Verwaltungsrecht

Tansania, Bedrohung im Zusammenhang mit Wahlen

Aktenzeichen  M 21b K 18.32320

Datum:
30.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13315
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5 und 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.   
 Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
I. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das 30-monatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – zur Definition dieser Begriffe vgl. § 3b Abs. 1 AsylG – außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten zunächst Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). § 3a Abs. 2 AsylG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden. Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von §§ 3 Abs. 1 und 3b AsylG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit, drohen (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936).
Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) von nicht staatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich seiner Verfolgung ist nicht glaubhaft.
Das Gericht muss sowohl von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung bzw. Gefährdung die volle Überzeugung gewinnen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen (vgl. nunmehr auch Art. 4 RL 2011/95 EU sowie bereits bislang BVerfG (Kammer), B.v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris). Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.
Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor. Das Vorbringen des Klägers ist bezüglich der Kernelemente widersprüchlich und inkohärent.
Inkohärent ist der Vortrag in Bezug auf eine Drohnachricht auf das Handy des Klägers in der Nacht vor der Wahl sowie den Vorfall bei der Wahl. Beide Ereignisse hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht erwähnt.
Darüberhinaus bestehen auch Widersprüche bezüglich des übrigen Vortrags des Klägers. Dies betrifft zum einen die Wohnumstände auf Sansibar. Während er beim Bundesamt angegeben hat, dass er sein ganzes Leben bis zur Ausreise in seinem Elternhaus gelebt hat, hat er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass das Haus im Jahr 2001 abgebrannt sei und er anschließend nebenan zur Miete gelebt habe. Weiterhin hat er vor dem Bundesamt angegeben, dass sich seine Frau in dem Zimmer der Haushälterin versteckt hat, hat er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass die Haushälterin im Wohnzimmer gewohnt hat und folglich von den eindringenden Personen zuerst gefunden wurde.
Die Widersprüche betreffen zum anderen den konkreten Ablauf der Bedrohung und damit den Kernbereich des Verfolgungsvorbringens. Vor dem Bundesamt gab der Kläger an, sich in der Speisekammer versteckt zu haben und von dort auf das Dach gelangt zu sein. Auf dem Dach habe er übernachtet und sei selbst dann nicht heruntergekommen, als die Haushälterin seinen jüngeren Bruder angerufen habe und dieser mit der Polizei zu dem Haus gekommen sei. In der mündlichen Verhandlung trug er jedoch vor, dass er über die Toilette in eine Zwischendecke gelangt sei und sich dort versteckt habe. Bevor die Haushälterin einen Bekannten angerufen habe, sei er aus seinem Versteck gekommen. Dieser sei zur Polizei gegangen. Die Polizei sei aber nicht zu dem Haus des Klägers gekommen, da sie zu beschäftigt gewesen sei. Entgegen seiner Aussage vor dem Bundesamt hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung generell verneint einen Bruder zu haben.
Aufgrund dieser Widersprüche und der Inkohärenz in dem Vorbringen des Klägers, sowie aufgrund des gewonnen Gesamteindrucks in der mündlichen Verhandlung, ist seine Glaubwürdigkeit nicht gegeben und es steht für das Gericht fest, dass der Kläger seine Verfolgung nur vorgebracht hat, um ein Bleiberecht zu erhalten.
Lediglich ergänzend sei erwähnt, dass dem Kläger selbst bei Wahrunterstellung seines Vorbringens keine Verfolgung droht bzw. diesem eine inländische Fluchtalternative auf dem Festland von Tansania zur Verfügung stehen würde.
Der Kläger ist nach seinen eigenen Angaben nicht politisch aktiv und kein Mitglied einer Partei. Auch wenn es im Zusammenhang mit den Wahlen auf Sansibar immer wieder zu Verhaftungen, Festnahmen und sogar Ermordungen kommt, betrifft dies ausschließlich (führende) Parteimitglieder oder politisch aktive Personen, die an politischen Veranstaltungen teilnehmen. Weiterhin war das Niveau an Gewalt und Repression in Sansibar insbesondere vor den Wahlen 2015 und zwischen der annullierten Wahl 2015 und der Wahlwiederholung im Jahr 2016 besonders hoch (vgl. Immigration and Refugee Board of Canada; Civic United Front (CUF); Strukturen; Ereignisse im Jahr 2015; 17.03.2016; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Republik Österreich: Tansania, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand: 28.02.2017; US Departement of State Tanzania 2020 – Human rights report; 30.03.2021; amnesty international, Bericht 2017; 21.05.2017; Bericht 2020; 07.04.2021; Bertelsmannstiftung; 2020 Country Report Tanzania; 01.01.2020; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Länderreport 45 – Tansania – Allgemeine Situation und Menschenrechtslage; November 2021). Nach den Wahlen 2015/2016 hat der inzwischen verstorbene und frühere CUF Kandidat Seif Sharif Hamad im Jahr 2019 die CUF verlassen, ist der ACT Wazalendo beigetreten und hat bei der Präsidentschaftswahl (Sansibar) Jahr 2020 für die ACT kandidiert. Im Gegensatz zu der Wahl 2015/2016 hat Seif Sharif Hamad im Jahr 2020 auch das Amt des Vize-Präsidenten angenommen.
Dementsprechend ist eine Verfolgung des Klägers bereits nicht beachtlich wahrscheinlich. Darüberhinaus steht dem Kläger zumindest auf dem Festland, insbesondere in Dar es Salaam, eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung.
Der Kläger hat bereits selbst keine Vorverfolgung auf dem Festland bzw. in Dar es Salaam sondern nur auf Sansibar vorgetragen. Politische Gewalt wird auf Sansibar hauptsächlich durch eine paramilitärische Gruppe mit dem Namen SMZ (Serikali Ya Mapinduzi ya Zanzibar) und aufgrund ihrer Maskierung mit dem Spitznamen „Zombies“ ausgeübt. Diese Gruppe agiert auf Sansibar neben der tansanischen Polizei. Eine Verfolgung durch tansanische Behörden oder Gruppen, die auf dem Festland aktiv sind, hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt vorgetragen. Gegen eine Annahme der Verfolgung in ganz Tansania spricht auch der besondere Status von Sansibar. Sansibar verfügt nach wie vor über eine starke Teilautonomie, was Auswirkungen auf das politische System mit sich bringt. Die Inselgruppe ist zwar Teil der Union, bewahrt sich jedoch eigene Gesetze und eine eigene Verfassung sowie einen eigenen Präsidenten und eine eigene Gerichtsbarkeit. Die tansanische Zentralregierung ist zuständig für Themen die das gesamte Land betreffen und die Revolutionäre Regierung für Themen die Sansibar betreffen (vgl. HRW; Tanzania: Repression Mars National Elections; 23. November 2020; Bertelsmannstiftung; 2020 Country Report Tanzania; 01.01.2020; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge; Länderreport 45 – Tansania – Allgemeine Situation und Menschenrechtslage; November 2021; US Departement of State Tanzania 2020 – Human rights report; 30.03.2021). Dementsprechend haben die Behörden Sansibars keine Eingriffsmöglichkeiten auf dem Festland, während tansanische Behörden auf Sansibar intervenieren können. Diese Einschätzung wird auch dadurch bekräftigt, dass es dem Kläger ohne Probleme möglich war mit seinem eigenen Pass von Dar es Salaam aus auszureisen.
Es ist dem Kläger auch möglich sicher und legal nach Dar es Salaam zu reisen, da es einen internationalen Flughafen in Dar es Salaam gibt und auch Abschiebungen dort enden. Weiterhin kann es von dem Kläger auch vernünftiger Weise erwartet werden, sich in Dar es Salaam niederzulassen. Die Frau des Klägers lebt mit den Kindern des Klägers und ihrer Familie in Dar es Salaam und der Kläger hat folglich eine Anlaufstelle dort.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG.
Dem Kläger droht weder mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Verhängung noch die Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) oder Folter, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Sein Vorbringen zu seiner Bedrohung ist nicht glaubhaft (s.o.).
3. Ein nationales Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht ebenfalls nicht.
a) Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Insbesondere ergibt sich keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aus der allgemeinen (Versorgungs-) Lage in Tansania. Eine Verletzung von Art. 3 EMRK ist erst dann anzunehmen, wenn schlechte humanitäre Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind. Nur soweit die schlechten humanitären Bedingungen nicht nur oder überwiegend auf Armut oder auf fehlende staatliche Mittel beim Umgang mit Naturereignissen zurückzuführen sind, sondern überwiegend auf direkte und indirekte Aktionen der Konfliktparteien, ist darauf abzustellen, ob der Ausländer seine elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft befriedigen kann und ob Aussicht auf Verbesserung seiner Lage in angemessener Zeit besteht (BVerwG, U.v. 31.1.13 – 10 C 15/12 – beckonline Rn. 25). Bei der Bewertung der Situation ist eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, darunter etwa der Zugang für Rückkehrer zu Arbeit, Wasser, Nahrung, Gesundheitsversorgung sowie die Chance, eine adäquate Unterkunft zu finden, der Zugang zu sanitären Einrichtungen und nicht zuletzt die finanziellen Mittel zur Befriedigung elementarer Bedürfnisse. In tatsächlicher Hinsicht genügt es den Anforderungen des Art. 3 EMRK, wenn der Rückkehrer durch Gelegenheitsarbeiten ein kümmerliches Einkommen erzielen und damit ein Leben am Rand des Existenzminiums finanzieren kann (BVerwG U.v. 31.1.13 – 10 C 15/12 – beckonline Rn. 27).
Tansania hat beachtliche Fortschritte in Bezug auf die makroökonomische Stabilisierung über die letzten beiden Dekaden erzielt und ist einer der dynamischsten Wachstumsmärkte in der Region Subsahara Afrika geworden, gehört aber weiterhin zu den ärmsten Ländern der Welt. Die ökonomische Situation Tansanias beruht zu einem Großteil auf einem beachtlichen Ressourcenreichtum und dem Tourismus. Zwischen 2009 und 2019 stieg die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts relativ stabil um rund 7% jährlich. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in diesem Zeitraum auf 695 US-Dollar gestiegen und hat sich damit mehr als verdoppelt Im Jahr 2020 belief sich die Wachstumsrate auf lediglich 2% bedingt durch die globale Pandemielage. Aktuell erholt sich die Lage langsam (3-5,3% im Jahr 2021). Trotz der vielversprechenden Entwicklungen stagniert die Wirtschaft: das hohe Wirtschaftswachstum wird vom starken Bevölkerungswachstum gebremst, Korruption und bürokratische Hürden erschweren die Prozesse und die Armut im Land ist stark verbreitet. Der wachsende Tourismussektor, die unangetasteten Ressourcen, der Agrarsektor und die Lage Tansanias im internationalen Kontext – das Land ist unter anderem Mitglied der Entwicklungsgemeinschaften des südlichen und östlichen Afrikas – wären gute Voraussetzungen für eine funktionierende Wirtschaft. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung leben und arbeiten im ländlichen Raum. Die Landwirtschaft dient vier Fünfteln der Bevölkerung der eigenen Subsistenz, bzw. ist deren wichtigste Einnahmequelle.
Trotz der stabilen wirtschaftlichen Lage wächst der Anteil der tansanischen Bevölkerung, der in extremer Armut lebt (Anstieg von 17 Millionen Menschen im Jahr 1990 auf 22 Millionen Menschen im Jahr 2013). Rund ein Drittel lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die Lebensmittelsicherheit wird derzeit von der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen dennoch als positiv bewertet.
Die Arbeitslosenquote liegt gemessen an der gesamten erwerbsfähigen Bevölkerung bei 2,16%. Ein Drittel der Erwerbstätigen wird unter Working Poor gefasst, das heißt sie sind zwar beschäftigt (überwiegend in der Landwirtschaft oder im informellen Dienstleistungssektor), ihr Einkommen liegt jedoch unterhalb der Armutsgrenze. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt im gesamten Land bei 12%. Das Sozialversicherungssystem greift nicht flächendeckend und erreicht damit nicht alle Personengruppen. Das wichtigste soziale Auffangnetzwerk stellt daher nach wie vor die Familie dar. Arbeitslose und Arbeitnehmende im informellen Sektor profitieren kaum von staatlichen Auffangsystemen (vgl. zum Ganzen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt Tansania, 28.2.2017, S. 18, 19; BAMF, Länderreport 45 Tansania, Stand 11/2001, S. 3, 4).
Der Kläger ist gesund und arbeitsfähig. Er hat ein Diplom in Hotelmanagement und eine Ausbildung als Elektriker. Als Elektriker hat er bereits vor seiner Ausreise seinen Lebensunterhalt in Tansania verdient. Auch in Deutschland arbeitet der Kläger seit 2017 als Lagerist. Dementsprechend bestehen keine Zweifel, dass der Kläger in der Lage sein wird seinen Lebensunterhalt in Tansania zu verdienen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Tansania.
b) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor.
Ein Abschiebungsverbot wegen allgemeiner Gefahren – wie die Corona-Pandemie eine darstellt – kommt schon allein auf Grund der Sperrwirkung des § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht in Betracht.
Auch die mögliche Gefahr des Klägers am Coronavirus schwer zu erkranken oder daran zu versterben, rechtfertigt kein Abschiebungsverbot aus gesundheitlichen Gründen. Es ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der Kläger aufgrund von Vorerkrankungen oder Alter ein besonderes Risiko trifft, bei einer Infektion mit dem Coronavirus schwer zu erkranken oder gar zu versterben. Bei jungen und gesunden Menschen geht eine derartige Infektion zumeist nur mit leichten Symptomen einher, die von selbst ausheilen. Rund 80% der Erkrankungen verlaufen milde bis moderat (vgl. Steckbrief des RKI, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Corona virus/Steckbrief.html). Es ist daher nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger schwerwiegend oder gar lebensbedrohlich erkranken würde. Hierfür sprechen auch die aktuellen Zahlen in Tansania mit 33.815 bestätigten Infektionen, 800 Toten und über 5 Millionen Impfungen (https://covid19.who.int/region/afro/country/tz; Stand 30. März 2022). Weiterhin steht dem Kläger, soweit nicht bereits geschehen, die Möglichkeit offen, sich vor seiner Ausreise in Deutschland gegen Covid-19 impfen zu lassen und so sein Risiko weiter zu verringern.
Andere gesundheitliche Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen würden, wurden nicht durch eine aktuelle qualifizierte ärztliche Bescheinigung im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG glaubhaft gemacht. Die vorgelegten Arztbriefe aus dem Jahr 2019 sind bereits veraltet und können dementsprechend bereits keine aktuelle Erkrankung belegen. Darüberhinaus treffen sie keine Aussage zu einer möglichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch eine Abschiebung nach Tansania. In Bezug auf den festgestellten Bluthochdruck, soweit dieser weiterhin besteht, ist der Kläger in der Lage für die Anfangszeit Medikamente aus Deutschland mitzunehmen und sich anschließend in Tansania medikamentös weiterbehandeln zu lassen.
4. Die Abschiebungsandrohung begegnet ebenso wie die Befristung der Wiedereinreisesperre keinerlei Bedenken; insoweit wird auf den Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
II. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).


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