Verwaltungsrecht

Untätigkeitsklage, Importfahrzeug (Chevrolet C5 Corvette), nicht den Vorschriften entsprechende Anbringungsstelle für ein hinteres vorschriftsmäßiges Kennzeichen, Ausnahmegenehmigung, verkleinertes zweizeiliges Kennzeichen, Verhältnismäßigkeit der Umbaumaßnahmen, Ermessensausübung

Aktenzeichen  W 6 K 21.644

Datum:
23.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 7815
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FZV § 3 Abs. 1
FZV § 10 Abs. 2
FZV § 47 Abs. 1
Anlage 4 zur FZV

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg, denn sie ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens gemäß § 47 Abs. 1 Halbs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV).
1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Verfahren bereits mit der Vorsprache des Klägers bei der Zulassungsbehörde am 16. November 2020 eingeleitet wurde oder ein Antrag auf Erteilung einer Ausnahme von den Vorgaben der Anlage 4 zur FZV in dem Schreiben seines Bevollmächtigten vom 23. November 2020 gesehen wird, da jedenfalls das Verwaltungsverfahren bis zur Klageerhebung am 14. Mai 2021 keinen offiziellen Verfahrensabschluss erfahren hat. Auch wenn in der Zwischenzeit der Kläger und die Zulassungsbehörde in regelmäßigem Austausch standen, hat sich das Verfahren seit der ablehnenden Stellungnahme des Landratsamts vom 9. Dezember 2020 inhaltlich nicht weiterentwickelt. Gründe, die eine Verzögerung der Entscheidung rechtfertigen könnten, sind weder ersichtlich noch vorgetragen. Trotz mehrfacher Aufforderung seitens des Klägerbevollmächtigten (17.12.2020, 18.1.2021 und 20.2.2021) wurde kein rechtsmittelfähiger Bescheid erlassen, sodass die Erhebung einer Untätigkeitsklage geboten war.
2. Die Klage ist unbegründet, denn der Kläger hat gegenüber der Zulassungsbehörde am Landratsamt H.keinen Anspruch auf Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens für sein Fahrzeug Chevrolet C5 (Corvette) mit dem derzeitigen Kennzeichen „… “. Ebenso wenig hat er einen Anspruch auf Verpflichtung des Beklagten über seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erneut zu entscheiden, da das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde. Denn vorliegend ist weder das Bestehen eines Ausnahmefalls noch sonstiger Ermessensfehler geltend gemacht oder ersichtlich.
2.1. Bei der Zulassung eines Fahrzeugs teilt die Zulassungsbehörde dem Fahrzeug ein Kennzeichen zu, um eine Identifizierung des Halters zu ermöglichen, § 8 Abs. 1 Satz 1 FZV. Das Kennzeichen besteht aus einem Unterscheidungszeichen (ein bis drei Buchstaben) für den Verwaltungsbezirk, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, und einer auf das einzelne Fahrzeug bezogenen Erkennungsnummer, § 8 Abs. 1 Satz 2 FZV. Die Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummern sind mit schwarzer Beschriftung auf weißem schwarz gerandetem Grund auf ein Kennzeichenschild aufzubringen, § 10 Abs. 1 Satz 1 FZV. Die Form, Größe und Ausgestaltung einschließlich der Beschriftung müssen den Mustern, Abmessungen und Angaben in Anlage 4 zur FZV entsprechen, § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV. Gemäß § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV können die zuständigen obersten Landesbehörden oder die von ihnen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen Ausnahmen von den Vorschriften der Abschnitte 1 bis 5 der FZV, jedoch nicht von § 12 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 und § 8 Absatz 1a FZV, in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte einzelne Antragsteller genehmigen.
Gegenstand der vorliegend begehrten Ausnahme nach § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV sind die Anforderungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d der Anlage 4 zur FZV.
Gemäß Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 der Anlage 4 zur FZV ist das Größtmaß der Kennzeichen festgelegt (vorliegend für Pkw einzeilig: 520 mm Breite und 110 mm Höhe; zweizeilig: 340 mm Breite und 200 mm Höhe), das Mindestmaß wird mittelbar bestimmt durch die einheitlich zu verwendende Schrift (vgl. Abschnitt 1 Nr. 2 der Anlage 4 zur FZV) sowie die Ausgestaltung des Eurofeldes (Abschnitt 1 Nr. 3 der Anlage 4 zur FZV) und des Raumes für die Plaketten (Abschnitt 1 Nr. 6 der Anlage 4 zur FZV). Verkleinerte zweizeilige Kennzeichen dürfen gemäß Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 2 der Anlage 4 zur FZV nur für Leichtkrafträder und Fahrzeuge nach § 10 Abs. 6 Nr. 2 FZV zugeteilt werden. Um die Anbringung und Sichtbarkeit eines vorschriftsmäßigen hinteren Kennzeichens sicherzustellen, müssen die Fahrzeughersteller die gemäß § 10 Abs. 6 FZV geltenden, europarechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung des Kennzeichenhalterungsplatzes einhalten.
Ist es der Zulassungsbehörde nicht möglich, für ein Fahrzeug ein amtliches Kennzeichen zuzuteilen, das an der am Fahrzeug vorgesehenen Stelle angebracht werden kann, hat gemäß Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV der Halter Veränderungen am Fahrzeug vorzunehmen, die die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens ermöglichen, sofern die Veränderungen nicht unverhältnismäßigen Aufwand erfordern; in Zweifelsfällen kann die Zulassungsbehörde die Vorlage eines Gutachtens eines amtlichen anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr verlangen. Kann also an einem Fahrzeug – auf Grund technischer oder baugestalterischer Gegebenheiten – an der dafür vorgesehenen Stelle kein vorschriftsmäßiges amtliches Kennzeichen angebracht werden, so ist es vorrangig die Pflicht des Halters dieses Fahrzeugs, an seinem Fahrzeug die erforderlichen, insbesondere technischen Veränderungen vorzunehmen bzw. vornehmen zu lassen, damit ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen angebracht werden kann. Sollte der dafür erforderliche (Umbau-)Aufwand unverhältnismäßig sein, dann kann eine Ausnahme zum Führen eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens nach Abschnitt 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. d der Anlage 4 zur FZV genehmigt werden. Die Behörde kann in Zweifelsfällen die Vorlage eines Sachverständigengutachtens (insbesondere zur Frage des erforderlichen technischen Aufwands und der damit einhergehenden Aufwendungen) verlangen. Die diesbezügliche Ausnahmegenehmigung nach § 47 Abs. 1 Halbs. 1 FZV liegt im Ermessen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, vgl. § 47 Abs. 1 FZV i.V.m. § 14 ZustVVerk. Um eine bayernweit einheitliche Handhabung zu gewährleisten, hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) am 6. Februar 2018 Arbeitshinweise „Größe und Anbringung von Kennzeichen“ (Az.: IIE6-3614-1-13-2) mit ermessenslenkenden Hinweisen erlassen.
Die hier begehrte Genehmigung zum Führen eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens (vgl. Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 7 der Anlage 4 zur FZV) knüpft an besondere, einschränkende Voraussetzungen: Nach dem eindeutigen Wortlaut von Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV ist der Halter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ein vorschriftsmäßiges amtliches Kennzeichen an seinem Fahrzeug angebracht werden kann. Nur wenn der Veränderungsaufwand hierfür im konkreten Einzelfall unverhältnismäßig ist, darf die Behörde nach ihrem Ermessen eine Ausnahme von den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Anlage 4 zur FZV genehmigen. Damit ist den maßgeblichen Vorschriften bereits eine Richtung der Ermessensausübung zu entnehmen (intendiertes Ermessen), da ein bestimmtes Ergebnis vom Normgeber vorgesehen und gewollt ist und davon nur ausnahmsweise abgesehen werden darf. Dies hat zur Folge, dass es im Falle des Fehlens der Voraussetzungen einer Ausnahme für die ablehnende Entscheidung schon keiner besonderen Begründung bedarf (vgl. zum Begriff des intendierten Ermessens insbesondere BVerwG, U.v. 5.7.1985 – 8 C 22/83 – BVerwGE 72, 1 ff., m.w. Nachw.).
Der Wille des Normgebers ist nicht nur den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 FZV i.V.m. Anlage 4 zur FZV zu entnehmen. Mit § 10 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 FZV, welcher die einheitliche Ausgestaltung für die Anbringung und Sichtbarkeit von hinteren Kennzeichen für Fahrzeuge gemäß europarechtlichen Vorgaben regelt (Typengenehmigung), wollte der Normgeber sicherstellen, dass bereits die hierfür vorgesehene Anbringungsstelle passend für ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen ist, welches seinerseits gemäß den Vorgaben der Anlage 4 zur FZV einheitlich gestaltet ist. Der Halter wird folglich nur dann zu Veränderungen angehalten, wenn das vorschriftsmäßige Kennzeichen aufgrund der besonderen Bauart des Fahrzeugs nicht passt, was in der Regel bei außereuropäischen Importen – wie hier einem US-Fabrikat – der Fall sein wird. Nur wenn der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig ist, (dann erst) besteht Raum für eine Ausnahmegenehmigung (so auch VG Koblenz, U.v. 15.5.2006 – 4 K 1442/05 – BeckRS 2006, 24440, beck-online).
Mit diesen rechtlichen Vorgaben gehen im Übrigen auch die – das Gericht als Verwaltungsinterna nicht bindenden – Ausführungen des StMI in den Arbeitshinweisen vom 6. Februar 2018 konform, sodass deren Anwendung durch die Behörde nicht per se einen Ermessensfehlgebrauch indizieren kann.
2.2. Vorliegend ist für die Anbringung eines vorderen Kennzeichens ausreichend Platz vorhanden, jedoch ermöglicht die Ausgestaltung der Anbringungsstelle für das hintere Kennzeichen am Heck des Fahrzeugs nicht die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens. Denn der am Heck der Corvette vorgesehene Raum für die Anbringung eines amtlichen Kennzeichens befindet sich innerhalb einer Einbuchtung bzw. Vertiefung zwischen zwei Nebelschlussleuchten und beträgt maximal 320 mm auf 150 mm. Davon hat sich das Gericht durch Vorlage von Fotos vom Heck des Fahrzeugs des Klägers sowie den Ausführungen im Gutachten des TÜV … vom 28. November 2014 überzeugen können.
Auf Grund der Vorgaben über die bei der Erstellung eines Kennzeichens zu verwendende Schrift und die einzuhaltenden Mindestabstände (vgl. Abschnitt 1 Nr. 2.2.1 und 2.2.2 sowie Abschnitt 2 Nr. 1 und Nr. 2 der Anlage 4 zur FZV) kann weder ein einzeiliges noch ein zweizeiliges Kennzeichen in gängiger Größe – selbst unter Verwendung von Engschrift – angebracht werden, selbst wenn es neben dem Unterscheidungszeichen „HAS“ für den Landkreis H. eine Buchstaben-/Zahlenkombination aus nur einem Buchstaben und einer Zahl (Mindestanforderung) enthielte. Dieser Umstand ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde zudem rechnerisch durch das Gericht nachgeprüft. Die theoretische Berechnung der kürzest und auch knappest möglichen Zusammensetzung anhand der Vorgaben der Anlage 4 zur FZV ergibt 346,5 mm für ein einzeiliges Kennzeichen und überschreitet den vorhandenen Raum.
2.3. Nachdem die Anbringung eines vorschriftsmäßigen hinteren Kennzeichens nicht möglich ist, hat der Halter Veränderungen am Fahrzeug vorzunehmen, um eine Anbringung zu ermöglichen. Dies gilt nur dann nicht, wenn der hierfür erforderliche Aufwand unverhältnismäßig wäre, Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 und Satz 7 der Anlage 4 zur FZV. Bei der Frage, ob ein Veränderungsaufwand unverhältnismäßig ist, muss sowohl der technische als auch der finanzielle Aufwand festgestellt und in Beziehung zum Zeitwert des Fahrzeugs gesetzt werden.
Es ist unstrittig, dass eine Veränderung jedenfalls nicht unmöglich ist, da es verschiedene technische Möglichkeiten gibt, das Fahrzeug des Klägers so zu verändern, um die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens zu ermöglichen.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die vorzunehmenden technischen Veränderungen, welche die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens ermöglichen, unter dem wirtschaftlichen Gesichtspunkt auch nicht unverhältnismäßig.
Nach Äußerungen des TÜV … (vgl. Bl. 24 der Behördenakte und Stellungnahme vom 17.9.2021) kann die vorhandene Aussparung für das hintere Kennzeichen mit Distanzstücken überbrückt und ein vorschriftsmäßiges Kennzeichen vor der Aussparung angebracht werden. Die dadurch verdeckte Nebelschlussleuchte kann funktionsunfähig gemacht und abgedeckt werden. Eine Nebelschlussleuchte kann an anderer Stelle entsprechend den Vorschriften der StVZO angebracht werden. Die Kosten für diesen Umbau werden seitens der Behörde mit ca. 300 EUR beziffert. Die Stellungnahme des TÜV … kann hierbei nicht als Parteigutachten im zivilprozessualen Sinne gesehen werden, da es sich hierbei um einen amtlich anerkannten Sachverständigen handelt, dessen Zulassung strengen gesetzlichen Vorgaben unterliegt (vgl. auch Anlage VIIIb zur StVZO). Eine Befangenheit oder besondere Parteinahme zulasten des Klägers kann den Ausführungen des TÜV … weder entnommen werden, noch ist sie dargelegt.
Diesem Umbauvorschlag und seiner Kostenbemessung tritt der Kläger auch nicht substantiiert entgegen, sondern hält diesen Umbauvorschlag für untauglich, da dadurch der Originalzustand des Fahrzeuges verändert und die Corvette, welche nicht zuletzt auch ein Anlageobjekt sei, im Wert sinken würde; gleiches gelte für das Anbringen einer zusätzlichen Nebelschlussleuchte durch Anbohren des Hecks. Der Kläger wendet ein, er könne damit in Zukunft weder ein H-Kennzeichen beantragen noch das Fahrzeug zu vernünftigen Konditionen verkaufen, sodass aus seiner Sicht auch diese Wertminderung in die Kalkulation einzubeziehen sei. Eine den Belangen des Klägers entsprechende Umrüstung könne nur in dem Erwerb eines Ersatzheckteils (Kosten ca. 2.500 EUR) bestehen, welches entsprechend lackiert und umgebaut würde, während das Original-Heckteil eingelagert und bis zum Erreichen des Oldtimer-Alters von 30 Jahren aufbewahrt würde. Der hierdurch insgesamt verursachte finanzielle Aufwand stünde nach Ansicht des Klägers in keinem Verhältnis zum Zeitwert des Fahrzeugs.
Diese Auffassung geht fehl, da sie Umstände miteinzubeziehen versucht, die jedoch außer Acht zu bleiben haben. Die Vorgaben des Normgebers sind ausschließlich darauf ausgerichtet, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens zu ermöglichen, welches dank der Erkennbarkeit und Sichtbarkeit des Kennzeichens und der damit möglichen Identifizierung des einzelnen Verkehrsteilnehmers den besonderen Interessen der Allgemeinheit im öffentlichen Straßenverkehr dient. Denn ein Fahrzeug darf nur dann auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden, wenn es zum Verkehr zugelassen ist (§ 3 Abs. 1 Satz 1 FZV), wobei die Zulassung selbst durch Zuteilung eines Kennzeichens erfolgt (§ 3 Abs. 1 Satz 3 FZV). Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht, § 3 Abs. 1 Satz 2 FZV. Optische oder ästhetische Gesichtspunkte bleiben bei der Frage der Zulassung eines Fahrzeugs außer Betracht, wie auch persönliche Präferenzen und eventuelle wirtschaftliche Interessen des Halters, die ihn zum Erwerb und zur Zulassung eines solchen Fahrzeugs bewegt haben könnten (z.B. das Fahrzeug als Anlageobjekt oder eine etwaige zukünftige Zulassung als Oldtimer). Folglich geht es auch ausweislich des klaren Wortlauts des Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 und Satz 7 der Anlage 4 zur FZV bei den in Frage stehenden Umbaumaßnahmen (nur) darum, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens durch entsprechende Veränderungen am Fahrzeug zu ermöglichen. Erst wenn festgestellt ist, dass diese konkreten Veränderungen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, kann eine Ausnahme genehmigt werden. Damit orientiert sich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kosten ausschließlich daran, was erforderlich ist, um die Anbringung eines Kennzeichens möglich zu machen, nicht jedoch, was dies ggf. für ästhetische Beeinträchtigungen oder mittelbare (Folge-)Kosten für den Halter des Fahrzeugs mit sich bringt.
Selbst wenn bei der beklagtenseits vorgeschlagenen Umbaumaßnahme mit geschätzten Kosten i.H.v. 300 EUR zusätzliche Kosten für eine Einzelgenehmigung der nachgerüsteten Nebelschlussleuchte hinzukämen, ist es weder ersichtlich noch dargelegt, dass die Gesamtkosten mehr als 1.000 EUR betragen könnten. Damit stünden diese jedenfalls im Verhältnis zum derzeitigen Fahrzeugwert (laut Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung ca. 20.000 bis 22.000 EUR). Ohne dass der vorliegende Fall Anlass bietet, allgemein festzulegen, ab welchem Anteil des Zeitwertes eines Fahrzeugs ein Veränderungsaufwand für die Anbringung eines vorschriftsmäßigen amtlichen Kennzeichens unverhältnismäßig erscheint, kann jedenfalls festgestellt werden, dass ein Aufwand in Höhe von etwa 1/20 des Zeitwertes keinesfalls unverhältnismäßig ist. Soweit der Kläger einwendet, er werde gezwungen, sein Fahrzeug unwiderruflich wertmindernd zu verändern, führt dies zu keiner anderen Beurteilung, da ihm als Halter eine aufwändigere bzw. teurere Umbaumaßnahme unbenommen bleibt. Dennoch muss sich die Frage der Verhältnismäßigkeit an der kostengünstigsten bzw. einfachsten Umbauvariante messen lassen, da es nur darauf ankommt, die Anbringung eines vorschriftsmäßigen Kennzeichens möglich zu machen.
Unter diesen Voraussetzungen durfte die Beklagte die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung in Anlehnung an die normative Wertung des Abschnittes 1 Nr. 4 der Anlage 4 zur FZV ablehnen, ohne dass es weiterer Ermessenserwägungen bedurfte.
Unbehelflich ist der Verweis des Klägers auf das Gutachten des TÜV … vom 28. November 2014 und die dortige Feststellung des Sachverständigen, dass er die erforderlichen Ausnahmegenehmigungen – und nach Ansicht des Klägers damit auch eine Ausnahmegenehmigung für die Erteilung eines verkleinerten zweizeiligen Kennzeichens – befürworte. So handelt es sich bei dem vorgelegten Gutachten des TÜV … nicht um ein Sachverständigengutachten i.S.d. Abschnitt 1 Nr. 4 Satz 6 der Anlage 4 zur FZV, sondern um ein Gutachten, das Stellung zu den festgestellten Ausnahmen und den jeweils erforderlichen Einzelgenehmigungen von den technischen Vorgaben der StVZO im Rahmen der Einzelzulassung nach § 21 StVZO nimmt. Zudem ist der im Gutachten festgestellte Umstand, dass die Fläche für die Anbringung eines Kennzeichens nicht den Vorgaben des § 10 Abs. 6 FZV entspricht, zwar zutreffend, aber nicht mit der vorliegend verfahrensgegenständlichen begehrten Ausnahme von den Vorgaben des § 10 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anlage 4 zur FZV identisch. Diesbezüglich folgt der Sachverständige dem von ihm herangezogenen „Merkblatt für die Begutachtung von Fahrzeugen“ des Bundesministeriums für Verkehr vom 12. November 1998 (i.d.F. vom 26.3.2018, VkBl. 2018, 475), demnach im Gutachten anzugeben ist, wenn die Fläche der serienmäßigen Anbringungsstelle die in § 10 Abs. 6 Nr. 1 FZV i.V.m. VO(EU) 1003/2010 angegebenen Mindestabmessungen – wie hier – unterschreitet. Dieser Vermerk im Gutachten begründet ausweislich der Klarstellung im Merkblatt selbst keinen Rechtsanspruch auf Zuteilung eines entsprechenden Kennzeichens (vgl. VkBl 2018, 475 (482)).
2.4. Es ist unerheblich, dass dem Vorbesitzer 2014 im Kreis Borkum (Unterscheidungszeichen BOR) im Bundesland Niedersachsen eine Ausnahmegenehmigung für ein verkleinertes zweizeiliges Kennzeichen für das verfahrensgegenständliche Fahrzeug genehmigt wurde. Nachdem die Ausnahmegenehmigung nicht vom Beklagten, sondern von der Behörde eines anderen Bundeslandes erteilt wurde, und der Begünstigte ein anderer als der Kläger gewesen ist, kann sich der Kläger weder auf Vertrauensschutz noch auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) berufen. Die behördliche Praxis von Zulassungsstellen in anderen Bundesländern kann den hiesigen Beklagten nicht binden. Es liegt in der Natur einer Ermessensentscheidung, dass verschiedene Behörden ihren Ermessensspielraum unterschiedlich ausfüllen (so auch VG Berlin, U.v. 18.11.2015 – 11 K 330.15 – juris, Rn. 16). Dies muss erst recht aufgrund des Föderalismusprinzips gelten (vgl. Art. 20 Abs. 1 GG).
Eine etwaige Ungleichbehandlung innerhalb des Freistaates Bayern ist ebenso wenig ersichtlich oder dargelegt. So gibt es zur Vereinheitlichung der Handhabung der bayerischen Behörden die entsprechenden Arbeitshinweise des StMI vom 6. Februar 2018 (s.o.). Zu den vom Kläger im Verfahren benannten Kennzeichen, die für andere Fahrzeuge im Landkreis H. erteilt wurden, hat der Beklagte entsprechend Stellung genommen und ausgeführt, weshalb eine vergleichbare Situation mit der des Klägers nicht vorliegt. So handelte es sich einmal um einen Oldtimer, der aufgrund seiner besonderen Eigenschaft als fahrzeugtechnisches Kulturgut anders zu bewerten ist. Das andere benannte Kennzeichen war ein reguläres einzeiliges Kennzeichen, das aufgrund seiner Kürze (nur ein Buchstabe und eine Ziffer) als „verkürzt“ erschien. Soweit klägerseits ausgeführt wird, dass in anderen Landkreisen (Bamberg, Schweinfurt) eine andere Handhabe für verkürzte Kennzeichen möglich sei, ist dies dem Umstand geschuldet, dass die Unterscheidungszeichen für beide Landkreise nur aus zwei Buchstaben (BA bzw. SW) bestehen, was per se ein kürzeres (einzeiliges) Kennzeichen möglich macht.
3. Daher konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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