Verwaltungsrecht

Verfristete Klage gegen Festsetzung des Rundfunkbeitrags

Aktenzeichen  M 6 K 15.5862

Datum:
12.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 60 Abs. 1, § 74 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Der Zugang eines Verwaltungsakts erfolgt in der Regel mit seinem Einwurf in den Briefkasten des Empfängers. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an. (redaktioneller Leitsatz)
Bei voraussehbar längerer Abwesenheit (hier Auslandsaufenthalt) können Vorkehrungen für mögliche Zustellungen erwartet werden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl von den Beteiligten niemand erschienen ist. Die Beteiligten sind ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Termin ordnungsgemäß geladen worden, verbunden mit dem Hinweis, dass im Falle des Nichterscheinens eines der Beteiligten ohne ihn verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Die Klage ist unzulässig und daher ohne Erfolg.
Die Klage ist unzulässig, weil sie gegen den Bescheid vom 2. November 2015 verspätet eingelegt wurde und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht zu gewähren war.
Der Bescheid wurde durch den Beklagten am … November 2015 zur Post gegeben. Der Zugang und somit die Bekanntgabe ist auf den … November 2015 (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 41 Rd. 42) zu datieren (Art. 17 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG, s. auch Art. 41 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Die Klägerin hat, auch nach ihrem eigenen Vortrag, nicht innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat ab Bekanntgabe, also bis zum 7. Dezember 2015, Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 VwGO i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AGVwGO, §§ 70 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Die Abwesenheit der Klägerin bis zum … Dezember 2015 führte nicht dazu, dass sich der Zugangszeitpunkt auf den Rückkehrtag verschiebt. Nach einhelliger Auffassung, die sich an den für das Zivilrecht entwickelten Grundsätzen orientiert, ist der Zugang bereits erfolgt, wenn der Verwaltungsakt so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Möglichkeit hat, von ihm Kenntnis zu nehmen. Dies ist in der Regel mit dem Einwurf der Sendung in den Briefkasten des Empfängers der Fall. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.
Wegen der Kenntnisnahme von dem Bescheid erst nach der Rückkehr aus der Türkei kommt für die Klägerin auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht, § 60 Abs. 1 VwGO. Hierbei hätte die Frist ohne Verschulden, d. h. ohne außer Acht lassen derjenigen Sorgfalt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten und zuzumuten war (Kopp/Schenke, 21. Aufl. 2015, § 60 Rn. 9), versäumt werden müssen. Bei der von der Klägerin vorgetragenen voraussehbar längeren Abwesenheit hätte sie Vorkehrungen für mögliche Zustellungen treffen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung hat ihre Rechtsgrundlage in § 167 Abs. 2, Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung – ZPO -.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 166,94 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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