Aktenzeichen M 16 S 17.1130
GlüStV GlüStV § 3 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 2, § 21 Abs. 2
Leitsatz
1 Das in § 21 Abs. 2 GlüStV zum Ausdruck kommende Trennungsgebot, das auf den Erwägungen des § 1 GlüStV der Vermeidung von Glücksspielsucht als Ziel des Staatsvertrages beruht, erfasst nach der gesetzgeberischen Wertung auch das Nebeneinander von Sportwettangeboten und Geldspielmöglichkeiten in einer Gaststätte. (redaktioneller Leitsatz)
2 Dem in § 1 S. 1 Nr. 1 GlüStV normierten Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht läuft es zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (EuGH BeckRS 2016, 80225) hat keinen Einfluss auf das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV. (redaktioneller Leitsatz)
4 Im Rahmen des Auswahlermessens ist es der Behörde freigestellt, welche der beiden Glücksspiele sie untersagt, sofern beide Maßnahmen bei hier gegebenem gleichem Erfolg für den Antragsteller gleich belastend sind. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen sofort vollziehbaren Bescheid, mit dem ihm die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten in seiner Gaststätte untersagt werden.
Am 22. November 2016 ging bei dem Landratsamt Pfaffenhofen ein anonymer Hinweis ein. Der Antragsteller betreibe unzulässigerweise einen Fußballwettautomaten in seiner Gaststätte.
Am 30. November 2016 besichtigten Mitarbeiter des Landratsamts die Gaststätte des Antragstellers. Es wurden mehrere Glücksspielautomaten und ein Sportwettautomat vorgefunden.
Mit Schreiben vom 1. Dezember 2016 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass das gleichzeitige Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettterminals in einer Örtlichkeit glücksspielrechtlich nicht zulässig sei. Es sei beabsichtigt, dem Antragsteller die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten in seiner Gaststätte zu untersagen und ihm unter der Androhung von Zwangsmitteln aufzugeben, sämtliche technische Einrichtungen, Systeme und schriftliche Unterlagen, die für die Vermittlung und Veranstaltung und Sportwetten erforderlich seien, zu entfernen. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers teilte daraufhin mit, dass der Antragsteller das Sportwettterminal in einem Nebenraum der Gaststätte aufgestellt habe, in dem sich keine Geldspielgeräte befänden. Bereits deshalb bestehe keine Veranlassung eine Untersagungsverfügung zu erlassen. Dem aus Sicht des Antragsgegners bestehenden allgemeingültigen Trennungsgebot sei durch die räumliche Verlagerung des Terminals zur Sportwettvermittlung genüge getan. Eine Untersagungsverfügung wäre ferner rechtswidrig, weil das entsprechende Ausführungsgesetz des Freistaats Bayern keine Vorgabe für die Vermittlung von Sportwetten dahingehend mache, dass Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten nicht auch in einer Gaststätte erfolgen dürfte, in der sich auch Geldspielgeräte befänden. Es wäre zudem eine ganz konkrete gesetzliche Regelung erforderlich, eine Untersagungsverfügung könne aufgrund des klaren Wortlauts dieser Norm nicht auf § 21 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) gestützt werden. Eine analoge Anwendung entgegen des klaren Wortlauts des Gesetzes sei rechtlich ausgeschlossen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung). Diese Regelung beziehe sich ganz offensichtlich auf einen anderen Sachverhalt. Mithin fehle es also an einer entsprechenden Gesetzesgrundlage, auf deren Basis die Einstellung der Sportwettvermittlung gefordert werden könne. Nach einer aktuellen Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 4. Februar 2016 könne das bloße Fehlen einer Erlaubnis dem jeweiligen Vermittler nicht vorgehalten werden. Da das Sportwettkonzessionsverfahren durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Hessen endgültig gestoppt worden sei, könne weder ein Veranstalter noch ein Vermittler von Sportwetten eine entsprechende Erlaubnis erhalten. Die Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags und des entsprechenden bayerischen Ausführungsgesetzes könnten nicht angewandt werden. Die Glücksspielaufsichtsbehörden bzw. die Landesministerien hätten gegenüber der europäischen Kommission bestätigt, dass die Annahme, Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten derzeit bundesweit aktiv geduldet werde, um dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts Rechnung zu tragen.
Mit Bescheid vom 23. Januar 2017, zugestellt am 4. März 2017, wurde dem Antragsteller die Annahme, Vermittlung und Veranstaltung von Sportwetten in seiner Gaststätte untersagt (Nr. 1). Der Antragsteller habe sämtliche technische Einrichtungen (zum Beispiel Wettterminals), Systeme und schriftliche Unterlagen, die für die Vermittlung und Veranstaltung und Sportwetten erforderlich seien, aus den Räumlichkeiten der Gaststätte zu entfernen (Nr. 2). Komme der Antragsteller der Verpflichtung aus Nr. 1 des Bescheids nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids nach, werde ein Zwangsgeld in Höhe von Euro 5.000,00 zur Zahlung fällig (Nr. 3). Komme der Antragsteller der Verpflichtung aus Nr. 2 des Bescheids nicht innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheids nach, werde ein Zwangsgeld in Höhe von Euro 3.000,00 zur Zahlung fällig (Nr. 4). Die Untersagung der Vermittlung von Sportwetten sowie die Entfernung sämtlicher technischer Einrichtungen, Systeme und schriftlicher Unterlagen unter der Nr. 1 und 2 des Tenors des Bescheids stütze sich auf § 9 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 Nr. 3 GlüStV. Die formell nicht erlaubte Sportwettvermittlung des Antragstellers laufe den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags entgegen und sei nicht erlaubnisfähig. Ein Sportwettautomat innerhalb der Räumlichkeiten einer Gaststätte, in der den Gästen auch Geldspielgeräte zur Verfügung stünden, sei mit dem Ziel des § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV nicht in Einklang zu bringen. Vielmehr würden Gaststättenbesucher dazu animiert, sich sowohl dem Geldautomatenspiel als auch den Sportwetten zuzuwenden und aufgrund der gaststättentypischen längeren Verweildauer auch wiederholt Wetten zu platzieren. Dies ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 21 Abs. 2 GlüStV. Nach § 21 Abs. 2 GlüStV dürften in einem Gebäude oder Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befänden, Sportwetten nicht vermittelt werden. § 21 Abs. 2 GlüStV normiere demnach ein Trennungsgebot. § 21 Abs. 2 GlüStV finde nach Sinn und Zweck auch über den Wortlaut hinaus auf Gaststätten Anwendung, in denen Geldspielgeräte aufgestellt seien. Es komme nicht darauf an, dass es sich bei der Gaststätte nicht um eine Spielhalle im Sinne der Gewerbeordnung handle. Denn von der Aufstellung von Geldspielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in Gaststätten gingen ebenso Suchtgefahren aus wie von ihrer Aufstellung in Spielhallen. Das Trennungsgebot beruhe auf der Erwägung, dass eine Kumulation der Sportwettvermittlung und des gewerblichen Glücksspielangebots in Form von Geldspielgeräten mit den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags nicht vereinbar sei. Zu diesen Zielen gehören unter anderem die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht (§ 1 Nr. 1 GlüStV). Diesem Ziel liefe es zuwider, wenn Annahmestellen für Sportwetten in Räumlichkeiten mit gewerblichem Glücksspielangebot eingerichtet werden dürften. Unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 21 Abs. 2 GlüStV sei demnach davon auszugehen, dass die räumliche Verknüpfung einer mit Geldspielgeräten ausgestatteten Gaststätte mit einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten unerwünschte Anreize zur Förderung der Glücksspiel- und Wettsucht biete. Dass das Wettterminal des Antragstellers in einen Nebenraum derselben Gaststätte verlagert worden sei, in dem sich keine Geldgewinnspielgeräte befänden, sei nicht ausreichend. Durch das Angebot beider Glücksspielangebote in einer Gaststätte bestehe zwischen den beiden Glücksspielangeboten in besonderer Weise eine „Griffnähe“. Denn der Kontakt mit der jeweils anderen Glücksspielart erfordere nicht das Überschreiten einer Hemmschwelle, die das Betreten eines gesondert betriebenen Gewerbebetriebs noch haben mag. Durch die Vermittlung von Sportwetten in derselben Gaststätte, in der auch das Spielen an Geldspielgeräten möglich sei, bestehe eine besonders hohe Gefahr, dass Spieler von Geldspielgeräten, wenn sie anfällig für Glücksspiel seien, Sportwetten abgäben. Ebenfalls könnten entgegen der Zielsetzung des Glücksspielstaatsvertrags Kunden von Sportwetten zum Spielen an Geldspielgeräten animiert werden. Daher lege nun auch § 1 Abs. 1 Nr. 3 Spielverordnung ausdrücklich fest, dass Geldspielgeräte nicht aufgestellt werden dürften, wenn in denselben Räumlichkeiten zugleich Sportwetten vermittelt werden. Die Vermittlung der Sportwetten erfolge zusätzlich formell illegal. Eine formell illegale Tätigkeit sei zu dulden, wenn diese die materiellen Erlaubnisvoraussetzungen erfülle und dies für die Untersagungsbehörde im Zeitpunkt ihrer Entscheidung offensichtlich, ohne weitere Prüfung, erkennbar war. Verbleibende Unklarheiten oder Zweifel an der Erfüllung der Erlaubnisvoraussetzungen, die sich nicht auf das Glücksspielmonopol beziehen, rechtfertigten ein Einschreiten. Der Antragsteller verstoße mit der Vermittlung von Sportwetten in Räumen derselben Gaststätte, in der auch das Spielen an Geldspielgeräten möglich sei, gegen das Ziel der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht, mithin gegen das Trennungsgebot. Das Ermessen werde dahingehend ausgeübt, dass die Vermittlung von Sportwetten untersagt werde. Eine Duldung der fehlenden Erlaubnis zur Vermittlung von Sportwetten käme nicht in Betracht, da die Vermittlung von Sportwetten und das Spielen an Geldspielgeräten in den Räumen derselben Gaststätte nicht möglich sei.
Am 16. März 2017 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den Bescheid und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Bayern- und bundesweit würde die Sportwettvermittlung in Geschäften aller Art durch die Ordnungsbehörden seit mindestens dem Jahr 2010 aufgrund von Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs über die Gemeinschaftswidrigkeiten des staatlichen Wettmonopols geduldet. In Bayern werde gegen Sportwettvermittlungsbetriebe, ungeachtet des Umstandes, ob diese sich in Gaststätten, Kiosken, Wettbüros, Pferdewettbüros oder sonstigen Betriebsstätten befänden, nicht eingeschritten. Einzig die Vermittlung von Sportwetten in Spielhallen würde ab dem Jahr 2012 in Einzelfällen beanstandet werden. Es sei keine Ermächtigungsgrundlage vorhanden, auf die der Eingriff gestützt werden könnte. In Bayern gäbe es das von dem Antragsgegner angenommene Trennungsgebot der Vermittlung von Sportwetten von dem Betrieb von Geldgewinnspielgeräten in Gaststätten nicht. Zudem veranstalte der Antragsteller keine Sportwetten, insoweit gehe der Bescheid unter Nr. 1 fehl. Der Antragsgegner vertrete die Rechtsauffassung, dass die Sportwettvermittlung in einer Gaststätte in keinem Fall erlaubnisfähig sei. Diese Rechtsauffassung und die darin zum Ausdruck kommenden Ermessenserwägungen seien falsch. Weiterhin sei das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV mit höherem Recht unvereinbar. So könnten in einer Pferdewettannahmestelle Geldspielgeräte aufgestellt werden. In einer Spielhalle dagegen dürften keine Sportwetten angeboten werden. Allein die Ungleichbehandlung zwischen einem Pferdewettbuchmachergeschäft und einem Sportwettenbuchmachergeschäft lasse sich unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt rechtfertigen. Der Glücksspielstaatsvertrag sei ersichtlich insgesamt inkohärent. Zudem sei seit Jahren ein aktiver Vollzugsverzicht der Verbote des Glücksspielstaatsvertrags festzustellen. So werde jedes Sportwettveranstaltungsunternehmen im Internet mit jeglichem Wettangebot, sei es zulässig oder nicht, geduldet. Ein Vorgehen allein in den Fällen der hier vorliegenden Art sei unverhältnismäßig, weil bereits ungeeignet, die im Glücksspielstaatsvertrag benannten Ziele tatsächlich in relevanter Weise durchzusetzen, sollte es ein allgemeines Trennungsgebot tatsächlich im Freistaat Bayern geben. Die Tätigkeit der Vermittlung von Sportwetten sei insbesondere vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als zulässiges Gewerbe anzusehen, so dass die Untersagung rechtswidrig sei. Dies gelte auch dann, sollte es ein allgemeines Trennungsgebot im Freistaat Bayern tatsächlich geben. Nach Kenntnis des Bevollmächtigten des Antragstellers würden hunderte Wettterminals in Gaststätten, in denen auch Geldspielgeräte betrieben werden, in Bayern seit Jahren unbeanstandet etwaiger Ordnungsbehörden betrieben. Darüber hinaus erweise sich die Untersagung – unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein Westfalen – insofern als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, als auch die Möglichkeit bestünde, die Geldspielgeräte aus der Gaststätte zu entfernen.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 16. März 2017 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 wird hinsichtlich der Nr. 1 bis 4 angeordnet bzw. wiederhergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
§ 21 Abs. 2 GlüStV regle die Vermittlung von Sportwetten einer Gaststätte mit Geldspielgeräten vom Wortlaut her nicht ausdrücklich. Das in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Trennungsgebot, das auf den Erwägungen des § 1 GlüStV der Vermeidung von Glücksspielsucht als Ziel des Staatsvertrags beruhe, erfasse jedoch nach der gesetzgeberischen Wertung auch das hier vorliegende Nebeneinander von Sportwettangeboten und Geldspielmöglichkeiten in einer Gaststätte. Soweit sich der Antragsteller auf eine Ungleichbehandlung von Sportwettvermittlungsstellen zu Pferdewettvermittlungsstellen berufe, sei diese Auffassung unzutreffend. Die Vermittlung von Pferdewetten unterscheide sich von der Vermittlung von sonstigen Sportwetten, da es sich dabei um ein historisch gewachsenes Sondersegment innerhalb des Glücksspielmarkts mit einem vergleichsweise geringen Anteil handle. Das Landratsamt schreite gegen Wettterminals in Gaststätten, in denen gleichzeitig Geldgewinnspielgeräte aufgestellt seien, regelmäßig ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte im vor-liegenden Verfahren sowie im Verfahren M 16 K 17.1129 und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Anordnung der gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung ist unbegründet.
Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen der Glücksspielaufsicht nach § 9 Abs. 1 GlüStV haben nach Art. 10 Satz 2 Halbs. 2 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag (AGGlüStV) i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 GlüStV keine aufschiebende Wirkung (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 10 CS 13.2300 – juris-Leitsatz). Die Androhung eines Zwangsgeldes ist nach Art. 21a Satz 1 Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) ebenfalls kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Bei der im Rahmen dieser Entscheidung gebotenen Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Verfahrens in der Hauptsache besondere Bedeutung zu. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechts-widrig, überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung; umgekehrt kommt dem öffentlichen Interesse am Vollzug regelmäßig der Vorrang zu, wenn der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist. Erscheinen die Erfolgsaussichten in der Hauptsache hingegen als offen, ist eine von der Vorausbeurteilung der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung vorzunehmen, wobei auch die gesetzgeberische Entscheidung für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs mit zu berücksichtigen ist.
Nach diesen Maßstäben überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers. Der Bescheid des Antragsgegners vom 23. Januar 2017 ist rechtmäßig. Der Bescheid verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten; die hiergegen erhobene Anfechtungsklage hat daher nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine Erfolgsaussichten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die auf § 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützte Untersagungsverfügung ist in Nr. 1 des Bescheides rechtmäßig.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Untersagungsverfügung liegen vor. Beim Einsatz des vom Antragsteller in seinen Geschäftsräumen aufgestellten Wettterminals handelt es sich um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV. Da der Gastraum grundsätzlich jedermann zugänglich ist, liegt öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 2 GlüStV vor.
Zwar ist in § 21 Abs. 2 GlüStV die Vermittlung von Sportwetten in einer Gaststätte mit Geldspielgeräten vom Wortlaut nicht ausdrücklich geregelt. Das in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommende Trennungsgebot, das auf den Erwägungen des § 1 GlüStV der Vermeidung von Glücksspielsucht als Ziel des Staatsvertrages beruht, erfasst jedoch nach der gesetzgeberischen Wertung auch das hier vorliegende Nebeneinander von Sportwettangeboten und Geldspielmöglichkeiten in einer Gaststätte. Diese gesetzgeberische Wertung kann nach summarischer Prüfung über § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV bei der Prüfung der materiellen Erlaubnisfähigkeit einer Sportwettvermittlung in einer Gaststätte, in der auch Geldspielgeräte aufgestellt sind, nutzbar gemacht werden, ohne gegen den Parlamentsvorbehalt, den Wesentlichkeitsgrundsatz und Vorbehalt des Gesetzes zu verstoßen. Dem in § 1 Satz 1 Nr. 1 GlüStV normierten Ziel der Vorbeugung und Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht läuft es zuwider, wenn in Vermittlungsstellen für Sportwetten auch die Möglichkeit zum Geldautomatenspiel angeboten wird. Hierdurch wird die Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung eröffnet, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Anzahl anfällig für die Entwicklung einer Glücksspiel- oder Wettsucht ist. Die räumliche Verknüpfung von gewerblichen Geldautomatenspielen in einer Betriebsstätte für die Vermittlung von Sportwetten bietet daher für diese in hohem Maße suchtgefährdeten Personen einen nach der Zielsetzung des GlüStV unerwünschten Anreiz, sich auch den Sportwetten zuzuwenden. Ebenso könnten durch eine Kumulation beider Angebote die an Sportwetten interessierten Kunden dazu animiert werden, sich auch dem Geldautomatenspiel zuzuwenden (BayVGH, B.v. 10.11.2015 – 10 CS 15.1538 – juris Rn. 22). Dafür spricht auch die Regelung in § 1 Abs. 1 Nr. 3 SpielV, die bestimmt, dass in Wettannahmestellen Geldspielgeräte nicht aufgestellt werden dürfen. Die gesetzgeberische Wertung eine Häufung von Glücksspielmöglichkeiten zu beschränken ist daraus klar erkennbar. Daran ändert auch die räumliche Trennung der Geldspielgeräte und des Sportwettterminals innerhalb der Gaststätte des Antragstellers nichts. Die bereits dargestellten Gefahren der Kumulierung von Geldspielgeräten und Sportwettterminals sind auch gegeben, wenn das Sportwettterminal in einem Nebenraum einer Gaststätte lokalisiert ist, da dieser ohne besondere Mühe zu erreichen ist und noch nicht einmal die Räumlichkeiten der Gaststätte verlassen werden müssen.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Ince (EuGH, U.v. 4.2.2016 – C-336/14 – juris) hat keinen Einfluss auf das Trennungsgebot des § 21 Abs. 2 GlüStV. Die Rechtsprechung des EuGH betrifft Rügen bezüglich der Konzessionserteilung. Dies wurde mit der Problematik der Monopolstellung der staatlichen Wettstellen begründet. Nicht davon erfasst sind jedoch rechtliche Regelungen, die unabhängig von der Monopolstellung des Staats gelten, wie das in § 21 Abs. 2 GlüStV verankerte Trennungsgebot.
Mit Blick auf das Trennungsverbot liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vor. Die Vermittlung von Pferdewetten unterscheidet sich nach der Rechtsprechung von der Vermittlung von sonstigen Sportwetten. Es handelt sich dabei um ein historisch gewachsenes Sondersegment innerhalb des Glücksspielmarkts mit einem vergleichsweise geringen Anteil. Eine unterschiedliche Behandlung entspricht somit den Besonderheiten des Sektors der Pferdewetten (vgl. BayVerfGH, E.v. 25.9.2015 – Vf. 9-VII-13 – juris Rn. 208).
Das in § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV eröffnete Ermessen wurde entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers rechtsfehlerfrei ausgeübt. Der gerichtliche Prüfungsumfang ist hinsichtlich des Ermessens nach § 114 Satz 1 VwGO eingeschränkt. Der Antragsgegner hat das ihm eingeräumte Ermessen erkannt und ausgeübt. Die Ermessensausübung des Antragsgegners erweist sich voraussichtlich als rechtmäßig (Art. 40 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG).
Bei pflichtgemäßer Ermessensbetätigung hat die Behörde von mehreren zur Gefahrenabwehr gleich geeigneten Maßnahmen diejenige zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt (vgl. Art. 8 Abs. 1 Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG).
Wenn mehrere taugliche Mittel der Gefahrenabwehr zur Verfügung stehen, sie aber bei gleicher Belastung für die Allgemeinheit den Adressaten der Verfügung objektiv unterschiedlich stark tangieren, so ist die Behörde gezwungen, das ihr bekannte objektiv mildeste Mittel auszuwählen. Der Antragsgegner hat ermessenfehlerfrei eines der beiden gleich mildesten Mittel – entweder Entfernung der Geldspielgeräte oder Untersagung der Vermittlung und Annahme von Sportwetten – ausgewählt, nämlich die Entfernung des Wettterminals und damit die Vermittlung und Annahme von Sportwetten.
Richtig ist die Ansicht des Antragstellers, dass die Einhaltung des Trennungsgebots ebenso erreicht werden kann, indem er den Betrieb der Geldspielgeräte einstellt. Daraus folgt jedoch kein Ermessensfehler.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller bereits in seinem Anhörungsschreiben vom 1. Dezember 2016 freigestellt, welche Glücksspielart er zur Vermeidung des angenommenen Verstoßes gegen § 21 Abs. 2 GlüStV aufgeben möchte. In diesem Schreiben wird ausdrücklich erläutert, dass das gleichzeitige Aufstellen eines Geldspielgerätes und eines Sportwettterminals unzulässig ist. Daraus folgt, dass die Einhaltung des Trennungsgebotes selbstredend auch mit der Entfernung der Geldspielgeräte eingehalten werden kann. Noch deutlicher wird insoweit der Bescheid. In dessen Gründen wird unter Rn. 3.2, Unterabsatz 5 und unter Bezugnahme auf Rn. 2.6 in den Ermessenserwägungen erörtert, dass (nur) wegen der Verletzung des Trennungsgebots die Annahme und Vermittlung von Sportwetten zu untersagen sei. Gleichzeitig wird unter Rn. 2.5 im letzten Absatz erläutert, dass das Trennungsgebot ebenso durch das Entfernen der Geldspielgeräte erfüllt werden kann. Insoweit unterscheidet sich die Tatsachengrundlage nicht von früheren Entscheidungen der Kammer, da die dortigen Gaststättenbetreiber im Verfahren ebenfalls vor die Wahl gestellt wurden, entweder die Geldspielgeräte oder die Sportwettterminals zu entfernen (vgl. VG München, U.v. 17.3.2015 – M 16 K 14.4670 – juris Rn. 2 und VG München, B.v. 17.6.2015 – M 16 S. 14.4667 – juris Rn. 2). Mithin hat der Antragsgegner ermittelt, ob der mit der Verfügung angestrebte Erfolg mit einem für den Antragsteller möglicherweise weniger einschneidenden Mittel erreicht werden könnte, nämlich mit dem Entfernen der Geldspielgeräte. Eine Aufforderung die Geldspielgeräte zu entfernen oder dem Antragsteller ausdrücklich bereits im Tenor des Bescheides die Wahl zu lassen, welches der beiden Glücksspiele er einstellen möchte, stellt kein milderes Mittel dar. Der Antragsteller darf nach der seit Jahren bestehenden und dem Gericht bekannten Verwaltungspraxis sowohl Geldspielgeräte als auch die Vermittlung und Annahme von Sportwetten – getrennt voneinander – grundsätzlich anbieten. Die Annahme und Vermittlung von Sportwetten bedarf einer Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV, davon geht auch der Antragsgegner aus. Das Fehlen der materiellen Erlaubnisvoraussetzungen im Falle des Antragstellers wird im Bescheid lediglich mit der Nichteinhaltung des Trennungsgebots des § 21 Abs. 2 GlüstV begründet. Darüber hinaus wird derzeit deutschlandweit flächedeckend die Annahme und Vermittlung von Sportwetten geduldet. Daher kann dem Antragsteller wegen dieser einheitlichen Verwaltungspraxis nicht die Annahme und Vermittlung von Sportwetten wegen des gestoppten Konzessionsverfahrens für die Sportwettveranstalter, § 10a GlüStV, ohne nähere sachliche Begründung untersagt werden – sofern er das Trennungsgebot einhält. Spätestens seit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Ince (EuGH, U.v. 4.2.2016 – C-336/14 – juris) dürfte zumindest mit der Monopolstellung der staatlichen Wettstellen eine entsprechende Untersagungsverfügung nicht begründet werden können. Vielmehr bedürfte es einer näheren, monopolunabhängigen Begründung warum nun gerade gegen den Antragsteller vorgegangen werden soll und gleichzeitig gegen zahllose andere Gewerbetreibende, die ebenfalls Sportwetten vermitteln, nicht eingeschritten wird. Daraus folgt im Rahmen der Ermessensausübung, dass grundsätzlich die Vermittlung und Annahme von Sportwetten und das Aufstellen von Geldspielgeräten als gleichwertige Glücksspiele anzusehen sind, von denen per se weder dem einem noch dem anderen Vorrang zu geben ist. Jedoch ist es im Rahmen des Auswahlermessens der Behörde freigestellt, welche der beiden Glücksspiele sie untersagt, sofern beide Maßnahmen bei hier gegebenem gleichem Erfolg für den Antragsteller gleich belastend sind. Insoweit hat der Antragsteller auch nicht vorgetragen, welche der beiden Glücksspielarten für ihn (wirtschaftlich) wichtiger sei. Deshalb und weil dem Antragsgegner von Anfang mitgeteilt wurde, dass er nur eines der beiden Glückspiele anbieten darf, konnte die Vermittlung und Annahme der Sportwetten untersagt werden. Dem Antragsteller ist es freigestellt, die Geldspielgeräte zu entfernen und das Sportwettterminal weiter zu betreiben. In diesem Fall würde sich der streitgegenständliche Bescheid erledigen.
Diesem Ergebnis steht die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen nicht entgegen. (vgl. OVG NRW, B.v. 20.2.2017 – 4 B 609/16 – juris Rn. 20 ff.). Im Gegensatz zum streitgegenständlichen Bescheid ist die dortige Antragsgegnerin offenbar von vornherein davon ausgegangen, dass (nur) die Sportwettvermittlung zu untersagen sein würde. Darüber hinaus handelt es sich um eine abweichende Konstellation, da die dort in Rede stehende Spielhalle nur noch wenige Monate legal betrieben werden durfte, gleichwohl aber die Annahme und Vermittlung von Sportwetten untersagt wurde, wobei ein Ende deren Duldung aus damaliger Sicht nicht absehbar war.
Die übrigen Regelungen des Bescheids in Nr. 2 bis Nr. 3 sind ebenfalls rechtmäßig, insoweit beruft sich der Antragsteller auch nicht auf gesonderte Gründe, die eine Rechtswidrigkeit begründen könnten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Der in der Hauptsache gebotene Streitwert in Höhe von 20.000,00 EUR war im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren.