Verwaltungsrecht

Subventionsrecht, Fachveranstaltung Gendermedizin, Druck und Versand der Einladungen, förderschädlicher vorzeitiger Maßnahmenbeginn, rechtswidriger Verwaltungsakt, Rücknahme eines Zuwendungsbescheids und Rückforderung, Jahresfrist, Rücknahmeermessen, Erlöschen, Verwirkung

Aktenzeichen  6 ZB 21.1259

Datum:
14.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 28485
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48 Abs. 1, 4
AGBGB Art. 71 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 31 K 20.4046 2021-04-07 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. April 2021 – M 31 K 20.4046 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 4 und 3 VwGO, auf deren Prüfung das Gericht beschränkt ist, wurden nicht ordnungsgemäß dargelegt oder liegen nicht vor (§ 124a Abs. 4 Satz 4, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Die Klägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wendet sich gegen die vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (im Folgenden: Landesamt) verfügte Rücknahme des Zuwendungsbescheides vom 29. August 2014 mit Wirkung für die Vergangenheit und die Festsetzung des zu erstattenden Betrages auf 2.000 €.
Sie hatte unter dem 11. August 2014 eine Förderung für die Fachveranstaltung „Gendermedizin“ am 16. September 2014 beantragt und um einen finanziellen Zuschuss in Höhe von 2.000 € gebeten, um einen Anteil der entstehenden Sachkosten (z.B. Referentenvergütung, Reisekosten, Druckkosten, Einladungsversand) abzudecken. Mit Bescheid vom 29. August 2014 bewilligte das Landesamt die beantragte Förderung als Festbetragsfinanzierung und zahlte den Zuschuss im Dezember 2014 an die Klägerin aus.
Im Rahmen der Rechnungsprüfung 2018 durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof gelangte dieser zu der Auffassung, dass ein nicht genehmigter vorzeitiger Maßnahmebeginn vorgelegen habe und bat das Landesamt in seiner Prüfmitteilung vom 28. Januar 2019, die entsprechenden zuwendungsrechtlichen Konsequenzen zu prüfen. In seiner Prüfung vom 30. Januar 2020 kam das Landesamt zu demselben Ergebnis und hörte die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 2020 zur beabsichtigten Rücknahme- und Erstattungsanordnung an. Die Klägerin gab keine Stellungnahme ab.
Mit Bescheid vom 7. August 2020 nahm das Landesamt den Zuwendungsbescheid vom 29. August 2014 mit Wirkung für die Vergangenheit sowie die bewilligte und ausgezahlte Zuwendung in Höhe von 2000 € vollständig zurück und setzte den zu erstattenden Betrag auf 2.000 € fest. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der Auftrag an die Firma „q.“ für Druck und Postversand der Einladungen zu der geförderten Veranstaltung sowie der Auftrag an die Firma „r.“ für den Faxversand zeitlich jeweils vor Beantragung der Zuwendung erfolgt seien. Damit liege ein unzulässiger vorzeitiger Maßnahmebeginn vor.
Das daraufhin von der Klägerin angerufene Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. April 2021 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: der Bescheid des Beklagten vom 7. August 2020 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Zuwendungsbescheid vom 29. August 2014 sei wegen eines Verstoßes gegen Art. 23, 44 Abs. 1 Satz 1 BayHO rechtswidrig gewesen, weil die Klägerin wegen einer Missachtung des Verbots des vorzeitigen Maßnahmebeginns keinen Anspruch auf Gewährung der Zuwendung gehabt habe. Ausweislich der mit dem Verwendungsnachweis vom 28. November 2014 vorgelegten Rechnungen habe die Klägerin bereits im Juli und Anfang August 2014 Aufträge für den Druck und Versand von Einladungen für die Veranstaltung vergeben und auch bezahlt, noch bevor sie den Zuwendungsantrag vom 11. August 2014 gestellt habe. Das Landesamt habe den Zuwendungsbescheid gemäß Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen zurückgenommen. Es habe ermessensfehlerfrei von seiner Rücknahmebefugnis Gebrauch gemacht. Der Anspruch auf Rückerstattung sei auch nicht gem. Art. 71 Abs. 1 Satz 1 AGBGB erloschen. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Erstattungsanspruchs lägen nicht vor.
2. Die von der Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Rücknahme des Zuwendungsbescheids und das entsprechende Erstattungsverlangen gem. Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG rechtmäßig sind.
aa) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, war der Zuwendungsbescheid vom 29. August 2014 wegen eines Verstoßes gegen Art. 23, 44 Abs. 1 Satz 1 BayHO rechtswidrig, weil die Klägerin wegen einer Missachtung des Verbotes des vorzeitigen Maßnahmebeginns keinen Anspruch auf Gewährung der Zuwendung hatte.
Der Zuwendungsbescheid war nach seinen Nrn. 1 und 6 an die Bestimmungen der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) und deren Verwaltungsvorschriften sowie die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) gebunden, die dem Bescheid beigefügt und ausdrücklich zu dessen Bestandteil gemacht worden waren. Nach der ständigen Verwaltungspraxis des Beklagten, die sich aus Nr. 1.3 Satz 1 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu Art. 44 BayHO ergibt, dürfen Zuwendungen zur Projektförderung nur für solche Vorhaben bewilligt werden, die noch nicht begonnen worden sind. Als Vorhaben ist die Abgabe einer verbindlichen Willenserklärung zum Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrages zu werten (Nr. 1.3.1 VV). Nicht als Beginn des Vorhabens gilt der Abschluss von Verträgen, die der Vorbereitung oder Planung des Projekts (einschließlich der Antragsvorbereitung und -erstellung) dienen (Nr. 1.3.2 VV).
Die Klägerin hatte bereits am 17. Juli 2014 den Auftrag an die Firma „q.“ für Druck und Postversand der Einladungen zu der geförderten Veranstaltung erteilt. Die Rechnung für den Auftrag an die Firma „r.“ für den Faxversand der Einladungen hat die Klägerin am 6. August 2014 beglichen. Die Erteilung der Aufträge erfolgte damit zeitlich jeweils vor Beantragung der Zuwendung beim Landesamt unter dem 11. August 2014. Mit dem Verwaltungsgericht ist in der Auftragserteilung für die Einladungen bereits der Beginn der Gesamtmaßnahme der Ausführung der Veranstaltung zu sehen und nicht eine bloße selbstständige Vorbereitungshandlung, wie die Klägerin meint. Mit dem Druck und Versand der Einladungen durch die Dienstleistungsfirmen „q.“ und „r.“ zu der Fachveranstaltung Gendermedizin ging es der Klägerin darum, Teilnehmer für diese Veranstaltung zu akquirieren, ohne die die Fachveranstaltung keinen Sinn gemacht hätte. Damit waren Druck und Versand der Einladungen integrierter Bestandteil der Ausführung der Fachveranstaltung. Dementsprechend hat die Klägerin in ihrem Förderantrag vom 11. August 2014 u.a. die Kosten für Druck und Einladungsversand als Bestandteil der ihr entstehenden Sachkosten angeführt. Sowohl die Erteilung der Aufträge als auch die Bezahlung hierfür erfolgten vor der Beantragung der Förderung. Das reicht aus, um die Voraussetzungen des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG für die Rücknahme des Zuwendungsbescheides wegen vorzeitigen Maßnahmebeginns zu begründen. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des OVG LSA vom 10. Juni 2014 (- 1 L 34.14 – juris) steht dem nicht entgegen, weil es hier nicht – wie im dortigen Fall – um das rechtliche Verhältnis zwischen Veranstalter und Teilnehmer geht, sondern um einen förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginn im Rahmen einer Subventionsgewährung.
bb) Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, hat das Landesamt den Zuwendungsbescheid gem. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme von den die Rücknahme des Bescheides rechtfertigenden Tatsachen zurückgenommen.
(1) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist gemäß Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Diese Bestimmung findet Anwendung, wenn die Behörde die Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsakts nachträglich erkennt. Unerheblich ist insoweit, ob die Fehlerhaftigkeit ihre Ursache in einer unzutreffenden Sachverhaltsermittlung oder -bewertung oder in einer rechtlichen Fehleinschätzung hat. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die für die Rücknahmeentscheidung außerdem erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (stRspr, BVerwG, B.v. 19.12.1984 – GrSen 1.84 und 2.84 – BVerwGE 70, 356). Maßgeblich ist die Kenntnis des zuständigen Amtswalters; dass die erheblichen Tatsachen aktenkundig sind, genügt nicht (stRspr, BVerwG, U.v. 23.1.2019 – 10 C 5.17 – juris Rn. 30; U.v. 24.1.2001 – 8 C 8.00 – BVerwGE 112, 360; U.v. 22.10.1987 – 3 C 27.86 – juris).
Die Frist beginnt demnach erst zu laufen, wenn die Behörde vollständige Kenntnis von dem für die Rücknahme (oder den Widerruf) des Verwaltungsakts erheblichen Sachverhalt erlangt hat. Das ist der Fall, wenn die Behörde ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage ist, unter sachgerechter Ausübung ihres Ermessens über die Rücknahme (oder den Widerruf) zu entscheiden. Die Jahresfrist ist dementsprechend keine Bearbeitungsfrist, sondern eine Entscheidungsfrist. Ist die Sache allerdings bei Anlegung eines objektiven Maßstabes zur Entscheidung reif, so beginnt die Jahresfrist auch dann zu laufen, wenn die Behörde weitere Schritte zur Sachaufklärung unternimmt, die objektiv nicht mehr erforderlich sind. So liegt es insbesondere, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert oder doch im Sinne eines „intendierten“ Ermessens regelhaft gebunden ist (vgl. BVerwG, BVerwG, U.v. 23.1.2019 – 10 C 5.17 – juris Rn. 31).
Die vollständige Kenntnis auch von den für die Ausübung des Rücknahmeermessens maßgeblichen Umständen erlangt die Behörde regelmäßig nur infolge einer – mit einer angemessenen Frist zur Stellungnahme verbundenen – Anhörung des Betroffenen. Unterlässt die Behörde die Anhörung, so läuft die Frist nicht (BVerwG, B.v. 4.12.2008 – 2 B 60.08 – juris); verzögert sie sie, so läuft die Frist gleichwohl nicht früher; allerdings greifen dann gegebenenfalls die Grundsätze der Verwirkung ein. Die Anhörung selbst setzt die Frist noch nicht in Lauf; erst mit der Stellungnahme des Betroffenen erhält die Behörde Kenntnis von den Umständen, die gegebenenfalls bei ihrer Ermessensausübung zu berücksichtigen sind, jedenfalls aber die Gewissheit, dass ihre bisherige Kenntnis vollständig ist (BVerwG, U.v. 20.9.2001 – 7 C 6.01 – Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 103). Entsprechendes gilt, wenn der Betroffene – wie hier die Klägerin – die gesetzte Frist verstreichen lässt, ohne Stellung zu nehmen. Veranlasst die Stellungnahme des Betroffenen die Behörde zu weiterer Sachaufklärung, so läuft die Frist erst mit deren Abschluss und gegebenenfalls einer erneuten Anhörung; zweckmäßigerweise weist die Behörde den Betroffenen hierauf hin (BVerwG, U.v. 23.1.2019 – 10 C 5.17 – juris Rn. 32).
(2) Bei Anlegung dieses Maßstabs war die Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG bei Erlass des strittigen Rücknahmebescheids vom 7. August 2020 noch nicht abgelaufen. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass die zuständige Amtswalterin des Landesamts als für die Rücknahme zuständiger Behörde erst mit Abschluss der (eigenen) zuwendungsrechtlichen Nachprüfung am 30. Januar 2020 die vollständige Erkenntnis der Rechtswidrigkeit des Zuwendungsbescheids erlangt hat und dies nicht, wie die Klägerin ausführt, bereits mit Zugang der Prüfmitteilung des Bayerischen Obersten Rechnungshofes vom 28. Januar 2019 der Fall war. Wie oben dargelegt, kommt es maßgeblich auf die Kenntnis des zuständigen Amtswalters an; dass die erheblichen Tatsachen aktenkundig sind, genügt nicht. Abgesehen davon erlangt die Behörde die vollständige Kenntnis auch von den für die ordnungsgemäße Ausübung des Rücknahmeermessens maßgeblichen Umständen entgegen der Ansicht der Klägerin regelmäßig – und so auch hier – nur infolge einer Anhörung des Betroffenen. Diese hat die zuständige Amtswalterin des Landesamts mit Schreiben vom 9. Juni 2020 veranlasst, wobei die Klägerin keine Stellungnahme abgegeben hat. Unabhängig davon wäre die Jahresfrist mit Zugang des Rücknahmebescheides im August 2020 selbst dann gewahrt, wenn eine Anhörung der Klägerin entbehrlich gewesen sein sollte, wie diese meint. Auf die hierauf gerichteten Einwendungen der Klägerin kommt es somit nicht entscheidungserheblich an.
cc) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat das Landesamt von seiner Rücknahmebefugnis ermessensfehlerfrei Gebrauch gemacht. Es durfte bei seinen Ermessenserwägungen insbesondere darauf abstellen, dass in Fällen eines förderschädlichen vorzeitigen Maßnahmebeginns im Interesse einer gleichmäßigen Handhabung regelmäßig das Rücknahmeinteresse überwiegt. Das gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Klägerin auf die mit Schreiben vom 19. Juni 2020 erfolgte Anhörung hin nicht reagiert hat; damit waren weitere Ermessenserwägungen als die vom Landesamt im Bescheid vom 7. August 2020 angeführten entbehrlich.
dd) Der Rückzahlungs- und der Erstattungsanspruch des Beklagten sind nicht nach Art. 71 Abs. 1 AGBGB erloschen.
Nach dieser Vorschrift erlöschen die auf eine Geldzahlung gerichteten öffentlich-rechtlichen Ansprüche des Freistaates Bayern, soweit nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, jedoch nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Soweit der Freistaat Bayern, eine bayerische Gemeinde oder ein bayerischer Gemeindeverband berechtigt ist, ist die Kenntnis der zuständigen Behörde erforderlich.
Die Vorschrift des Art. 71 AGBGB setzt demnach voraus, dass der Anspruch entstanden ist. Entstanden ist der Erstattungsanspruch im vorliegenden Fall nicht bereits „spätestens mit Auszahlung im Dezember 2014“, wie die Klägerin meint, sondern erst mit Erlass des Rückforderungs- und Erstattungsbescheides vom 7. August 2020, weil vorher der bestandskräftige Subventionsbescheid vom 29. August 2014 den Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Subvention bildete. Die dreijährige Erlöschensfrist konnte deshalb bei Erlass des Rückforderungsbescheids mangels vorheriger Entstehung des Anspruchs noch nicht verstrichen sein. Hieran ändert nichts, dass der Zuwendungsbescheid vom 29. August 2014 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Vor Erlass des Rückforderungsbescheids ist die Erstattungsforderung weder entstanden noch durchsetzbar, weshalb sie zuvor noch nicht erlöschen kann (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1.16 – juris Rn. 17, 18).
Entgegen der Ansicht der Klägerin muss sich der Beklagte auch nicht so behandeln lassen, als hätte er den Rückforderungs- und Erstattungsbescheid schon früher – in angemessener Zeit nach Vorlage des Verwendungsnachweises – erlassen und damit das Anlaufen der Erlöschensfrist für die Erstattungsforderung begründet. Unabhängig davon, ob dieser u.a. in der zivilrechtlichen Rechtsprechung verschiedentlich erörterte Rechtsgedanke (vgl. OLG Koblenz, U.v. vom 12.3.2008 – 1 U 1049/07 – juris Rn. 52, KG, U.v. 21.8.2008 – 2 U 75/07 – juris Rn. 15 f.) im öffentlichen Verjährungsrecht überhaupt heranzuziehen ist, setzt seine Anwendung jedenfalls voraus, dass dem Beklagten, weil er den Rückforderungsbescheid erst ca. sechs Jahre nach Vorlage des Verwendungsnachweises erlassen hat, der Vorwurf eines treuwidrigen Verhaltens gemacht werden kann. Hierfür ist aber nichts Stichhaltiges dargelegt (vgl. BVerwG, U.v. 15.3.2017 – 10 C 1.16 – juris Rn. 19).
ee) Die Rücknahmeentscheidung ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht verwirkt.
Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, weil seit der Möglichkeit der Geltendmachung eine längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung des Rechts unter Berücksichtigung des beim Verpflichteten oder bei einem Dritten daraus erwachsenden Vertrauens als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (stRspr, u.a. BVerwG, B.v. 15.1.2020 – 2 B 38.19 – juris Rn. 12). Seit der Entstehung des Rechts und der Möglichkeit seiner Geltendmachung muss längere Zeit verstrichen sein (Zeitmoment) und der Berechtigte muss unter Verhältnissen untätig geblieben sein, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (Umstandsmoment).
Im vorliegenden Fall fehlt es zumindest an dem sog. Umstandsmoment, weil der Beklagte gegenüber der Klägerin zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht hat, dass diese die rechtswidrig gewährte Zuwendung nicht zurückzahlen brauche. Ohne Erfolg bleibt in diesem Zusammenhang der Einwand der Klägerin, dass diese bereits mit ihrem Auszahlungsantrag vom 28. November 2014 die Rechnungen bezüglich Druck und Versand der Einladungen übermittelt und die Auszahlung der Förderung durch den Beklagten mithin in Kenntnis dieser Kosten und deren Entstehungszeitpunkts erfolgt sei, so dass der Beklagte gegenüber der Klägerin den Eindruck erweckt habe, im Sinn von Nr. 1.3.3 VV zu Art. 44 BayHO mit den vorzeitigen Maßnahmen einverstanden zu sein. Die Klägerin stellt hierbei unzutreffend auf einen Zeitpunkt ab, zu dem das Landesamt die Rechtswidrigkeit des Förderbescheids infolge des vorzeitigen Maßnahmebeginns – wie oben ausgeführt – noch nicht erkannt hatte. Es kommt nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt das Landesamt die Rechtswidrigkeit hätte erkennen können, sondern auf den Zeitpunkt der Erkenntnis der Rechtswidrigkeit.
b) Eine Divergenz im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO legt die Klägerin nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dar.
Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Rechtsmittelführer einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung der Klagepartei divergierenden Rechts- oder Tatsachensätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder eines der anderen Divergenzgerichte aufgestellt haben, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge hingegen nicht (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2017 – 1 B 22.17 – juris Rn. 19; BVerwG, B.v. 26.7.2016 – 10 B 15.15 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 18.12.2017 – 6 ZB 17.31910 – Rn. 3).
Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht. Sie zitiert zwar Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 21.10.2010 – 3 C 4.10 – juris; U.v. 30.1.2013 – 8 C 2.12 – juris) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 20.1.2016 – 21 ZB 14.1428 – juris). Die sich angeblich widersprechenden, die Entscheidung tragenden Rechts- oder Tatsachensätze werden jedoch nicht konkret herausgearbeitet und einander gegenübergestellt, was für die Darlegung einer Divergenz unverzichtbar ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 73).
c) Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat die Klägerin ebenfalls nicht in der erforderlichen Weise dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Um diesen Zulassungsgrund darzulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und schließlich darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 22.6.2017 – 6 ZB 17.30679 – juris Rn. 3; B.v. 16.2.2017 – 6 ZB 16.1586 – juris Rn. 25 m.w.N.). Diesen Darlegungsanforderungen wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Es fehlt bereits an der Formulierung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage, die einer fallübergreifenden Klärung zugeführt werden soll.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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