Verwaltungsrecht

Unbegründeter Asylantrag eines 26-jährigen Afghanen

Aktenzeichen  W 1 K 16.31372

Datum:
31.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 3e, § 4, § 77 Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Hazara und Schiiten unterliegen in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung; sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft jedoch keiner an ihrer Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt (wie BayVGH BeckRS 2017, 101006). (Rn. 19) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Ein 26-jähriger, gesunder afghanischer Asylbewerber kann in der afghanischen Hauptstadt Kabul internen Schutz erlangen und hat dort keine Verfolgungsgefahr zu befürchten; er kann überdies legal dorthin reisen. Nach einem fünfjährigen Schulbesuch und einer Tätigkeit als Verkäufer ist ferner davon auszugehen, dass er auch ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage wäre, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan zumindest durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines ausreichendes Einkommen zu erzielen. (Rn. 28 – 33) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Soweit für die Rückkehr nach Afghanistan Start- und Reintegrationshilfen geleistet werden, kann sich ein afghanischer Asylbewerber nicht darauf berufen, dass diese allein an freiwillige Rückkehr anknüpften. Vielmehr kann er, wenn er durch eigenes zumutbares Verhalten – wie durch eine freiwillige Rückkehr – eine im Zielstaat drohende Gefahr abwenden kann, gegenüber dem Bundesamt Abschiebungsverbote nicht geltend machen (vgl. BVerwG BeckRS 9998, 170770). (Rn. 34) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Es ist derzeit nicht davon auszugehen, dass bei Unterstellung eines bewaffneten Konflikts in Afghanistan bzw. Kabul praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militärischer Gewalt ausgesetzt wäre, insbesondere wenn bei einem afghanischen Asylbewerber, der subsidiären Schutz für sich beansprucht, individuelle gefahrerhöhende Umstände nicht vorliegen. (Rn. 37) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Aus den für Afghanistan derzeit verfügbaren Erkenntnismitteln ergibt sich nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derart extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung nach Afghanistan verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückkehr nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären (wie BayVGH BeckRS 2017, 107851) (Rn. 42) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die in Abwesenheit eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden konnte (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Der Bescheid des Bundesamtes vom 16. August 2016 ist – soweit er noch Gegenstand dieser Klage ist – einschließlich der darin enthaltenen Abschiebungsandrohung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Rechtsgrundlage der begehrten Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist vorliegend § 3 Abs. 4 und Abs. 1 AsylG. Danach wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, soweit er keinen Ausschlusstatbestand nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG erfüllt. Ein Ausländer ist Flüchtling i.S.d. Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention – GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will. Nach § 77 Abs. 1 AsylG ist vorliegend das Asylgesetz in der ab 6. August 2016 geltenden, durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl I S. 1939 ff.) geschaffenen Fassung anzuwenden. Dieses Gesetz setzt in §§ 3 bis 3e AsylG – wie die Vorgängerregelungen in §§ 3 ff. AsylVfG – die Vorschriften der Art. 6 bis 10 der Richtlinie 2011/95/EU vom 28. August 2013 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Amtsblatt Nr. L 337, S. 9) – Qualifikationsrichtlinie (QRL) im deutschen Recht um. Nach § 3a Abs. 1 AsylG gelten als Verfolgung i.S.d. § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK (BGBl 1952 II, S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2). Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylG muss die Verfolgung an eines der flüchtlingsrelevanten Merkmale anknüpfen, die in § 3b Abs. 1 AsylG näher beschrieben sind, wobei es nach § 3b Abs. 2 AsylG ausreicht, wenn der betreffenden Person das jeweilige Merkmal von ihren Verfolgern zugeschrieben wird. Nach § 3c AsylG kann eine solche Verfolgung nicht nur vom Staat, sondern auch von nicht-staatlichen Akteuren ausgehen.
Dies zugrunde gelegt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG.
1. Der Kläger hat im Kern eine Verfolgung geltend gemacht, die sich darauf stützt, dass er aufgrund einer Beziehung zu einem Mädchen von deren Bruder verfolgt worden sei. Dieser Vortrag knüpft an keinen der in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründe an. Insbesondere existiert in Afghanistan keine bestimmte soziale Gruppe derer, welche einer Ehrverletzung beschuldigt werden. Eine solche Gruppe besitzt keine deutlich abgegrenzte Identität in Afghanistan; sie wird von der umgebenden Gesellschaft auch nicht als andersartig betrachtet, wie dies § 3b Abs. 1 Nr. 4. b) AsylG voraussetzt. Eine derartige Gruppe ist bereits nicht durch Dritte durch ein bestimmtes Erscheinungsbild, Verhalten o.ä. erkennbar, so dass diese schon vom Ansatz her nicht als andersartig betrachtet werden und keine abgegrenzte Identität aufweisen kann. Eine derartige Abgrenzung erscheint auch vor dem Hintergrund nicht möglich, dass völlig offen ist, welcher Personenkreis von dieser Gruppe umfasst sein soll. Dies könnten diejenigen, die die Ehrverletzung begehen, selbst sein oder aber auch deren nähere oder weitere Verwandtschaft und gegebenenfalls weitere Personen, was wiederum von Dritten in Afghanistan – je nach Herkunft und Prägung – in jedem Einzelfall zusätzlich unterschiedlich eingeschätzt würde, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt von einer „deutlich abgegrenzten Identität“ keine Rede sein kann. Auch weitere Verfolgungsgründe der genannten Vorschrift kommen vorliegend nicht in Betracht, insbesondere wurde der Kläger auch nicht wegen seiner schiitischen Religion verfolgt. Zwar hat der Kläger angegeben, dass die Beziehung zu dem Mädchen daran gescheitert sei, dass er selbst Schiit, das Mädchen jedoch Sunnitin gewesen sei. Die vorgetragene Verfolgung erfolgte jedoch nach Angaben des Klägers nicht wegen seiner Religionszugehörigkeit, sondern weil der Kläger die Verbindung zu dem Mädchen entgegen der Aufforderung der anderen Familie zunächst nicht abgebrochen bzw. unterbunden hat.
2. Der Kläger hat vor dem Bundesamt angegeben, der Religionsgruppe der Schiiten anzugehören.
Unabhängig davon, dass der Kläger aufgrund dieses Merkmals nach seinem Vortrag keiner individuellen Verfolgung in seinem Heimatland ausgesetzt war, führt dieses Merkmal auch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu der Annahme einer Gruppenverfolgung. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, U.v. 18.7.2006 – 1 C 15/05 – juris; U.v. 21.4.2009 – 10 C 11/08 – juris) voraus, dass eine bestimmte Verfolgungsdichte vorliegt, die die Vermutung eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr einer Betroffenheit besteht. Zudem gilt auch für die Gruppenverfolgung, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, wenn also auch keine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die vom Zufluchtsland aus erreichbar ist.
Dies zugrunde gelegt droht dem Kläger wegen seiner Zugehörigkeit zur Religionsgruppe der Schiiten nicht die Gefahr einer landesweiten Verfolgung.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, unterliegen Hazara und Schiiten in Afghanistan zwar einer gewissen Diskriminierung; sie sind derzeit und in überschaubarer Zukunft jedoch keiner an ihre Volks- oder Religionszugehörigkeit anknüpfenden gruppengerichteten politischen oder religiösen Verfolgung ausgesetzt (BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris; U.v. 1.2.2013 – 13a B 12.30045 – juris; B.v. 1.12.2015 – 13a ZB 15.30224 – juris; B.v. 19.12.2016 – 13a ZB 16.30581 – juris; B.v. 20.1.2017 – 13a ZB 16.30996 – juris). Auch durch den neuesten Lagebericht des Auswärtigen Amtes wird diese Einschätzung nicht erschüttert. Zwar wird darin berichtet, dass die Hazara in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert seien. Auch gesellschaftliche Spannungen bestünden fort und lebten in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf. Zudem sei es im Jahre 2015 zu Entführungen von Hazara mit Todesfällen gekommen. Insgesamt habe sich jedoch die Lage der insbesondere unter der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara grundsätzlich verbessert. Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten seien in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsbelehrten (Ulema) als auch im hohen Friedensrat seien auch Schiiten vertreten; beide Gremien betonten, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe. Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den IS angegriffen. Dabei seien 85 Menschen ums Leben gekommen und rund 240 verletzt worden. Dieser Schlag habe sich fast ausschließlich gegen Schiiten gerichtet (vgl. zum Ganzen: Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 19.10.2016, S. 9 ff.). Auch unter Berücksichtigung dessen sowie der jüngsten Anschläge im Zusammenhang mit dem Aschura-Fest in 2016 sowie gegen eine Moschee im Laufe des November 2016, die sich gegen Schiiten richteten und zu denen sich der islamische Staat bekannt hat, verfügen die Verfolgungshandlungen, denen die Hazara und die Schiiten in Afghanistan ausgesetzt sind, nach Auffassung des Gerichts nicht über die dargestellte für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche kritische Verfolgungsdichte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der jüngsten Entwicklung im Laufe des Jahres 2017.
3. Soweit sich der Kläger in seinem Verfolgungsvortrag auf Probleme im Iran beruft, so kommt es hierauf bereits im Ansatz nicht entscheidungserheblich an, da Ausgangspunkt der Prüfung, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht, die Frage ist, ob ihm in dem Land seiner Staatsangehörigkeit Verfolgung droht, vorliegend in Afghanistan. Dagegen ist es unerheblich, ob er in einem Drittstaat, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, Verfolgung befürchten muss (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1983 – 9 C 158.80 – juris).
4. a) Soweit der Kläger geltend macht, wegen einer von der Familie eines Mädchens nicht gewollten Beziehung Probleme gehabt zu haben, so erscheint dies zumindest insoweit glaubhaft. Das Gericht geht hierbei auch davon aus, dass der Kläger sich im Zeitraum von April 2014 bis Januar 2016 in Herat aufgehalten hat, sodass über den in der mündlichen Verhandlung gestellten diesbezüglichen Hilfsbeweisantrag des Klägers nicht mehr entschieden werden musste. Dass der Kläger bei seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung nur geringe Ortskenntnisse betreffend die Stadt Herat gezeigt hat, lässt sich insofern nachvollziehen, als der Kläger sich dort nur als kleines Kind und in der weiteren Folge nur für die genannten ca. 17 Monate dort aufgehalten hat, wobei er zunächst drei Monate nur zu Hause gewesen sei. Im Übrigen habe er stets den gesamten Tag über gearbeitet und sich ansonsten aufgrund der von ihm als gefährlich empfundenen allgemeinen Situation in der Stadt nur zu Hause aufgehalten.
Widersprüchlich sind jedoch sodann die Aussagen des Klägers dazu, welcher Art die Verfolgung durch den Bruder des Mädchens tatsächlich gewesen ist. So hat er vor dem Bundesamt angegeben, dass er bei seinem persönlichen Besuch bei der Familie des Mädchens von deren Bruder geschlagen worden sei. Auch bei dem Besuch des Mädchens bei ihm im Geschäft habe der Bruder ihn bedroht und geschlagen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Kläger dagegen nicht mehr davon berichtet, dass er geschlagen worden sei. Vielmehr erklärte er in Bezug auf die genannten Situationen, dass man gestritten habe und dass der Bruder ihn in dem Geschäft bedroht habe. Das Gericht geht insofern davon aus, dass der Kläger, wenn er tatsächlich geschlagen worden wäre, dies auch in der mündlichen Verhandlung berichtet hätte, nachdem er vom Gericht dazu aufgefordert worden ist zu erklären, warum er aus Afghanistan geflohen sei und eine solche Gewaltanwendung auch keine Nebensächlichkeit darstellt, die leicht vergessen werden kann. Nachdem er die Schläge vor Gericht nicht erwähnt hat, erscheint der diesbezügliche Vortrag vor dem Bundesamt nicht glaubhaft. Zudem fällt auf, dass der Kläger eingangs der mündlichen Verhandlung erwähnt hat, dass der Bruder des Mädchens zwei bis dreimal in sein Geschäft gekommen sei und ihn bedroht habe, was in Widerspruch zu den Angaben vor dem Bundesamt steht, wo nur von einem einmaligen Aufsuchen in dem Geschäft die Rede ist. Nachdem auch im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung nur ein solcher Vorfall konkret benannt wurde, geht das Gericht auch nur von einem einmaligen solchen Vorgang aus. Art und Inhalt der Bedrohung durch den Bruder hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht weiter benannt. Vor dem Bundesamt findet sich einmal der Hinweis, dass der Bruder den Kläger umbringen würde, wenn er noch einmal mit der Schwester rede. Dieses Bedrohungsszenario sowie die erwähnten Streitigkeiten mit dem Bruder des Mädchens erreichen jedoch bereits nicht die Schwelle einer relevanten Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 AsylG vor dem Hintergrund, dass es der Kläger selbst in der Hand hat, sich bei einer Rückkehr nach Afghanistan dem Bedrohungsszenario dadurch entziehen, dass er die Beziehung zu dem Mädchen nicht wieder aufnimmt. Nach alledem ist der Kläger nicht vorverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist.
b) Selbst dann aber, wenn man entgegen vorstehender Ausführungen davon ausginge, dass der Kläger vorverfolgt aus Afghanistan ausgereist ist, so sprechen doch stichhaltige Gründe dagegen, dass der Kläger erneut von einer solchen Verfolgung nach seiner Rückkehr bedroht würde, Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU. Denn der Kläger hat geschildert, dass der Bruder des Mädchens ihn umbringen würde, wenn er noch einmal mit der Schwester rede. Ziel der anderen Familie war es demzufolge, ein weiteres Zusammentreffen des Klägers mit der Tochter und Schwester zu verhindern. Wenn der Kläger nach Afghanistan zurückkehrt und dort keinen Kontakt mehr zu dem Mädchen aufnimmt, so hat er auch keinerlei Verfolgung oder ernsthaften Schaden durch diese andere Familie zu erwarten. Er hat es – wie bereits erwähnt – vielmehr selbst in der Hand, ob der Bruder des Mädchens weiter gegen ihn vorgeht und es ist ihm vor dem Hintergrund und dem Regelungszweck der asylrechtlichen Regelungen jedenfalls zumutbar, im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan jeden Kontakt zu dem Mädchen zu unterlassen, da das Flüchtlingsrecht nicht die freie Wahl des Ehepartners ermöglichen und gewährleisten soll. Ein stichhaltiger Grund gegen eine erneute Verfolgung ist auch darin zu sehen, dass der Bruder des Mädchens den Kläger nach dessen Ausreise offensichtlich nicht gesucht hat, insbesondere nicht bei seinen Eltern, was zusätzlich für die Richtigkeit der vorstehenden Ausführungen spricht. Auch dass die Eltern des Klägers nach seiner Ausreise von dem Bruder nicht behelligt worden sind, spricht klar dagegen, dass dieser den Kläger bzw. die Familie unabhängig von einer Fortführung der Beziehung weiter verfolgen wird. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass seine Familie sich nunmehr seit 4-5 Monaten im Iran aufhalte, da auch diese Angst vor der Familie des Mädchens habe, so erscheint dies auch vor dem Hintergrund obiger Ausführungen als abwegig; der Kläger hat keinerlei Gründe vorgetragen, warum sich die Familie in Gefahr befinden sollte; er hat diesbezüglich nichts über etwaige Besuche der anderen Familie oder Bedrohungen während der verbliebenen Zeit ihrer Anwesenheit in Herat vorgetragen, sondern nur, dass der Bruder des Mädchens vielleicht denke, dass der Kläger immer noch in Herat sei, nach ihm suche und dann gegebenenfalls seiner Familie etwas antue. Hierbei handelt es sich um eine reine Spekulation, die im Gegensatz zu der tatsächlichen Sachlage und Entwicklung nach der Ausreise des Klägers steht. Es ist vielmehr gerichtsbekannt, dass sehr viele afghanische Staatsangehörige aus vielfältigen Gründen ihr Heimatland, unter anderem in den Iran, verlassen, um sich dort vorübergehend oder auch längerfristig anzusiedeln.
Dieser Einschätzung steht auch nicht die vom Kläger benannte Anfragebeantwortung von ACCORD vom 5. April 2011 (Afghanistan: Sanktionen des Pashtunwali bei einer vorehelichen sexuellen Beziehung und Heirat ohne Zustimmung des Brautvaters; Zugang zu polizeilichem Schutz) entgegen. Darin wird beschrieben, dass es bei außerehelichen Beziehungen in Afghanistan aufgrund der über die Familie der Frau gebrachten Schande zu Racheaktionen bis hin zum Ehrenmord kommen kann. Hieran bestehen auch von Seiten des Gerichts keine Zweifel. Hieraus lässt sich jedoch im Umkehrschluss nicht der Schluss ziehen, dass dies in jedem Falle so sein muss. Dies hängt letztlich von vielerlei Faktoren des Einzelfalls ab, etwa ob es zu außerehelichem Geschlechtsverkehr gekommen ist und ob die Frau bereits einem anderen Mann versprochen gewesen ist bzw. verheiratet war, wofür vorliegend nichts ersichtlich ist, und letztlich auch von den Moral- und Wertvorstellungen jeder einzelnen Familie. So lässt sich etwa einer weiteren Anfragebeantwortung von ACCORD vom 27. Dezember 2012 (Anfragebeantwortung zu Afghanistan: Sanktionen gegen unverheiratetes Paar, das untertaucht (Rolle von Volkszugehörigkeit und Religion?); Sanktionen gegen Familienangehörige des Mannes) entnehmen, dass dann, wenn die Frau einer gebildeten Familie entstammt, diese den Mann zuerst warnen und auffordern werde, die Frau nicht länger zu treffen. Sollte die Beziehung dennoch anhalten, werde die Familie den Mann zusammenschlagen lassen. Vorliegend hat der Bruder des Mädchens den Kläger bedroht und ihm dadurch die einzuhaltenden Grenzen aufgezeigt. Weitere Konsequenzen hat dieser für den Fall angedroht, dass der Kläger sich nicht an das Kontaktverbot hält. In dieser Situation erscheint es damit nicht lebensnah nachvollziehbar, dass es im vorliegenden Einzelfall nach einer Rückkehr nach Afghanistan zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gegenüber dem Kläger oder gar zu einem Ehrenmord an diesem kommen würde, jedenfalls dann nicht, wenn er die Beziehung nicht wieder aufnimmt.
Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht entscheidungserheblich darauf an, dass der Bruder des Mädchens laut dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung beim Geheimdienst in Kabul arbeiten soll, da sich dies entsprechend vorstehender Ausführungen auf die beschriebene Gefahrensituation für den Kläger in keiner Weise auswirkt. Unabhängig davon erscheint dieser Vortrag zur beruflichen Tätigkeit des Bruders aber auch nicht glaubhaft. Der Kläger will hiervon „mittlerweile“ erfahren haben, nachdem er dies bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt mangels entsprechenden Vortrags offensichtlich noch nicht gewusst hat. Es erscheint schon in keiner Weise nachvollziehbar, warum das Mädchen dem Kläger den Beruf ihres Bruders nicht mitgeteilt haben soll. Es ist vielmehr abwegig, dass die Schwester nichts Genaueres hierüber gewusst habe, während seine Freunde nur auf die Nachbarn der Familie zugehen mussten, um eine Geheimdiensttätigkeit des Bruders dieses Mädchens zu erfahren. Auch besteht insoweit ein Widerspruch, als der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass das Mädchen ihm gesagt habe, dass ihr Bruder für die Regierung arbeite, jedoch nicht genau in welcher Art und Weise. Vor dem Bundesamt dagegen hat der Kläger erklärt, dass seine Freundin nichts Genaues gewusst habe. Lediglich er selbst hat dort gemutmaßt, dass der Bruder bei der Regierung arbeite. In keiner Weise nachvollziehbar erscheint auch, warum der Kläger die Frage nach der beruflichen Tätigkeit nicht bereits hat klären lassen, als er sich noch in Afghanistan aufgehalten hat, zumal er nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung ursprünglich auch wieder nach Afghanistan zurück gewollt habe. Hierzu hatte er bis zu seiner Ausreise noch ca. eine Woche Zeit; in diesem Zeitraum wären die Nachfragen durch seine Freunde sicherlich möglich gewesen. Der gesamte diesbezügliche Vortrag erscheint dem Gericht nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung konstruiert, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass, nachdem der Kläger sich in Deutschland befunden hat, er diese Nachfragen nicht im Zeitraum zwischen seiner Einreise und seiner Anhörung vor dem Bundesamt angestellt hat, sondern dies ausgerechnet erst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erstmals mitteilt; die entsprechende Information war auch nicht Gegenstand des Schriftsatzes vom 22. Mai 2017. Ganz im Gegenteil ist darin davon die Rede, dass „die Taliban in diesem Fall eingeschaltet gewesen seien“, wofür sich im sonstigen Vortrag des Klägers keinerlei Hinweise finden. Es handelt sich nach Überzeugung des Gerichts letztlich insoweit um einen rein prozesstaktischen Vortrag, der dem Kläger nicht geglaubt werden kann.
5. Wenn man jedoch entgegen vorstehender Ausführungen davon ausginge, dass der Kläger vorverfolgt aus seinem Heimatland ausgereist ist, so würde der Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unabhängig von vorstehenden Ausführungen gleichwohl auch daran scheitern, dass der Kläger internen Schutz nach § 3e AsylG in Kabul in Anspruch nehmen kann.
Einem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nach § 3e AsylG nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort auch aufgenommen wird und vernünftiger Weise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Hierbei sind die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsland und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Qualifikationsrichtlinie (QRL) zu berücksichtigen.
Das Gericht geht – auch unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 4 QRL – davon aus, dass der Kläger in der afghanischen Hauptstadt Kabul internen Schutz erlangen kann und dort keine Verfolgungsgefahr zu befürchten hat. Es wird insoweit vollumfänglich auf die Ausführungen unter 4. b) verwiesen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass sich die Stadt Kabul mehrere 100 km von Herat entfernt, so dass ein Wiedertreffen des Mädchens unter Beachtung der Verhältnisse in Afghanistan schon an dieser räumlichen Entfernung scheitert. Wie bereits ebenfalls unter 4. b) ausgeführt, hat der Kläger in Kabul nichts von dem Bruder des Mädchens zu befürchten, da der klägerische Vortrag, dass dieser in Kabul für den Geheimdienst arbeite, nicht glaubhaft ist, unabhängig davon, dass dieser Bedrohungen nur für den Fall ausgesprochen hat, dass er wieder mit dem Mädchen Kontakt aufnimmt.
Der Kläger könnte darüber hinaus sicher und legal nach Kabul reisen. Schließlich kann von ihm vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in Kabul niederlässt. Erforderlich ist hierfür, dass am Ort des internen Schutzes die entsprechende Person durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem angemessenen Lebensunterhalt erforderliche erlangen kann. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zweiweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder im Bausektor ausgeübt werden können. Nicht zumutbar sind hingegen jedenfalls die entgeltliche Erwerbstätigkeit für eine kriminelle Organisation, die in der fortgesetzten Begehung von oder Teilnahme an Verbrechen besteht. Der Zumutbarkeitsmaßstab geht im Rahmen des internen Schutzes über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 6.62016 – 13 A 18182/15.A – juris).
Die diesbezügliche aktuelle Lage in Afghanistan und in der Hauptstadt Kabul stellen sich wie folgt dar:
Das Auswärtige Amt führt in seinem Lagebericht vom 19. Oktober 2016 (a.a.O. S. 21 ff.) aus, dass Afghanistan eines der ärmsten Länder der Welt sei und trotz Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, erheblicher Anstrengungen der Regierung und kontinuierlicher Fortschritte im Jahr 2015 lediglich Rang 171 von 187 im Human Development Index belegt habe. Die afghanische Wirtschaft ringe in der Übergangsphase nach Beendigung des NATO-Kampfeinsatzes zum Jahresende 2014 nicht nur mit der schwierigen Sicherheitslage, sondern auch mit sinkenden internationalen Investitionen und der stark schrumpfenden Nachfrage durch den Rückgang internationaler Truppen um etwa 90%. So seien ausländische Investitionen in der ersten Jahreshälfte 2015 bereits um 30% zurückgegangen, zumal sich die Rahmenbedingungen für Investoren in den vergangenen Jahren kaum verbessert hätten. Die wirtschaftliche Entwicklung bleibe durch die schwache Investitionstätigkeit geprägt. Ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum scheine kurzfristig nicht in Sicht. Rund 36% der Bevölkerung lebe unterhalb der Armutsgrenze. Die Grundversorgung sei für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung, was für Rückkehrer naturgemäß verstärkt gelte. Dabei bestehe ein eklatantes Gefälle zwischen urbanen Zentren wie z.B. Kabul und ländlichen Gebieten Afghanistans. Das rapide Bevölkerungswachstum stelle eine weitere Herausforderung für die wirtschaftliche und soziale Ent-wicklung des Landes dar. Zwischen den Jahren 2012 und 2015 werde das Bevölkerungswachstum auf rund 2,4% pro Jahr geschätzt, was in etwa einer Verdoppelung der Bevölkerung innerhalb einer Generation gleichkomme. Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibe eine zentrale Herausforderung. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes sei die Arbeitslosenquote im Oktober 2015 auf 40% gestiegen. Die internationale Gemeinschaft unterstütze die afghanische Regierung maßgeblich in ihren Bemühungen, die Lebensbedingungen der Menschen in Afghanistan zu verbessern. Aufgrund kultureller Bedingungen seien die Aufnahme und die Chancen außerhalb des eigenen Familien- bzw. Stammesverbandes vor allem in größeren Städten realistisch.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (Afghanistan: Update – Die aktuelle Sicherheitslage vom 30. September 2016, Seite 24 ff.) führt aus, Afghanistan bleibe weiterhin eines der ärmsten Länder weltweit. Die bereits sehr hohe Arbeitslosenrate sei seit dem Abzug der internationalen Streitkräfte Ende 2014 wegen des damit zusammenhängenden Nachfrageschwundes rasant angestiegen, das Wirtschaftswachstum betrage nur 1,5%. Die Analphabetenrate sei noch immer hoch und der Pool an Fachkräften bescheiden. Die Landwirtschaft beschäftige bis zu 80% der Bevölkerung, erziele jedoch nur etwa 25% des Bruttoinlandprodukts. Vor allem in Kabul gehöre wegen des dortigen großen Bevölkerungswachstums die Wohnraumknappheit zu den gravierendsten sozialen Problemen. Auch die Beschäftigungsmöglichkeiten hätten sich dort rapide verschlechtert. Nur 46% der afghanischen Bevölkerung verfüge über Zugang zu sauberem Trinkwasser und lediglich 7,5% zu einer adäquaten Abwasserentsorgung. Unter Verweis auf den UNHCR sähen sich Rückkehrende beim Wiederaufbau einer Lebensgrundlage in Afghanistan mit gravierenden Schwierigkeiten konfrontiert. Geschätzte 40% seien verletzlich und verfügten nur über eine unzureichende Existenzgrundlage sowie einen schlechten Zugang zu Lebensmitteln und Unterkunft. Außerdem erschwere die prekäre Sicherheitslage die Rückkehr. Gemäß UNHCR verließen viele Rückkehrende ihre Dörfer innerhalb von zwei Jahren erneut. Sie wichen dann in die Städte aus, insbesondere nach Kabul.
Trotz dieser geschilderten schwierigen Bedingungen ist von dem Kläger vernünftigerweise zu erwarten, dass er sich in Kabul niederlässt. Der Kläger hat nämlich zumindest 5 Jahre lang die Schule besucht; er verfügt damit über einen Bildungsstand, mit dem er gegenüber den vielen Analphabeten in Afghanistan im Vorteil ist. Dass er insoweit in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er sei Analphabet, erscheint nicht glaubhaft angesichts des fünfjährigen Schulbesuchs. Das Gericht wertet dies als Schutzbehauptung, gerade im Hinblick auf den Kontext der entsprechenden Frage in der mündlichen Verhandlung, bei der dem Kläger ein Vorhalt zu seinen mangelnden Ortskenntnissen in Herat gemacht wurde. Auch aufgrund seiner in Europa erworbenen Erfahrungen und Sprachkenntnisse befindet sich der Kläger in einer vergleichsweise guten Position. Mit diesen Erfahrungen und Kenntnissen ist davon auszugehen, dass der Kläger auch ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in der Lage wäre, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines ausreichendes Einkommen zu erzielen. Das entspricht auch der Auffassung des UNHCR – auf den die Schweizerische Flüchtlingshilfe hinsichtlich der Situation der Rückkehrenden Bezug nimmt -, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern – wie dem 26- jährigen Kläger – eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht kommt (vgl. UNHCR-Richtlinien vom 19.4.2016, S. 9). An dieser Einschätzung des Gerichts ändert sich auch durch die Anmerkungen des UNHCR zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016 nichts. Der UNHCR weist zwar in seiner Stellungnahme darauf hin, dass sich die Sicherheitslage seit April 2016 insgesamt nochmals deutlich verschlechtert habe, was damit einher gehe, dass sich der Konflikt in Af-ghanistan im Laufe des Jahres 2016 weiter ausgebreitet habe und die Zahl der zivilen Opfer im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um weitere 4% gestiegen sei. Die Zahl der intern Vertriebenen habe im Jahr 2016 auf Rekordniveau gelegen; zudem sei auch aus den Nachbarländern Pakistan und Iran eine große Zahl von Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt, was zu einer extremen Belastung der ohnehin bereits überstrapazierten Aufnahmekapazitäten in den wichtigsten Städten der Provinzen und Distrikte in Afghanistan geführt habe. Dies gelte auch für die Stadt Kabul, wo nur begrenzte Möglichkeiten der Existenzsicherung, eine extrem angespannte Wohnraumsituation sowie mangelnder Zugang zu grundlegenden Versorgungsleistungen bestehe, sodass die Verfügbarkeit einer internen Schutzalternative im Umfeld eines dramatisch verschärften Wettbewerbs um den Zugang zu knappen Ressourcen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände jedes einzelnen Antragstellers geprüft werden müsse. Abgesehen davon, dass der UNHCR für die beschriebene Einschätzung seine eigenen Maßstäbe zugrunde legt, hält dieser auch gleichzeitig ausdrücklich an seinen Richtlinien von April 2016 fest, wonach bei alleinstehenden leistungsfähigen Männern eine Ausnahme vom Erfordernis der externen Unterstützung in Betracht kommt, wovon das Gericht auch bei dem hiesigen Kläger ausgeht.
Der Kläger kann vorliegend darüber hinaus bereits auf berufliche Erfahrungen im Iran sowie in Afghanistan als Verkäufer zurückgreifen. Er hat demzufolge bereits vor seiner Ausreise erfolgreich Strategien für das wirtschaftliche Überleben in Afghanistan entwickeln können, die es ihm ermöglicht haben, die Geldmittel für seine Fluchtkosten zu sparen und auf die er nach seiner Rückkehr würde gewinnbringend zurückgreifen können. Die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse seines Heimatlandes sind dem Kläger, der sich als Erwachsener zumindest rund eineinhalb Jahre in Afghanistan aufgehalten hat, damit bekannt und vertraut. Er war nach seiner Rückkehr nach Afghanistan offensichtlich ohne besondere Schwierigkeiten in der Lage, wieder Arbeit zu finden. Dass der Kläger bei seiner Rückkehr – wie von ihm angeführt – nicht mehr auf familiäre Strukturen zurückgreifen könnte (bzw. zu dem Onkel väterlicherseits und seinen Söhnen nur wenig Kontakt und keine gute Beziehung bestehe), steht der Annahme der Sicherung des ausreichenden Lebensunterhalts nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris; B.v. 4.4.2017 – 13a ZB 17.30231 – juris). Neben seiner eigenen Erwerbsfähigkeit könnte der Kläger darüber hinaus nach Überzeugung des Gerichts auch auf die Unterstützung durch seinen Vater zurückgreifen. Dieser ist im Baugewerbe tätig, so dass es realistisch erscheint, dass er dem Kläger auch vom Iran aus im Bedarfsfalle finanzielle Mittel zukommen lässt. Denn es ist im Kulturkreis des Klägers absolut üblich, dass in Notsituationen über derartige Kontakte Unterstützung geleistet wird und es ist nichts dafür ersichtlich, dass dies vorliegend nicht geschehen würde. Darüber hinaus kann der Kläger seine finanzielle Situation zusätzlich auch dadurch verbessern, dass er Start- und Reintegrationshilfen in Anspruch nimmt. So können afghanische ausreisewillige Personen seit dem Jahr 2016 Leistungen aus dem REAG-Programm sowie aus dem GARP-Programm erhalten, die Reisebeihilfen im Wert von 200 EUR und Starthilfen im Umfang von 500 EUR beinhalten. Darüber hinaus besteht seit Juni 2016 das Reintegrationsprogramm ERIN. Die Hilfen aus diesem Programm umfassen z.B. Service bei Ankunft, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und caritativen Einrichtungen, berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Arbeitsplatzsuche sowie Unterstützung bei einer Geschäftsgründung. Die Unterstützung wird weitgehend als Sachleistung gewährt. Der Leistungsrahmen für rückgeführte Einzelpersonen beträgt dabei ca. 700 EUR (vgl. Auskunft des Bundesamts vom 12.8.2016 an das VG Ansbach; VG Augsburg, U.v. 18.10.2016 – AU 3 K 16.30949 – juris). Der Kläger könnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die genannten Start- und Reintegrationshilfen ganz oder teilweise nur für freiwillige Rückkehrer gewährt werden, also teilweise nicht bei einer zwangsweisen Rückführung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein Asylbewerber, der durch eigenes zumutbares Verhalten – wie insbesondere durch freiwillige Rückkehr – im Zielstaat drohende Gefahren abwenden kann, nicht vom Bundesamt die Feststellung eines Abschiebungsverbots verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1997 – 9 C 38.96 – juris; VGH BW, U.v. 26.2.2014 – A 11 S 2519/12 – juris). Dementsprechend ist es dem Kläger möglich und zumutbar, gerade zur Überbrückung der ersten Zeit nach einer Rückkehr nach Afghanistan freiwillig Zurückkehrenden gewährte Reisehilfen sowie Reintegrationsleistungen in Anspruch zu nehmen. Ebenfalls nicht entgegenstehend für die Annahme internen Schutzes ist der Umstand, dass der Kläger längere Zeit in Europa verbracht hat. Vielmehr wirkt sich dies eher begünstigend auf seine Erwerbsperspektive in Afghanistan aus (vgl. auch OVG NRW, B.v. 20.7.2015 – 13 A 1531/15 A – juris). Eine Rückkehr nach Afghanistan scheitert nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris), der sich das Gericht anschließt, grundsätzlich auch nicht an einem langjährigen Aufenthalt in Europa oder Drittländern. Maßgeblich ist vielmehr, dass der Betroffene den größten Teil seines Lebens in einer islamisch geprägten Umgebung verbracht hat und eine der beiden Landessprachen spricht, was vorliegend der Fall ist. Vor diesem Hintergrund folgt das Gericht auch nicht der Einschätzung von Frau Friederike Stahlmann, wonach die Annahme, dass alleinstehende junge gesunde Männer und kinderlose Paare ihr Überleben aus eigener Kraft sichern könnten, durch die derzeitige humanitäre Lage inzwischen grundlegend infrage gestellt sei (vgl. Friederike Stahlmann, Überleben in Afghanistan, Asylmagazin 3/2017, S. 73 ff. (77 f.). Denn nach Überzeugung des Gerichts bieten die geschilderten persönlichen Verhältnisse und Ressourcen des Klägers ausreichende und realistische Möglichkeiten dafür, zumindest für den hiesigen Kläger ein Leben in Kabul zumutbar erscheinen zu lassen.
Nach alledem kann der Kläger internen Schutz in der Hauptstadt Kabul in Anspruch nehmen, so dass auch aus diesem Grunde ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes ausscheidet.
II.
1. Der Kläger hat weiterhin auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 Abs. 1 AsylG. Dem Kläger droht nach Überzeugung des Gerichts weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG noch droht ihm ein ernsthafter Schaden durch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Diesbezüglich kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen zu § 3 AsylG verwiesen werden einschließlich des Bestehens einer internen Schutzmöglichkeit in Kabul, § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG. Die Gefahr eines diesbezüglichen ernsthaften Schadens ist nicht ersichtlich.
2. Dem Kläger droht auch keine individuelle und konkrete Gefahr eines ernsthaften Schadens i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG aufgrund der Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion, der Provinz Herat. Dasselbe gilt für die Hauptstadt Kabul als inländischer Fluchtalternative entsprechend obiger Ausführungen. In der Westregion, zu der die Provinz Herat gehört, wurden im Jahre 2016 836 Zivilpersonen getötet oder verletzt und in der Zentralregion, zu der die Hauptstadt Kabul zählt, 2.348 Zivilpersonen (vgl. UNAMA, Annual Report 2016 Afghanistan, Februar 2017, S. 11 f.). Die Anschlagswahrscheinlichkeit lag damit sowohl für die Westregion als auch für die Zentralregion im Jahr 2016 bei deutlich unter 1:800 und damit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, in dem betreffenden Gebiet verletzt oder getötet zu werden, entfernt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/13 – juris). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der jüngsten Anschläge in der Stadt Kabul im Jahr 2017. Damit ist derzeit nicht davon auszugehen, dass bei Unterstellung eines bewaffneten Konflikts praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militärischer Gewalt ausgesetzt wäre. Individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers sind darüber hinaus nicht erkennbar. Auch wenn es in der jüngeren Vergangenheit zu mehreren Anschlägen auf Schiiten in Afghanistan gekommen ist – wie oben beschrieben –, so hat sich die Gefahr für den Kläger nach Überzeugung des Gerichts mit Blick auf die vorliegenden Erkenntnismittel und die Zahl der gezielten Anschläge noch nicht in einer Weise verdichtet, dass er aufgrund seiner Volks- oder Religionszugehörigkeit bereits eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG befürchten müsste (vgl. BayVGH, B.v. 4.1.2017 – 13a ZB 16.30600 – juris).
III.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
1. Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht. Auch in diesem Zusammenhang wird auf die obigen Ausführungen zu den §§ 3, 4 AsylG vollinhaltlich verwiesen. Die allgemeine Versorgungslage in Afghanistan stellt darüber hinaus ebenfalls keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. des Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167; BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris). Es ist hierbei in Bezug auf den Gefährdungsgrad das Vorliegen eines sehr hohen Niveaus erforderlich, denn nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem die humanitären Gründe gegen eine Ausweisung „zwingend“ sind. Wenn das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) die allgemeine Lage in Afghanistan nicht als so ernsthaft einstuft, dass ohne weiteres eine Verletzung des Art. 3 EMRK angenommen werden kann, weist dies ebenfalls auf die Notwendigkeit einer besonderen Ausnahmesituation hin (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30285 – juris). Eine solche ist bei dem Kläger vorliegend nicht gegeben; besondere Umstände, die vorliegend eine andere Beurteilung gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt ebenfalls nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind die Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde anordnen, dass die Abschiebung für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Eine Abschiebestopp-Anordnung besteht jedoch für die Personengruppe, der der Kläger angehört, nicht.
Dem Kläger droht auch aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungswegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 16; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. A. 2016, § 60 AufenthG Rn. 54). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintre-ten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte, der sich das erkennende Gericht anschließt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (st.Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 6.4.2017 – 13a ZB 17.30254 – juris; BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris; B.v. 27.7.2016 – 13a ZB 16.30051 – juris; B.v. 15.6.2016 – 13a ZB 16.30083 – juris; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17 m.w.N..; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris Rn. 73 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 21.10.2015 – 1 A 144/15.A – juris; NdsOVG, U.v. 20.7.2015 – 9 LB 320/14 – juris).
Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln ergibt sich nichts anderes. Insoweit kann auf die Ausführungen unter I.5. verwiesen werden. Nachdem das Gericht davon ausgeht, dass für den Kläger eine interne Schutzmöglichkeit in Kabul besteht und deren Voraussetzungen über diejenigen im Rahmen des Vorliegens einer extremen Notlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinausgehen, ist auch ein Anspruch auf ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift abzulehnen.
Schließlich bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO ab-zuweisen. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben