Verwaltungsrecht

Studiengangspezifische Eignung für ein Masterstudiengang „Psychologie“

Aktenzeichen  7 CE 20.2216

Datum:
26.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 491
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHSchG Art. 43 Abs. 5 S. 2, Art. 57 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
GG Art. 12 Abs. 1
VwGO § 123, § 146 Abs. 4 S. 6, § 154 Abs. 2
PStO § 4 Abs. 1 Nr. 1 lit. b
BayHZG Art. 1 Abs. 1
GKG § 47 Abs. 1, Abs. 2, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Der verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Studium der Wahl wird durch den Abschluss eines Bachelorstudiums nicht „verbraucht“, weil das Grundrecht der freien Berufswahl auch berufliche Tätigkeiten umfasst, für deren Ausübung der Masterstudiengang Voraussetzung ist. (Rn. 17)
2. Es ist nicht Sinn und Zweck des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG, eine Auswahl aus Bewerbern mit fachbezogenem Hochschulabschluss in der Weise zu ermöglichen, dass trotz vorhandener Ausbildungskapazitäten nur noch bestens qualifizierte Kandidaten das Masterstudium ohne einen weiteren Eignungsnachweis überhaupt aufnehmen können. (Rn. 19)

Verfahrensgang

RN 3 E 20.1391 2020-09-24 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antragsgegner wird unter Abänderung von Nr. I und II des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. September 2020 verpflichtet, die Antragstellerin zum nächstmöglichen Zeitpunkt vorläufig zum Masterstudiengang „Psychologie“ an der Universität Regensburg zuzulassen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Psychologie“ an der Universität Regensburg (im Folgenden: Universität) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/2021, hilfsweise die Zulassung zur Teilnahme am studiengangspezifischen Eignungsverfahren für den Masterstudiengang „Psychologie“.
Die Antragstellerin bewarb sich am 29. Mai 2020 für den Masterstudiengang „Psychologie“ für das Wintersemester 2020/2021 mit der vorläufigen Bachelor-Gesamtnote von 2,6 bei der Universität, da sie zum Zeitpunkt der Bewerbung den Bachelorstudiengang „Psychologie“ an derselben Universität noch nicht vollständig abgeschlossen hatte.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2020 lehnte die Universität die Bewerbung mit der Begründung ab, die Antragstellerin habe die Qualifikation für den Studiengang nicht nachweisen können. Die Durchschnittsnote des Erstabschlusses bzw. nach 140 ECTS-LP entspreche nicht den Leistungsanforderungen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang „Psychologie“ an der Universität vom 20. Juli 2012, zuletzt geändert durch Satzung vom 26. März 2020 (im Folgenden: PStO). Hiernach ist – neben dem Nachweis über Kenntnisse im Bereich „Empirischexperimentelles Projektseminar“ im Umfang von mindestens 8 LP – entweder ein erfolgreich abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss mit mindestens sechs Semestern Regelstudienzeit im Fach „Psychologie“ mit einer Durchschnittsnote von mindestens 1,1 oder mit einer Durchschnittsnote von 1,2 bis 1,8 und dem Nachweis der studiengangspezifischen Eignung, der durch ein erfolgreich absolviertes zweistufiges Eignungsverfahren nach der Anlage Eignungsverfahren zu § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO erbracht wird, erforderlich. In der ersten Stufe des Eignungsverfahrens findet eine Bewertung der einzureichenden Unterlagen statt. Unter anderem werden die in den Bachelorabschlüssen erreichten Durchschnittsnoten von 1,2 bis 1,8 mit einer absteigenden Punktzahl angesetzt. Falls der Bewerber in der ersten Stufe nicht eine Punktzahl von mindestens 15 erreicht (Nr. 4 der Anlage Eignungsverfahren), wird in der zweiten Stufe mit dem Bewerber ein Einzelgespräch zur Prüfung der Kompetenz zur Lösung wissenschaftlicher Probleme geführt (vgl. Nr. 5 der Anlage Eignungsverfahren).
Ihren Antrag vom 11. August 2020, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig zum Masterstudiengang bzw. hilfsweise, sie zur Teilnahme am studiengangspezifischen Eignungsverfahren zuzulassen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. September 2020 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie erfülle die rechtswirksam von der Universität durch Satzung festgelegten Zulassungsvoraussetzungen nicht, weil sie den Bachelorstudiengang „Psychologie“ schon nicht mit der Mindestabschlussnote von 1,8 bestanden habe. Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG, wonach die Hochschule neben dem nach Art. 57 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayHSchG erforderlichen Hochschulabschluss (oder einem gleichwertigen Abschluss) durch Satzung weitere Voraussetzungen für den Zugang zu einem Masterstudiengang festlegen könne, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung, stelle eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage dar. Die Universität habe auf der Grundlage des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG die Prüfungs- und Studienordnung für den Masterstudiengang „Psychologie“ bzw. den hier maßgeblichen § 4 PStO erlassen. Ein Verstoß gegen höherrangiges Recht und insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG sei nicht ersichtlich. § 4 PStO, der das Grundrecht der Berufsfreiheit einschränke, sei keine objektive Beschränkung der Ausbildungsfreiheit, sondern stelle subjektive, in der Person des Studienbewerbers liegende Eignungsanforderungen dar, weil die für den Zugang zum Masterstudiengang geforderte Mindestabschlussnote des vorangegangenen Bachelorstudiengangs an die persönliche Eignung und Leistungsfähigkeit des Studienbewerbers anknüpfe. Dies sei mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, weil die in § 4 PStO festgelegten Qualifikationsanforderungen dem als wichtigem Gemeinschaftsgut einzustufendem öffentlichen Interesse dienten, die Qualität der Ausbildung zu sichern und die Funktionsfähigkeit der Hochschulen in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium. Die mit dem Masterabschluss verfolgten Ausbildungsziele ließen sich nur dann mit angemessenem zeitlichen und sachlichen Aufwand erreichen, wenn die Studierenden eine bestimmte Qualifikation bereits mitbrächten. Zum Zweck des Nachweises der studiengangspezifischen Eignung des Studienbewerbers für die Aufnahme des Masterstudiums könne die Hochschule daher grundsätzlich ohne Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG eine Mindestabschlussnote des vorangegangenen Hochschulabschlusses verlangen. Die als Zugangsvoraussetzung festgesetzte Mindestabschlussnote stelle sich dann als erforderlich dar, wenn bei objektiver Betrachtung die Annahme berechtigt sei, dass Bewerber, die diese Voraussetzung nicht erfüllten, den Anforderungen der angestrebten Ausbildung nicht gewachsen seien. Die Festsetzung der Grenznoten von 1,1 bzw. 1,8 sei nicht willkürlich oder in Bezug auf Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig. Zu berücksichtigen sei, dass bei der Bestimmung der konkreten Notenhöhe ein Gestaltungsspielraum der Hochschule bestehe, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliege. Es erscheine angemessen, dass Bewerber mit einer Durchschnittsnote von mindestens 1,1 im Bachelorabschluss für das Fach „Psychologie“ ohne den Nachweis weiterer Qualifikationsanforderungen zu dem Masterstudiengang „Psychologie“ zugelassen würden. Es zeige sich auch nicht, dass durch die geforderte Mindestgesamtnote von 1,8, die nach Einschätzung der Universität für ein erfolgreiches Studium im Masterstudiengang „Psychologie“ erforderlich sei, trotz vorhandener Ausbildungskapazitäten Bewerber ausgeschlossen würden, bei denen die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sie das Studium im Hinblick auf die Anforderungen des Studiengangs erfolgreich abschließen könnten. Soweit für das Masterstudium, das nach dem ersten berufsqualifizierenden Bachelorabschluss einen weiteren berufsqualifizierenden Abschluss vermittle, zusätzliche Zugangsvoraussetzungen aufgestellt würden, begegne das keinen rechtlichen Bedenken. Die weitere Möglichkeit eines Masterstudiums solle nicht allen Bewerbern mit einem berufsqualifizierenden Abschluss ermöglicht werden, sondern nur besonders qualifizierten Hochschulabsolventen. Auch für die im Hilfsantrag begehrte vorläufige Zulassung zur Teilnahme am studienspezifischen Eignungsverfahren nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO habe die Antragstellerin keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Da sie im Bachelorabschluss keine Durchschnittsnote von mindestens 1,8 aufweisen könne, stelle sich auch insoweit der streitgegenständliche Bescheid als rechtmäßig dar. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bezug genommen.
Über die ebenfalls am 11. August 2020 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht bislang noch nicht entschieden.
Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen vortragen, die Zugangsregelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 PStO verstoße gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Antragstellerin habe das Studium der Psychologie aufgenommen, weil sie eine berufliche Tätigkeit als Psychotherapeutin ausüben wolle, die ein Masterstudium im Studiengang „Psychologie“ voraussetze. Nicht maßgeblich sei, dass die Antragstellerin aufgrund des Bachelorabschlusses für andere Berufsfelder qualifiziert sei. Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG eröffne den Hochschulen die Möglichkeit, den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung zu verlangen. Das Aufstellen einer „nackten Notenhürde“ erfülle diese Voraussetzungen nicht, da aus der Note allein keine Rückschlüsse auf die studiengangspezifische Eignung gezogen werden könnten. Bestätigung finde dies darin, dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 PStO der Zugang zum Masterstudiengang „Psychologie“ auch über einen „gleichwertigen Abschluss“ erlangt werden könne. Dies widerlege das Argument, dass (nur) die Abschlussnote des vorausgegangenen Bachelorstudiums eine „Studiengangspezifität“ für die Eignung für den Masterstudiengang „Psychologie“ beinhalte. Jedenfalls müsse unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit der Antragsgegner darlegen, welche Gründe es als ausgeschlossen erscheinen lassen, dass ein Kandidat mit einer Bachelor-Note schlechter als 1,8 erfolgreich das Masterstudium „Psychologie“ absolvieren könne. Es spreche der Anschein dafür, dass es sich um eine „verkappte Zulassungsbeschränkung“ handle.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. September 2020 zu verpflichten, sie vorläufig nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2020/2012 im ersten Fachsemester zum Studium im Masterstudiengang „Psychologie“ zuzulassen,
hilfsweise,
sie zur Teilnahme am studiengangspezifischen Eignungsverfahren für diesen Masterstudiengang zuzulassen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde. Er trägt im Wesentlichen vor, die Antragstellerin erfülle die von der Universität rechtswirksam durch Satzung festgelegten Zulassungsvoraussetzungen für den Masterstudiengang „Psychologie“ bereits deshalb nicht, weil sie den Abschluss im Bachelorstudiengang „Psychologie“ nicht mit der erforderlichen Durchschnittsnote von mindestens 1,8 bestanden habe. Derartige zugangsbeschränkende Qualifikationsanforderungen seien mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, weil sie dem wichtigen Gemeinschaftsgut der Sicherung der Ausbildung dienten und die Verhältnismäßigkeit gewahrt sei.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen die begehrte Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses und ihre vorläufige Zulassung zum Masterstudiengang „Psychologie“ zum nächstmöglichen Zeitpunkt.
Die erforderliche Dringlichkeit und damit der Anordnungsgrund für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) ergeben sich aus dem Umstand, dass die Antragstellerin aufgrund des Bescheids der Universität vom 13. Juli 2020 derzeit gehindert ist, das beabsichtigte Studium aufzunehmen. Sollte eine Aufnahme des Studiums im bereits begonnenen Wintersemester 2020/2021 nicht mehr möglich sein, ist doch erkennbares Ziel der Antragstellerin, mit dem Studium zum nächstmöglichen Zeitpunkt, also zum Wintersemester 2021/2022, zu beginnen. Hierdurch ist die Dringlichkeit nicht entfallen (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2019 – 7 CE 18.2157 – juris Rn. 12). Für die begehrte vorläufige Zulassung spätestens zum nächstmöglichen Wintersemester 2021/2022 spricht unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten die Erwägung, dass die effektive Durchsetzung eines verfassungsmäßig gewährleisteten, in seiner Verwirklichung aber situationsabhängigen Rechts nicht darunter leiden darf, dass sich die Verhältnisse während der unvermeidlichen Dauer eines gerichtlichen Verfahrens zum Nachteil des Rechtssuchenden verschlechtern (vgl. BayVGH, B.v. 4.6.2020 – 7 CE 20.406 – BeckRS 2020, 14715 Rn. 15 m.w.N.). Die Antragstellerin hat den Umstand, dass sie trotz eines rechtzeitigen Antrags auf Zulassung zum Masterstudiengang „Psychologie“ und anschließendem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung an den Lehrveranstaltungen des Wintersemesters 2020/2021 jedenfalls nicht vollständig teilnehmen kann, nicht zu vertreten. Sie muss sich nicht darauf verweisen lassen, zunächst das verwaltungsgerichtliche Verfahren in der Hauptsache durchzuführen, mit dessen Abschluss ohnehin nicht zeitnah gerechnet werden kann.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch auf vorläufige Zulassung zum Masterstudium „Psychologie“. Der Senat hat trotz des Interesses der Universität, zum Masterstudiengang „Psychologie“ nur Bewerber zuzulassen, deren studiengangspezifische Eignung durch außergewöhnlich gute Noten im Bachelorstudiengang (bis 1,1) vermutet oder durch Absolvierung eines Eignungsfeststellungsverfahren (im Bereich von 1,2 bis 1,8) festgestellt wird, erhebliche Bedenken hinsichtlich der hohen Notenhürde, die der Antragsgegner in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PStO fordert. Unabhängig von der Frage, ob auch durch die absolute Notengrenze von 1,8 in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO zu hohe Anforderungen gestellt werden, geht der Senat nicht davon aus, dass diese Regelung isoliert – ohne die Mindestnote in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PStO – Bestand haben kann. Der Antragstellerin kann deshalb nicht entgegengehalten werden, sie könne keinen Anordnungsanspruch glaubhaft machen, weil ihre (vorläufige) Bachelornote von 2,6 die absolute Notengrenze von 1,8 überschreite. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin ist daher der Erlass der einstweiligen Anordnung geboten.
Nach Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG können die Hochschulen für den Zugang zu einem Masterstudiengang als postgradualem Studiengang (Art. 57 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BayHSchG) neben den allgemeinen Qualifikationsvoraussetzungen (Hochschulabschluss oder gleichwertiger Abschluss, vgl. Art. 43 Abs. 5 Satz 1 BayHSchG) durch Satzung weitere Zugangsvoraussetzungen festlegen, insbesondere den Nachweis einer studiengangspezifischen Eignung. Ein solcher Nachweis studiengangspezifischer Eignung ist grundsätzlich die geforderte besondere Qualität des Abschlusses (Mindestabschlussnote) des vorangegangenen Bachelorstudiengangs (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2013 – 7 CE 13.1084 – juris Rn. 15 f. unter Hinweis auf LT-Drs. 15/4396 S. 59).
Gleichwohl steht es den Hochschulen nicht frei, den Zugang zu einem Masterstudiengang uneingeschränkt zu begrenzen. Vielmehr ist die Ermächtigung zur Durchführung von Eignungsfeststellungsverfahren als Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eng auszulegen (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2012 – 7 CE 11.3019 – juris Rn. 20). Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet das Recht, Beruf und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Schafft der Staat mit öffentlichen Mitteln Ausbildungseinrichtungen, so muss er auch den freien und gleichen Zugang zu ihnen gewährleisten. Deshalb ergibt sich aus der Ausbildungs- und Berufswahlfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsgrundsatz für diejenigen, die dafür die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, ein Recht auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot und damit ein derivativer Anspruch auf gleichheitsgerechte Zulassung zum Studium ihrer Wahl (vgl. BVerfG, U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u.a. – BVerfGE 147, 253 Rn. 103). Dieser verfassungsrechtlich gewährleistete Anspruch auf Zulassung zum Studium der Wahl wird durch den Abschluss eines Bachelorstudiums nicht „verbraucht“, weil das Grundrecht der freien Berufswahl auch berufliche Tätigkeiten – wie hier den angestrebten Beruf eines Psychotherapeuten – umfasst, für deren Ausübung der Masterstudiengang Voraussetzung ist. Weitergehend ist vom Schutzbereich dieses Grundrechts auch die Wahrnehmung von Chancen umfasst, die die Bewerber der angestrebten beruflichen Tätigkeit näherbringen oder die beruflichen Perspektiven verbessern (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2019 – 7 CE 18.2023 – juris Rn.17). Nicht maßgeblich ist deshalb – wie das Verwaltungsgericht meint -, dass bereits der Bachelorabschluss in Psychologie der Antragstellerin in zahlreichen Berufsfeldern eine unmittelbare Berufsaufnahme ermöglicht.
Regelungen, die wie § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b PStO den Zugang zu einer Berufsausbildung in einer staatlichen Ausbildungsstätte an den Nachweis einer fachlichen Qualifikation knüpfen, schränken die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte freie Berufswahl ein (vgl. BayVGH, B.v. 6.5.2019 – 7 CE 18.2023 – juris Rn. 17). Für derartige subjektive Voraussetzungen des Zugangs zu Berufsausbildungen in staatlichen Ausbildungsstätten wie den Hochschulen gelten grundsätzlich die gleichen verfassungsrechtlichen Maßgaben wie für unmittelbare Berufszugangsvoraussetzungen. Ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG setzt voraus, dass sie der Förderung eines wichtigen Gemeinschaftsguts dienen und der Gesetzgeber diesem Interesse unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit den Vorrang vor dem Freiheitsanspruch des Einzelnen einräumen darf. Als wichtiges Gemeinschaftsgut kommt jedes öffentliche Interesse in Betracht, das der Gesetzgeber nach seinen wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Vorstellungen und Zielen als besonders förderungswürdig ansieht. Die Verhältnismäßigkeit ist gewahrt, wenn die Zugangsbeschränkung geeignet ist, das Gemeinschaftsinteresse zu fördern, hierfür kein gleich wirksames, aber weniger einschneidendes Mittel zur Verfügung steht, und eine Gesamtabwägung der Schwere des Grundrechtseingriffs mit Gewicht und Dringlichkeit des Gemeinschaftsinteresses ergibt, dass die Grenze der Zumutbarkeit für die Betroffenen nicht überschritten ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 6 C 19.15 – BVerwGE 157, 46 Rn. 8 m.w.N.). Zugangsbeschränkende Qualifikationsanforderungen sind regelmäßig dem wichtigen Gemeinschaftsgut zu dienen bestimmt, die Qualität der Ausbildung zu sichern (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 6 C 19.15 – BVerwGE 157, 46 Rn. 9 m.w.N.). Qualifikationsnachweise sind hierfür regelmäßig geeignet, wenn sie einen inhaltlichen Bezug zu den Ausbildungsinhalten aufweisen. Sie sind erforderlich, wenn bei objektiver Betrachtung die Annahme berechtigt ist, dass Bewerber, die nicht im Besitz der Nachweise sind, den Anforderungen der Ausbildung voraussichtlich nicht gewachsen sein werden. Schließlich müssen die Nachweispflichten in einem angemessenen Verhältnis zu den Anforderungen der Ausbildung stehen; sie dürfen nicht überzogen sein. Unverhältnismäßig sind insbesondere Zugangsbeschränkungen, die darauf angelegt sind, dass sie nur überdurchschnittlich befähigte Bewerber erfüllen können (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 6 C 19.15 – BVerwGE 157, 46 Rn. 10 m.w.N.; BayVGH, B.v. 6.5.2019 – 7 CE 18.2023 – juris Rn. 19; B.v. 2.2.2012 – 7 CE 11.3019 – BayVBl 2012, 533). Die Festlegung der Eignungskriterien darf die Pflicht der staatlichen Hochschulen zur erschöpfenden Nutzung ihrer Ausbildungskapazitäten (vgl. Art. 1 Abs. 1 BayHZG) nicht unterlaufen. Insbesondere sind die Hochschulen nicht berechtigt, eine über die Anforderungen des Studiengangs hinausgehende „Niveaupflege“ zu betreiben (vgl. BayVGH, B.v. 2.2.2012 – 7 CE 11.3019 – a.a.O.).
Gemessen daran geht der Senat davon aus, dass die von der Universität geforderte Abschlussnote von mindestens 1,1 für einen direkten Zugang zum Masterstudium „Psychologie“ (ohne zusätzliche Durchführung eines Eignungsverfahrens) voraussichtlich unverhältnismäßig in Art. 12 Abs. 1 GG eingreift und § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PStO somit keinen Bestand haben kann. Die Festlegung der dortigen Mindestnote setzt eine Einschätzung der Universität voraus, dass nur Bewerber mit einer Abschlussnote von maximal 1,1 die Prognose einer uneingeschränkten Eignung für einen erfolgreichen und ressourcenschonenden Abschluss des Masterstudiengangs rechtfertigen. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ist auf die Überprüfung beschränkt, ob die Universität den maßgebenden Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt und den möglichen Verlauf der Entwicklung nicht offensichtlich fehlerhaft eingeschätzt hat (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1988 – 7 C 94.86 – BVerwGE 79, 208). Ausführungen bzw. Darlegungen der Universität zu den Grundlagen für die Prognoseentscheidung, wie z.B. Erfahrungswerte oder Erhebungen über einen Zusammenhang zwischen der Abschlussnote im Bachelorstudiengang und der erfolgreichen Beendigung des Masterstudiums fehlen jedoch gänzlich, sodass eine Überprüfung der Prognoseentscheidung nicht möglich und die Prognoseentscheidung damit zugunsten der Antragstellerin als fehlerhaft zu bewerten ist. Abgesehen von den Angaben des Antragsgegners, dass im Wintersemester 2020/2021 5% der Bewerber eine Mindestnote im Bachelorabschluss von 1,1 nachweisen und direkt zum Masterstudiengang „Psychologie“ zugelassen werden konnten, sind seinem Vortrag keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, welche Kriterien die Universität der Prognose der uneingeschränkten Eignung von Studienbewerbern mit einer Mindestnote von 1,1 zugrunde legt und die den Schluss zulassen, dass Bewerber mit beispielsweise einer Durchschnittsnote von 1,2 oder 1,3 im Bachelorstudium den Nachweis ihrer Eignung im Rahmen eines Eignungsfeststellungsverfahrens erst noch erbringen müssen. Der Antragsgegner führt aus, dass die Zugangsvoraussetzungen, die sich nach den Anforderungen des jeweiligen Studiengangs richteten, sinnvoll nur durch die den Studiengang anbietende Hochschule festgelegt werden könnten. Im Übrigen unterliege die Festlegung der Ausbildungsziele der Lehr- und Wissenschaftsfreiheit und diese Ziele ließen sich nur dann mit angemessenem zeitlichen und sächlichen Aufwand erreichen, wenn die Studierenden eine bestimmte Qualifikation mitbrächten. Letztlich stützt sich der Antragsgegner auf allgemeinen Vortrag; entsprechende Erfahrungswerte im Hinblick auf den Masterstudiengang „Psychologie“ oder sonstige Erhebungen, die eine uneingeschränkte Eignung von lediglich 5% der Bewerber nahelegen, die das Bachelorstudium mit mindestens 1,1 abgeschlossen haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere fehlt jegliche Darlegung, welche Erwägungen es erfordert haben, den Notendurchschnitt für die unbedingte Zulassung für das Wintersemester 2020/2021 von vormals 1,3 auf 1,1 anzuheben. Es ist nicht Sinn und Zweck des Art. 43 Abs. 5 Satz 2 BayHSchG, eine Auswahl aus Bewerbern mit fachbezogenem Hochschulabschluss in der Weise zu ermöglichen, dass trotz vorhandener Ausbildungskapazitäten nur noch bestens qualifizierte Kandidaten das Masterstudium ohne einen weiteren Eignungsnachweis überhaupt aufnehmen können.
Im vorliegenden Verfahren ist nicht davon auszugehen, dass trotz der Unwirksamkeit des § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PStO die Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO, wonach Bewerber mit einem Bachelorabschluss im Fach Psychologie mit einer Durchschnittsnote von 1,2 bis 1,8 die studiengangspezifische Eignung durch ein erfolgreich absolviertes Eignungsverfahren erbringen müssen, isoliert Bestand haben kann. Die Abgrenzung, ob ein materieller Satzungsmangel zur Teilnichtigkeit oder Gesamtnichtigkeit einer Norm führt, orientiert sich an dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz der Teilnichtigkeit zivilrechtlicher Willenserklärungen nach § 139 BGB (BayVGH, U.v. 1.3.2010 – 20 B 09.1890 – BayVBl 2010, 670). Danach ist eine Satzungsbestimmung dann insgesamt nichtig, wenn die nichtige (Teil-)Regelung mit den übrigen Bestimmungen so verflochten ist, dass sie eine untrennbare Einheit bilden, die nicht in einzelne Bestandteile zerlegt werden kann, oder wenn anzunehmen ist, dass bei objektiver, am Sinn und Zweck der Norm orientierter Betrachtungsweise, die gesamte Regelung ohne die nichtige Teilregelung so nicht getroffen worden wäre. Gemessen daran spricht viel dafür, dass die Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO nur im Zusammenspiel mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a PStO eine sinnvolle Regelung ergibt. Ließe man § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b PStO für sich alleine bestehe, ergäbe sich eine Regelungslücke zur Beurteilung der studiengangspezifischen Eignung von Bewerbern mit dem Notendurchschnitt von maximal 1,1. Auf die Frage, ob durch die absolute Notengrenze von 1,8 in § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b PStO ebenfalls zu hohe Anforderungen gestellt werden, kommt es somit nicht mehr entscheidungserheblich an. Es bedarf auch keiner Entscheidung darüber, ob die Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 2 PStO unabhängig von § 4 Abs. 1 Nr. 1 PStO Bestand haben kann. Die Antragstellerin hat nach vom Antragsgegner nicht widerlegtem Vortrag die Voraussetzungen in § 4 Abs. 1 Nr. 2 PStO erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Eyermann, 15. Aufl. 2019, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.


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