Verwaltungsrecht

Ungenügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen – Asylantrag nigerianischer Staatsangehöriger

Aktenzeichen  10 ZB 17.30487

Datum:
10.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 495
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4, § 78 Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Eine § 78 Abs. 4 S. 4 AsylG genügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes, wobei “darlegen” schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis bedeutet. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 5 K 16.32571 2017-03-08 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) nicht hinreichend dargelegt ist.
a) Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Seeger in Kluth/ Heusch, BeckOK Ausländerrecht, Stand 1.8.2017, § 78 AsylG Rn. 18 ff; Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 78 AsylG Rn. 11 ff.). Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Oktober 2016, § 124a Rn. 102 ff.; Berlit in GK-AsylG, Stand Oktober 2017, § 78 Rn. 88 m.w.N.). Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2017 – 11 ZB 17.30602 – juris Rn.2; OVG NW, B.v. 9.10.2017 – 13 A 1807/ 17.A – juris Rn. 5; B.v. 12.12.2016– 4 A 2939/15.A – juris Rn. 7 m.w.N.; Berlit, a.a.O., § 78 Rn. 609 ff.).
Ist die angegriffene Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass für jeden dieser Gründe die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 124a Rn. 7).
Eine § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügende Darlegung von Berufungszulassungsgründen erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes, wobei „darlegen“ schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich einen allgemeinen Hinweis bedeutet; „etwas darlegen“ bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“ (BVerwG, B.v. 9.3.1993 – 3 B 105/92 – juris Rn. 3 m.w.N.).
b) Hieran gemessen ist die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.
Die Klägerinnen haben in der Begründung des Zulassungsantrages keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, die den dargestellten Anforderungen genügt. Es wird lediglich geltend gemacht, der Fall der Klägerinnen berühre „eine Vielzahl nigerianischer, insbesondere weiblicher Flüchtlinge im Hinblick auf die Gefahrensituation weiblicher, alleinstehender Rückkehrerinnen mit minderjährigen Kindern, der medizinischen Versorgung, insbesondere der Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung, eine drohende Genitalbeschneidung (…) der zwei minderjährigen Töchter (…), sowie der Gefahr der Verelendung mangels lebenserhaltender familiärer Unterstützung“. Im Folgenden werden diese befürchteten Gefahren nach Art einer Klagebegründung näher ausgeführt, ohne dass eine fallübergreifende Grundsatzfrage auch nur indirekt formuliert wird. Die Ausführungen richten sich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sowie die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht, somit also gegen die materielle Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, was nach der abschließenden Sonderregelung des § 78 Abs. 3 AsylG nicht zur Zulassung der Berufung führen kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83 b AsylG.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AslyG).


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