Verwaltungsrecht

Straßenrechtliche Wiederherstellung einer Zufahrt: Anforderung an das Ende der Hemmung der Verjährung gem. § 203 S. 1 BGB

Aktenzeichen  8 ZB 20.227

Datum:
14.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20690
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BGB § 195, § 203, § 209
BayStrWG Art. 17 Abs. 2 S. 1
BayAGBGB Art. 71

 

Leitsatz

1. Es bleibt offen, inwiefern Art. 71 BayAGBGB, der nach seinem Wortlaut in Abs. 1 S. 1 nur für öffentlich-rechtliche Ansprüche gilt, die auf eine Geldzahlung gerichtet sind, für den straßenrechtlichen Anspruch auf Verpflichtung zur Schaffung einer Ersatzzufahrt nach Umbaumaßnahmen entsprechend anwendbar ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Hemmung der Verjährung gem. § 203 S. 1 BGB wegen Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände endet, wenn der Schuldner klar und eindeutig sowohl den Anspruch überhaupt als auch weitere Gespräche über diesen verneint (Anschluss an BGH BeckRS 1998, 30017511 zu § 852 Abs. 2 BGB aF). Für die Auslegung entsprechender Erklärungen ist ausgehend vom Wortlaut auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Zudem sind der verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, wenn sie den Sinngehalt der Erklärung erhellen können (Anschluss an BGH BeckRS 2016, 109940 Rn. 20). (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 18.1075 2019-12-11 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus mit Doppelgarage bebauten Grundstücks FlNr. … Gemarkung B* …, das an der E* …-Straße in B* … liegt. Er begehrt von der beklagten Stadt Umbaumaßnahmen an dieser Straße, um die problemlose Zufahrt zu seiner Garage zu gewährleisten, hilfsweise Entschädigung für die Erschwerung der Zufahrt.
In den Jahren 2008 und 2009 baute die Beklagte die Straße aus und brachte Ende 2013 eine Feinasphaltschicht auf. Mit Schreiben vom 24. Juli 2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, dass aufgrund des Ausbaus die Zufahrt zu seiner Garage nicht mehr ohne weiteres möglich sei. Es komme regelmäßig zu einem Aufsitzen von Fahrzeugen. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 28. August 2017 mit, dass Ursache die zu steile Garagenabfahrt auf dem Grundstück des Klägers sei, nicht dagegen die Erhöhung der Straßenoberfläche um wenige Zentimeter. Eine geeignete technische Möglichkeit, die Situation zu verbessern, werde nicht gesehen. Sie verwies dazu auf einen Ortstermin mit dem Kläger am 4. Juli 2017. Es sei verwunderlich, dass erst rund 10 Jahre nach Fertigstellung der Straße über Probleme berichtet werde. Der Kläger wandte sich mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 gegen diese Auffassung und setzte der Beklagten eine Frist bis zum 31. Dezember 2017, um durch geeignete Umbaumaßnahmen an der Straße eine problemlose Befahrbarkeit der Kellergarage herzustellen. Für den Fall der Untätigkeit kündigte er gerichtliche Schritte an.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 verwies die Beklagte auf den bisherigen Schriftverkehr, vor allem auf ihre Erklärung vom 28. August 2017. Dadurch sei „geklärt, dass die von Art. 17 Abs. 2 S. 1 BayStrWG geforderte erhebliche Erschwerung der Benutzung nicht gegeben“ sei. Weiter heißt es: „Wir sehen daher keinerlei Ansprüche zu Gunsten Ihres Mandanten. Hinsichtlich der angekündigten Einleitung gerichtlicher Schritte betrachten Sie uns bitte als empfangsbevollmächtigt.“
Der Kläger erhob am 26. Juni 2018 Klage und beantragte,
die Beklagte zu verpflichten, durch geeignete Umbaumaßnahmen an der E* …-Straße zu gewährleisten, dass die Zufahrt zur Doppelgarage auf dem klägerischen Grundstück FlNr. … der Gemarkung B* … wieder ungehindert vorgenommen werden kann,
hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, an den Kläger für die erhebliche Erschwerung der Benutzung der Zufahrt zum Grundstück FlNr. … eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
Das Verwaltungsgericht Augsburg hat die Klage mit Urteil vom 11. Dezember 2019 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Verjährung möglicher Ansprüche abgestellt, die sich nach Art. 71 AGBGB richte. Die Regelung sei für den Ersatzsanspruch nach Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG analog anzuwenden. Die Frist habe spätestens am Ende des Jahres begonnen, in dem die Straße abgenommen worden sei (31.12.2014) und hätte daher am 31. Dezember 2017 geendet. Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen werde, dass die Verjährung aufgrund von Verhandlungen gehemmt worden sei (Art. 71 Abs. 2 AGBGB i.V.m. § 203 Satz 1 BGB), habe die Hemmung durch das Schreiben der Beklagten vom 5. Dezember 2017 geendet, das der Klägerseite unstreitig am selben Tag zugegangen sei. Die Beklagte habe darin die Fortsetzung der Verhandlung verweigert. Verjährung trete frühestens drei Monate nach Ende der Hemmung ein (Art. 71 Abs. 2 AGBGB i.V.m. § 203 Satz 2 BGB), so dass die Ansprüche mit Ablauf des 5. März 2018 und damit vor Klageerhebung verjährt und damit erloschen (Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB) seien.
Der Kläger macht mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung im Wesentlichen geltend, dass die Hemmung der Verjährung nicht durch das Schreiben vom 5. Dezember 2017 beendet worden sei, weil darin keine Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen gesehen werden könne. Erforderlich sei ein doppeltes „Nein“, das zum Ausdruck bringe, dass kein Anspruch bestehe und dass auch keine weiteren Verhandlungen geführt werden. An letztgenannter Voraussetzung fehle es. Zudem habe die Haftpflichtversicherung des Beklagten eine Eintrittspflicht bezüglich etwaiger Schadensersatzforderungen – auf seine Anfrage hin – erst mit Schreiben vom 1. Juni 2018 abgelehnt. Im Übrigen wiederholt der Kläger im Zulassungsantrag die Art und Weise der Berechnung des Verjährungseintritts durch das Verwaltungsgericht, allerdings unter Zugrundelegung eines späteren Endes der Verjährungshemmung.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124 Abs. 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 -juris Rn. 21 m.w.N.). Sie sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77/83; B.v. 16.1.2017 – 2 BvR 2615/14 – IÖD 2017, 52 = juris Rn. 19; B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – juris Rn. 22). Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548 = juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 12.10.2017 – 14 ZB 16.280 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2). Das Darlegungsgebot (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) erfordert, die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Dies bedarf einer substanziierten Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff durchdrungen und aufbereitet wird (vgl. BayVGH, B.v. 10.7.2017 – 19 ZB 17.952 – juris Rn. 4; B.v. 1.3.2018 – 8 ZB 17.1486 – juris Rn. 11 m.w.N.). Gemessen an diesen Anforderungen zeigt der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils auf.
1.1 Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Verjährung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Schaffung angemessenen Ersatzes gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG richte sich nach Art. 71 AGBGB analog und die Hemmung führe zu einer (lediglich) dreimonatigen Verlängerung der Verjährungsfrist, hat der Zulassungsantrag nicht infrage gestellt.
1.1.1 Es kann daher dahingestellt bleiben, inwiefern Art. 71 AGBGB, der nach seinem Wortlaut in Absatz 1 Satz 1 nur für öffentlich-rechtliche Ansprüche gilt, die auf eine Geldzahlung gerichtet sind (vgl. Sprau in Sprau, Justizgesetze in Bayern, 1988, Art. 71 AGBGB Rn. 10 m.w.N.), für den klägerischen Hauptantrag auf Verpflichtung zur Schaffung einer Ersatzzufahrt entsprechend anwendbar ist. In den Urteilsgründen wird der Analogieschluss nicht näher begründet. Vielmehr wird allein darauf abgestellt, dass das Bayerische Straßen- und Wegegesetz keine andere Verjährungsregelung kenne. Auf die Frage, ob sich eine Verjährungsfrist (von ebenfalls drei Jahren) auch aus § 195 BGB ergeben könnte, dessen Anwendung vor Annahme einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung der Analogie hätte diskutiert werden können (für Folgenbeseitigungsansprüche offen gelassen von BayVGH, U.v. 13.1.2016 – 8 B 15.522 – BayVBl 2016, 590 = juris Rn. 32; B.v. 11.9.2019 – 8 ZB 19.1270 – juris Rn. 13), ist das Verwaltungsgericht nicht eingegangen. Ebenso wenig hat es dazu Stellung genommen, ob eine analoge Anwendung des Art. 71 Abs. 1 Satz 1 EGBGB in Bezug auf die Rechtsfolge des Erlöschens in Betracht kommt (vgl. dazu BayVGH, U.v. 5.10.2009 – 4 B 08.2877 – BayVBl 2010, 629 = juris Rn. 31; B.v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – BayVBl 2013, 606 = juris Rn. 17). Der Kläger hat allerdings im Zulassungsantrag ausdrücklich ausgeführt, dass er die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts insofern teile. Den Fragen ist daher im Zulassungsverfahren nicht näher nachzugehen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1.1.2 Aus denselben Gründen kann offengelassen werden, ob das Verwaltungsgericht bei der Berechnung der Verjährungsfristen fehlerhaft die Wirkung der Hemmung gemäß § 209 BGB außeracht gelassen und lediglich die Frist der besonderen Ablaufhemmung von drei Monaten nach § 203 Satz 2 BGB zugrunde gelegt hat (grundlegend zu den Unterschieden Fischinger, VersR 2005, 1641). Auch insofern zieht der Zulassungsantrag die rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel. Der Kläger nimmt im Schriftsatz vom 12. Februar 2020 vielmehr eine Alternativberechnung für einen späteren Zeitpunkt der Beendigung der Verhandlungen vor, die ebenfalls – ohne Berücksichtigung des § 209 BGB – von einer (nur) dreimonatigen Ablaufhemmung ausgeht (Gerichtsakte S. 35).
Die Hemmung der Verjährung in Fällen des § 203 Satz 1 BGB hat gemäß § 209 BGB zur Folge, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird, d.h. dass sich die noch nicht verstrichene Frist um den Zeitraum der Hemmung verlängert (Grothe in Münchner Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 209 Rn. 1). Die Verjährungsfrist ist daher um die Hemmungszeit zu verlängern (Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 79. Aufl. 2020, § 209 Rn. 1); diese muss tagesgenau herausgerechnet werden (vgl. Grothe, a.a.O., § 209 Rn. 4; Herrler in Staudinger, Neubearbeitung 2019, § 209 Rn. 7; Lakkis in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl. Stand 1.5.2020, § 209 BGB Rn. 2). Hier käme wohl auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags der Beteiligten eine Verlängerung der Verjährungsfrist um 155 Tagen in Betracht (von der Durchführung des gemeinsamen Ortstermins am 4.7.2017 bis zur Beendigung am 5.12.2017, vgl. unten 1.2). Die besondere Ablaufhemmung nach § 203 Satz 2 BGB hätte dagegen nur Relevanz gehabt, wenn die verbleibende Verjährungsfrist kürzer als drei Monate gewesen wäre; dann wäre Verjährung erst drei Monate nach dem Ende der Hemmung eingetreten (vgl. Herrler, a.a.O., § 203 Rn. 17; Lakkis, a.a.O., § 203 Rn. 24).
Es fehlt aber auch insoweit an der fristgerechten, substanziierten Darlegung (§ 124a Abs. 4 Satz 4) entsprechender Einwendungen im Zulassungsverfahren. Der Kläger hätte dabei vor allem den genauen Zeitpunkt, zu dem die Verhandlungen begonnen haben und damit die Hemmung eingetreten ist, aufzeigen müssen. Im Übrigen wurde die Klage erst am 26. Juni 2018 erhoben, so dass selbst bei einer Hemmung von 155 Tagen (entsprechend dem klägerischen Vortrag in erster Instanz) Verjährung eingetreten wäre.
1.2 Soweit sich der Kläger gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, in der Erklärung der Beklagten vom 5. Dezember 2017 sei eine Verweigerung der Fortsetzung von Verhandlungen zu sehen und das Ende der Hemmung der Verjährung herbeigeführt worden, kann das dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.
Die maßgebliche Bestimmung des § 203 Satz 1 BGB regelt, dass in Fällen, in denen zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung gehemmt ist, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Der Verhandlungsbegriff ist dabei nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung weit auszulegen (vgl. BGH, B.v. 8.12.2011 – V ZR 110/11 – juris Rn. 2; Fischinger, VersR 2005, 1641, jew. m.w.N.). Die Hemmung endet, wenn der Schuldner klar und eindeutig sowohl den Anspruch überhaupt als auch weitere Gespräche über diesen verneint (vgl. BGH, U.v. 30.6.1998 – VI ZR 260/97 – NJW 1998, 2819 = juris Rn. 12; Herrler in Staudinger BGB, § 203 Rn. 11 m.w.N.). Für die Auslegung entsprechender Erklärungen ist ausgehend vom Wortlaut auf den objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Zudem sind der verfolgte Zweck, die Interessenlage der Parteien und die sonstigen Begleitumstände zu berücksichtigen, wenn sie den Sinngehalt der Erklärung erhellen können (vgl. BGH, U.v. 8.11.2016 – VI ZR 594/15 – NJW 2017, 949 = juris Rn. 20 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, dass im Schreiben vom 5. Dezember 2017, das der Klägerseite am selben Tag zugegangen ist, eine doppelte Verneinung von Anspruch sowie von weiteren Verhandlungen liegt. Soweit der Kläger in seinem Zulassungsantrag geltend macht, die Erklärung verneine nur den materiellen Anspruch und beinhalte dagegen keine endgültige Verweigerung, weiter zu verhandeln, überzeugt dies nicht.
Die Formulierung, wonach die Beklagte davon ausgehe, dass aus ihrer Sicht aufgrund des bisherigen Schriftverkehrs „geklärt“ sei, dass „keinerlei Ansprüche“ bestehen, spricht angesichts der Deutlichkeit der Verneinung sowohl von Ansprüchen als auch von Unklarheiten über diese schon gegen eine weitere Verhandlungsbereitschaft. Zudem wird in dem Schreiben nicht mehr im Einzelnen auf das Vorbringen des Klägers in der Sache eingegangen, sondern nur noch in der Art und Weise eines Fazits auf den bisherigen Vortrag des Beklagten verwiesen und es werden lediglich die aus Sicht der Beklagten wesentlichen Aspekte nochmals knapp zusammengefasst. Dagegen finden sich dafür, dass noch eine Bereitschaft bestehen könnte, weitere Gespräche zu führen, aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts keine Anhaltspunkte. Hinzu kommen die Begleitumstände. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 28. August 2017 hat am 4. Juli 2017 ein Ortstermin stattgefunden, bei dem der Kläger bereits darauf hingewiesen wurde, dass die Zufahrtsprobleme aus Beklagtensicht durch die zu steile Garagenabfahrt (rund zwanzigprozentige Steigung) verursacht werden und dass die Beklagte keine technischen Möglichkeiten zur Verbesserung sieht. Eine Änderung der Straße wurde im Schreiben vom 28. August 2017 nochmals deutlich abgelehnt und die Ursächlichkeit der Straßenbaumaßnahmen für das Aufsitzen der Kraftfahrzeuge verneint. Die Fristsetzung durch den Kläger im Schreiben vom 17. Oktober 2017 und die Androhung der Einleitung von gerichtlichen Schritten deuten darauf hin, dass auch die Klägerseite davon ausgegangen ist, dass, selbst wenn die Verhandlungen noch nicht beendet gewesen sein sollten, deren Beendigung jedenfalls bevorsteht. Sie ist aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts als letzte Fristsetzung vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung anzusehen. Das Schreiben der Beklagten vom 5. Dezember 2017 nimmt darauf mit der Formulierung Bezug, es werde darum gebeten, hinsichtlich der angekündigten gerichtlichen Schritte als empfangsbevollmächtigt angesehen zu werden. Angesichts der Gesamtumstände kann darin für einen objektiven Empfänger in der Situation des Klägers nichts Anderes gesehen werden, als die endgültige Ablehnung weiterer Verhandlungen oder eines weiteren Meinungsaustauschs und als die Mitteilung, dass als Konsequenz die von Klägerseite in Aussicht gestellte Klageerhebung in Kauf genommen wird. Dass die Beklagte aus Gründen der Höflichkeit und Bürgerfreundlichkeit keine deutlichere Formulierung gewählt haben mag, etwa dergestalt, dass ein weiteres Verhandeln oder eine weitere Diskussion abgelehnt werde oder dass die bisherigen Verhandlungen als beendet angesehen würden, kann dieser nicht zum Nachteil gereichen. Zweck des Schreibens war es aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht, der Beklagten durch Taktieren bei Vergleichsverhandlungen eine günstige Position einzuräumen, sondern dem Kläger zu verdeutlichen, dass er die von ihm geltend gemachten Ansprüche gerichtlich weiterverfolgen muss, wie von ihm selbst angekündigt, und nicht im Verhandlungswege.
Soweit der Kläger geltend macht, die Haftpflichtversicherung der Beklagten habe eine Eintrittspflicht bezüglich etwaiger Schadensersatzforderungen erst mit Schreiben vom 1. Juni 2018 endgültig abgelehnt, und hieraus ableitet, dass die Verhandlungen erst zu diesem Zeitpunkt beendet wurden, vermag das nicht zu überzeugen. Der Kläger berücksichtigt insoweit nicht, dass er weder mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 noch mit seiner Klage Schadensersatzforderungen, etwa aufgrund aufsitzender Kraftfahrzeuge, geltend gemacht hat. Es erschließt sich dem Senat daher schon nicht, inwiefern aus der Einschaltung einer gemeindlichen Haftpflichtversicherung auf eine Verhandlungsbereitschaft auf Beklagtenseite, bezogen auf die geltend gemachten Ausgleichs- und Entschädigungsansprüche (vgl. zur Rechtsnatur Wiget in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand März 2020, Art. 17 Rn. 20) geschlossen werden könnte. Auf die Unterschiede hat auch der Haftpflichtversicherer ausdrücklich hingewiesen und die Ablehnung unter anderem damit begründet. Im Übrigen hat auch nach dem Klägervortrag dieser nach dem Schreiben des Beklagten vom 5. Dezember 2017 keinerlei Verhandlungsbereitschaft signalisiert, so dass die Frage, inwieweit die Beklagte dies hätte gegen sich gelten lassen müssen, dahinstehen kann. Die bloße Bestätigung auf Nachfrage des Gläubigers, dass nach endgültiger Beendigung der Verhandlungen auf Schuldnerseite auch weiterhin keine Verhandlungsbereitschaft mehr besteht, kann keine Auswirkungen auf das bereits eingetretene Ende der Verjährungshemmung haben.
2. Der Berufungszulassungsgrund gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinn dieser Bestimmung weist eine Rechtssache auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sich diese also wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 3.11.2011 – 8 ZB 10.2931 – BayVBl 2012, 147/149 = juris Rn. 28; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 jew. m.w.N.).
Das ist nicht der Fall. Die aufgeworfenen, entscheidungserheblichen Rechtsfragen (vgl. oben Nr. 1.2) lassen sich bei Heranziehung der gängigen Auslegungsmethoden ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen oder sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten stellen sich ebenfalls nicht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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