Verwaltungsrecht

Unbegründeter Asylantrag von Yeziden aus dem irakischen Provinz Ninawa

Aktenzeichen  B 3 K 16.31971

Datum:
15.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 3e, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Einem irakischen Asylbewerber aus der Provinz Ninawa droht in seinem Herkunftsland keine Gruppenverfolgung als Angehöriger yezidischen Glaubens durch nichtstaatliche Akteure. (Rn. 26) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Unabhängig von der Frage, ob Yeziden als Gruppe oder wegen ihrer Religion verfolgt werden, besteht jedenfalls in den kurdisch verwalteten Gebieten des Irak eine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 3e AsylG (wie VGH München BeckRS 2017, 100335). (Rn. 29) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Für die Annahme, dass die kurdische Autonomieregion nicht gewillt sei, Yeziden Schutz zu gewähren, gibt es unter Berücksichtigung der Aufnahme vieler yezidischer Flüchtlinge in den letzten Jahren keinerlei Anhaltspunkte. (Rn. 34) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Mit Blick auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass yezidischen Flüchtlingen bei einer Rückkehr in den Irak ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne von § 4 Abs. 1 Nrn. 1, 2 AsylG droht. (Rn. 37) (red. LS Clemens Kurzidem)
5 Es ist davon auszugehen, dass angesichts der Verfügung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 3.7.2008, wonach irakische Staatsangehörige, die keine Straftäter sind, gegenwärtig nicht in den Irak abgeschoben werden, irakische Asylbewerber hinsichtlich allgemeiner Gefahren im Irak über einen wirksamen Schutz vor Abschiebung verfügen (vgl. VG Augsburg BeckRS 2016, 49628). (Rn. 41) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung die vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Kläger hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch auf Anerkennung des subsidiären Schutzstatus gemäß § 4 AsylG. Ihm stehen auch keine Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1.1 Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO, wobei gemäß § 77 Abs. 1 AsylG auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, gilt Folgendes:
Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden; eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss, ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.04.1985 – 9 C 109/84 – NVwZ 1985, 658 ff.). Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbots führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985, a.a.O.). In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Klägers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – juris Rn. 19).
Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab).
Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung des Flüchtlingsschutzes. Das Gericht verweist zunächst auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird noch ausgeführt, dass die in der mündlichen Verhandlung geschilderten Fluchtumstände keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen:
Der Kläger hat weder beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch in der mündlichen Verhandlung eine konkrete Verfolgung seiner Person geltend gemacht.
Dem Kläger droht in seinem Herkunftsland auch keine Gruppenverfolgung als Angehöriger des yezidischen Glaubens durch nichtstaatliche Akteure.
Die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Gruppenverfolgung sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung weitgehend geklärt (vgl. BVerwG v. 21.04.2009, Az.: 10 C 11.08, AuAs 2009, 173-175, in juris). Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Die Verfolgungshandlungen müssen im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale entsteht. Darüber hinaus müsste die Gruppenverfolgung im Herkunftsland landesweit drohen, d.h. keine innerstaatliche / inländische Fluchtalternative bestehen (vgl. BVerwG v. 29.05.2008, Az.: 10 C 11/07, BVerwGE 131, 186). Diese für die staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze sind auf die private Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragbar (§ 60 Abs. 1 Satz 4 Buchst. c AufenthG; Art. 6 Buchst. c QualRL).
Der Kläger stammt aus dem Ort … in der Region … in der Provinz …. Nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung ist er zusammen mit seiner Familie, die ebenfalls Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt hat (vgl. B 3 K 16.30947), geflohen und habe auf der Flucht vor dem IS zusammen mit seiner Familie, in der Provinz …, zunächst in … selbst und anschließend in einem Ort namens … bei Freunden im KRI-Gebiet Schutz gefunden. Sein Vater hatte bei seiner Anhörung erklärt, sie hätten in … in einem Haus, für das sie keine Miete bezahlen hätten müssen, ein Jahr gelebt. Sie hätten von dort aus ihr Heimatland verlassen.
Diesem Vortrag lässt sich nicht entnehmen, dass dem Kläger ein Flüchtlingsstatus zuzuerkennen wäre. Er hat zwar vorgetragen, vor dem IS aus seinem Heimatdorf geflohen zu sein. Doch haben er und seine Familie seinen eigenen Angaben zufolge bereits Schutz im de-jure kurdisch verwalteten Teil des Irak gefunden zu haben. Unabhängig von der Frage, ob Yeziden als Gruppe oder wegen ihrer Religion aktuell verfolgt werden, besteht jedenfalls in den kurdisch verwalteten Gebieten gemäß § 3e AsylG eine inländische Fluchtalternative (vgl.: BayVGH, B. v. 09.01.2017, Az.: 13a ZB 16.30544; B. v. 09.01.2017, Az.: 13a ZB 16.30604; B. v. 09.01.2017, Az.: 13a ZB 16.30689; VG München, U. v. 25.10.2016, Az.: M 4 S. 16.32662; VG Aachen, U. v. 12.10.2016, Az.: 4 K 993/14.A), die der Kläger zusammen mit seiner Familie auch schon in Anspruch genommen hat.
Die kurdischen Autonomiegebiete sind von den Kämpfen in den westlichen und südlichen Nachbarprovinzen nicht unmittelbar betroffen, wenn auch die Sicherheitslage dort weiterhin angespannt ist (vgl. VG München, U. v. 25.10.2016, Az.: M 4 S. 16.32662):
Zwar besteht in weiten Teilen des Irak seit Mitte 2014 eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure des IS. Jedoch sind nach den Erkenntnissen des Gerichts und des Auswärtigen Amtes (vgl. den Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak v. 18.02.2016; Gutachten Europäisches Zentrum für kurdische Studien v. 07.09.2015) die kurdischen Autonomiegebiete davon nicht betroffen. Vielmehr leben dort in großer Anzahl Flüchtlinge, die vor den Umtrieben des IS geflohen sind. Mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ist dort prognostisch auch in Zukunft mit einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure nicht zu rechnen. Nach der Rückeroberung der Großstadt Ramadi aus den Händen der IS-Miliz durch das irakische Militär (Spiegel-online v. 28.12.2015) und einer Verminderung der dschihadistischen Kämpfer im Irak (Spiegel-online v. 05.02.2016) besteht derzeit keine Verfolgungswahrscheinlichkeit in den Autonomiegebieten, die von der kurdischen Regionalregierung beherrscht werden. Dort wohnende Personen müssen auch nicht damit rechnen, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, so dass vernünftigerweise erwartet werden kann, dass Flüchtende sich in diesem Landesteil oder diesen Landesteilen aufhalten.
Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, dass die kurdische Peschmerga nicht gewillt sei, Yeziden zu verteidigen, ist auf die Aussagen der Familie des Kläger zu verweisen (vgl. B 3 K 16.30947), die selbst – und im Übrigen in Übereinstimmung mit den vorliegenden Auskünften (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18.02.2016, S. 9; UNHCR, Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative for Yazidis in the Kurdistan Region of Iraq vom 03.03.2016, II.1) – angegeben haben, von der Peschmerga beschützt worden zu sein.
Dafür, dass die Versorgungslage – so wie vom Klägervertreter behauptet – so miserabel ist, dass der Kläger sein Existenzminimum nicht hätten sichern können, bestehen keine Anhaltspunkte, die unter vernünftiger Würdigung eine weitergehende Sachverhaltsermittlung erforderlich gemacht hätten; insoweit sind die dem Gericht vorliegenden Informationen zur Beurteilung der inländischen Fluchtalternative im kurdisch verwalteten Gebiet des Irak ausreichend. Die Eltern des Klägers (s.o.) haben selbst vorgetragen, dass sie Unterstützung von Freunden erhalten hätten. Um staatliche Hilfe hätten sie sich jedoch nicht bemüht.
Der Prozessbevollmächtigte hatte diesbezüglich im Schriftsatz vom 23.01.2017 einen Beweisantrag angekündigt. In der mündlichen Verhandlung wurde ein solcher nicht gestellt und drängte sich auch nicht auf: die Eltern des Klägers haben vielmehr in der mündlichen Verhandlung ihres Klageverfahrens ausdrücklich verneint, dass es bei ihnen oder ihren auch aktuell noch in Flüchtlingslagern im kurdisch verwalteten Gebiet im Irak lebenden Verwandten zu Übergriffen gekommen sei; allenfalls habe man versucht, diese zu bekehren. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass seitens der kurdischen Regierung versucht werde, Yeziden gezielt zu benachteiligen oder sie davon abzuhalten, das kurdisch verwaltete Gebiet zu betreten. Soweit der Klägervertreter vorträgt, dass „die kurdische Autonomieregion gar nicht gewillt ist, den Yeziden Schutz zu gewähren“, gibt es hierzu – insbesondere unter Berücksichtigung der Aufnahme vieler yezidischer Flüchtlinge in den letzten Jahren – keinerlei Anhaltspunkte (vgl.: Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom 18.02.2016, S. 9). Auch die Flucht des Klägers mit seiner Familie nach … spricht deutlich dagegen.
Soweit der Klägerbevollmächtigte ausführt, dass die vorliegende Entscheidung der Entscheidungspraxis der Beklagten widerspreche, wird darauf hingewiesen, dass bezüglich der Entscheidungen im Asyl- bzw. Verfahren bezüglich des internationalen Schutzes grundsätzlich eine Einzelfallprüfung stattfindet.
1.2 Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz gemäß § 4 AsylG zur Seite. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG, noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass ihm bei einer Rückkehr in den Irak ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
Letztlich weist das Gericht noch daraufhin, dass nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG die Vorschrift des § 3e AsylG (interne Fluchtalternative) entsprechend anzuwenden ist, so dass vollumfänglich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden kann. Dies schließt die Gewährung von subsidiärem Schutz aus.
1.3 Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen. Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Aufgrund des klägerischen Vortrags ist die Schwelle für eine Verletzung der Werte des Art. 3 EMRK bei weitem nicht erreicht. Allein der Wunsch nach besseren Lebensverhältnissen begründet kein Abschiebungsverbot.
Anhaltspunkte, dass dem Kläger eine individuelle Gefahr für Leib oder Leben droht, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde, sind nicht erkennbar. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
Beruft sich der Ausländer demzufolge auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten. Allgemeine Gefahren in diesem Sinne sind alle Gefahren, die der Bevölkerung des Irak als solcher auf Grund der derzeit dort bestehenden Sicherheits- und Versorgungslage drohen. Dazu zählen neben der Gefahr, Opfer terroristischer Übergriffe zu werden und Gefahren durch die desolate Versorgungslage auch Gefahren krimineller Aktivitäten und Rachebestrebungen von Privatpersonen. Das Bayerische Staatsministerium des Inneren hat im Erlasswege mit Rundschreiben vom 3. Juli 2008 (Az. IA-2086.10-439), welches nach wie vor Gültigkeit beansprucht, verfügt, dass irakische Staatsangehörige, die nicht Straftäter sind oder unter Sicherheitsaspekten vordringlich abzuschieben sind, nicht abgeschoben werden und Duldungen bis auf Weiteres auf der Grundlage des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG bis zur Dauer von sechs Monaten erteilt bzw. verlängert werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die Erlasslage hinsichtlich allgemeiner Gefahren derzeit einen wirksamen Schutz vor Abschiebung vermittelt, so dass es keines zusätzlichen Schutzes in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bedarf (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001, Az.: 1 C 2/01; VG Augsburg, U. v. 11.07.2016, Az.: Au 5 K 16.30604).
1.4 Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken.
1.5 Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit des von der Beklagten festgesetzten Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, wurden nicht vorgebracht und sind auch nach den Erkenntnissen in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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