Verwaltungsrecht

Unzulässige Bündelung von Dienstposten über mehr als drei Statusämter

Aktenzeichen  3 ZB 15.2273

Datum:
10.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 102268
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
GG Art. 33 Abs. 2
BayBesG Art. 25 S. 2, S. 3

 

Leitsatz

1. Art. 25 S. 3 BayBesG ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BeckRS 2016, 41178) verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Bündelung von Dienstposten für mehr als drei Statusämter nur in Ausnahmefällen mit besonderer Rechtfertigung zulässig ist. Die vorliegende Zuordnung des Dienstpostens zu den Besoldungsgruppen A 9 bis A 13 war deshalb mangels besonderer Rechtfertigung unzulässig. (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine reine Dienstpostenkonkurrenz unterfällt grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG, so dass keine Klagebefugnis für eine Klage auf Neubescheidung der Bewerbung besteht.   (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 K 14.3406 2015-09-18 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Besetzung des Dienstpostens „Beamtin/Beamter der 3. Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nicht technischer Verwaltungsdienst“ im Sachgebiet 21 – Handel und Gewerbe – der Regierung von O… mit dem Beigeladenen über die Neubesetzung der streitgegenständlichen Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf erneute Durchführung eines Auswahlverfahrens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog).
Der ausgeschriebene Dienstposten ist im Rahmen einer sog. gebündelten Bewertung allen Besoldungsgruppen der dritten Qualifikationsebene zugeordnet. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, gegen die Bündelung des Dienstpostens sei im konkreten Fall rechtlich nichts zu erinnern. Zwar dürften nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Dienstposten nicht ohne sachlichen Grund gebündelt werden. Ein solcher sei im konkreten Fall durch Auskunft der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung mit der Notwendigkeit, auf Veränderungen flexibel reagieren zu können, jedoch dargelegt worden.
Der Kläger hält die vom Beklagten vorgenommene Dienstpostenbündelung für rechtswidrig. Die Möglichkeit einer gebündelten Dienstpostenbewertung sei in Art. 25 Satz 3 BayBesG geregelt. Hiernach könne die Wertigkeit der zugeordneten Funktionen auch über eine summarische oder gebündelte Dienstpostenbewertung festgestellt werden, wenn der Personalbewirtschaftung der Verwaltung interne Bewertungsrichtlinien zugrunde lägen. Diesbezüglich sei seitens des Beklagten nichts dargelegt worden. Die Schaffung gebündelter Dienstposten, die allen Besoldungsgruppen der dritten Qualifikationsebene zugeordnet seien, sei daher nicht mit den Vorgaben des Bayerischen Besoldungsgesetzes in Einklang zu bringen. Im Übrigen widerspreche eine Bewertung, die alle Besoldungsgruppen einer Laufbahngruppe, etwa der des gehobenen Dienstes, erfasse, dem Leistungsprinzip.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben sich hieraus nicht. Der Senat teilt zwar die Bedenken des Klägers, soweit er rügt, die generelle Praxis der Regierung von O …, mit der die Funktion des Sachbearbeiters generell und konkret auch hinsichtlich des streitigen Dienstpostens „Kaminkehrerwesen“ allen Ämtern der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen zugeordnet wird, sei rechtswidrig (1.1). Mangels Entscheidungserheblichkeit führen diese Bedenken jedoch nicht zur Zulassung der Berufung (1.2).
1.1 Der streitige Dienstposten ist im Rahmen einer sog. gebündelten Bewertung allen Besoldungsgruppen der dritten Qualifikationsebene zugeordnet. Der Senat geht zum gegenwärtigen Sach- und Streitstand davon aus, dass die die gesamte Qualifikationsebene umfassende Dienstpostenbündelung bezogen auf den streitigen Dienstposten nicht rechtens ist.
Der bayerische Gesetzgeber hat für zwei Fallgruppen die sog. Bündelungsbewertung ausdrücklich gesetzlich gestattet. Art. 25 Satz 2 BayBesG erlaubt die Bündelungsbewertung von jeweiligem Eingangsamt, erstem und zweiten Beförderungsamt, sog. Eingangsbündelung; Art. 25 Satz 3 BayBesG die Bündelung, wenn die Dienstpostenbewertung auf internen Bewertungsrichtlinien beruht (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: Dez. 2016, Art. 25 BayBesG Rn. 3). Die sog. Richtlinienbündelung (Art. 25 Satz 3 BayBesG) ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht auf bestimmte Besoldungsgruppen einer Qualifikationsebene beschränkt.
Die Bestimmung des Art. 25 Satz 3 BayBesG ist indes im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu sehen. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 18 Satz 2 BBesG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Professorenbesoldung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften („Eine Funktion kann bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe, in obersten Bundesbehörden allen Ämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden.“) entschieden, dass die seit Jahrzehnten bestehende Praxis vieler Dienstherren, Dienstposten zu bündeln („Topfwirtschaft im dienstrechtlichen Sinn“, vgl. Stuttmann, NVwZ 2016, 686), unter den Bedingungen einer „Massenverwaltung“ grundsätzlich zulässig ist (vgl. B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris). Die Voraussetzungen der „Massenverwaltung“ sieht das Bundesverfassungsgericht dann als gegeben an, wenn es sich um einen Teil der Verwaltung handelt, „bei der Dienstposten in der Regel mit ständig wechselnden Aufgaben einhergehen“ (BVerfG, B.v. 16.12.2015 a.a.O. Rn. 54). Die Zulässigkeit der Dienstpostenbündelung ist nach dieser Rechtsprechung daran geknüpft, dass sich der Dienstherr bewusst macht, welche Dienstposten von der Bündelung betroffen sind und welche Aufgaben in diese Spannbreite fallen (BVerfG, B.v. 16.12.2015 a.a.O. Rn. 54). Grundsätzlich ausgeschlossen ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine Bündelbewertung für mehr als drei Statusämter. Hier hält es eine Bündelung nur in Ausnahmefällen für zulässig und verlangt dafür eine besondere Rechtfertigung. Eine laufbahnübergreifende Dienstpostbündelung ist in aller Regel unzulässig (BVerfG, B.v. 16.12.2015 a.a.O. Rn. 54).
Die grundsätzliche Einschränkung auf drei Statusämter ist wohl als tragende Erwägung für die Bejahung der Verfassungsmäßigkeit des § 18 Satz 2 BBesG anzusehen (vgl. v. Roetteken, ZBR 2016, 151/156), was bedeutet, dass Art. 25 Satz 3 BayBesG nach dem Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung – wegen zu starker Beschränkung des Rechts auf amtsangemessene Beschäftigung – im vorgenannten Sinne auszulegen ist. D.h. eine Bündelbewertung für mehr als drei Statusämter ist nur in Ausnahmefällen zulässig und verlangt eine besondere Rechtfertigung.
Der streitige Dienstposten ist allen Besoldungsgruppen der dritten Qualifikationsebene zugeordnet und umfasst damit die Besoldungsgruppen A 9 bis A 13. Da mehr als drei Statusämter gebündelt worden sind, ist nach der vorzitierten verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung über einen sachlichen Grund hinaus eine besondere Rechtfertigung erforderlich. Eine solche ist nicht ersichtlich und wurde vom Beklagten auch nicht dargelegt.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, es habe im konkreten Fall die Notwendigkeit bestanden, auf Veränderungen flexibel reagieren zu können. Im Zulassungsverfahren hat die Landesanwaltschaft Bayern ergänzend darauf hingewiesen, die Bündelung von Dienstposten erfolge aus personalwirtschaftlichen Gründen. Nur so lasse sich ein kurzfristiger Personaleinsatz bewerkstelligen und sicherstellen, dass die Besetzung vakanter Dienstposten nicht daran scheitere, dass eine Neubewertung des Dienstpostens kurzfristig nicht möglich sei und die bisherige Wertigkeit dem Statusamt möglicher Umsetzungsbewerber nicht entspreche. Die aktuelle in Folge der hohen Flüchtlingszahlen seitens der Regierung zu bewältigenden Aufgaben und die dafür erforderlichen personellen Reaktionen belegten diese Notwendigkeit ohne weiteres.
Die Notwendigkeit eines flexiblen Personaleinsatzes aufgrund ständig wachsender Aufgabenstellungen stellt ohne Zweifel einen sachlichen Grund für eine Dienstpostenbündelung dar (vgl. Böhm, ZBR 2016, 145/149). Eine besondere Rechtfertigung für die Bündelung des konkret ausgeschriebenen Dienstpostens über die ganze Qualifikationsebene ergibt sich hieraus indes nicht. Weder der Gesichtspunkt der Flexibilität noch die im Zulassungsverfahren genannten personalwirtschaftlichen Gründe sind hierfür ausreichend. Der pauschale Hinweis auf die hohen Flüchtlingszahlen steht für eine „Massenverwaltung“, die einen sachlichen Grund darstellen kann, aber zu dem streitigen Dienstposten keinerlei Bezug hat und somit keine Berücksichtigung finden kann. Hinsichtlich des hier streitigen Dienstpostens muss sich die Regierung von O … vielmehr bewusst machen, welche Aufgaben in der Spannweite der dritten Qualifikationsebene (vgl. B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 54) überhaupt in Betracht kommen können und ob es ausnahmsweise gerechtfertigt ist, mehr als drei Ämter in die Bündelung einzubeziehen. Daran fehlt es hier.
Abgesehen davon fehlt es wohl auch an der „internen Bewertungsrichtlinie“, die Art. 25 Satz 3 BayBesG für die sog. Richtlinienbündelung voraussetzt. Hierauf hat bereits der Kläger im Zulassungsverfahren hingewiesen, ohne dass die Landesanwaltschaft Bayern darauf erwidert hätte. Bewertungsrichtlinien im Sinn des Art. 25 Satz 3 BayBesG sind z.B. im Bereich der Steuerverwaltung die „Leitlinien der Personalentwicklung“, in deren Anlage eine „Zusammenstellung der Arbeitsbereiche und Arbeitsgebiete/Dienstpostenbewertung“ enthalten ist. Auch vergleichbare Regelungen der Verwaltung könnten die Nachvollziehbarkeit der Bewertungskriterien erfüllen (vgl. LT-Drs. 16/15832 S. 13). In zukünftigen Verfahren, die Rechtmäßigkeit der Dienstpostenbündelung betreffend, müsste – sofern entscheidungserheblich – eine entsprechende Regelung vorgelegt werden.
Die Bedenken des Senats zur Zulässigkeit der Dienstpostenbündelung gründen auch auf die Ausschreibung des streitigen Dienstpostens, die einerseits für „interne Bewerber entsprechend ihrer persönlichen Qualifikation dotiert“ ist und andererseits externen Bewerbern die „Möglichkeit einer Einstellung bis zur Besoldungsgruppe A 9/A 10“ bietet. Daraus kann an sich nur der Schluss gezogen werden, dass der streitige Dienstposten im gegenwärtigen Aufgabenzuschnitt allenfalls eine Eingangsbündelung (Art. 25 Satz 2 BayBesG) erlaubt. Andernfalls wären externe Bewerber mit Aufgaben eines höherwertigen Statusamts betraut. Der Kläger (BesGr. A 12) wiederum wäre nicht amtsangemessen beschäftigt.
1.2 Auch wenn vorliegend von einer unzulässigen Dienstpostenbündelung auszugehen ist, fällt die in Streit stehende Auswahlentscheidung nicht in den Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG.
Ausgangspunkt der Zulassungsbegründung ist, dass, hätte der Beklagte „im Hinblick auf das Leistungsprinzip des Art. 33 Abs. 2 GG und die entsprechenden besoldungsrechtlichen Vorgaben des Bayerischen Besoldungsgesetzes den Dienstposten einer entsprechenden Bewertung entsprechend der Besoldungsgruppen zugeführt“, es sich bei dem Streit nicht um eine reine Dienstpostenkonkurrenz zwischen dem Kläger und den Beigeladenen handeln würde. Der Dienstposten würde vielmehr jedenfalls für den Beigeladenen einen Beförderungsdienstposten darstellen.
Ernstliche Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben sich hieraus nicht. Zum einen wurden vom Kläger für den Eintritt der hypothetischen Annahme (Beförderungsdienstposten für den Beigeladenen) keine hinreichenden Anhaltspunkte vorgetragen, zum anderen wäre dem Beigeladenen bzw. einem künftigen Stelleninhaber bei einer entsprechenden Bewertung der Stelle bis A 11 (oder ggf. auch höher) bei Erfüllung der allgemeinen persönlichen Voraussetzungen nur die ungewisse Chance einer denkbaren Beförderung eröffnet. Das Verwaltungsgericht ist damit zu Recht – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. insbes. B.v. 17.6.2008 – 3 CE 08.884 – juris Rn. 41) – von einer reinen Dienstpostenkonkurrenz ausgegangen, die grundsätzlich nicht dem Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 GG unterfällt. Es fehlt daher an der Klagebefugnis mit der Folge, dass die Klage auf Neuverbescheidung der Bewerbung als unzulässig abzuweisen wäre (vgl. BVerwG, U.v. 19.11.2015 – 2 A 6/13 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 15.9.2016 – 6 ZB 15.2114 – juris Rn. 4).
2. Der Zulassungsantrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Da der Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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