Verwaltungsrecht

Verkürzung des Rechtsschutzes durch fehlerhafte Zuständigkeitsverteilung

Aktenzeichen  AN 14 K 15.50545

Datum:
16.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 34, § 34a

 

Leitsatz

Soweit sich das Bundesamt der in § 34a AsylG vorgesehenen ausdrücklichen Zuständigkeitsverteilung entledigt, indem es eine Abschiebungsandrohung ausspricht, obwohl erst die jeweilige Ausländerbehörde für die Prüfung der inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig wäre, erfolgt eine Verkürzung des Rechtsschutzes für den Kläger. (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 14 K 15.50545
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 16. März 2016
14. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 710
Hauptpunkte:
Abschiebungsandrohung nach Italien
Abschiebungsandrohung kein milderes Mittel gegenüber –anordnung eigene Rechtsverletzung des Klägers
Teilklagerücknahme
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache

– Kläger –
bevollmächtigt: …
gegen
…, vertreten durch: …
– Beklagte –
wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG
Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 14. Kammer,
durch die Einzelrichterin … aufgrund mündlicher Verhandlung vom 11. März 2016 am 16. März 2016 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird in der Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. November 2015 eingestellt.
2. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. November 2015 wird in den Ziffern 2 und 3 aufgehoben.
3. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen eine Abschiebungsandrohung nach Italien und gegen ein Einreise- sowie Aufenthaltsverbot.
Der Kläger, geboren am …1990, ist äthiopischer Staatsangehöriger und zugehörig dem Volke der Oromo. Eigenen Angaben zufolge reiste er am 16. Februar 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 7. April 2014 einen Asylantrag.
Er hat bereits in Italien ein Asylverfahren durchgeführt und erhielt in diesem die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus (Blatt 82/83 der Behördenakte).
Der Kläger ist nach traditionellem Recht mit Frau …, geboren am … 1992, verheiratet. Sie haben gemeinsam ein Kind, das am … 2015 geboren wurde. Die Vaterschaft wurde durch den Kläger am 1. Oktober 2014 anerkannt. Insoweit wird auf die beiden Klageverfahren mit den Aktenzeichen AN 14 K 15.50546 und AN 14 K 15.50547 verwiesen.
Nach eigenen Angaben in seiner Befragung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 14. Juli 2014 habe der Kläger bereits in Italien die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus erhalten. Er wolle nicht nach Italien überstellt werden, da es dort keine Unterkunft, keine Verpflegung und keine medizinische Versorgung gegeben habe. Er habe auf der Straße gelebt. Er sei sehr krank gewesen und ihm sei nicht geholfen worden. Erst in Deutschland habe er die notwendige medizinische Versorgung bekommen und er und seine Familie werden mit Respekt und freundlich wie jeder andere Mensch behandelt. In Italien sei er unmenschlich behandelt worden.
Aus der Aufenthaltsbescheinigung der medizinischen Klinik … vom 24. Februar 2014 ergibt sich, dass der Kläger sich vom 20. Februar 2014 bis auf weiteres in stationärer Behandlung befand. Der Kläger leidet an Tuberkulose der Lunge rechts. Dies ergibt sich aus dem Befundbericht vom 12. November 2014 der Fachärzte für Innere Medizin, ….
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. November 2015, dem Kläger zugestellt am 12. November 2015, wurde in der Ziffer 1 der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt, in der Ziffer 2 die Abschiebungsandrohung nach Italien erlassen und in der Ziffer 3 das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 20. November 2015, zugegangen dem Verwaltungsgericht Ansbach am 24. November 2015, Klage und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts …. Zur Begründung führt der Kläger aus, dass gemäß § 34a Abs. 1 AsylG zwingend eine Abschiebungsanordnung zu erlassen gewesen wäre. Eine Abschiebungsandrohung als „milderes Mittel“ sei nach der einhelligen Rechtsprechung des BayVGH (Beschluss vom 23. November 2015, Az. 21 ZB 15.30237) rechtswidrig. Die Ziffer 2 des Bescheides sei zudem rechtswidrig, da § 34a AsylG als Tatbestandsvoraussetzungen verlange, das feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Dementsprechend müsse auch feststehen, dass der Staat, in den abgeschoben werden solle, zur Aufnahme des Asylantragstellers bereit sei. Dieses Tatbestandsmerkmal sei im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Bislang liege keine Zusage Italiens zu einer Übernahme des Klägers, so dass zumindest die Ziffer 2 des Bescheides rechtswidrig und dementsprechend aufzuheben sei.
Zu dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. März 2016 ist der Kläger mit seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind sowie dem gemeinsamen Prozessvertreter erschienen. Das Verfahren des Klägers wurde mit dem Verfahren seiner Ehefrau mit dem Az. AN 14 K 15.50546 und dem Verfahren des gemeinsamen Sohnes mit dem Az. AN 14 K 15.50547 zur gemeinsamen Verhandlung nach § 93 VwGO verbunden. In der mündlichen Verhandlung konkretisierte der Prozessvertreter den Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 20. November 2015 dahingehend, dass lediglich die Ziffern 2 und 3 des Bescheides vom 6. November 2015 angefochten werden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2015 in den Ziffern 2 und 3
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die Ausführungen in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 6. November 2015.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der weiteren Ausführungen auf die vorliegende Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Klageverfahren seiner Frau und seines Kindes mit den Aktenzeichen AN 14 K 15.50546 sowie AN 14 K 15.50547 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Urteil ist nach § 92 Abs. 3 VwGO aufgrund der Klagerücknahme in der Ziffer 1 des Bescheides vom 6. November 2015 einzustellen. Im Übrigen ist die Klage erfolgreich und der Bescheid vom 6. November 2015 in den Ziffern 2 und 3 aufzuheben.
1.
Aufgrund der teilweisen Klagerücknahme hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides vom 6. November 2015 ist insoweit das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vom 11. März 2016 die Klage dahingehend eingeschränkt, dass nur noch die Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des streitgegenständlichen Bescheides begehrt wird.
2.
Die Abschiebungsandrohung nach Italien in der Ziffer 2 und das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der Ziffer 3 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. November 2015 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
2.1.
Die Ziffer 2 des Bescheides vom 6. November 2015 ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Bundesamt führt in seiner Begründung aus, dass eine Abschiebungsandrohung anstatt einer Anordnung ebenfalls zulässig sei, da es sich hierbei um das „mildere Mittel“ handle.
Diese rechtliche Auffassung der Beklagten ist unzutreffend. Es fehlt an den Voraussetzungen einer Rechtsgrundlage für eine Abschiebungsandrohung.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kann die Androhung der Abschiebung nicht als zu-lässiges milderes Mittel gegenüber der Anordnung angesehen werden (vgl. BVerwG, B. v. 23.10.2015, 1 B 41/15 – juris; BayVGH, B. v. 23.11.2015 – 21 ZB 15.30237 – juris; VG Stade, U. v. 15.12.2015 – 4 A 980/15; VG Düsseldorf, U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A – juris; VG Ansbach, U. v. 22.4.2015 – 14 K 15.50044 – juris). Der klare Wortlaut des § 34a Abs. 1 AsylG „bedarf es nicht“ ist in anderen Regelungszusammenhängen so zu verstehen, dass die erwähnte Alternative gerade ausgeschlossen sein soll (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Aufl. 2015, § 68 Rn. 16). In Betracht wäre allenfalls eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG gekommen (vgl. dazu BVerwG, B. v. 23.10.2015 – 1 B 41/15 – juris; BayVGH, B. v. 23.11.2015 – 21 ZB 15.30237 – juris; VG Stade, U. v. 15.12.2015 – 4 A 980/15 – juris; VG Ansbach, U. v. 5.2.2016 – AN 14 K 15.50478 – juris).
§ 34a Abs. 1 AsylG ist aus systematischen Erwägungen als Spezialvorschrift zu § 34 Abs. 1 AsylG anzusehen. Grundsätzlich kann, wenn ein Ausländer abgeschoben werden soll, dem im Ausland bereits internationaler Schutz zuerkannt wurde, nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen (§ 60 Abs. 10 AufenthG). Von dieser Vorschrift sind die Fälle erfasst, in denen der Ausländer über eine von einem Drittstaat zugesprochene Flüchtlingsanerkennung verfügt (§ 60 Abs. 1 Satz 3 3. Alt. AufenthG) bzw. ihm subsidiärer Schutz zugesprochen wurde (§ 60 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und seine Abschiebung in den Drittstaat beabsichtigt ist. Durch die enge Verknüpfung von § 34a Abs. 1 AsylG mit § 26a AsylG hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Regelung im Sonderfall der Rückführung in den sicheren Drittstaat keine Geltung beanspruchen soll (vgl. VG Berlin, U. v. 4.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris; VG Düsseldorf, U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A – juris).
Von entscheidender Bedeutung ist, dass § 34a AsylG von einer Abschiebungsandrohung absieht, weil eine Rückführung in den Drittstaat regelmäßig nur kurzfristig durchgeführt werden kann (vgl. BT-Drucks. 12/4450, S. 23 sowie OVG NRW, U. v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris, Rn. 35). Der Gesetzgeber hat in § 34a AsylG – abweichend von der grundsätzlichen Aufgabenverteilung im Asylverfahrens- und im Ausländerrecht – das Bundesamt ausdrücklich dazu bestimmt, bereits bei Erlass einer Entscheidung nach den §§ 26a, 27a AsylG auch inländische Vollstreckungshindernisse zu prüfen, um den Ausländer rasch und ohne die Möglichkeit einer entgegenstehenden Entscheidung der Ausländerbehörde abschieben zu können (OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 1.12.2012 – 2 S 6.12 – juris; OVG Hamburg, B. v. 3.12.2010 – 4 Bs 223/10 – juris). Das Bundesamt entledigt sich hier dieser in § 34a AsylG vorgesehenen ausdrücklichen Zuständigkeitsverteilung durch den Ausspruch einer Abschiebungsandrohung zulasten der Kläger, weil bei einer derartigen Konstellation erst die jeweilige Ausländerbehörde und gerade nicht das Bundesamt für die Prüfung der inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse zuständig wäre (vgl. hierzu VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris, Rn. 38).
Diese der Kompetenzverteilung des Gesetzgebers widersprechende Verlagerung der weiteren Prüfung auf die Ausländerbehörde stellt eine – im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG – bedenkliche Verkürzung des Rechtsschutzes für die Kläger dar, so dass die Androhung gegenüber der Anordnung einer Abschiebung keinesfalls das „mildere Mittel“ ist.
Gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG stünde dem Kläger aufgrund der mit Gesetz vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3474) vorgenommenen Änderung des § 34a Abs. 2 AsylVfG ein erhöhter Rechtsschutz gegenüber Abschiebungen auf dieser Grundlage zu. Wird innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung gestellt, ist die Abschiebung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Nach dem bis dahin geltenden Abs. 2 des § 34a AsylVfG durfte demgegenüber die Abschiebung nach Abs. 1 gerade nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO oder § 123 VwGO ausgesetzt werden. Demgegenüber können Anträge im vorläufigen Rechtsschutz, mit denen im Rahmen von § 34 Abs. 1 AsylG zu berücksichtigende Abschiebungsverbote geltend gemacht werden, nur über § 123 Abs. 1 VwGO verfolgt werden, was den jeweiligen Antragsteller vor deutlich höhere Darlegungshürden stellen würde (VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2015 – 23 K 906.14 A -, juris, Rn. 39).
Die Rechtsgrundlage für die Abschiebungsandrohung nach § 34 Abs. 1 AsylG kommt vorliegend gerade nicht in Betracht. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 AufenthG eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Ausländer nicht als Asylberechtigter anerkannt wird, dem Ausländer nicht die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, ihm kein subsidiärer Schutz gewährt wird, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen oder die Abschiebung ungeachtet des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausnahmsweise zulässig ist und der Ausländer keinen Aufenthaltstitel besitzt. Diese hierfür erforderliche inhaltliche Prüfung wurde durch das Bundesamt gerade nicht vorgenommen.
§ 34 Abs. 1 AsylG kommt jedoch bei Entscheidungen (nur) nach §§ 26a, 27a AsylG nicht zur Anwendung. Lehnt das Bundesamt einen Asylantrag – wie hier geschehen – nur nach § 26a AsylG ab, ist nach § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG lediglich festzustellen, dass dem Ausländer aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht. Diese Entscheidung ist nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylG zusammen mit der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG zu treffen und dann dem Ausländer selbst zuzustellen. Nach der Gesetzessystematik besteht ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der Asylversagung wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) bzw. der Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 27a AsylG) und der Anordnung der Abschiebung in diesen Staat nach § 34a AsylG (OVG NRW, B. v. 25.9.2000 – 18 B 1783/99 -, juris Rn. 11 und 21 und U. v. 30.9.1996 – 25 A 790/96 A – juris Rn. 9). In derartigen Konstellationen nimmt das Bundesamt gerade keine sachliche Prüfung eines Asylantrags vor, sondern verweist den Asylbewerber lediglich auf die Zuständigkeit eines anderen bzw. eines sicheren Drittstaates. Hier soll allein Raum für eine Abschiebungsanordnung sein, was indiziert, dass § 34a AsylG bei einer Entscheidung (nur) nach den §§ 26a, 27a AsylG gegenüber § 34 Abs. 1 AsylG spezieller ist (VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris).
Der Erlass einer Abschiebungsandrohung – anders als der einer Abschiebungsanordnung – ist nur möglich, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG), was vom Bundesamt festzustellen ist. Demgegenüber darf das Bundesamt bei Entscheidungen nach §§ 26a, 27a AsylG die in § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG genannten tatbestandlichen Voraussetzungen jedoch gerade nicht prüfen (vgl. § 31 Abs. 4 Satz 1 AsylG), weil es allein die Zulässigkeit des Asylantrags zu überprüfen hat. So hat das Bundesamt auch im vorliegenden Fall lediglich eine Entscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Asylantrags getroffen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem streitgegenständlichen Bescheid. Insofern passt das Prüfprogramm des § 34 Abs. 1 AsylG von vornherein nicht zu der hier gegebenen Konstellation des § 26a AsylG (VG Berlin, U. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris). Nur wenn die Durchführung der Abschiebung im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht möglich ist, ist § 31 Abs. 4 AsylG nicht einschlägig mit der Folge, dass nicht nach dem reduzierten, sondern gemäß § 31 Abs. 2 und 3 AsylG nach dem „gewöhnlichen Entscheidungsprogramm“ über den Asylantrag zu befinden ist. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben (VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A -, juris).
Durch die rechtswidrige Abschiebungsandrohung in der Ziffer 2 des Bescheides der Beklagten wird der Kläger auch in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da – wie bereits festgestellt – seine Rechtsschutzmöglichkeiten hinsichtlich der Prüfung inländischer Vollstreckungshindernisse hierdurch erheblich eingeschränkt werden (vgl. dazu VG Ansbach, U. v. 7.10.2015 – 11 K 15.50067 – juris; U. v. 17.7.2015 – AN 14 K 15.50046; VG Düsseldorf, U. v. 29.6.2015 – 13 K 3215/15.A – juris; VG Berlin, U. v. 24.6.2015 – 23 K 906.14 A – juris).
2.2.
Die Ziffer 3 des Bescheides vom 28. Oktober 2015 ist ebenfalls rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Nach § 75 Nr. 12 AufenthG hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 2 AufenthG im Falle einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 AsylG oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 7 AufenthG zu erlassen. Die Frist ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzusetzen und darf 5 Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht (§ 11 Abs. 1 Satz 4 AufenthG).
Da bereits die Abschiebungsandrohung in der Ziffer 2 des Bescheides vom 28. Oktober 2015 rechtswidrig ist, ist auch das darauf basierende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG rechtswidrig und verletzt den Kläger in ihren Rechten.
3.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Aufgrund der Klagerücknahme hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides vom 6. November 2015 trägt insoweit der Kläger die Kosten des Verfahrens (§ 155 Abs. 2 VwGO). Da der Kläger hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des Bescheides der Beklagten mit seiner Klage Erfolg hat, trägt insoweit die Beklagte die Kosten des Verfahrens.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylG.
Hinweis:
Das Urteil ist in der Ziffer 1 unanfechtbar (§ 92 Abs. 3 S. 2 VwGO).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen die Ziffern 2 und 3 dieses Urteils steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts …, wird für das vorliegende Klageverfahren stattgegeben.
Gründe:
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts …, liegen vor.
Gemäß §§ 166 Abs. 1 VwGO, 114 ff. ZPO ist einer Partei auf Antrag Prozesskostenhilfe zu gewähren, wenn sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Klage ist weder mutwillig noch kann zumindest bezogen auf den entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife von unzureichenden Erfolgsaussichten ausgegangen werden. Die Klage ist vielmehr hinsichtlich der Ziffern 2 und 3 des Bescheides vom 6. November 2015 erfolgreich. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen in der Urteilsbegründung verwiesen.
Die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen wurden durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 11. März 2016 dem Gericht übergeben. Hieraus ergibt sich, dass der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung zu tragen.
Die Beiordnung des Rechtsanwalts ergibt sich aus § 121 Abs. 2 ZPO.
Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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