Verwaltungsrecht

Verfolgungsgefahr als ehemaliges Mitglied einer Militäreinheit in der Elfenbeinküste

Aktenzeichen  W 2 K 18.31722

Datum:
7.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 40105
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Dass Personen, die in der Elfenbeinküste in paramilitärischen Gendarmerieeinheiten dienten und an den Ausschreitungen im Jahr 2010 beteiligt gewesen waren, nunmehr vom derzeitigen Staatsoberhaupt Quattara schutzlos der rachesuchenden Bevölkerung ausgeliefert würden, ist nicht glaubhaft. (Rn. 24) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Ehemaligen “Kämpfern” des ehemaligen Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, droht keine aktuelle Verfolgungsgefahr; sie können nach den allgemeinen Erkenntnismitteln weitgehend unbehelligt in ihrem Heimatland leben. (Rn. 24 – 27) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Ehemaligen Militärangehörigen bietet sich in der Elfenbeinküste die Möglichkeit internen Schutzes. Sie können sich grundsätzlich in einem anderen Landesteil als Zivilist niederlassen, ohne als “Täter” der “Massaker” von 2010 erkannt zu werden. (Rn. 30) (red. LS Clemens Kurzidem)
4 Die Gefahr der Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe ist in der Elfenbeinküste ebenso auszuschließen wie die individuelle Bedrohung des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. (Rn. 33) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die gem. § 102 Abs. 2 VwGO auch in Abwesenheit eines Beteiligten verhandelt werden konnte, ist unbegründet.
1. Der Bundesamtsbescheid vom 7. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG, noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
Es liegen keine nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Ausreiseaufforderung unter Androhung der Abschiebung in die Elfenbeinküste und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind rechtmäßig.
Das Gericht folgt der entsprechenden Begründung im Bescheid vom 7. August 2018 hinsichtlich der Versagung der Flüchtlingseigenschaft, des subsidiären Schutzes und von Abschiebungsverboten und verweist auf die dortigen Ausführungen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
1.1 Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Gem. § 3a AsylG gelten dabei Handlungen als Verfolgung, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholungsgefahr so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK) keine Abweichungen zulässig ist (Nr. 1), oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (Nr. 2).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Aufgrund der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349). Maßgeblich sind die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher eine gesteigerte Bedeutung beizumessen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu den Umständen machen.
Unter Zugrundelegung dieser Voraussetzungen hat der Kläger eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsgefahr in der Elfenbeinküste nicht glaubhaft gemacht.
Das Gericht kann den Angaben des Klägers, dass alle Personen, die wie er in der paramilitärischen Gendamerieeinheit „2eme Escadon de la 1ere légion“ dienten und an den Ausschreitungen im Jahr 2010 beteiligt gewesen waren, nun vom derzeitigen Staatsoberhaupt Quattara schutzlos der rachesuchenden Bevölkerung ausgesetzt werden, nicht glauben. Für eine solche Gefährdungssituation sind in allen Erkenntnismitteln keinerlei Hinweise auffindbar. Vielmehr können nach den allgemeinen Erkenntnismittel (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 15. Januar 2018, S. 1 und 8) Anhänger des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo weitgehend unbehelligt in ihrem Heimatland leben.
Hinzu kommt, dass seine Einlassungen in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Bedrohungslage und der Verfolgung aller Angehörigen der ehemaligen Militäreinheit durch die rachesuchende Bevölkerung zu allgemein sind, um für ihn persönlich eine Verfolgungslage zu begründen. Auch die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger dem Gericht übergebenen Fotos und das vorgespielte Handyvideo können das Gericht nicht davon überzeugen, dass der Kläger einer flüchtlingsrechtlich relevanten Gefahr in der Elfenbeinküste ausgesetzt war. Die Fotos stammen zum Teil aus dem allgemein zugänglichen Internet. Die Fotos, auf denen der Kläger selbst zu sehen ist, zeigen den stolzen Kläger entweder in Kampfuniform oder in Gardeuniform. Auch ist zu sehen, dass er – entgegen seinen Angaben – zumindest Anfang 2018 mit einer Waffe ausgestattet war. Auch seine Kameraden besitzen Waffen. Die Fotos, die getötete und misshandelte Menschen zeigen, haben keinen Aussagewert für dieses Verfahren. Es sind keine Personen und auch keine Angaben zu Ort, Zeit und Umstände erkennbar. Außerdem ist die Herkunft der Bilder völlig unklar.
Die Angaben zu dem auf ihn erfolgten Angriff sind wenig detailreich. Aber selbst bei Wahrunterstellung dieser Angaben ist es wahrscheinlicher, dass dieser Angriff eher einen Raubangriff im Rahmen der allgemein hohen Jugendkriminalität in der Elfenbeinküste darstellt, als einen politisch motivierten Racheakt. Immerhin hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben den Angriff durch die Übergabe seines Geldbeutels und seines Mobiltelefons beenden können.
Eine aktuelle Verfolgungsgefahr für ehemalige „Kämpfer“ des ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo lässt sich auf der Grundlage der in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismittel nicht ableiten. Gem. Art. 4 Abs. 4 Halbsatz 1 der Richtlinie 2011/95/EU (sog. Anerkennungsrichtlinie) ist die Tatsache, dass ein Schutzsuchender bereits verfolgt wurde zwar ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist. Diese Vermutung ist jedoch gem. Art. 4 Abs. 4 Halbsatz 2 RL 2011/95/EU dann erschüttert, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Antragsteller erneut von Verfolgung bedroht wird. Wie der verfahrensgegenständliche Bundesamtsbescheid zutreffend ausführt, hat sich die innenpolitische Lage in der Elfenbeinküste seit den blutigen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Machtübernahme des nunmehr amtierenden Präsidenten Ouattara dahin gehend stabilisiert, dass mit einer Verfolgung aus dem Ausland zurückkehrender Kämpfer und Anhänger des ehemaligen Präsidenten Gbagbo grundsätzlich nicht mehr zu befürchten ist. Zwar konstatiert das European Asylum Support Office, dass die Wunden, die durch den Bürgerkrieg geschlagen und in der Krise um die Präsidentschaftswahl 2010/2011 ans Licht getreten sind, noch nicht völlig ausgeheilt seien (EASO, Country Intelligence Report Côte d’Ivoire, 19. Mai 2017, S. 11). Eine ernsthafte Aussöhnungspolitik sei nach Angaben des österreichischen Bundesamtes nicht betrieben worden (österr. Bundesamt, Länderinformationsblatt Elfenbeinküste, Stand: 30. März 2018, S. 9). Zwar sei schon 2011 die zivilgesellschaftliche Organisation Commission Dialogue, Vérité et Réconciliation (CDVR) ins Leben gerufen worden, deren Arbeit international als bedeutsam erachtet werde, die jedoch auch kritisiert werde. Im Wahljahr 2015 habe der Präsident versucht, den Friedensdialog zu stärken, indem er die CDVR durch die CONARIV (Commission nationale de Réconcialisation et d’indémnation de Victimes) ersetzt und die Kirchen daran beteiligt habe. Trotzdem blieben die Versöhnungserfolge hinter den Erwartungen zurück. Die Fortschritte bei der Bereitstellung von Gerechtigkeit für die Opfer der Gewalt nach den Wahlen seien schleppend geblieben, da die überwiegende Mehrheit der Täter von Menschenrechtsverletzungen noch nicht zur Verantwortung gezogen worden sei (vgl. a.a.O., S. 10). Auch stuft das Auswärtige Amt die Situation politischer Gefangener aus der Krisenzeit 2010/2011 als problematisch ein, weil die Betroffenen größtenteils noch auf den Beginn ihrer Prozesse warten würden (vgl. AA, Lagebericht v. 15. Januar 2018, S. 1). Während der Krisenjahre aus politischen Gründen Geflüchtete seien jedoch inzwischen weitestgehend zurückgekehrt und reintegriert (vgl. AA, a.a.O., S. 8).
Zwar sei es in der Zeit der Präsidentenwahl 2010, in welcher das Land in eine Krise gestürzt sei, zu extralegalen Tötungen, Folter und Verschwindenlassen von Angehörigen der widerstreitenden politischen Lager gekommen. Das Auswärtige Amt geht für die aktuelle Situation jedoch davon aus, dass heute, sieben Jahre nach Beendigung der Krise, derartige Formen der Selbstjustiz nicht mehr stattfinden würden (vgl. a.a.O., S. 10). Laut Auswärtigem Amt haben Rückkehrer politische oder staatliche Repression nicht zu befürchten. Auch eine strafrechtliche Verfolgung komme nicht in Betracht (vgl. a.a.O., S. 13).
Mithin ist unter umfassender Würdigung der in das Verfahren einbezogenen Erkenntnismittel nicht davon auszugehen, dass der Kläger, der keine herausgehobene militärische oder politische Position innegehabt hat, aktuell einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist.
Im Übrigen müsste der Kläger sowohl auf den Schutz durch staatliche Organe sowie auf die Möglichkeit interner Fluchtalternativen innerhalb der Elfenbeinküste verwiesen werden. Der Kläger hätte sich vor seiner Ausreise als Zivilist in einem anderen Landesteil niederlassen können. Dort wäre es sehr unwahrscheinlich, dass er als Zivilperson von der Bevölkerung als einer der „Täter“ der „Massaker“ im Jahr 2010 erkannt worden wäre. Er hätte seine Zugehörigkeit zu der paramilitärischen Gendamerieeinheit nicht offenbaren müssen. Die Angabe des Klägers, dass er wegen seines Militäreides an der internen Fluchtalternative gehindert worden sei, überzeugt nicht. Immerhin hatte er auch entgegen seines Eides das Land verlassen und so den Militärdienst quittiert können.
1.2 Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG.
Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als solcher gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG gelten dabei die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes wurde die Todesstrafe seit der Unabhängigkeit der Elfenbeinküste 1960 kein einziges Mal vollstreckt. Im März 2015 habe das Parlament einstimmig zwei Entwürfe zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung genehmigt, um die Todesstrafe auszuschließen, die bereits mit der Verfassung von 2000 abgeschafft worden sei. Auch die neue Verfassung von 2017 bestätige dies nochmals explizit. Mithin ist die Gefahr der Vollstreckung oder Verhängung der Todesstrafe ebenso auszuschließen wie die individuelle Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit des Klägers infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts. Auch bestehen keine hinreichende Anhaltspunkte für eine rechtlich relevanten Bedrohung durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG.
Soweit der Kläger vorträgt, ihm drohe auch aktuell Gefahr durch Racheaktionen der Bevölkerung, kann ihm nicht gefolgt werden. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Versagung seiner Flüchtlingsanerkennung (oben Punkt 1.1) verwiesen. Im Übrigen wäre er dazu gem. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3d AsylG auf die ivorischen Sicherheitsbehörden zu verweisen. Jedenfalls stand und stehen ihm als alleinstehendem, arbeitsfähigem jungem Mann interne Fluchtalternativen in anderen Landesteilen zur Verfügung, die er gem. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG sicher und legal erreichen kann und in denen er sich – auch ohne Hilfe eines familiären Netzwerkes – eine neue wirtschaftliche und soziale Existenz hätte aufbauen können.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus.
1.3 Es liegen auch keine Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vor.
Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Die Abschiebung eines Ausländers ist danach unzulässig, wenn ihm im Zielstaat unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK droht oder wenn im Einzelfall andere in der Europäischen Menschenrechtskonvention verbürgte, von allen Vertragsstaaten als grundlegend anerkannte Menschenrechtsgarantien in ihrem Kern bedroht sind (vgl. BVerwG, U.v. 24. Mai 2000 – 9 C 34/99 -, juris Rn. 11).
Dabei können unter bestimmten Umständen auch schlechte humanitäre Bedingungen eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen. Ist die schlechte humanitäre Lage weder dem Staat noch den Konfliktparteien zuzurechnen, sondern bedingt durch die allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, kommt eine Verletzung von Art. 3 EMRK nur dann in Betracht, wenn ganz außergewöhnliche Umstände in der Person des Antragstellers vorliegen, die über die allgemeine Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Antragstellers im Herkunftsland hinausgehen (vgl. EGMR, U.v. 27. Mai 2008 – 26565/05, U.v. 28. Juni 2011 – 8319/07). Solche Umstände sind beim Kläger nicht ersichtlich. Es ist davon auszugehen, dass er sich ein Existenzminimum wird erwirtschaften können, ohne dass er dabei auf das Netzwerk des Familienkreises angewiesen wäre.
Gesundheitsbedingte Einschränkungen im für ein Abschiebungsverbot relevanten Schweregrad sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auftreten und Erscheinungsbild des Klägers in der mündlichen Verhandlung gaben zudem keinen Anlass, an seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu zweifeln, so dass auch ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht in Betracht kommt.
1.4 Die vom Bundesamt verfügte Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind nicht zu beanstanden. Die betreffende Entscheidung beruht auf § 34 Abs. 1 AsylG, § 59 Abs. 1 bis 3 AufenthG, § 38 Abs. 1 AsylG, deren Voraussetzungen hier gegeben sind.
1.5 Schließlich sind auch gegen die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots des § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 6 des Bescheids) keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken vorgetragen worden oder sonst ersichtlich. Insbesondere sind keine Ermessensfehler des Bundesamts bei der Bemessung der Frist nach § 11 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 AufenthG zu erkennen.
Somit hat die Klage insgesamt keinen Erfolg.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.


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