Verwaltungsrecht

Unbegründeter Asylantrag armenischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  AN 6 K 16.32385

Datum:
3.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28423
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 34, § 38 Abs. 1
GG Art. 16a Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts der Spionage oder wegen Diebstahls knüpfen nicht an flüchtlingsrechtlich relevante Merkmale iSv § 3 Abs. 1 AsylG an. (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Die belastenden Auswirkungen etwaiger strafrechtlicher Ermittlungen gegen einen armenischen Asylbewerber stellen noch keinen ernsthaften Schaden iSv § 4 Abs. 1 S. 2 AsylG dar.  (Rn. 20) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Nach Übertragung des Rechtsstreites auf den Einzelrichter konnte eine Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer erfolgen (§ 76 Abs. 1 AsylG). Das Gericht konnte trotz des Ausbleibens der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da in der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da der Bescheid der Beklagten vom 24. April 2017 rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Den Klägern stehen weder Ansprüche auf Anerkennung als Asylberechtigte gemäß § 16a Abs. 1 GG noch Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG noch Ansprüche auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG noch Ansprüche auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG zur Seite. Die Aussreiseaufforderungen unter Androhung der Abschiebung zuvorderst nach Armenien gemäß §§ 34, 38 Abs. 1 AsylG sind rechtmäßig.
Zur Begründung seiner Entscheidung nimmt das Gericht gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug auf die ausführliche Darlegung der Gründe in dem angegriffenen Bundesamtsbescheid vom 29. November 2016. Aus Sicht des Gerichts sind nach Durchführung des Klageverfahrens hier lediglich noch folgende Ergänzungen veranlasst:
Das Gericht vermochte sich bereits nicht von der vollen Wahrheit des von den Klägern behaupteten individuellen Schicksals zu überzeugen. Der klägerische Vortrag weist teilweise unerklärliche Widersprüche auf. So gab der Kläger zu 1) im Rahmen seiner Anhörung mehrmals an, dass seine Verfolger ihn auch während eines gemeinsamen Urlaubs mit seiner Frau aufgespürt und belästigt hätten. In der Klagebegründung lassen die Kläger darüber hinaus sogar vortragen, dass ihre Familie am Urlaubsort fortgesetzten Verhören ausgesetzt gewesen sei, weshalb innerstaatlich keine Fluchtalternative bestünde. Auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung bestätigte die Klägerin zu 2) zwar den Familienurlaub; sie gibt jedoch an, dass ihr Mann während des Urlaubs lediglich telefonisch unter Druck gesetzt worden sei. Von einem „Aufspüren“ oder gar von fortgesetzten Verhören kann demnach nicht die Rede sein. Überdies gab der Kläger zu 1) im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt an, dass er stets an Kundgebungen und Demonstrationen teilgenommen habe. Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin zu 2) demgegenüber an, dass weder ihr Mann noch sie sich politisch betätigt hätten. Insbesondere habe ihr Mann nicht an Demonstrationen teilgenommen. Es ist ferner auch kein Grund ersichtlich, warum der Kläger zu 1) die erstmals in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gebrachten zusätzlichen Verdächtigungen wegen Diebstahls nicht bereits gegenüber dem Bundesamt erwähnt hat. Schließlich sind auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Erklärungen von Verwandten der Kläger nicht geeignet, die Richtigkeit des klägerischen Vorbringens zu belegen.
Unabhängig davon bleibt der klägerische Vortrag bezüglich der behaupteten Vernehmungen durch die russischen Sicherheitskräfte auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung äußerst vage und detailarm. Auf Nachfrage des Gerichts, wie die behaupteten Verhöre genau abgelaufen seien, gibt der Kläger zu 1) lediglich lapidar an, dass es anstrengend und bedrohlich gewesen sei. Es sei sehr bedrohlich und gefährlich für sein Leben gewesen. Eine anschauliche und glaubhafte Darstellung von selbst erlebten Ereignissen kann diesen Aussagen nicht entnommen werden.
Selbst wenn man den klägerischen Vortrag zu Grunde legt, vermag er die mit der Klage begehrten Ansprüche ohnehin nicht zu stützen. So knüpfen Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts der Spionage oder wegen Diebstahls bereits nicht an flüchtlingsrechtlich relevante Merkmale im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG an. Auch einen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. Satz 2 AsylG haben die Kläger nicht zu befürchten. Die Kläger berichten insbesondere weder von Folter noch von einer sonstigen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch die russischen Sicherheitskräfte. Allein die belastende Auswirkung etwaiger Ermittlungen auf das Familienleben der Kläger stellt noch keinen ernsthaften Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG dar. Schließlich sind auch Umstände, die das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnten, weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.
II.
Die Klage ist alledem mit der Kostenfolge aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben.


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