Verwaltungsrecht

Unzulässige u. unbegründete Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der Beschäftigungserlaubnis zur Fortsetzung einer Tätigkeit

Aktenzeichen  M 4 K 18.2329

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17051
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43, § 91
AsylG aF § 61 Abs. 2
GG Art 19 Abs. 4

 

Leitsatz

1. Von einer Fortsetzungsfeststellungsklage kann nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Kläger im Rahmen des Streitgegenstandes der bisherigen Verpflichtungsklage hält, wenn also mit der beantragten Feststellung der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird. (Rn.37) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Klageänderung ist in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Über die Klage entscheidet das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung, da die Beteiligten auf eine solche verzichtet haben.
Die Klage ist unzulässig. Unabhängig davon ist sie auch unbegründet.
I.
Der Klageantrag der Prozessbevollmächtigten vom 13. Februar 2020 stellt eine unzulässige Klageänderung in eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO dar, da der Beklagte nicht eingewilligt hat und das Gericht die Änderung nicht für sachdienlich hält, § 91 Abs. 1 VwGO
1. Vorliegend handelt es sich um eine Feststellungsklage. Erledigt sich eine Anfechtungsklage nach Klageerhebung, wird sie also aufgrund eines nachträglich eingetretenen Ereignisses unzulässig oder unbegründet, kann der Kläger unter bestimmten Voraussetzungen sein Klageziel auf eine sog. Fortsetzungsfeststellungsklage umstellen. Hierin liegt grundsätzlich gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO keine Klageänderung i.S.v. § 91 VwGO. Es ist allgemein anerkannt, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO für die Verpflichtungsklage analog anzuwenden ist. Von einer Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn sich der Kläger im Rahmen des Streitgegenstandes der bisherigen Verpflichtungsklage hält, wenn also mit der beantragten Feststellung der Streitgegenstand nicht ausgewechselt oder erweitert wird (vgl. BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33/13 – juris Rn. 13; U.v. 24.1.1992 – 7 C 24/91 – juris Rn. 7). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Eine zulässige Beschränkung des (ursprünglichen) Klageantrags durch den Kläger i.S.v. § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag liegt nur dann vor, wenn der Kläger (nunmehr) die Feststellung begehrt, dass er im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses gegen den Beklagten einen Anspruch auf den begehrten Verwaltungsakt hatte, der Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses mithin verpflichtet war, den vom Kläger begehrten Verwaltungsakt zu erlassen bzw. diesen unter Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden. Stellt der Kläger dagegen einen Feststellungsantrag, wonach die Ablehnung/Unterlassung des begehrten Verwaltungsakts durch den Beklagten rechtswidrig gewesen ist und den Kläger in seinen Rechten verletzte, dann liegt keine Fortsetzungsfeststellungsklage vor, sondern eine allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO und damit eine Klageänderung gemäß § 91 VwGO, denn ein solcher Antrag hält sich nicht mehr im Rahmen des Streitgegenstandes der ursprünglichen Verpflichtungsklage (so Decker, JA 2016, 241/243; vgl. zur Problematik BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33/13 – juris, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42/14 – juris).
Gemessen daran hat die Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 13. Februar 2020 den Streitgegenstand der ursprünglichen Verpflichtungsklage ausgewechselt bzw. erweitert, indem sie „nunmehr beantragt festzustellen, dass die Versagung der Beschäftigungserlaubnis zur Fortsetzung der Tätigkeit beim … … … * vom 11.05.2018 rechtswidrig gewesen ist“. Mithin hat sie eine allgemeine Feststellungsklage nach § 43 VwGO erhoben und damit die Klage nach § 91 VwGO geändert.
2. Der Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt.
Eine solche Einwilligung müsste als Prozesshandlung unzweideutig und unbedingt erklärt werden. Schweigen kann nicht als Einwilligung gedeutet werden (Rennert in Eyermann, 15. Aufl. 2019, VwGO § 91 Rn. 28). Der Beklagte hat weder ausdrücklich seine Einwilligung erklärt noch hat er sich mit einem Schriftsatz nach § 91 Abs. 2 VwGO auf die geänderte Klage eingelassen. Der Begriff der Einlassung in § 91 Abs. 2 VwGO setzt voraus, dass sich der Beklagte mit Sachvortrag inhaltlich zur geänderten Klage äußert (BVerwG, B.v. 25.6.2009 – 9 B 20.09 – juris Rn. 5). Der Beklagte hat sich mit seinen Schriftsätzen vom 13. Februar 2020 und vom 28. Februar 2020 nicht zur geänderten Klage geäußert, sondern lediglich die vom Gericht angeforderten Dokumente und die Restakte vorgelegt.
3. Das Gericht hält die Klageänderung auch nicht für sachdienlich.
Eine Klageänderung ist in der Regel als sachdienlich anzusehen, wenn sie der endgültigen Ausräumung des sachlichen Streits zwischen den Parteien im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt (vgl. BVerwG, U.v. 22.2.1980 – IV C 61.77 – juris Rn. 23). Die Klageänderung fördert vorliegend nicht die endgültige Streitbeilegung, weil es dem Kläger ursprünglich nicht auf die Rechtswidrigkeit der Versagung der beantragten Beschäftigungserlaubnis durch Bescheid vom 11. Mai 2018 ankam, sondern darauf, ob er einen Anspruch auf Neuverbescheidung hat.
II.
Selbst bei einer Auslegung des geänderten Klageantrags einer Rechtsanwältin – entgegen seinem Wortlaut – nach § 88 VwGO dahingehend, dass die Feststellung begehrt wird, dass der Beklagte im Zeitpunkt unmittelbar vor Eintritt des erledigenden Ereignisses verpflichtet war, den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis vom 12. Dezember 2017 unter Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, hat die Klage keinen Erfolg.
1. Die so beantragte Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO ist zwar grundsätzlich statthaft, aber unzulässig, weil der Kläger kein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat.
1.1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft.
1.1.1. Die Voraussetzungen für die zulässige Veränderung des Klageantrags in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag liegen vor, insbesondere war die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage zulässig.
1.1.2. Das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren hat sich – aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen – nach Klageerhebung erledigt, d.h. es ist entweder unzulässig oder unbegründet geworden.
Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis für eine Tätigkeit bei dem betreffenden … …, befristet bis zum 30. Juni 2018, ist mit Ablauf des beantragten Bewilligungszeitraums am 1. Juli 2018 unzulässig geworden. Für die ursprüngliche Verpflichtungsklage bestand kein Rechtsschutzbedürfnis mehr. Es ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitsplatz bei … nach Ablauf des 30. Juni 2018 noch zur Verfügung stand. Außerdem spricht vieles dafür, dass der Kläger kein Interesse mehr an der Stelle bei … hatte, da er mit Schreiben vom 11. August 2018 eine neue Beschäftigungserlaubnis für eine andere Tätigkeit beim Beklagten beantragte und ihm diese am 19. September 2018 auch erteilt wurde.
1.1.3. Die beantragte Feststellung ist bei der durch das Gericht zugunsten des Klägers vorgenommenen Auslegung als Minus vom bisherigen Streitgegenstand umfasst, der Streitgegenstand der bisherigen Verpflichtungsklage wird also nicht ausgewechselt oder erweitert (vgl. BVerwG, U.v. 24.1.1992 – 7 C 24/91 – juris Rn. 7; U.v. 4.12.2014 – 4 C 33.13 – juris Rn. 13, B.v. 21.1.2015 – 4 B 42.14 – juris Rn. 8).
Dieses Erfordernis ergibt sich aus dem prozessökonomischen Zweck der Fortsetzungsfeststellungsklage, die verhindern soll, dass ein Kläger, der infolge eines erledigenden Ereignisses seinen ursprünglichen, den Streitgegenstand kennzeichnenden Antrag nicht weiterverfolgen kann, um die „Früchte“ der bisherigen Prozessführung gebracht wird (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1986 – 8 C 84/84 – juris Rn. 15). Er darf daher das in der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage subsidiär enthaltene Feststellungsbegehren als Hauptantrag fortführen.
Maßgeblich für die Prüfung, ob die beantragte Feststellung als Minus vom bisherigen Streitgegenstand umfasst war, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, ob das Gericht sich, wenn es im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses terminiert und verhandelt hätte, bei der Prüfung der Begründetheit des Verpflichtungsbegehrens auch mit dieser Frage hätte auseinandersetzen müssen (BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33/13 – juris Rn. 21). Dies ist bei entsprechender Auslegung des Klageantrags der Fall. Das Gericht hätte sich mit der Frage, ob der Kläger einen Anspruch Neuverbescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis hatte, auseinandersetzen müssen, wenn es vor Ablauf der Befristung der begehrten Beschäftigung am 30. Juni 2018 verhandelt hätte.
Somit ist die Fortsetzungsfeststellungsklage vorliegend statthaft.
1.2. Allerdings fehlt es an einem berechtigten Interesse des Klägers für die begehrte Feststellung. Es liegt kein Fall der von der Rechtsprechung entwickelten Hauptgruppen vor, bei deren Vorliegen regelmäßig ein berechtigtes Interesse zu bejahen ist, noch ist ein sonstiges berechtigtes Interesse ersichtlich.
1.2.1. Eine Wiederholungsgefahr ist vorliegend nicht ersichtlich. Die abstrakte Furcht des Klägers „vor administrativen Maßnahmen, die ihn erneut zum Nichtstun zwingen könnten“, reicht hierfür nicht aus.
Die Wiederholungsgefahr bzw. – in der Konstellation der erledigten Verpflichtungsklage – das Weiterverfolgungsinteresse setzt die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen bzw. eine gleichartige behördliche Entscheidung getroffen wird. Das erfordert zum einen die (konkrete) Möglichkeit, dass sich ein vergleichbarer Sachverhalt wieder ergeben und zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird.
Dies ist hier zu verneinen, da sich die Rechtslage seit Erlass des streitgegenständlichen Bescheids vom 11. Mai 2018 geändert hat. Dem Bescheid lag eine Ermessensentscheidung der zuständigen Ausländerbehörde nach § 61 Abs. 2 AsylG i.d.F. vom 20. Oktober 2015 zugrunde. Mit Gesetz vom 15. August 2019 (BGBl. I S. 1294) wurde die Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für Asylbewerber mit Wirkung vom 21. August 2019 dahingehend geändert, dass § 61 Abs. 1 Satz 2 AsylG n.F. unter den dort genannten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis vorsieht. Vor diesem Hintergrund besteht keine konkrete Möglichkeit, dass die dem streitgegenständlichen Bescheid zugrundeliegenden Ermessenserwägungen, wie unter anderem eine geringe Bleibewahrscheinlichkeit oder die ungeklärte Identität, erneut zur Versagung einer Beschäftigungserlaubnis führen werden.
Darüber hinaus hat die zuständige Ausländerbehörde durch Erteilung zahlreicher Beschäftigungserlaubnisse hinreichend deutlich gemacht, dass sie an ihrer Rechtsauffassung nicht festhalten wird. Aus einem Aktenvermerk vom 19. September 2018 ergibt sich, dass die Beschäftigungserlaubnis vom 19. September 2018 aufgrund neuer interner Weisungslage erteilt wurde.
1.2.2. Ein Feststellungsinteresse wird vorliegend auch nicht durch ein Rehabilitationsinteresse des Klägers begründet.
Ein solches kann dann vorliegen, wenn die inmitten stehende Verwaltungsmaßnahme bei objektiver Betrachtungsweise, auch aufgrund der Begleitumstände, diskriminierenden Charakter hatte. Ein Verwaltungsakt kann diskriminierend wirken, wenn der Betroffene durch ihn objektiv in seinem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt ist.
Das Vorbringen der Prozessbevollmächtigten, dass sich die Versagung der Beschäftigungserlaubnis beim Kläger gesundheitlich ungünstig ausgewirkt habe, indem ihm verwehrt worden sei, „einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen, die Lebenszeit nicht ungenutzt verstreichen zu sehen, persönliche und finanzielle Autonomie zu erfahren und sich als selbstwirksam wahrzunehmen“ begründet nicht das Vorliegen eines Rehabilitationsinteresses. Dass die Ablehnung der Erteilung der Beschäftigungserlaubnis diskriminierenden Charakter hatte, ist nicht ersichtlich.
Abgesehen davon hat die Prozessbevollmächtigte einen Zusammenhang zwischen der Versagung der Beschäftigungserlaubnis und den genannten gesundheitlichen Problemen des Klägers nur behauptet und in keiner Weise belegt. Außerdem geht die Prozessbevollmächtigte in ihren Schriftsätzen vom 13. Februar 2020 sowie vom 29. Juni 2020 fälschlicherweise davon aus, dass dem Kläger erstmals wieder am 16. September 2019 eine Beschäftigungserlaubnis erteilt wurde; nach Aktenlage wurde dem Kläger bereits mit Schreiben vom 19. September 2018 – adressiert an die Prozessbevollmächtigte – eine Beschäftigungserlaubnis erteilt.
1.2.3. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht unter dem Aspekt einer Grundrechtsverletzung.
Hierbei kann offenbleiben, ob nach der neueren, eher restriktiven Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nur sich typischerweise kurzfristig erledigende Grundrechtsverletzungen, welche nicht im Wege einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden könnten, ein solches besonderes Feststellungsinteresse zu begründen vermögen (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 40.12 – juris Rn. 27). Denn die Versagung der Beschäftigungserlaubnis führte nicht zu einem schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte des Klägers, dessen Wirkungen noch andauern würden.
Zum einen steht keine Verletzung des Art. 12 Abs. 1 GG im Raum, weil sich auf dieses Grundrecht nur Deutsche und Unionsbürger berufen können. Des Weiteren kann der Kläger auch keine Verletzung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG geltend machen, weil nicht ersichtlich ist, dass für ihn keine Möglichkeit mehr bestände, einen anderen Arbeitsplatz zu finden und ihm somit durch die Versagung der Beschäftigungserlaubnis eine einmalige berufliche Chance entgangen wäre (VG Würzburg, U.v. 4.2.2020 – W 10 K 18.31208 – juris Rn. 31). Im Gegenteil wurden dem Kläger nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nach Aktenlage sämtliche (sieben) beantragte Beschäftigungserlaubnisse erteilt.
1.2.4. Ein Feststellungsinteresse des Klägers ergibt sich auch nicht aus der Vorbereitung eines Amtshaftungs- oder sonstigen Entschädigungsprozesses.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann die Vorgreiflichkeit einer gerichtlichen Feststellung, dass die Behörde einen bestimmten Verwaltungsakt zu einem bestimmten Zeitpunkt hätte erlassen müssen, im Hinblick auf einen Schadensersatzprozess ein Feststellungsinteresse nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog begründen.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Klage auf Schadensersatz oder Entschädigung anhängig ist oder ihre alsbaldige Erhebung mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (BVerwG, B.v. 9.3.2005 – 2 B 111/04 – BeckRS 2005, 25487). Die bloße unsubstantiierte oder nur aus prozesstaktischen Gründen aufgestellte Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen oder finanzielle Nachteile erlitten zu haben oder in der Zukunft zu erleiden, genügt nicht. So aber liegt es hier.
Der Kläger hat darzulegen, dass er eine Amtshaftungsklage oder eine Leistungsklage zur Geltendmachung eines Folgenbeseitigungsanspruchs nicht nur in Erwägung zieht, sondern dass es diesen Prozess im Falle des Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mit hinreichender Sicherheit geben wird (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 29.8.2007 – 10 LA 31/06 – BeckRS 2007, 26710).
Im Vorbringen des Klägers kommt nicht die ernsthafte Absicht zum Ausdruck, eine Schadensersatzklage anhängig machen zu wollen. Dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den klägerischen Ausführungen ergibt sich auch nicht, dass ihre alsbaldige Erhebung mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit zu erwarten ist. Mehr als die bloße Behauptung mit Schriftsatz vom 29. Juni 2020, dass der Kläger erhebliche Nachteile finanzieller Art erlitten habe oder erleiden werde – fehlender Anspruch auf Arbeitslosengeld I sowie auf sonstige Qualifizierungsmaßnahmen der Arbeitsagentur, Lücke im Rentenversicherungsverlauf und infolgedessen Nachteile in der Altersversorgung – hat der Kläger bislang nicht vorgetragen. Damit hat er noch nicht einmal geltend gemacht, einen Amtshaftungsprozess überhaupt anstrengen zu wollen. Auch substantiierende Angaben, wie beispielsweise eine annähernde Angabe der Schadenshöhe für einen beabsichtigten Schadensersatzprozess, fehlen (vgl. OVG Münster, B.v. 23.1.2003 -13 A 4859/00- BeckRS 2003, 21082 Rn. 9).
Die Geltendmachung aufenthaltsrechtlicher Nachteile führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Vortrag, dass sich entgangene Beschäftigungszeiten „z.B. auf einen möglichen Anspruch auf Beschäftigungsduldung gemäß § 60d AufenthG und eine anschließende Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG oder nach § 18a AufenthG“ auswirken, „Rentenversicherungszeiten ggf. bei einem Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis“ fehlen und sich dies negativ auf einen Einbürgerungsanspruch auswirkt, bringt nicht die ernsthafte Absicht zum Ausdruck, eine entsprechende Klage anhängig machen zu wollen. Ob sich derartige aufenthaltsrechtliche Nachteile beim Kläger in der Zukunft auswirken werden, sind rein spekulative Erwägungen, da sich der Kläger im Zeitpunkt der Entscheidung im Asylverfahren befindet. Dieser Vortrag reicht zur Begründung eines berechtigten Feststellungsinteresses wegen Präjudizialität ersichtlich nicht aus.
1.2.5. Auch das Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses aus einem anderen Grund ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist somit unzulässig und die Klage aus diesem Grund abzuweisen.
2. Unabhängig davon ist die Klage jedenfalls unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Versagung der Beschäftigungserlaubnis zur Fortsetzung der Tätigkeit beim … … in der … * in … rechtswidrig war.
Der Kläger hatte in dem für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Zeitpunkt des Eintritts des Ereignisses, das sein früheres Verpflichtungsbegehren erledigt hat (Ablauf der Befristung der begehrten Beschäftigung am 30. Juni 2018), weder einen Anspruch gegen den Beklagten auf Erteilung der begehrten Beschäftigungserlaubnis, noch einen Anspruch auf Neuverbescheidung durch den Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts unter Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheids (§ 113 Abs. 1, 5 VwGO) (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.1985 – 3 C 25/84 – NJW 1986, 796).
Rechtsgrundlage für die begehrte Beschäftigungserlaubnis war § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG i.d.F. vom 20. Oktober 2015. Danach stand die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Ermessen der Ausländerbehörde. Eine Ermessensreduzierung auf Null lag nicht vor. Die vom Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid getroffene Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden, so dass dem Kläger auch kein Anspruch auf Neubescheidung zustand (§ 114 VwGO).
Der Beklagte hat in seiner Ermessensentscheidung die privaten Belange des Klägers sowie die öffentlichen Interessen an einer Versagung der Beschäftigungserlaubnis fehlerfrei abgewogen. Insbesondere beruht die Versagung der Erlaubnis nicht auf sachfremden, sondern auf aufenthalts- und asylrechtlichen Erwägungen. Einwanderungspolitische Ziele durften zulässigerweise bei der Ermessensentscheidung im Rahmen des § 61 Abs. 2 Satz 1 AsylG berücksichtigt werden (vgl. Grünewald in Vormeier, GK-AsylG, Stand 2015, § 61 Rn. 24 f.; Neundorf in Kluth/Heusch, Beck’scher Online-Kommentar Ausländerrecht, 9. Edition, Stand: 1.5.2015, § 61 Rn. 12; Hailbronner, Ausländerrecht, 90. Lfg. Mai 2015, § 61 AsylVfG Rn. 17). Der Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise unter Bezugnahme auf migrationspolitische Erwägungen aufgrund der geringen Bleibeperspektive sowie der ungeklärten Identität des Klägers die öffentlichen Belange als gewichtiger angesehen als die privaten Belange des Klägers (Vorlage einer beglaubigten Tazkira, Sprachkenntnisse, Aufenthalt seit … … 2015 im Bundesgebiet) und die Erlaubnis abgelehnt.
Die Klage war somit abzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben, da es sich um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 10 CE 16.2342 – juris Rn. 2 m.w.N.).
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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