – LKV 2013, 38, juris Rn. 43 ff.). Das bedingt, dass die tragenden Gründe für die Aufstellung eines konstitutiven Anforderungsprofils in Besetzungsakten festzuhalten sind. Denn die entscheidende „Vorauswahl“ kann anhand dieses Profils erfolgen.
Konkrete Darlegungen hierzu fehlen völlig. Soweit im gerichtlichen Eilverfahren angegeben wurde, dass der umstrittene Posten zum Zweck der Personalentwicklung wieder mit einem Spitzenbeamten der dritten Qualifikationsebene besetzt werden soll, genügt das nicht den dargestellten rechtlichen Anforderungen. Denn warum die streitgegenständliche Stelle für diese Art der Personalentwicklung dienen soll mit der Folge, dass andere Bewerber von vornherein ausgeschlossen werden sollen, ist völlig offen. Weiter ist auch nicht ansatzweise ersichtlich, warum die in der Ausschreibung festgelegten zahlreichen Voraussetzungen des zwingenden Anforderungsprofils gerade für diese Stelle gefordert werden.
5. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dem Beigeladenen, der keinen Antrag gestellt und sich insoweit keinem Prozesskostenrisiko ausgesetzt hat, seine außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben