Verwaltungsrecht

Überprüfung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO im Widerspruchsverfahren

Aktenzeichen  3 O 17747/20

Datum:
20.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 29745
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 924, § 929 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die bloße Zustellung des Arrestbefehls im Parteibetrieb genügt zur Wahrung der Frist nach § 929 Abs. 2 ZPO nicht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Berufung des Schuldners auf den Fristablauf nach § 929 Abs. 2 ZPO ist missbräuchlich, wenn er die Einhaltung der Vollziehungsfrist aufgrund der Verschleierung von Vermögensverhältnissen arglistig vereitelt hat und er die so erlangte formale Rechtsposition missbräuchlich ausnutzt. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Arrestbefehl vom 30.12.2020 wird aufgehoben. Der Arrestantrag vom 28.12.2020 wird zurückgewiesen.
Der Arrestkläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 82.898,98 € festgesetzt.

Gründe

Auf den Widerspruch des Arrestbeklagten war der erlassene Arrestbefehl vom 30.12.2020 aufzuheben und der Antrag vom 28.12.2020 zurückzuweisen.
Der Widerspruch ist zulässig, § 924 ZPO.
Der Widerspruch ist begründet, weil die Vollziehungsfrist abgelaufen ist (§ 929 Abs. 2, § 927 ZPO).
Unstreitig hat der Antragskläger keine Vollziehungsmaßnahmen aufgrund des streitgegenständlichen Arrestbefehls vorgenommen. Der Arrestkläger legt zwar einen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher datierend auf den 05.01.2021 vor, dieser ist jedoch nicht unterschrieben. Die bloße Zustellung des Arrestbefehls im Parteibetrieb genügt zur Wahrung der Frist nach § 929 Abs. 2 ZPO nicht (BeckOK ZPO/Mayer ZPO § 929 Rn. 9).
Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall nicht daraus, dass dem Arrestkläger aufgrund der Verschleierung von Vermögensverhältnissen durch den Arrestbeklagten keine pfändbaren Konten bekannt waren. Zwar ist die Berufung auf den Fristablauf missbräuchlich, wenn der Schuldner die Einhaltung der Vollziehungsfrist arglistig vereitelt hat (Zöller, 33. Auflage 2020, § 929 ZPO Rdn. 23; vgl. auch OLG Celle 9 U 126/86; OLG Frankfurt 6 U 188/15; OLG Frankfurt 6 U 123/20). Im vorliegenden Fall geht es jedoch nicht nur um die missbräuchliche Ausnutzung einer formalen Rechtsposition, vielmehr würde die Frist des § 929 Abs. 2 ZPO vollständig ausgehebelt, wenn der Arrestbefehl aufrechterhalten würde. Denn der Antragskläger trägt nicht vor, dass mittlerweile eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme eingeleitet worden wäre oder dass ihm Vollziehungsmöglichkeiten auch nur bekannt wären.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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