Aktenzeichen W 7 K 21.465
Leitsatz
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
Die Klage ist unzulässig, soweit sie auf Aufhebung der Ziffern 1, 2, 3, 4 und 6 des streitgegenständlichen Bescheids vom 23. März 2021 gerichtet ist. Soweit das Klagebegehren auf Aufhebung von Ziffer 5 gerichtet ist, erweist sich die Klage als zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Die Klage erweist sich aufgrund des Fehlens des Rechtsschutzbedürfnisses bereits als unzulässig, soweit sie auf Aufhebung der Ziffern 1, 2, 3, 4 und 6 des streitgegenständlichen Bescheids gerichtet ist. Die Regelungen in den vorgenannten Ziffern haben sich nach Erhebung der Klage erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 BayVwVfG), eine Reaktion der Klägerseite hierauf erfolgte nicht.
a) Hinsichtlich der nachträglichen Befristung der Aufenthaltserlaubnis in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen, da von der Regelung keine Rechtswirkungen mehr ausgehen und sie sich damit erledigt hat (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG).
Mit Ablauf der ursprünglichen regulären Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis – vorliegend am 18. Oktober 2021 – enden grundsätzlich die Rechtswirkungen der nachträglichen zeitlichen Befristung. Dies gilt ausnahmsweise jedoch nicht, wenn bezüglich der Aufenthaltserlaubnis ein Verlängerungsantrag gestellt wurde und der Rechtmäßigkeit der nachträglichen zeitlichen Beschränkung für die Frage Bedeutung zukommt, ob der Verlängerungsantrag die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG entfaltet (vgl. VG Augsburg, U.v. 18.7.2006 – Au 1 K 05.1976 – juris Rn. 30).
Zwar wurde dem Kläger im vorliegenden Fall eine bis 13. April 2022 befristete Fiktionsbescheinigung erteilt. Die angegebene Geltungsdauer hat jedoch keinen Einfluss auf das Fortbestehen der Fiktionswirkung, da diese vorliegend jedenfalls mit der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung des Aufenthaltstitels im Bescheid vom 31. Januar 2022, dem Kläger am 1. Februar 2022 bekannt gegeben, endete. Dies gilt gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auch dann, wenn der Ausländer, wie vorliegend, gegen die ablehnende Entscheidung einen Rechtsbehelf einlegt (vgl. Zimmerer, BeckOK Migrations- und Integrationsrecht, Stand 15.1.2022, § 81 AufenthG Rn. 37).
b) Auch die Regelungen zu der Ausreisefristsetzung und Ausreiseaufforderung unter Ziffer 2, der Abschiebungsandrohung unter Ziffer 3 und der Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots unter Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids haben sich nach Klageerhebung erledigt, da sie mit Erlass des Bescheids vom 31. Januar 2022 konkludent aufgehoben wurden. Mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 23. März 2021 hatte der Beklagte zunächst eine Ausreiseaufforderung mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen, eine Abschiebungsandrohung sowie ein auf die Dauer von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Verlassens des Bundesgebiets befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen. Mit Bescheid vom 31. Januar 2022 hat der Beklagte nach Klageerhebung eine Ausreiseaufforderung mit einer Ausreisefrist von 14 Tagen, eine weitere Abschiebungsandrohung sowie ein auf die Dauer von drei Jahren befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verfügt. Der Beklagte ist damit hinsichtlich dieser Regelungsgegenstände im Rahmen seines Ermessens in eine neue Sachprüfung eingetreten und hat einen rechtsmittelfähigen Zweitbescheid erlassen, der im Rahmen seines Regelungsumfangs die Anordnungen im vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 23. März 2021 überholt hat. Der Beklagte hat mithin die Regelungen zu der Ausreiseaufforderung, der Abschiebungsandrohung und der Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Bescheid vom 23. März 2021 konkludent aufgehoben, wodurch sich die Regelungen in Ziffer 2, 3 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids erledigt haben. Mithin gehen von ihnen keine Rechtswirkungen mehr aus (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG), sodass das Rechtsschutzbedürfnis der Klage auch insoweit entfallen ist (vgl. OVG NW, B.v. 22.12.2016 – 4 B 1001/16 – juris Rn. 4).
c) Auch die Anordnung zur Vorlage des Reisepasses unter Ziffer 6 des streitgegenständlichen Bescheids hat sich mit der freiwilligen Ausreise des Klägers erledigt, sodass auch diesbezüglich das Rechtsschutzbedürfnis nach Klageerhebung entfallen ist.
Die unter Ziffer 6 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Regelung bezieht sich auf einen Aufenthalt des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. § 50 Abs. 5 AufenthG). Sie entfaltet aufgrund der freiwilligen Ausreise des Klägers nach Marokko mithin keine Wirkungen mehr. Vor diesem Hintergrund kann die Klage auf Aufhebung der streitgegenständlichen Regelung dem Kläger keinen rechtlichen Vorteil (mehr) bringen.
d) Eine prozessuale Reaktion des anwaltlich vertretenen Klägers auf den Eintritt der vorliegend genannten erledigenden Ereignisse erfolgte nicht, obwohl – insbesondere durch Erscheinen der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung – die Möglichkeit hierzu bestanden hätte. Da der anwaltlich vertretene Kläger weder eine Erledigungserklärung abgegeben, noch seine Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt hat, ist davon auszugehen, dass der klägerische Sachantrag aufrechterhalten wird, der als unzulässig abgewiesen werden muss, da sich das Verfahren – wie ausgeführt – hinsichtlich der vorgenannten Streitgegenstände erledigt hat.
2. Soweit die Klage auf Aufhebung der Anordnung in Ziffer 5 des streitgegenständlichen Bescheids gerichtet ist, ist sie zwar zulässig, jedoch unbegründet. Der angegriffene Verwaltungsakt erweist sich im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Bescheidserlasses als rechtmäßig und verletzt den Kläger bereits aus diesem Grund nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Klägers in Ziffer 5 des Bescheids, der Ausländerbehörde den elektronischen Aufenthaltstitel (Nr. YOGJJXCC6) vorzulegen, ist § 48 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift ist ein Ausländer verpflichtet, seinen Aufenthaltstitel auf Verlangen den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist. Im vorliegenden Fall ist die Aufenthaltserlaubnis mit Bekanntgabe der nachträglichen Befristung der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis nach §§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erloschen. Die Anordnung war demgemäß erforderlich, um den von der Aufenthaltserlaubnis ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen und das Verwaltungsverfahren durch Abschiebung abschließen zu können (vgl. Hruschka in BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.7.2020, § 48 AufenthG Rn. 10).
3. Die Klage war somit insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit derselben beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.