Verwaltungsrecht

Teilweise Erledigung, Kein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot wegen Pflegebedürftigkeit der Mutter einer Antragstellerin, Parkinson-Demenz (leichtgradig)

Aktenzeichen  19 CE 21.523

Datum:
15.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7904
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60a
GG Art. 6

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 7 E 20.2127 2021-02-01 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Das Verfahren wird, soweit es den Antragsteller zu 2 betrifft, aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 1. Februar 2021 ist insoweit unwirksam. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung der Nr. III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 1. Februar 2021 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 3.750 Euro festgesetzt.

Gründe

Das Verfahren war, soweit es hinsichtlich des am 25. Juli 2003 geborenen Antragstellers zu 2, dem Sohn der Antragstellerin zu 1 (beide ukrainische Staatsangehörige), von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen und das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).
Im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, aber unbegründet.
Die Prüfung der für die Begründetheit der Beschwerde streitenden Gründe ist im Grundsatz auf das in der Beschwerdebegründung Dargelegte beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Danach ergibt sich nicht, dass die Antragsgegnerin entgegen der Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten wäre, die Abschiebung der am 10. September 1981 geborenen Antragstellerin zu 1, die als jüdische Emigrantin aus der ehemaligen Sowjetunion am 1. August 2002 in die Bundesrepublik eingereist war, ihre Niederlassungserlaubnis vor ihrer freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet im Mai 2016 zurückgegeben hat und (zusammen mit den Antragstellern zu 2 und 3) am 16. April 2018 wieder in die Bundesrepublik eingereist ist, und des am 29. Juni 2016 in der Ukraine geborenen weiteren Sohnes der Antragstellerin zu 1, dem Antragsteller zu 3 (ebenfalls ukrainischer Staatsangehöriger), „vorläufig zeitweise“ auszusetzen und diesen eine Duldung zu erteilen.
Zur Begründung ihrer Beschwerde tragen die Antragsteller vor, nachdem der noch minderjährige Antragsteller zu 2 aufgrund des in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Februar 2021 abgeschlossenen Vergleichs bis zum 8. August 2021 in der Bundesrepublik verbleiben dürfe, lägen auch hinsichtlich der Antragstellerin zu 1 Duldungsgründe vor. Der noch bis zum 25. Juli 2021 minderjährige Sohn sei auf die Unterstützung der Antragstellerin zu 1 angewiesen. Dieser könne nicht ohne die Antragstellerin zu 1 alleine bei seiner Großmutter verbleiben. Der Antragsteller zu 2 habe sich vor kurzem einer Operation an der Nase unterzogen, die der Nachsorge bedürfe. Im Jahr 2020/2021 sei es dreimal zu Erkrankungen des Antragstellers zu 2 gekommen (im Frühjahr Covid-19, im Sommer Krankenhausaufenthalt wegen gravierendem Gewichtsverlust sowie im Januar 2020 Krankenhausaufenthalt wegen einer Nasenoperation). Hinzu komme, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 anlässlich der Verlängerung ihres Reisepasses am 16. Februar 2021 im Konsulat der ukrainischen Auslandsvertretung bei einem Toilettengang gestürzt sei und sich den Oberschenkel gebrochen habe. Diese befinde sich nun seither in der Klinik in München. Die Antragstellerin zu 1 sei unmittelbar vor und nach der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Februar 2021 von W. wieder nach München gereist, um dort ihre Mutter zu versorgen und zu beaufsichtigen. Sie habe vom behandelnden Arzt der Klinik den Hinweis erhalten, dass die Betreuung der demenzkranken Mutter nicht vom Personal des Krankenhauses abgedeckt werden könne. Auch bei Genesung des Oberschenkelhalsbruches sei die Mutter der Antragstellerin zu 1 weiterhin auf die Antragstellerin zu 1 angewiesen. Die Antragstellerin zu 1 sei in der Ukraine studierte Krankenschwester. Sie habe zwar ein Angebot des Klinikums Würzburg Mitte, sie könne dieses aber aufgrund der gravierenden Pflegebedürftigkeit ihrer Mutter derzeit nicht annehmen. Zudem würde die Arbeitsaufnahme der Nachholung des entsprechenden Visumverfahrens für Fachkräfte bedürfen. Die Ausreise sei aktuell aufgrund des hohen Pflegebedarfs ihrer Mutter nicht möglich. Als die Antragstellerin zu 1 im Jahr 2016 die Bundesrepublik verlassen habe, sei ihre Mutter zwar in der Pflegestufe zwei eingestuft gewesen, jedoch habe noch keine Demenz und kein Tumor vorgelegen. Zum damaligen Zeitpunkt sei es der Mutter der Antragstellerin zu 1 noch möglich gewesen, selbst zu kochen und einzukaufen. Die Tochter der Antragstellerin zu 1 habe bei der Mutter der Antragstellerin zu 1 gewohnt und die Realschule besucht. Am Nachmittag sei die Tochter der Antragstellerin zu 1 überwiegend zu Hause gewesen. Großmutter und Enkelin hätten sich gegenseitig unterstützt. Erst nachdem die Antragstellerin zu 1 bereits in der Ukraine gewesen sei, sei bei ihrer Mutter ein Tumor diagnostiziert worden. Infolgedessen sei die Mutter der Antragstellerin zu 1 operiert und ein Teil der Lunge extrahiert worden. Die progressive Demenz habe erst im Jahr 2018 ihren Lauf genommen. Heute, drei Jahre später, sei die Demenz wesentlich ausgeprägter, sodass die Mutter der Antragstellerin zu 1 nicht mehr alleine gelassen werden könne. Die Antragstellerin zu 1 müsse mittlerweile regelmäßig bei ihrer Mutter die Windeln wechseln. Im Jahr 2017 habe die Tochter der Antragstellerin zu 1 berichtet, sie komme mit der Großmutter nicht mehr alleine zurecht und die Antragstellerin zu 1 solle zur Pflege der Großmutter wieder nach Deutschland kommen. Die Tochter der Antragstellerin zu 1 habe die Pflege der Großmutter abgelehnt, da dies nicht ihre Pflicht sei, sie jung sei und sich in einer anspruchsvollen Ausbildung befinde. Zwischen der Antragstellerin zu 1 und ihrer Mutter bestehe eine Beistandsgemeinschaft, die zur rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise führe. Das persönliche Interesse der Antragstellerin zu 1 und ihrer Mutter, die Pflege zu Hause vornehmen zu können, sei beachtlich. Bei der Mutter der Antragstellerin zu 1 liege seit wenigen Tagen eine weitere Krebsdiagnose vor. Es liege nicht im öffentlichen Interesse, die Pflege der Mutter allein auf die öffentliche Hand abzuwälzen. Die persönlichen Pflegeleistungen der Antragstellerin zu 1 seien beachtlich und anerkennenswert und gegenüber der staatlichen Pflege hinzunehmen.
Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
1. Ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot aus Art. 6 GG wegen einer Pflegebedürftigkeit der am 10. Dezember 1941 geborenen Mutter der Antragstellerin zu 1, für die im Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 5. Juni 2018 (das die Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren jedoch nicht vollständig vorgelegt haben) ab dem 1. Mai 2018 der Pflegegrad 3 und ein Pflegeaufwand von wenigstens 10 Stunden verteilt auf regelmäßig mindestens zwei Tage festgestellt worden ist, liegt nicht vor.
Art. 6 GG gewährt keinen unmittelbaren Anspruch auf einen Aufenthalt im Bundesgebiet. Nur wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange mit der Folge zurück, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen sich als unverhältnismäßig erweisen (BayVGH, B.v. 25.4.2014 – 10 CE 14.650 – juris Rn. 6). Voraussetzung für die Zuerkennung eines Abschiebungshindernisses wegen bestehender Beistandsgemeinschaft ist, dass ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden kann, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist (BVerfG, B.v. 25.10.1995 – 2 BvR 901/95 – juris Rn. 10 m.w.N.). Das Vorliegen einer Beistandsgemeinschaft in diesem Sinne zwischen ihr und ihrer Mutter hat die Antragstellerin zu 1 nicht glaubhaft gemacht.
Es wurde nicht substantiiert dargelegt, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 wesentlich auf die Hilfe der Antragstellerin zu 1 angewiesen ist. Zwar ist für die Mutter der Antragstellerin zu 1 ab dem 1. Mai 2018 der Pflegegrad 3 (schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, § 15 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI) festgestellt worden. Obwohl aber das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss ausgeführt hat, die Antragstellerin zu 1 habe nicht dargelegt, welche konkreten Aufgaben und Pflegeleistungen sie für wie viele Stunden pro Woche leiste, enthält auch das Beschwerdevorbringen diesbezüglich – abgesehen von den wenig substantiierten Ausführungen, die Mutter der Antragstellerin zu 1 könne wegen der wesentlich ausgeprägteren Demenz „nicht mehr alleine gelassen werden“ und die Antragstellerin zu 1 müsse „regelmäßig bei der Mutter die Windeln wechseln“ – keine Ausführungen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin zu 1 wesentliche Pflegeleistungen erbringt. Die Antragsteller führen mit keinem Wort aus (der Versuch einer bewussten Täuschung aller Beteiligten liegt insoweit nahe), dass für die heimische Versorgung der Mutter der Antragstellerin zu 1 bereits ein Pflegedienst besteht (der täglich auch Kompressionstrümpfe bei der Mutter der Antragstellerin zu 1 anlegt). Dies ergibt sich aus dem Bericht des LMU Klinikums (medizinische Klinik und Poliklinik IV) vom 3. März 2021 über den stationären Aufenthalt der Mutter der Antragstellerin zu 1 vom 17. Februar 2021 bis zum 5. März 2021 (dort S. 2), der insoweit auf den eigenen Angaben der Mutter der Antragstellerin zu 1 beruht (mittelbar aber wohl bereits aus den „Präventions- und Rehabilitationsempfehlungen auf der Basis der Informationen der Pflegebegutachtung nach SGB XI“ im sozialmedizinischen Gutachten vom 5.6.2018 ). Darüber hinaus ist in dem Bericht des LMU Klinikums u.a. die Diagnose einer „Leichte[n] Parkinsondemenz“ bzw. „leichtgradige[n] Parkinson-Demenz“ gestellt worden, woraufhin nun eine Therapie mit Rivastigmin transdermal begonnen worden sei. Im Gegensatz zu anderen Demenzformen stehen bei der Parkinson-Demenz aber nicht Merk- und Gedächtnisprobleme, sondern andere kognitive Einschränkungen im Vordergrund, wobei der Krankheitsverlauf – wie bei der Parkinson-Krankheit im Allgemeinen – sehr individuell ist (vgl. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/gehirn-nerven/parkinson/morbus-parkinson-demenz). Dass derzeit aufgrund dieser Erkrankung eine verstärkte Hilfeleistung durch die Antragstellerin zu 1 erforderlich ist und von der Antragstellerin zu 1 erbracht wird, ist nicht glaubhaft gemacht. Anzeichen hierfür ergeben sich aus dem Bericht des LMU Klinikums vom 3. März 2021 nicht. Vielmehr ist daraus ersichtlich, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 mit dem Rettungswagen in die Notaufnahme verbracht worden sei, „nachdem sie am U-Bahnhof (…) vierfach orientierend [gemeint hinsichtlich Ort, Zeit, Person und Situation], wach und ansprechbar nach einem Rolltreppensturz“ saß. Kognitive Einschränkungen aufgrund einer Demenzerkrankung ergeben sich daraus gerade nicht. Vielmehr hat die Mutter der Antragstellerin zu 1 gegenüber den behandelnden Ärzten erklärt (vermutlich in Anwesenheit der Antragstellerin zu 1, da diese laut dem Entlassungsbericht wegen der schlechten Deutschkenntnisse der Mutter aus dem Russischen übersetzte), dass sie alleine lebe und „bis jetzt selbstständig in allen ADLs [gemeint: Aktivitäten des täglichen Lebens] und Haushalt“ gewesen sei. Dies ist auch unter Berücksichtigung der diagnostizierten Parkinson-Erkrankung Stadium III (nach Hoehn & Jahr) nicht abwegig, da dieses Stadium mit „leichter bis mäßiger beidseitiger Erkrankung: Leichte Haltungsinstabilität; körperlich unabhängig“ umschrieben wird (vgl. https://www.neurologienetz.de/fachliches/skalen-scores/hoehn-yahr/). Für eine grundsätzliche Eigenständigkeit der Mutter der Antragstellerin zu 1 spricht zudem, dass die Antragstellerin zu 1 (nachdem ihr die Antragsgegnerin vorgehalten hatte, dass eine Aufenthaltserlaubnis wegen der fehlenden Lebensunterhaltssicherung nicht erteilt werden könne) eine Erwerbstätigkeit beabsichtigt hat (Nachweise dafür, dass sie „in der Ukraine studierte Krankenschwester“ gewesen sei, hat sie bislang nicht vorgelegt). Zudem wollte die Antragstellerin zu 1 zum 1. April 2020 eine Ausbildung zur Pflegefachfrau beginnen. Nach alledem ist es nicht auszuschließen, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 auch am Tag des Unfalls am 16. Februar 2021 allein unterwegs war. Weder dem ärztlichen Bericht noch dem Beschwerdevorbringen ist zu entnehmen, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 in Begleitung war, jedenfalls war aber die Antragstellerin zu 1 nicht anwesend, weil diese „erst nach einiger Zeit nach Kontakt mit den Hausärzten in Erfahrung gebracht werden“ konnte (vgl. Bericht des LMU Klinikums vom 3.3.2021). Der gegenüber den behandelnden Ärzten im LMU Klinikum geschilderte Unfallablauf („es [handelte] sich bei dem Sturz um einen Stolpersturz mit so genanntem Hängenbleiben der Füße am Untergrund“) lässt jedenfalls eher vermuten, dass die Mutter der Antragstellerin zu 1 alleine unterwegs gewesen ist, da ein Rolltreppensturz in Begleitung einer anderen Person eher unwahrscheinlich ist. Das Beschwerdevorbringen, die Mutter der Antragstellerin zu 1 sei „anlässlich der Verlängerung ihres Reisepasses am 16. Februar 2021 im Konsulat der ukrainischen Auslandsvertretung bei einem Toilettengang“ gestürzt und habe „sich den Oberschenkel“ gebrochen, ist daher sowohl hinsichtlich des gesamten Unfallgeschehens (insbesondere auch des Unfallortes) als auch hinsichtlich der Verletzungsfolgen (laut dem ärztlichen Bericht habe sich die Mutter der Antragstellerin zu 1 durch den Sturz „linksfrontal sowie an beiden Oberschenkeln Hämatome“ zugezogen) widerlegt (auch insoweit liegt eine Täuschungsabsicht der Antragsteller nahe). Die Aussage im Entlassungsbericht vom 3. März 2021, die Antragstellerin zu 1 und ihre Mutter „sind aktuell in München zu Besuch“, deutet zudem eher auf einen mehrtägigen Aufenthalt in der Landeshauptstadt hin.
Soweit die Antragstellerin zu 1 auch auf eine weitere Krebsdiagnose bei ihrer Mutter hinweist, ergibt sich daraus bereits kein Hilfebedarf der Mutter. Ausweislich der Ausführungen im Brief des LMU Klinikums vom 3. März 2021 wurde ein Lipom diagnostiziert und – aufgrund der Karzinomen in der Vorgeschichte der Patienten (Bronchial und Uterus-Karzinom) – (lediglich) eine sonographische Kontrolle in 3-6 Monaten empfohlen.
2. Ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot aus Art. 6 GG wegen einer Betreuung des Antragstellers zu 2 durch die Antragstellerin zu 1 liegt ebenfalls nicht vor.
Die Antragsgegnerin führt insoweit zu Recht aus, dass der Antragsteller zu 2 auf eine Betreuung durch die Antragstellerin zu 1 nicht angewiesen ist, da er am 25. Juli 2021 volljährig wird und er bei seiner Großmutter lebt sowie seine volljährige Schwester und deren Ehemann (der für ihn eine Verpflichtungserklärung abgegeben hat) ebenfalls in W. leben und der unterhaltspflichtige Vater in einer Vorortgemeinde von W. wohnt. Insoweit weist die Antragsgegnerin auch zu Recht auf das auch insoweit widersprüchliche Vorbringen der Antragsteller (weil je nach dem jeweils verfolgten Zweck anders argumentiert wird bzw. werden muss): Nach dem ursprünglichen Vorbringen der Antragsteller habe der Antragsteller zu 2 von seiner volljährigen Schwester und seinem Vater betreut werden sollen. Nunmehr sei der Antragsteller zu 2 (dem durch die vergleichsweise Regelung in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nun ein Aufenthalt in der Bundesrepublik in Aussicht gestellt worden ist) aber – obwohl er in Kürze volljährig sein wird – dringend auf die Betreuung durch die Antragstellerin zu 1 angewiesen. Probleme mit der Durchführung des von ihm zugesagten Visumverfahrens alleine in der Ukraine (d.h. ohne die Antragstellerin zu 1, weil diese – wenn man dem Vortrag der Antragsteller Glauben schenken würde – die Großmutter nicht alleine lassen könne) scheint der Antragsteller zu 2 jedoch nicht zu haben.
3. Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, tragen die Antragsteller die Kosten des Verfahrens gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, aus der Legasthenie des Antragstellers zu 2 und dem Vortrag, er könne in der Ukraine keine Ausbildung beginnen, ergäbe sich keine tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung, sowie das Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (W 7 K 18.1661) könne aus dem Ausland betrieben werden, ist nicht zu beanstanden. Daran ändert weder der Umstand etwas, dass sich die Beteiligten im Rahmen des Verfahrens W 7 K 18.1661 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Februar 2021 vergleichsweise u.a. darauf verständigt haben, dass der Antragsteller zu 2 zu seinem Antrag auf Aufenthaltserlaubnis nach § 37 AufenthG ein Visumverfahren durchführen und bis zum 10. August 2021 zu diesem Zweck auszureisen wird und die Antragsgegnerin die Duldung des Antragstellers zu 2 bis zum 10. August 2021 verlängert. Materielle Duldungsgründe für die Erteilung der Duldung sind nicht ersichtlich. Die Verlängerung der Duldung wurde durch die Antragsgegnerin lediglich zugesagt, um dem Antragsteller zu 2 die Möglichkeit zur Organisation seiner Ausreise einzuräumen. Eine Übernahme der im Rahmen des Vergleichs getroffenen Kostenentscheidung (Kostenaufhebung) ist daher nicht angezeigt.
Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertänderung und -festsetzung auf § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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