Verwaltungsrecht

Unzulässiger Asylfolgeantrag: Vortäuschen der syrischen Staatsangehörigkeit

Aktenzeichen  Au 6 K 18.30560

Datum:
22.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 10077
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3e, § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 71
VwVfG § 51 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Der bewusst wahrheitswidrige Vortrag im Erstantragsverfahren (hier zur syrischen Staatsangehörigkeit) präkludiert im Folgeantragsverfahren das Vorbringen zu den tatsächlichen Fluchtgründen im Herkunftsland.  (Rn. 26 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für von der Hisbollah Verfolgte ist Tripoli eine innerstaatliche Fluchtalternative. (Rn. 35 – 37) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der mit der Klage angegriffene Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Es wird Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Asylfolgeantrag des Klägers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ist unzulässig. Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist damit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG i.V.m. § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis Abs. 3 VwVfG vorliegen. Ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG setzt voraus, dass sich die Sach- oder Rechtslage nachträglich – nach Abschluss des früheren Asylverfahrens – zu Gunsten des Betroffenen geändert hat (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), neue Beweismittel vorliegen, die eine für den Betroffenen günstigere Entscheidung über sein Asylbegehren herbeigeführt haben würden (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (§ 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 VwVfG erfordert einen schlüssigen Sachvortrag, der nicht von vornherein nach jeder vertretbaren Betrachtung ungeeignet sein darf, zur Asylberechtigung (Art. 16a GG) oder zur Zuerkennung des internationalen Schutzes (§§ 3 ff., 4 AsylG) zu verhelfen. Es genügt schon die Möglichkeit einer günstigeren Entscheidung aufgrund der geltend gemachten Wiederaufnahmegründe (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32 m.w.N.). Außerdem ist der Antrag gemäß § 51 Abs. 2 und 3 VwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen im früheren Verfahren geltend zu machen und er den Antrag binnen drei Monaten nach Kenntnis des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt hat. Die Voraussetzungen des § 51 VwVfG liegen im vorliegenden Verfahren nicht vor.
a) Eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu Gunsten des Klägers im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist nicht schlüssig vorgetragen worden.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist das Verfahren wiederaufzugreifen, wenn sich nachträglich die dem Bescheid des Bundesamtes im Erstverfahren zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage zugunsten des Betroffenen geändert hat. Maßgeblicher Zeitpunkt ist insoweit der Schluss der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren (BVerfG, U.v. 9.12.2010 – 10 C 13/09 – juris Rn. 28) bzw. bei fehlendem gerichtlichen Verfahren der Erlass des Bescheids (Sachs in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 51 VwVfG Rn. 91). Es genügt die Möglichkeit einer für den Kläger günstigen Entscheidung, soweit er die Wiederaufgreifensgründe durch einen schlüssigen Sachvortrag geltend macht (BVerfG, B.v. 3.3.2000 – 2 BvR 39/98 – juris Rn. 32). Grundvoraussetzung für die Schlüssigkeitsprüfung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ist indes ein substantiierter, widerspruchsfreier und glaubhafter Tatsachenvortrag hinsichtlich der Änderung der Sach- und Rechtslage (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 58). Eine Änderung der Sachlage ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder die Lebensbedingungen im Herkunftsstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände – sei es durch Vorgänge im Bundesgebiet oder im Herkunftsstaat – so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint (Bergmann in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Aufl. 2018, § 71 AsylG Rn. 24). Erforderlich ist indes eine tatsächliche Änderung der Sachlage nach Abschluss des Erstverfahrens (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 60), wobei sich die Veränderung auf den der Entscheidung im Erstverfahren als entscheidungserheblich zugrunde gelegten Sachverhalt beziehen muss (Schönenbroicher/Dickten in BeckOK Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 Rn. 17).
(1) Eine nachträgliche Änderung der Sachlage liegt nicht vor.
Dem Begehren im Rahmen des Folgeantrags liegen maßgeblich behauptete Verfolgungshandlungen der Hisbollah gegen den Kläger in … zu Grunde. Der Kläger trug in der mündlichen Verhandlung vor, er sei libanesischer Staatsangehöriger sunnitischer Religionszugehörigkeit, habe vor seiner Ausreise in einem mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadtteil … gewohnt und dort auch in der Kfz-Werkstatt seines Vaters gearbeitet. Nach gegenseitigen Beschimpfungen (u.a. habe sein Vater gegenüber Kunden den Anführer der Hisbollah beleidigt) sei sein Vater von schiitischen Gläubigen angegriffen worden; der Kläger habe ihn verteidigt und sich dabei u.a. die Nase gebrochen. Nach diesem Angriff habe der Vater beschlossen, dass der Kläger den Libanon verlassen solle, weswegen er am 11. Dezember 2015 nach Russland ausgereist sei. Da die Bedrohung in der Folgezeit weiter bestanden habe, sei inzwischen auch die übrige Familie des Klägers aus dem Libanon ausgereist. Da sein Asylantrag in Finnland unter Angabe seiner wahren Identität abgelehnt worden sei, sei er nach Deutschland weiter gereist und habe sich dort auf Anraten seiner Schleuser als syrischer Staatsangehöriger ausgegeben. In diesem Vortrag liegt keine nachträgliche Änderung der Sachlage, sondern der erstmalige Vortrag einer Sachlage, die auch nach dem Vortrag des Klägers schon im Zeitpunkt des Erstverfahrens im Wesentlichen vorlag und von ihm – unter Offenbarung seiner wahren Identität – hätte geltend gemacht werden können (dazu sogleich). Die behauptete Verfolgung durch die schiitischen Gläubigen begann zu einem Zeitpunkt, als sich der Kläger noch im Libanon aufhielt. Dort wurde er nach seinem jetzigen Vortrag bei einer Eskalation des Streits an der Nase und am Rücken verletzt. Dieses Verfolgungsschicksal hätte der Kläger indes schon im Erstverfahren geltend machen können, da es zu diesem Zeitpunkt schon objektiv vorlag. Damit handelt es sich nicht um eine nachträgliche Änderung der Sachlage. Dass die Verfolgung durch die Schiiten auch nach seiner Ausreise fortbestanden und die Familie des Klägers zwischenzeitlich den Libanon verlassen haben soll, begründet insoweit keine neue Sachlage, sondern lediglich die fortwährende Dauer einer nach seinem jetzigen Vortrag schon im Herkunftsland bestandenen Gefährdung des Klägers durch die Schiiten bzw. die Hisbollah. Zudem kommt es maßgeblich auf die persönliche Gefährdung des Klägers an, wie sie hier nach seinem Vortrag in der Verletzung durch einen Angriff der Schiiten liegt. Ob die Familie des Klägers inzwischen aufgrund etwaiger eigener Fluchtgründe in Griechenland lebt, ist demgegenüber nicht maßgebend. Der Kläger hat diese schon vor Ausreise liegenden Gründe nicht vorgetragen, sondern – im Widerspruch zu seinem jetzigen Vortrag – vielmehr geltend gemacht, im Libanon zuletzt in der Provinz Saida gelebt zu haben und wegen des drohenden Militärdienstes in Syrien bzw. wegen der fehlenden Aufenthaltserlaubnis im Libanon und der dortigen schlechten Sicherheits- und Wirtschaftslage ausgereist zu sein. Sein Vater lebe seit mehreren Monaten in Polen und seine Mutter seit einem Monat im Libanon. Der jetzige Vortrag zu einer Misshandlung und Gefährdung durch die Schiiten bzw. die Hisbollah in Beirut ist (lediglich) der vollständige Austausch der vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Heimatlandes, nicht jedoch eine nachträgliche Änderung der Sachlage.
Eine maßgebliche Änderung der Rechtslage ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
(2) Selbst wenn jedoch – wie nicht – dieser Vortrag eine nachträgliche Änderung der Sachlage darstellen sollte, so ist der Kläger jedenfalls mit diesem Vorbringen nach § 51 Abs. 2 VwVfG wegen groben Verschuldens präkludiert.
Grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung setzt voraus, dass dem Kläger die Änderung der Sach- und Rechtslage bekannt war oder sich den Umständen nach aufdrängen musste und er sich trotzdem, unter Verletzung jeglicher einem ordentlichen Verfahrensbeteiligten zumutbaren Sorgfaltspflichten, insbesondere unter Verletzung seiner Mitwirkungs- und Wahrheitspflichten, nicht weiter darum sorgte (vgl. Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 27).
Im vorliegenden Fall hat der Kläger wahrheitswidrig im Erstverfahren vorgetragen. Nach den bestandskräftigen Feststellungen des Bescheids vom 16. Februar 2017 sowie seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass der Kläger entgegen seiner bisherigen Angaben kein syrischer, sondern libanesischer Staatsangehöriger ist. Bei dem den finnischen Behörden vorgelegten libanesischen Pass handelt es sich um den echten Pass des Klägers. Demgemäß drohte ihm auch keine Wehrpflicht in Syrien oder eine Abschiebung nach Syrien durch den Libanon. Wenn der Kläger jedoch im Erstverfahren unwahre Angaben macht und die nach seinem jetzigen Vortrag tatsächlich fluchtauslösenden Tatsachen (Angriff durch Schiiten wegen Streits in …) nicht vorträgt, weil sie nicht zu seinem wahrheitswidrigen Vortrag, er sei Syrer und habe in Saida (Libanon) gelebt, passen, ist ihm dieses vorsätzliche Verhalten nach § 51 Abs. 2 VwVfG entgegenzuhalten. Der Kläger hat sich bewusst entschieden, im Erstverfahren falsch vorzutragen und den jetzigen Vortrag außenvorzulassen. Damit ist er mit diesem Vortrag nach § 51 Abs. 2 VwVfG nunmehr ausgeschlossen.
b) Es liegen auch keine neuen Beweismittel i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG vor. Insbesondere die eingereichten Fotos und die griechische Meldebestätigung stellen keine solchen Beweismittel dar.
Beweismittel sind solche Erkenntnisse, die die Überzeugung von der Existenz oder Nichtexistenz von Tatsachen begründen können (Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 22). Ein Beweismittel ist neu, wenn es während des vorangegangenen Verfahrens entweder noch nicht existierte oder dem Asylbewerber nicht bekannt oder von ihm ohne Verschulden nicht beizubringen war (Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 71 AsylG Rn. 26). Es muss sich auf Umstände beziehen, die im ursprünglichen Verfahren jedenfalls bereits vorgetragen wurden. Dienen die vorgelegten Beweismittel dagegen dem Beleg von Tatsachen, die im Erstverfahren noch nicht thematisiert wurden, so handelt es sich der Sache nach um die Korrektur des Sachvortrags selbst, sodass § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG Anwendung findet (Schönenbroicher/Dickten in: BeckOK, Ausländerrecht, 17. Ed. Stand: 1.2.2018, § 71 AsylG Rn. 22). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, nach dem die Beweismittel schon im Erstverfahren eine günstigere Entscheidung „herbeigeführt haben würden“. Neue Beweismittel, die sich auf neue Tatsachen beziehen, sind daher im Zusammenhang mit dem Wiederaufnahmegrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG geltend zu machen (Marx, Ausländer- und Asylrecht, 3. Auflage 2016, § 11 AsylG Rn. 113).
Die vorgelegten Beweismittel beziehen sich auf die erstmals im vorliegenden Folgeverfahren vorgebrachten Tatsachen, die Familie des Klägers habe eine Kfz-Werkstatt in … betrieben und sei wegen Streitigkeiten mit der schiitischen Mehrheitsbevölkerung in ihrem Stadtteil ausgereist. Dieser (neue) Sachverhalt richtet sich hinsichtlich einer etwaigen Wiederaufnahme des Verfahrens allein nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (zu den fehlenden Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG vgl. oben).
c) Das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 580 ZPO ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2. Die hilfsweise erhobene Verpflichtungsklage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots ist ebenfalls unbegründet. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG.
a) In Bezug auf die vom Kläger vorgetragene Bedrohung durch die Hisbollah bzw. schiitische Nachbarn besteht keine erhebliche konkrete Gefahr für sein Leib oder Leben i.S.d. § 60 Abs. 7 AufenthG.
Selbst wenn der Kläger durch Mitglieder der Hisbollah verfolgt worden sein sollte, sind ihm andere Landesteile wie beispielsweise Tripoli als innerstaatliche Fluchtalternativen nach § 3e AsylG zumutbar.
Zwar hätten nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. März 2018 staatliche Institutionen nicht in allen Landesteilen uneingeschränkten Zugriff, insbesondere nicht in den palästinensischen Flüchtlingslagern sowie in den Grenzregionen zu Syrien (Lagebericht vom 1.3.2018, S. 18). Die Hisbollah sei insbesondere in den schiitischen Siedlungsgebieten im Süden des Landes sowie in den südlichen Vororten von Beirut präsent und übe Druck auf die staatlichen Institutionen aus. Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure könne jedoch in der Regel durch Verlegung des Wohnorts außerhalb des Einflussbereichs dieser Akteure umgangen werden. So sei beispielsweise der Einfluss der Hisbollah im christlichen Kerngebiet des Mont Liban oder im sunnitischen Tripoli sehr gering (Lagebericht vom 1.3.2018, S. 18). Der Kläger kann sich daher einer etwaigen Verfolgung durch die Hisbollah durch Umzug in einen anderen Landesteil entziehen. Dies gilt umso mehr, als dass die Familie des Klägers seit 40 Jahren in einem schiitischen Stadtteil … wohnte, wo Auseinandersetzungen mit Schiiten – insbesondere nach vorheriger Provokation des Vaters durch Beleidigung des Hisbollah-Anführers – wahrscheinlicher sind als in anderen Landesteilen. Dem Kläger ist daher ein Umzug in einen nicht mehrheitlich schiitisch geprägten Landesteil bzw. Stadtviertel zumutbar.
Dem Kläger ist ein Umzug nach Tripoli oder in einen anderen Landesteil auch wirtschaftlich zumutbar. Ausweislich einer Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Göttingen vom 2. Januar 2017 hänge der Erfolg der Arbeitssuche von den Qualifikationen und Erfahrungen des Arbeitssuchenden ab. Die große Mehrzahl der libanesischen Erwerbstätigen könne mit ihrem Arbeitseinkommen Wohnung und Lebensunterhalt gewährleisten. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 1. März 2018 lag die Arbeitslosenquote bei 30% (Lagebericht, S. 22). Wesentliches Element sozialer Sicherung sei die Familie, daneben auch karitative und religiöse Einrichtungen. Der Kläger war nach seinem eigenen Vortrag bisher erwerbstätig. Seinen Lebensunterhalt hat er nach Abschluss der fünften Schulklasse zunächst als Reparateur von Sanitäreinrichtungen und anschließend als Mitarbeiter in der Kfz-Werkstatt seines Vaters gesichert. Er ist jung, männlich und ledig. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass er sich seinen Lebensunterhalt in allen Landesteilen auch ohne familiäres Netzwerk wird selbst sichern können. Zudem leben nach seinem Vortrag noch einige Cousins mütterlicherseits im Libanon. Auch wenn er derzeit keinen Kontakt zu ihnen hat, kann er diesen bei einer Rückkehr wieder aufnehmen und ihn die Cousins bei der Arbeitsplatzsuche unterstützen.
b) Die nach seinem Vortrag durch den Angriff der Schiiten davongetragenen schweren Verletzungen hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, insbesondere nicht durch Vorlage eines ärztlichen Attestes. Insbesondere ein verheilter Bruch der Nase sowie zeitweilige Rückenschmerzen begründen keine schwerwiegende Erkrankung. Insoweit bestehen keine Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG.


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