Verwaltungsrecht

Ungültiger Wahlvorschlag, Fristverlängerung, Ungültigerklärung, Verwaltungsgerichte, Befähigung zum Richteramt, Wahlausschuss, Fehlerhafte Bestellung, Beiladung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Beschwerdeausschüsse, Aufstellungsversammlung, Rechtsaufsichtsbehörde, Viermonatsfrist, Gemeinderatsmitglieder, Rechtsmittelbelehrung, Außergerichtliche Kosten, Wahlleiter, Landratsamt, Fehlende Unterschrift, Wahlrechtliche Vorschriften

Aktenzeichen  W 2 K 20.1558

Datum:
9.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39878
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GLKrWG Art. 50 Abs. 3
GLKrWG Art. 25 Abs. 1 S. 1
GLKrWG Art. 5 Abs. 1 S. 4
GLKrWG Art. 50 Abs. 5 Satz1
GLKrWG Art. 50 Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid des Landratsamtes Würzburg vom 25. September 2020 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Die zulässige Klage ist begründet.
1.1 Die Klage ist zulässig.
Insbesondere ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).
Der Kläger wurde bei der streitgegenständlichen Wahl am 15. März 2020 zum Mitglied des Marktgemeinderates und anschließend vom Marktgemeinderat zum 2. Bürgermeister gewählt. Es ist denkbar und möglich, dass der Kläger durch die streitgegenständliche Ungültigkeitserklärung in einer ihm als Mandatsträger zustehenden Rechtsposition verletzt wird. Nach Art. 51 Nr. 1 Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz (GLKrWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. November 2006, zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. März 2020 (GVBl S. 174), können diejenigen Personen gegen die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde klagen, die geltend machen, durch die Entscheidung in eigenen Rechten verletzt zu sein.
1.2 Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Landratsamtes vom 25. September 2020 ist im Ergebnis rechtswidrig und verletzt den Kläger auch in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1VwGO).
1.2.1 Passivlegitimiert (richtiger Beklagter) ist der Freistaat Bayern (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), weil das Landratsamt W. als Rechtsaufsichtsbehörde die Wahl prüft (Art. 51 Abs. 1 GLKrWG).
1.2.2 Das Landratsamt W. hat in seinem Schreiben vom 17. Juli 2020 und im angefochtenen Bescheid die zahlreichen Verstöße gegen wahlrechtliche Vorschriften bei der Kommunalwahl 2020 im Markt … akribisch aufgelistet. Diese sind zwischen den Beteiligten im Wesentlichen nicht strittig, weshalb insoweit auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Zwei dieser Verstöße sind jeweils für sich geeignet, die Wahl zum Marktgemeinderat nach Art. 50 Abs. 3 GLKrWG für ungültig zu erklären, wobei der Rechtsaufsichtsbehörde hinsichtlich der Ungültigkeitserklärung kein Ermessen zusteht. Werden Wahlvorschriften verletzt und ist es möglich, dass es dadurch zu einer unrichtigen Sitzverteilung oder Ämterverteilung gekommen ist, die nicht berichtigt werden kann, hat die Rechtsaufsichtsbehörde die Wahl (zwingend) für ungültig zu erklären.
1.2.2.1 Bei der Gruppierung „FWG“ fehlten offensichtlich entgegen Art. 25 Abs. 1 Satz 1 GLKrWG die erforderlichen zehn Unterschriften der Unterzeichnenden des Wahlvorschlages; insoweit bestand zudem – was das Landratsamt zutreffend darlegt – ein Widerspruch zwischen der Checkliste des Wahlleiters und den vorgelegten Unterlagen.
Im angefochtenen Bescheid wird dazu ausgeführt, dass diese fehlenden Unterschriften nur bis zur abschließenden Entscheidung des Wahlausschusses am 11. Februar 2020, spätestens jedoch bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses bei der Regierung von Unterfranken am 17. Februar 2020 (14.00 Uhr) hätten nachgereicht werden können (vgl. § 47 Abs. 1 Nr. 9 Gemeinde- und Landkreiswahlordnung – GLKrWO – i.d.F.d. Bek. V. 7.11.2006 – GVBl S. 852, zuletzt geändert durch VO vom 18.11. 2019 – GVBl S. 695). Das sei nicht erfolgt. Durch die nicht zulässige Teilnahme des Wahlvorschlages der Gruppierung „FWG“ an der Wahl sei die Sitzverteilung unrichtig und das könne nicht berichtigt werden, weil unklar sei, wer diese Sitze ansonsten erhalten hätte. Das sieht das Gericht ebenso. Es kommt hinzu, dass der Wahlleiter diese Checkliste sowohl bei dieser Gruppierung als auch bei allen anderen Parteien bzw. Gruppierungen nicht unterschrieben hat. Der Wahlleiter hat auch nicht beanstandet, dass die Vertretungsberechtigten die Seite im Vordruck, auf der die zehn Unterzeichner des Wahlvorschlages hätten unterschreiben sollen, nicht unterzeichnet haben. Zuzustimmen ist dem Landratsamt, dass dieser Fehler die Ungültigkeit zur Folge hat, weil er zu einer unrichtigen Sitzverteilung führt.
1.2.2.2 Die aufgrund der fehlerhaften Bestellung des Wahlleiters bestehende Verdunkelungsgefahr führt ebenfalls unabhängig von allen anderen Verstößen zur Ungültigkeit der Wahl.
Bereits am 17. Juli 2020 stand bereits ein weiterer gravierender Verstoß gegen Wahlvorschriften fest. So wies das Landratsamt die örtliche Wahlbehörde (Verwaltungsgemeinschaft E …) darauf hin, dass der Wahlleiter am 18. Dezember 2019 nicht hätte bestellt werden dürfen, weil er bereits am 30. November 2019 zum stellvertretenden Beauftragten es Wahlvorschlages „FWG“ gewählt worden sei. Auch das sieht das Gericht ebenso. Damit wurde gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 4 GLKrWG verstoßen. Auch das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Hinzu kommt, dass die Niederschrift über die Aufstellungsversammlung der „FWG“ widersprüchlich ist. Während auf Seite 1 dieses Vordruckes (Bl. 214 d.A. Wahlvorschläge) der Kläger als Leiter der Aufstellungsversammlung genannt wird, wird auf S. 11 (Bl. 219 d.A. Wahlvorschläge) der später zum Wahlleiter bestimmte Herr E. als Versammlungsleiter benannt.
Diese gravierenden Verstöße haben jedenfalls dann die Ungültigkeit der Wahl zur Folge, wenn der Wahlleiter die Wahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat (vgl. Büchner, Kommunalwahlrecht in Bayern, Stand: 2/2020, 11.05, Anm. 1 a.E.; 11.50, Anm. 9). Sinn und Zweck des Art. 5 Abs. 1 Satz 4 GLKrWG ist die Vermeidung von Interessenkollisionen, wie sich aus Ziff. 6.1.1 Satz 3 Gemeinde- und Landkreiswahlbekanntmachung (GLKrWBek) eindeutig entnehmen lässt. Insoweit gilt nichts anderes als bei der fehlerhaften Besetzung des Wahlausschusses, wenn bei einer anderen Zusammensetzung auch eine andere materielle Entscheidung des Wahlausschusses konkret möglich gewesen wäre. In diesen Fällen besteht Verdunkelungsgefahr (vgl. BayVGH, U.v. 11.7.1991 – 4 B 91.18 – BayVBl 1992, 309). Vorliegend ist besonders bedeutsam, dass der Wahlleiter die Fehler bei der Gruppierung nicht beanstandet hat, der er selbst angehört. Zwar rechtfertigen die Verstöße des Wahlleiters bei der Prüfung der Wahlvorschläge für sich allein nicht die Ungültigkeitserklärung, wie sich aus Art. 50 Abs. 4 Satz 2 GLKrWG ergibt. Um einen solchen Verstoß geht es vorliegend aber nicht. Vielmehr ist entscheidend, ob ausgeschlossen werden kann, ob ein anderer, ordnungsgemäß bestellter Wahlleiter bei sorgfältiger Prüfung der von der Gruppierung „FWG“ eingereichten Unterlagen, zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, nämlich den Wahlvorschlag der „FWG“ entsprechend Art. 32 Abs. 1 GLKrWG zu behandeln, indem er die Beauftragten des Wahlvorschlages zur Berichtigung der Fehler bzw. Einreichung eines neuen Wahlvorschlages auffordert. Weist der Wahlleiter – wie hier – weder die Beauftragten des Wahlvorschlages noch die Mitglieder des Wahlausschusses auf die offensichtlich vorliegenden Fehler hin, hat das zur Folge, dass der Wahlausschuss aufgrund dieser fehlerhaften Prüfung des Wahlleiters eine materiell unrichtige Entscheidung trifft. Im Übrigen wird damit auch eine Heilung der Fehler aus der Aufstellungsversammlung (vgl. Ziff. 50.2.5 GLKrWBek) unmöglich gemacht.
Die Vielzahl gravierender Fehler durch den Wahlleiter zeigen jedenfalls, dass er sein Amt nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat. In diesem Fall kann die Ungültigkeitserklärung nicht nur auf die materiellen Fehler, sondern bereits auf den formellen Fehler (Bestellung Wahlleiter) gestützt werden (vgl. BayVGH, U.v. 11.7.1991 – 4 B 91.18 – BayVBl 1992, 309).
1.2.2.3 Das Landratsamt hat (jedenfalls) bezogen auf die fehlerhafte Bestellung des Wahlleiters die Frist zur Ungültigkeitserklärung nicht eingehalten.
Nach Art. 50 Abs. 5 Satz 1 GLKrWG ist u.a. die Ungültigkeitserklärung sowie deren Änderung oder Aufhebung nur innerhalb einer Frist von vier Monaten nach Verkündung des abschließenden Wahlergebnisses zulässig.
Es ist zwischen den Beteiligten nicht strittig, dass diese Frist nicht eingehalten wurde. Die Frist beginnt mit der Verkündung des Wahlergebnisses durch den Wahlleiter (Art. 19 Abs. 3 Satz 5 GLKrWG) zu laufen (Art. 30 Abs. 5 Satz 1 GLKrWG; § 92 Abs. 3 Satz 1 GLKrWO). Den Akten kann nicht entnommen werden, wann diese Verkündung (siehe dazu unten) tatsächlich erfolgt ist, sondern nur, dass das Wahlergebnisses durch den Wahlausschuss am 26. März 2020 (vgl. Art. 19 Abs. 3 Satz 2 GLKrWG; § 92 Abs. 2 GLKrWO) festgestellt wurde. Der Bekanntmachungsvermerk (§ 92 Abs. 3 Satz 2; § 98 Nr. 1 GLKrWO) trägt das Datum „27. MRZ. 2020“. Die Vier-Monats-Frist hat deshalb spätestens am 27. März 2020 begonnen und spätestens mit Ablauf des 27. Juli 2020 geendet.
Streitig ist zwischen den Beteiligten allein, ob die Fristverlängerung mit Schreiben vom 17. Juli 2020 zu Recht erfolgt ist. Nach Art. 50 Abs. 5 Satz 2 GLKrWG kann (Ermessen) die Rechtsaufsichtsbehörde die Frist für die Ungültigkeitserklärung dann verlängern, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass die Wahl für ungültig zu erklären ist, es aber noch einer weiteren Aufklärung des Sachverhaltes bedarf. Die Wahlprüfung ist grundsätzlich mit größtmöglicher Beschleunigung durchzuführen (Ziff. 87 Satz 1 GLKrWBek). Für eine Fristverlängerung müssen hinreichend konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass es zu einer Ungültigkeitserklärung kommen wird (Ziff. 87 Satz 4 GLKrWBek). Dabei ist Arbeitsüberlastung kein Grund für eine Fristverlängerung (Ziff. 87 Satz 6 GLKrWBek). Die Entscheidung und die Gründe hierfür sind aktenkundig zu machen (Ziff. 87 Satz 7 GLKrWBek). Es handelt sich bei der Fristverlängerung um eine nicht selbständige angreifbare Verfahrenshandlung (Büchner, Kommunalwahlrecht in Bayern, Stand: 2/2020, 11.50, Anm. 16).
Begründet hat das Landratsamt die Fristverlängerung am 17. Juli 2020 damit, es sei nicht ausgeschlossen, dass aufgrund der noch nachzureichenden Unterlagen bzw. des noch aufzuklärenden Widerspruchs das abschließende Ergebnis der Gemeinderatswahl zumindest zu berichtigen sei. Angefordert hat das Landratsamt mit dem vorgenannten Schreiben „sämtliche zurückgewiesenen Wahlbriefe“, die „beschlussmäßig behandelten Stimmzettel des Urnenwahlbezirks 2 und des Briefwahlbezirks“, die „Bekanntmachung der Sitzung des Wahlausschusses zur Feststellung des abschließenden Wahlergebnisses“ und die „Bekanntmachung der Form der Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses“. Außerdem wurde gebeten, den Widerspruch zwischen der Checkliste des Wahlleiters und dem vorgelegten Wahlvorschlag „FWG“, bei dem die zehn Unterschriften von Wahlberechtigten fehlen, aufzuklären, nachdem in einem Telefonat mit dem Wahlleiter zuvor nicht geklärt werden konnte, ob diese Unterschriften existieren.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese fehlenden Unterschriften zu diesem Zeitpunkt noch nachgereicht werden konnten. Sie fehlen ersichtlich auf dem entsprechenden Vordruck. Das Landratsamt geht im angefochtenen Bescheid selbst zutreffend davon aus, dass diese Unterschriften spätestens bis zur Entscheidung des Beschwerdeausschusses bei der Regierung von Unterfranken am 17. Februar 2020 hätten vorliegen müssen (Art. 32 Abs. 5 GLKrWG; § 47 Abs. 1 Nr. 9 GLKrWO). Ob sich aus Art. 50 Abs. 4 Satz 1 GLKrWG etwas anderes ergibt, ist fraglich. Der Wortlaut dieser Vorschrift ist nicht besonders gut geglückt, weil er nicht eindeutig regelt, ob nur fehlende Unterschriften der die Aufstellungsversammlung leitenden Person oder des Wahlleiters gemeint sind oder auch fehlende Unterschriften von Wahlberechtigten zur Unterstützung des Wahlvorschlages (materielles Wahlrecht), die etwa auf einem gesonderten Blatt und nicht auf dem amtlichen Vordruck erfolgt sind, als „auf andere Weise erbracht“ anzusehen sind und noch bei der Wahlprüfung entgegen Art. 32 Abs. 5 GLKrWG und § 47 Abs. 1 Nr. 9 GLKrWO zu berücksichtigen sind. Diese unklare Regelung hat vorliegend das Landratsamt ersichtlich zu seiner Nachfrage veranlasst.
Diese Frage muss aber vorliegend nicht weiter geklärt werden, weil in Bezug auf die fehlerhafte Bestellung des Wahlleiters und seine Fehler im Wahlverfahren keine Unklarheiten bestanden, die noch einer Aufklärung bedurft hätten. Für die Entscheidung über die Ungültigkeitserklärung waren die im Schreiben vom 17. Juli 2020 gestellten Fragen allesamt nicht relevant. Es stand zu diesem Zeitpunkt die fehlerhafte Bestellung des Wahlleiters und die von ihm begangenen Verstöße gegen geltendes Wahlrecht bereits fest, die eindeutig den Schluss auf eine daraus folgende Verdunkelung des Wahlergebnisses im Hinblick auf die Sitzverteilung zulassen (siehe oben). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Landratsamt eine Vielzahl von Gemeinden zu überprüfen hat und diese Prüfung – wie der vorliegende Fall verdeutlicht – sehr aufwändig sein kann, wenn eine Vielzahl von Fehlern vorliegen und diese jeweils gesondert anhand der wahlrechtlichen Vorschriften zu bewerten sind. Dem Gericht ist auch die angespannte Personalsituation am Landratsamt im Hinblick auf das Pandemiegeschehen bekannt. Insoweit hätte aber allenfalls der Gesetzgeber durch eine maßvolle Verlängerung der Prüffrist ändernd eingreifen können. Nach der geltenden Wahlbekanntmachung (Ziff. 87 Satz 6 GLKrWBek) ist jedenfalls Arbeitsüberlastung kein zulässiger Grund für eine Fristverlängerung. Auch das nachvollziehbare Argument des Landratsamtes, dass die Einhaltung der Frist bei der Vielzahl der zu prüfenden Gemeinden dann problematisch ist, wenn bei einer der zuletzt geprüften Gemeinden größere Fehler passiert sind, kann vor diesem Hintergrund nicht zu einem anderen Ergebnis führen. Allerdings ist es positiv zu werten, wenn das Landratsamt dem sich aus Art. 50 Abs. 4 GLKrWG und Ziff. 87.1 und 87.2.3 GLKrWBek zu entnehmenden Willen des Gesetzgebers entsprechend darum bemüht, eine Ungültigkeitserklärung möglichst zu vermeiden.
Klarzustellen ist aber auch: Aus den vorgelegten Akten ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerseite und einer veröffentlichten Meinung eindeutig, dass die Wahlprüfung der Gemeinden im Landkreis Würzburg nicht zunächst zurückgestellt und erst auf Veranlassung der Regierung von Unterfranken durchgeführt worden ist.
Nach all dem gab es keinen hinreichenden Grund für weitere Sachverhaltsermittlungen. Weil die fehlerhafte Bestellung des Wahlleiters und dessen Fehler im Verfahren feststanden, hätte am 17. Juli 2020 eine Anhörung der Betroffenen (Gewählte und Listennachfolger) mit kurzer Anhörungsfrist erfolgen können und noch innerhalb der Vier-Monats-Frist bis 27. Juli 2020 der Bescheid mit der Ungültigkeitserklärung zumindest die Einflusssphäre des Landratsamtes durch Aufgabe zur Post verlassen können (vgl. BayVGH, U.v. 20.3.1985 – 4 B 85. A. 62 – BeckRS 1985, 108835 = BayVBl 1985, 530).
Der nach Ablauf des 27. Juli 2020 ergangene Bescheid vom 25. September 2020 ist deshalb rechtswidrig, weil er nicht innerhalb der Vier-Monats-Frist ergangen ist. Wahlrechtliche Fristen sind nach der Rechtsprechung (vgl. BayVGH, U.v. 20.3.1985 – 4 B 85. A. 62 – BeckRS 1985, 108835 = BayVBl 1985, 530) streng zu handhaben, was sich auch an dem Umstand zeigt, dass entgegen Art. 32 BayVwVfG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch Art. 55 Abs. 2 Satz 2 GLKrWG ausgeschlossen wird. Die vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes eingeführte Frist führt dazu, dass es bei dem am 26. März 2020 vom Wahlausschuss festgestellten Ergebnis sein Bewenden hat, auch wenn materiell-rechtliche Fehler im Wahlverfahren vorliegen, die eine Ungültigkeitserklärung grundsätzlich rechtfertigen würden.
1.2.3 Der Kläger wird durch diesen Bescheid auch in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Durch die streitgegenständliche Ungültigkeitserklärung wird er in einer ihm als Mandatsträger zustehenden Rechtsposition verletzt, denn er verliert durch die Ungültigkeitserklärung sein Mandat (und auch sein Amt als 2. Bürgermeister).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Mangels Beteiligung am Kostenrisiko durch eigene Antragstellung ist es angemessen, dass die Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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