Verwaltungsrecht

Teilweise erfolgreicher Eilantrag gegen Anordnungen in Bezug auf die Haltung gefährlicher Hunde (hier: American-Bulldog-Mischling)

Aktenzeichen  Au 8 S 20.2142

Datum:
19.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32826
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
BayLStVG Art. 9 Abs. 2, Art. 18 Abs. 2, Art. 37 Abs. 1
Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit § 1 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Übersteigt Hundegebell das (orts-)übliche und zumutbare Maß nach Stärke, Häufigkeit, Dauer und Zeitpunkt, darf die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit entsprechende Anordnungen treffen. (Rn. 51 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anordnung zum Besuch einer Hundeschulde kann unter die Rechtsgrundlage des Art. 18 Abs. 2 BayLStVG subsumiert werden, da die Schulung und der Gehorsam des Hundes tatsächlich die Haltung beeinflussen und auch dem Schutz der in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter dienen können. (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2.3 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 wird wiederhergestellt, soweit die Haltung des Hundes … auf dem Balkon des Anwesens … auch außerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten untersagt wird.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2.12 hinsichtlich Ziffer 2.7 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 wird angeordnet.
III. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
IV. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte.
V. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer sicherheitsrechtlichen Anfechtungsklage gegen Haltungsanordnungen hinsichtlich des Hundes … sowie einer diesbezüglichen Zwangsgeldandrohung.
Die Antragsteller bewohnen eine Mietwohnung mit Balkon im ersten Obergeschoss in einem Mehrparteienhaus. Dort werden auch zwei Hunde, darunter der streitgegenständliche Rüde, gehalten. … entspricht ausweislich eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen des Fachgebiets „Verhalten von Hunden im Hinblick auf Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tiere“ vom 8. September 2020 phänotypisch überwiegend einem American Bulldogmischling und fällt daher unter § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit. … wurde danach am 11. Juni 2018 gewölft, hat eine Widerristhöhe von 58 cm und wiegt etwa 38 kg. Er zeigt nach Ansicht des Gutachters zwar eine gute Bindung zum Antragsteller, ein Gehorsam sei jedoch nicht erkennbar. Sobald sich … auf dem Firmengelände des Antragstellers frei bewegt habe, habe der Rüde das Herankommen zum Antragsteller verweigert. Ein Grundgehorsam sollte dringend erlernt werden. Angeleint habe … dem Antragsteller zwar gefolgt, Kommandos seien jedoch kaum ausgeführt worden, weshalb auch auf einen Freilauf verzichtet worden sei (S.7 des Gutachtens vom 8. September 2020).
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2020 stellte der Antragsgegner widerruflich fest, dass … keiner Erlaubnis nach Art. 37 LStVG bedarf, da der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist („Negativzeugnis“, Ziffer 1). Unter Ziffer 2 des Bescheides wurden diverse widerrufliche Haltungsanordnungen getroffen, darunter die streitgegenständlichen Ziffern:
„2.3 Der Hund darf auf dem Haltergrundstück nur frei (ohne Leine) laufen, wenn das Grundstück mit einem geeigneten Zaun ausbruchsicher gemacht wird. Die Einfriedung muss im Boden verankert werden, dem Bedarf entsprechend verstärkt und genügend hoch sein, so dass der aufgerichtete Hund das Grundstück nicht unbeaufsichtigt verlassen kann. Die Haltung auf dem Balkon des Anwesens „…“ ist untersagt.“
„2.7 Zur Festigung des Gehorsams hat aufgrund des vorliegenden Gutachtens der Besuch einer Hundeschule zu erfolgen. Ein Nachweis über die Anmeldung zum Besuch einer Hundeschule ist [dem Antragsgegner] bis spätestens 01.11.2020 vorzulegen. Bis 01.03.2021 ist ein Nachweis über die Anzahl der durchgeführten Unterweisungen vorzulegen. Nach Verbesserung des Gehorsams, frühestens nach einem Jahr ab dem Bescheidsdatum, kann nach einer erneuten gutachterlichen Überprüfung über eine Lockerung der Auflagen neu entschieden werden.“
„2.11 Die sofortige Vollziehung der Nrn. 2.1 bis 2.7 dieses Bescheids wird angeordnet.“
„2.12 Falls der Hundehalter die Verpflichtungen 2.1 bis 2.7 nicht erfüllt, wird jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 300 € zur Zahlung fällig.“
Im Sachverständigengutachten vom 8. September 2020 seien Haltungsauflagen für … vorgeschlagen und festgestellt worden, dass ein Gehorsam kaum erkennbar sei. Der Bescheid stütze sich auf Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit und Art. 18 Abs. 2 LStVG. Die geforderten Maßnahmen seien geeignet, um u.a. die Gesundheit und das Eigentum von Menschen zu schützen und stellten das mildeste Mittel dar, diese Ziele zu erreichen. Durch die Auflagen sei eine Gefährdung von Menschen und Tieren auszuschließen. Die Maßnahmen seien somit verhältnismäßig und griffen nur unwesentlich in das Recht auf Eigentum und in die allgemeine Handlungsfreiheit ein. Die Antragsteller könnten gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG als Zustandsstörer bzw. Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen werden. Die sofortige Vollziehbarkeit der Nr. 2.1 bis 2.7 des Bescheids sei im öffentlichen Interesse angeordnet. Ein Zuwarten bis zur Bestandskraft hätte eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bestehen lassen und den Sinn der Anordnung in Frage gestellt. Die erhebliche Gefahr für die Gesundheit und das Eigentum von Personen könne nicht hingenommen werden. Die Androhung des Zwangsgeldes beruhe auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG.
Auf den Bescheid und dessen Begründung wird im Einzelnen verwiesen.
Gegen Ziffer 2.3, soweit diese die Haltung des Hundes auf dem Balkon betrifft, Ziffer 2.7 sowie Ziffer 2.12, soweit diese sich auf Ziffer 2.7 bezieht, haben die Antragsteller am 29. Oktober 2020 Klage (Au 8 K 20.2141) erheben lassen, über die noch nicht entschieden ist.
Gleichzeitig lassen die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller vom 29. Oktober 2020 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 wird hinsichtlich der Haltungsanordnungen Ziffer 2.7 und 2.3, ausschließlich im Hinblick auf die Haltung des Hundes auf dem Balkon des Anwesens, wiederhergestellt.
II. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage der Antragsteller vom 29. Oktober 2020 gegen die Zwangsgeldandrohung des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020, Ziffer 2.11, wird hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung, die sich auf die Ziffer 2.7 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 bezieht, angeordnet.
III. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohung nicht anordnet, wird die Zwangsvollstreckung des Zwangsgeldes in Höhe von 300,00 € wegen des Nichtnachweises der Anmeldung bei einer Hundeschule bis zum 1. November 2020 bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei bereits formell rechtswidrig, da es an einer hinreichenden Begründung des besonderen Vollzugsinteresses fehle. Die Begründung erfolge nur pauschal für alle sieben Haltungsanordnungen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei auch materiell rechtswidrig, es fehle bereits an einer Anhörung. Die pauschale und sehr kurz gehaltene Begründung genüge nicht den Anforderungen des Art. 39 BayVwVfG. Es sei daher kaum vorstellbar, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, Interessenabwägung und Ermessensausübung vorgenommen worden sei.
Es fehle zudem am Vorliegen einer konkreten Gefahr i.S.v. Art. 18 Abs. 2 LStVG.
Die Untersagung der Haltung auf dem Balkon sei willkürlich. Der Balkon befinde sich auf der Rückseite des Anwesens und könne nur von Wohnung Nr. 8 des Anwesens … eingesehen werden. … sei es nicht möglich, über das ca. 1,09 m hohe Balkongeländer zu springen. Er werde nicht auf dem Balkon gehalten, sondern befinde sich tagsüber auf dem Firmengelände des Antragstellers. … habe seinen Schlafplatz auf dem Sofa und begebe sich wegen auftretender Durchfallerscheinungen ab und an auf den Balkon, da dort eine Hundetoilette stehe.
Auch bei Nichtbesuch einer Hundeschule liege keine konkrete Gefahr vor. Dem Gutachten sei zu entnehmen, dass … ausschließlich friedlich und gutartig reagiere, selbst bei vermeintlichen Gefahren und unbekannten optischen und akustischen Reizen. Er habe sich lediglich interessiert verhalten. Auch bei der Begegnung mit einer Joggerin habe … neutral reagiert. Jedenfalls gehe von dem angeleinten … keine konkrete Gefahr aus, auch ohne den sogenannten „Grundgehorsam“.
Ziffer 2.7 des Bescheides sei von Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht gedeckt, da dessen Anwendungsbereich nicht weiter reichen könne als der des Art. 18 Abs. 1 LStVG. Die Gemeinde könne daher Anordnungen für das Halten von Hunden nur für das freie Umherlaufen in öffentlichen Bereichen treffen. Dieser unmittelbare Bezug zum öffentlichen Raum fehle beim Besuch einer Hundeschule.
Die Antragstellerin sei nicht richtige Adressatin der Ziffer 2.7 des Bescheids. Dem stehe zwar Art. 9 Abs. 2 LStVG nicht grundsätzlich entgegen, jedoch seien die Anordnungen widersprüchlich. Ziffer 2.2 regele, dass das Führen des Hundes nur durch eine fähige und zuverlässige Bezugsperson, die körperlich in der Lage sei, den Hund zu halten, erfolgen dürfe. Zum anderen solle die Antragstellerin mit … die Hundeschule besuchen, obwohl sie aufgrund ihrer körperlichen Statur schwerlich in der Lage sei, … sicher zu halten.
Die Anordnung des Besuchs der Hundeschule in Ziffer 2.7 des Bescheids sei zu unbestimmt. Es fehlten die Anzahl an nachzuweisenden Stunden sowie die Art von Kurs, die besucht werden müsse, um den Grundgehorsam zu festigen. Diese Unbestimmtheit sei insbesondere hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung bedeutsam.
Die Haltungsanordnungen seien auch nicht verhältnismäßig. Das Ausschließen der Gefährdung von Menschen und Tieren vor … sei kein legitimes Ziel. Da keine konkrete Gefahr vorliege und sich … auf dem Balkon kaum bis gar nicht aufhalte, fehle es auch an der Angemessenheit.
Die Anordnung zum Besuch der Hundeschule sei ungeeignet, der angestrebte Zweck könne mit einer Festigung des Grundgehorsams nicht erreicht werden. Die angeordnete Leinenpflicht sei milderes Mittel zur Anordnung des Besuchs der Hundeschule. Dies gelte auch hinsichtlich der Anordnung der Umzäunung des Haltergrundstücks. … habe bei der Begutachtung auch immer freundlich reagiert, so dass auf dieser Grundlage nur von einer sehr geringen Restgefahr auszugehen sei, die auch durch das beste Verhaltenstraining nicht ausgeschlossen werden könne und nicht mit einer konkreten Gefahr verwechselt werden dürfe. Der Besuch der Hundeschule bedeute für die Antragsteller Kosten und Zeitaufwand. Für den selbständigen Antragsteller mit drei Kindern sei es aufwendig, gemeinsam eine Hundeschule zu besuchen.
Ein Entschließungsermessen sei mangels konkreter Gefahr nicht eröffnet, das Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt. Nicht alle entscheidungserheblichen Umstände seien berücksichtigt. … leide an einem noch nicht ausgeheilten Ekzem unter der linken Achsel, das ihm den Besuch einer Hundeschule ab 1. November 2020 nicht ermögliche. Ein dahingehendes Gesundheitszeugnis, das auch im Sachverständigengutachten angesprochen worden sei, sei unberücksichtigt geblieben. Der Besuch der Hundeschule sei vom Sachverständigen darüber hinaus lediglich angeraten worden und nicht als unerlässliche Maßnahme gefordert worden. Dies habe die Antragsgegnerin übersehen, so dass jedenfalls ein Ermessensfehl- und -nichtgebrauch vorliege.
Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung schlage die fehlende Anhörung im Rahmen des Grundverwaltungsaktes durch, so dass diese formell rechtswidrig sei. Es fehle an einem vollstreckbaren Grundverwaltungsakt ebenso wie an einer Frist zur Erfüllung der Handlung gem. Art. 36 Abs. 2 Satz 2 VwZVG. Die Fristen zur Erfüllung der Handlungen seien unzulässigerweise im Grundverwaltungsakt enthalten und darüber hinaus insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Corona-Pandemie unangemessen kurz. Die Verletzung von … sei zu berücksichtigen. Eine Frist, die an einem Sonn- oder Feiertag (1.11.2020) ende, könne nicht gesetzt werden. Die Antragstellerin sei auch hier falsche Adressatin. Für alle Haltungsanordnungen sei dieselbe Zwangsgeldhöhe festgesetzt worden, weshalb es an einer echten Verhältnismäßigkeits- und Ermessensprüfung fehle.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Neben dem Sachverständigen habe auch das Landratsamt, bei dem eine tierschutzrechtliche Vorführung stattgefunden habe, empfohlen, gem. Art. 18 LStVG mit den betreffenden beiden Hunden eine Erziehungsmaßnahme mit einem auf die Verordnung für Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit spezialisierten Hundeerzieher mit Erfolg zu absolvieren. Es habe im Vorfeld der Ermittlung auch von anderen Personen Hinweise gegeben, dass die beiden Hunde nur sehr schwer unter Kontrolle gehalten werden könnten. Bei der Vorführung sei … nur sehr schwer durch die Antragsteller zu bändigen gewesen. Es gebe verschiedene Beschwerden über die Haltung des Hundes auf dem Balkon des Anwesens, wo dieser über einen längeren Zeitraum gehalten worden sei. Es läge eine Belästigung durch das fortwährende Hundegebell und den Gestank des Hundekots vor.
Der Antragsgegner habe daraufhin den streitgegenständlichen Bescheid erlassen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell rechtmäßig.
Eine Anhörung sei nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG entbehrlich und könne auch gem. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG bis zum Schluss der letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden. Art. 39 BayVwVfG sei genügt. Die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe seien mitgeteilt worden.
Die angefochtenen Haltungsanordnungen seien materiell rechtmäßig.
Das Haltungsverbot für den Balkon sei rechtmäßig, da eine konkrete Gefahr wegen unzumutbarer Lärm- und Geruchsbelästigung durch die Hunde in einem Mehrparteienmietshaus vorliege.
Die Antragsteller seien auch richtiger Adressat der Maßnahme gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG. Beide Antragsteller seien als Halter anzusehen, da sie entsprechende tatsächliche Einwirkungsmöglichkeiten auf den Hund hätten.
Die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Die Anordnung, das Halten der Hunde auf dem Balkon zu unterlassen, entspreche ohnehin dem, was die Antragsteller angeben, zu tun. Die Anordnung stelle sicher, dass es zu keinen künftigen Belästigungen komme.
Die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule betreffe die Haltung von Hunden i.S.v. Art. 18 Abs. 2 LStVG. Eine konkrete Gefahr bestehe, da … zum Zeitpunkt der Vorführung von den Antragstellern nur schwer zu halten und zu bändigen gewesen sei. Dies sei auch von anderen Personen im Vorfeld und durch das Sachverständigengutachten vom 8. September 2020 bestätigt. Aufgrund des fehlenden Gehorsams von … bestehe eine hinreichend konkrete Gefahr, die daraus resultiere, dass der Hund bereits den Grundgehorsam verweigere. Auch die Erteilung eines Negativattestes stehe dem Vorliegen einer konkreten Gefahr nicht entgegen. Die Schulung des Gehorsams beeinflusse tatsächlich die Haltung und diene dem Schutz der in Art. 18 Abs. 2 LStVG genannten Rechtsgüter. Art. 18 Abs. 2 LStVG verweise nur hinsichtlich der dort genannten Rechtsgüter auf Abs. 1, nicht im Hinblick auf die Örtlichkeiten und besondere Eigenschaften der Hunde.
Ermessensfehler lägen nicht vor. Die Anordnung des Besuchs der Hundeschule sei verhältnismäßig. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Antragsteller liege nicht vor. Auch sei die Festigung des Grundgehorsams geeignet, die Gefährdung für die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter auszuschließen, wenn man insbesondere an kritische Situationen denke. Dies stelle eine ergänzende und erforderliche Maßnahme zur Leinenpflicht dar. Ein Grundgehorsam sei insbesondere für Hunde, die der Kampfhundeverordnung unterliegen, unabdingbar. Ein etwa dafür erforderlicher Zeit- und Kostenaufwand müsse hinter dem Schutz der Rechtsgüter des Art. 18 Abs. 2 LStVG zurücktreten. Ein unverhältnismäßiger Zeit- oder Kostenaufwand sei auch nicht ersichtlich. Die gesundheitliche Beeinträchtigung von … sei berücksichtigt worden, da der Antragsgegner ihrer Entscheidung sowohl das Sachverständigengutachten als auch die Stellungnahme des Landratsamtes zugrunde gelegt habe. In dem Sachverständigengutachten werde auf das vorhandene Ekzem hingewiesen. Gleichwohl habe der Sachverständige entsprechende Empfehlungen, Trainerstunden zur Festigung des Grundgehorsams anzuraten, ausgesprochen.
Eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes sei nicht ersichtlich.
Auch die Androhung des Zwangsgeldes unterliege keinen rechtlichen Bedenken. Auf Vollstreckungsfristen könne verzichtet werden, wenn vom Adressaten keine nennenswerten Vorbereitungshandlungen getroffen werden müssten. Nicht nachvollziehbar sei, inwiefern das Ekzem bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeheilt sei und inwieweit der Besuch einer Hundeschule zur Erlernung des Grundgehorsams hinderlich sein solle. Der Nachweis der Anmeldung zum Besuch einer Hundeschule könne zeitnah erbracht werden. Nichts Anderes habe der Antragsgegner bis 1. November 2020 verlangt. Der Nachweis über die Anzahl der durchgeführten Unterweisungen sei erst bis 1. März 2021 vorzulegen, so dass dahingehend ausreichend Zeit verbliebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Die zulässigen Anträge haben nur teilweise Erfolg.
1. Der Antrag hinsichtlich Ziffer 2.3 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 hat hinsichtlich der Haltungsuntersagung auf dem Balkon teilweise Erfolg, soweit dadurch auch die Haltung des Hundes … auf dem Balkon außerhalb gesetzlicher Ruhezeiten untersagt ist.
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfällt die grundsätzlich nach § 80 Abs. 1 VwGO bestehende aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage, wenn die Behörde – wie vorliegend – die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse besonders angeordnet hat.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Dabei prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind, und trifft im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine eigene, originäre Ermessensentscheidung unter Abwägung des von der Behörde geltend gemachten Interesses an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und des Interesses der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
1.1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell nicht zu beanstanden. Nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist in den Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Die Begründungspflicht soll u.a. der Behörde den Ausnahmecharakter der Vollzugsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen („Warnfunktion“), ob tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert (BayVGH, B.v. 24.3.1999 – 10 CS 99.27 – BayVBl. 1999, 465 = juris Rn. 18). Bloß formelhafte Begründungen genügen daher regelmäßig nicht.
Diesen formellen Anforderungen genügt die Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid gerade noch. Ob diese Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs allerdings in inhaltlicher Hinsicht zu überzeugen vermag, ist hingegen keine Frage der Begründungspflicht, sondern des Vollzugsinteresses. Aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG folgt schon deshalb keine Anhörungspflicht, weil die sofortige Vollziehung nicht als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann, sondern es sich um eine verfahrensrechtliche Nebenentscheidung zum Verwaltungsakt handelt. Auch eine analoge Anwendung scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage aus (Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 53).
1.2. Für das Interesse der Antragsteller, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse der Antragsteller an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt regelmäßig das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Kann aufgrund der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Überprüfung nicht festgestellt werden, ob der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig oder offensichtlich rechtswidrig ist, so beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Sofortvollzuges des Verwaltungsakts auf die Durchführung einer Interessenabwägung, die je nach Fallkonstellation zugunsten der Antragsteller oder des Antragsgegners ausgehen kann. Das Gericht nimmt – da § 80 Abs. 5 VwGO keinerlei inhaltliche Einschränkungen enthält – die Abwägung in eigener Verantwortung vor. Es prüft eigenständig, ob unter Berücksichtigung und Gewichtung aller für und wider den Sofortvollzug sprechenden Umstände – auch solcher, die der Behörde nicht bekannt waren – die aufschiebende Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes in der Hauptsache oder aus anderen Gründen wiederherzustellen ist.
Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das Interesse der Antragsteller an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ziffern 2.3 des Bescheides, soweit dort die Haltung des Hundes … auf dem Balkon des Anwesens … auch außerhalb gesetzlicher Ruhezeiten untersagt wird. Der von den Antragstellern angefochtene Bescheid des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nach Ansicht der Kammer diesbezüglich mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig und verletzt die Antragsteller daher in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Vorliegend ist nach einer Interessenabwägung nach der im gerichtlichen Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung des aktuellen Sach- und Streitstandes die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Haltungsuntersagung auf dem Balkon für die Zeiten außerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten wiederherzustellen, da sich diese Haltungsanordnung in der gegenwärtigen Form voraussichtlich jedenfalls als unverhältnismäßig erweisen wird. Inwiefern eine Beschränkung der Hundehaltung auf dem Balkon tatsächlich (und auch ggf. über die gesetzlichen Ruhezeiten hinaus) im Einzelfall erforderlich und daher als Auflage anzuordnen ist, hat die Behörde in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Der Antragsgegner hat sich offenbar mit möglichen milderen, ggf. bereits ausreichenden Mitteln nicht auseinandergesetzt, sondern auf die vorgetragenen Beschwerden verschiedener Personen hinsichtlich Lärm- und Geruchsbelästigung ein vollständiges Haltungsverbot für den Balkon ausgesprochen. Auch ist den Akten nicht zu entnehmen, in welcher Häufigkeit, Dauer und Intensität zu welchen Uhrzeiten tatsächlich Lärm- und Geruchsbelästigungen stattgefunden haben sollen.
Anwohner haben in gewissem Umfang Hundegebell hinzunehmen. Hundegebell erfüllt aber dann den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 Abs. 1 OWiG, wenn es eine erhebliche Belästigung für die Nachbarschaft darstellt. Der Antragsgegner hat hierzu Beschwerden von mehreren Personen vorgetragen, die eine solche erhebliche Belästigung jedenfalls nahelegen. Belästigungen sind Beeinträchtigungen des körperlichen Wohlbefindens, die noch keine Gesundheitsschäden bewirken (VG Würzburg, B.v. 8.8.2012 – W 5 S 12.660 – juris Rn. 35). Lautes Hundegebell ist aber bereits aufgrund seiner Eigenart als ungleichmäßiges, lautes Geräusch dazu geeignet, das körperliche und seelische Wohlbefinden eines verständigen Durchschnittsmenschen zu beeinträchtigen. Belästigungen sind zudem erheblich, also nicht mehr geringfügig, wenn sie das übliche und zumutbare Maß übersteigen. Dies richtet sich nach Stärke, Häufigkeit und Dauer des Lärms sowie nach dem konkreten Zeitpunkt der Lärmimmission und deren Ortsüblichkeit. Bei Geräuschbelästigungen, die von einer Tierhaltung ausgehen, ist für die Annahme einer erheblichen Belästigung im vorgenannten Sinne nicht erforderlich, dass diese die Immissionsrichtwerte überschreiten, die für die Bestimmung der Erheblichkeit von Geräuscheinwirkungen durch Anlagen in Regelwerken wie zum Beispiel der TA-Lärm festgelegt sind. Dies gilt insbesondere bei Störungen der Nachtruhe. Die Anwendung derartiger technischer Regelwerte wäre insoweit zu schematisch (VG Gelsenkirchen, U.v. 18.9.2014 – 8 K 3784/13 – juris Rn. 14 ff., BeckRS 2014, 57479; BayVGH, U.V. 1.12.1988 – 21 B 88.01683 – juris Rn. 24).
Übersteigt Hundegebell daher das (orts-)übliche und zumutbare Maß nach Stärke, Häufigkeit, Dauer und Zeitpunkt, darf die Behörde Anordnungen treffen, etwa „dass der Hund in den gesetzlichen Ruhezeiten (…) in einem geschlossenen Gebäude (…) unterzubringen“ ist, „in dieser Zeit das Umherlaufen des Hundes im Garten“ untersagen und das Setzen jeglicher Anreize verbieten, „die den Hund zum Bellen animieren (z.B. Spielen am Sonntagmorgen)“ (VG Würzburg, B.v. 8.8.2012 – W 5 S 12.660 – juris Rn. 2). Vor allem kann Hundegebell während der Nachtzeit eine konkrete Gesundheitsgefahr für Nachbarn darstellen (VG Würzburg, B.v. 8.8.2012 – W 5 S 12.660 – juris Rn. 33 ff.).
Wenn und soweit sich aus den vorgetragenen Geruchsbelästigungen durch eine Hundetoilette auf dem Balkon eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ableiten lässt, hat der Antragsgegner jedenfalls auch insofern keine milderen Maßnahmen als die vollständige Haltungsuntersagung auf dem Balkon geprüft.
Vor dem Hintergrund der vorgetragenen mehrfachen Beschwerden hinsichtlich einer eingetretenen Ruhestörung überwiegt im gerichtlichen Eilverfahren vorliegend das Interesse der Antragsteller auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hinsichtlich der Haltungsuntersagung auf dem Balkon nur, soweit die Haltung auf dem Balkon nicht zu den gesetzlichen Ruhezeiten erfolgt. Im Übrigen war der Antrag abzulehnen.
2. Der Antrag hinsichtlich Ziffer 2.7 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 hat nach den oben dargelegten Grundsätzen keinen Erfolg. Die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule zur Festigung des Gehorsams in Ziffer 2.7 erweist sich nach einer summarischen Prüfung voraussichtlich als rechtmäßig.
Diese Anordnung kann unter die Rechtsgrundlage des Art. 18 Abs. 2 LStVG subsumiert werden, da die Schulung und der Gehorsam des Hundes tatsächlich die Haltung beeinflussen und auch dem Schutz der in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter dienen können (VG Augsburg, U.v. 7.4.2011 – Au 5 K 09.1225 – juris Rn. 58). Insofern muss es der Behörde als Annexkompetenz auch möglich sein, entsprechende Nachweise zum Besuch einer Hundeschule unter Fristsetzung zu fordern. Hierbei kann die Behörde grundsätzlich auch – wie vorliegend – gestaffelt vorgehen, indem sie zunächst eine Bestätigung der Anmeldung bei einer Hundeschule sowie zeitlich nachgelagert einen Nachweis über den tatsächlichen Besuch verlangt.
Auch ist die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule neben der allgemeinen Leinenpflicht bzw. des Umzäunungsgebotes für das eigene Grundstück im konkreten Einzelfall voraussichtlich nicht zu beanstanden. Bei, der unter § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit fällt und bei dem ein Gehorsam nicht erkennbar gewesen ist, trägt das Erlernen eines Grundgehorsams zur Verminderung einer Gefahr für die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Rechtsgüter (v.a. Gesundheit, Eigentum) jedenfalls bei Spaziergängen im öffentlichen Bereich bei etwa plötzlich auftretenden kritischen Situationen bei. Insofern erscheint die Anordnung des Besuchs einer Hundeschule zur Festigung des Grundgehorsams weder willkürlich noch sonst unverhältnismäßig, zumal die Antragsteller angeben, keinerlei Hundeschule besucht zu haben bzw. zu besuchen.
Auch ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot ist nicht ersichtlich. Es erschließt sich dem Gericht auch nicht, wie das vorgetragene und im Gutachten vom 8. September 2020 bereits berücksichtigte Ekzem die Anmeldung von … in einer Hundeschule zum 1. November 2020 hindern sollte.
3. Die Antragstellerin zu 2) ist neben dem Antragsteller zu 1) ebenfalls richtige Adressatin der Anordnungen, da sie wie dieser die tatsächliche Gewalt über … ausübt. Insofern hat auch sie für die Einhaltung der Anordnungen zur Haltung auf dem Balkon bzw. zum Besuch der Hundeschule zu sorgen, Art. 9 Abs. 2 LStVG. Das gilt insbesondere auch für die Festigung des Grundgehorsams, zumal sie auch zu Hause, etwa bei Anwesenheit von Kindern oder unbekannten Personen, als aufsichtsführende Person in Betracht kommt (vgl. etwa Ziffer 2.4 des Bescheides vom 5. Oktober 2020). Die Antragstellerin ist auch im Gutachten vom 8. September 2020 als Betreuungsperson von … angegeben (S. 2).
4. Soweit darüber hinaus gerügt wird, es habe keine vorherige Anhörung bzgl. der Haltungsanordnungen gem. Art. 28 BayVwVfG gegeben, ist dieser formelle Mangel jedenfalls geheilt (Art. 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG). Der Antragsgegner hat sich nicht nur auf die Verteidigung der getroffenen Verwaltungsentscheidung beschränkt, sondern ausführlich mit dem Vorbringen der Antragsteller – u.a. auch zum vorgetragenen Ekzem – auseinandergesetzt und eindeutig, umfassend und klar zu erkennen gegeben, dass er das Vorbringen der Antragsteller unvoreingenommen zur Kenntnis genommen und gewürdigt hat, aber dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Anordnungen aufrechterhalten bleiben (BeckOK VwVfG/Schemmer, 49. Ed. 1.10.2020, VwVfG, § 45 Rn. 42.1).
5. Der Antrag hinsichtlich Ziffer 2.12, soweit diese sich auf Ziffer 2.7 des Bescheides des Antragsgegners vom 5. Oktober 2020 bezieht, ist erfolgreich, weil sich die Zwangsgeldandrohung voraussichtlich als rechtswidrig erweist.
Der ausdrücklich für Ziffer 2.11 gestellte Antrag war nach Auslegung gemäß §§ 122, 88 VwGO auf Ziffer 2.12 zu beziehen, wie sich aus dem Gesamtzusammenhang ergibt. Das Gericht geht dahingehend von einem offensichtlichen Schreibfehler aus. Da Rechtsbehelfe gegen Zwangsgeldandrohungen gem. Art. 21a VwZVG keine aufschiebende Wirkung haben, ist hier ein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO gegeben.
Vorliegend bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken betreffend die hinreichende Bestimmtheit der Zwangsgeldandrohung (Art. 36 Abs. 3 und Abs. 5 VwZVG, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG), weil nach der Formulierung in Ziffer 2.12 des streitgegenständlichen Bescheides „jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 300 €“ angedroht wird. Unklar bleibt, worauf sich das „jeweils“ bezieht. Eine Androhung zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss erkennen lassen, ob sich diese auf Verstöße gegen jede einzelne bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich. Zwangsmittel müssen bestimmt und unzweideutig angedroht und einer bestimmten Unterlassungs- und Duldungspflicht konkret zugeordnet werden. Dabei dürfen mehrere Zwangsmittel nicht gleichzeitig angedroht werden. Unklarheiten gehen zulasten der Behörde (VG München, B.v. 29.8.2019 – M 18 S 19.2680 – juris Rn. 64 f.; VG Würzburg, B.v. 17.10.2016 – W 6 S 16.993 – juris Rn. 19).
Vorliegend ist die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2.12 des Bescheides vom 5. Oktober 2020 nach diesen Grundsätzen nicht bestimmt genug. Es ist schon dem Wortlaut nach nicht ersichtlich, ob das angedrohte Zwangsgeld lediglich pro Ziffer des Bescheides einmal verhängt werden soll, oder für jede in jeder Ziffer enthaltene Verpflichtung (ggf. sogar mehrfach) gesondert. Da Ziffer 2.7 mehrere Verpflichtungen enthält (Besuch der Hundeschule, Vorlage von Nachweisen), ist die Zwangsgeldandrohung dahingehend nicht bestimmt genug und daher rechtswidrig.
6. Über den gestellten Hilfsantrag war mangels Bedingungseintritt nicht mehr zu entscheiden.
7. Die Kostenentscheidung basiert auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Sie folgt dem Grad des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens.
8. Der Streitwert war nach § 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG zu bestimmen. Das Gericht orientiert sich dabei an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort Nrn. 1.5, 35.1).


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