Verwaltungsrecht

Verletzung, Generalstaatsanwaltschaft, Staatsanwaltschaft, Antragsteller, Anspruch, Unrichtigkeit, Straftat, Bewertung, Schriftsatz, Schutzbereich, Richtigkeit, Verfassungsrecht, Aufnahme, Anforderungen, nicht ausreichend, inhaltliche Unrichtigkeit, Unrichtigkeit der Entscheidung

Aktenzeichen  4d Ws 84/20

Datum:
22.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 54396
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

4 Ws 2/20 KL 2020-04-08 Bes OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

I. Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 08.04.2020, Az: 4 Ws 2/20 KL, wird als unzulässig verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Gehörsrügeverfahrens.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 08.04.2020, Az: 4 Ws 2/20 KL, hat der Senat den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 172 Abs. 2 StPO abgelehnt.
Mit anwaltlichen Schriftsatz vom 22.04.2020, eingegangen bei dem Oberlandesgericht München am selben Tag, wendet sich der Antragsteller gegen den Beschluss des Senats und erhebt eine Gehörsrüge. Hinsichtlich der näheren Begründung wird auf das Schreiben vom 22.04.2020 Bezug genommen. Überdies wurden vom Antragsteller weitere Schreiben vom 26.04.2020 und vom 03.05.2020, die an das Gericht adressiert waren, und ein Schreiben vom 19.05.2020, das an die Generalstaatsanwaltschaft adressiert war, eingereicht.
II.
1. Die Anhörungsrüge des Antragstellers ist unzulässig, weil er eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) bereits nicht ausreichend prüf- und nachvollziehbar darlegen kann (BGH, Beschluss vom 18.04.2016 – 2 ARs 410/14 [BeckRS 2016, 8249]; Beschluss vom 23.08.2016 – 2 ARs 211/16 [BeckRS 2016, 16333]).
Der mit § 33a StPO eröffnete Rechtsbehelf setzt zunächst voraus, dass ein Gericht zum Nachteil eines Beteiligten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen er nicht gehört worden ist (BVerfG NJW 1976, 1837), oder zu berücksichtigendes Vorbringen grundlos übergangen hat (BGH, Beschluss vom 08.06.2010 – 2 ARs 107/10, 2 AR 58/10 [BeckRS 2010, 14536]). Der Antragsteller einer Anhörungsrüge trägt die Darlegungslast für jegliche tatsächlichen Umstände, die derartige Vorwürfe begründen oder wenigstens als möglich erscheinen lassen sollen.
Insoweit ist jedoch nicht ausreichend, lediglich die Beweiswürdigung des Gerichts anzweifeln und durch eine eigene, vermeintlich bessere ersetzt wissen zu wollen oder die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung zu verfechten. Denn der Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 GG umfasst weder die Richtigkeit der getroffenen tatsächlichen Feststellungen noch eine ordnungsgemäße Subsumtion und Entscheidungsbegründung (BVerfG, Beschluss vom 29.03.2007 – 2 BvR 547/07 [BeckRS 2007, 23778]). Folglich kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht allein dadurch verursacht werden, dass dem Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht gefolgt und nicht jegliche Einzelheiten der Begründung schriftlich ausgearbeitet werden. Der Senat hat keinen Verfahrensstoff berücksichtigt, den der Antragsteller nicht gekannt hat oder zu dem er nicht hat Stellung nehmen können.
Der Antragsteller rügt vielmehr, dass der Senat – abweichend von der Rechtsansicht des Antragstellers – den Klageerzwingungsantrag zu Unrecht als unzulässig behandelt und gesichertes juristisches Wissen negiert habe. Hierauf kann eine Anhörungsrüge nicht gestützt werden (vgl. BGH NStZ-RR 2009, 119). Das Anhörungsrügeverfahren dient gerade nicht dazu, unter Durchbrechung der formellen Rechtskraft das Gericht dazu zu veranlassen, das Vorbringen nochmals zu überprüfen (OLG Rostock Beschluss vom 15.07.2016, 22 Ws Reha 43/15, BeckRS 2016, 15325).
2. Soweit der Antragsteller eine Gehörsverletzung damit begründet, dass keine Ermittlungen angeordnet wurden, verfolgt er in Wahrheit nicht diejenigen Zwecke, deren Durchsetzung § 33a StPO zu dienen bestimmt ist. Vielmehr versucht er, seine Bewertung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungs- und Beweisergebnisses als allein gültig durchzusetzen und die Entscheidung des Senats als offensichtlich verfehlt zu kennzeichnen, weil die bisherigen Beweisergebnisse und Rechtsfragen gegenteilig und in seinem Sinne hätten gewürdigt werden müssen.
Sämtliche Ausführungen und Erwägungen werden lediglich in das Gewand einer Anhörungsrüge gekleidet, denn gewünscht ist allein eine Kontrolle und eine Korrektur der Entscheidung in der Sache. Der Sachantrag, die Staatsanwaltschaft München I zu verpflichten, ein Ermittlungsverfahren förmlich einzuleiten, ist im Gesetz nicht vorgesehen und deswegen nicht statthaft.
Das Bundesverfassungsgericht hat, ebenso wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, noch niemals entschieden, dass jede Person, die eine Anzeige einer Straftat anbringt (§ 158 Abs. 1 StPO), unabhängig von ihrer Eigenschaft als Verletzter einen durch Grundrechte gestützten Anspruch darauf habe, die Staatsanwaltschaft zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder zur Aufnahme von Ermittlungen zu zwingen. Erst recht wurde noch niemals festgestellt, dass ein solcher Anspruch außerhalb des in der Strafprozessordnung vorgesehenen Verfahrens und unter Missachtung jeglicher Förmlichkeiten geltend gemacht werden könne. Vielmehr wurde ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit insbesondere der Anforderungen des § 172 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1-3 StPO bestätigt (BVerfG, Beschluss vom 10.03.2016 – 2 BvR 408/16 [BeckRS 2016, 43765]; NJW 2016, 44; Beschluss vom 08.10.2003 – 2 BvR 1465/01 [BeckRS 2003, 25075]; ZEV 2002, 464).
Denn ein verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch eines Einzelnen auf Strafverfolgung eines Dritten durch den Staat besteht nicht (BVerfG ZEV 2002, 464) und folgt auch nicht aus den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 27.06.2007, 2 Ws 494-496/06 KL (NJW 2007,3734). Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Verkennung der Rechtslage durch die Staatsanwaltschaft, hat die Rechtsprechung ein Ermittlungserzwingungsverfahren zugelassen (OLG München aaO, NJW 2007, 3734), das sich jedoch auch nicht auf ein bloßes Tätigwerden oder „förmliches Einleiten“ richtet. Auch ein Antrag zur Erzwingung von Ermittlungen ist aber wiederum nur unter den oben dargestellten, allgemein für das Klageerzwingungsverfahren geltenden Voraussetzungen zulässig. Ein Ausnahmefall liegt hier nicht vor, das Oberlandesgericht hat in seinem Beschluss vom 08.04.2020 begründet, warum weder eine falsche Verdächtigung nach § 164 StGB noch ein versuchter Prozessbetrug gemäß §§ 263,22, 23 StGB vorliegt. Eine fehlerhafte rechtliche Würdigung durch die Staatsanwaltschaft liegt nicht vor.
Es ergibt sich vorliegend weder aus §§ 33a, 34 StPO noch unmittelbar aus dem Verfassungsrecht eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Begründung der Entscheidung, denn eine Gehörsrüge dient nicht dazu, eine Ergänzung der Begründung herbeizuführen (vgl. BT-Drucks. 15/3706 S. 16; BGH, Beschluss vom 17.12.2015 – IX ZR 148/14 [BeckRS 2016, 2706] für § 321a ZPO) oder im Sinne des Antragstellers zu entscheiden. Auch ist die Generalstaatsanwaltschaft nicht verpflichtet, zu einer erhobenen Gehörsrüge Stellung zu nehmen.
3. Die Kosten einer erfolglosen Anhörungsrüge trägt in analoger Anwendung des § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO der Antragsteller (BGH, Urt. v. 29.01.2015 – 1 StR 359/13 [BeckRS 2015, 3139]). Diese wird im Übrigen darauf hingewiesen, dass weitere gleichartige Eingaben in dieser Sache zwar überprüft aber nicht mehr verbeschieden werden (§ 17 Abs. 3 AGO).


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