Verwaltungsrecht

Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt, Begründung des Zulassungsantrags, Darlegungsanforderungen

Aktenzeichen  10 ZB 21.1378

Datum:
16.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6501
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4
FreizügG/EU § 6 Abs. 1 bis 3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 25 K 19.1302 2021-03-24 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 21. Februar 2019 weiter, mit dem der Verlust des Rechts des Klägers auf Einreise und Aufenthalt festgestellt, die Einreise und der Aufenthalt befristet auf zehn Jahre untersagt sowie die Abschiebung nach Kroatien angekündigt bzw. angedroht wurde.
Unabhängig davon, ob die Begründung des Zulassungsantrags mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 27. Mai 2021, die keinen Zulassungsgrund nach § 124a Abs. 2 VwGO bezeichnet und sich im Wesentlichen auf eine „Begründung“, „Meinungen“ und die „Sicht“ des Klägers selbst bezieht, den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügt (zu diesen Anforderungen vgl. z.B. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 56; Roth in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, Stand 1.1.2022, § 124a Rn. 65 ff.; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2021, VwGO § 124a Rn. 88 ff.; Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 194 ff.), ist der Antrag auf Zulassung der Berufung jedenfalls unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich die wohl der Sache nach geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Dies ist jedoch nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die angefochtene Verlustfeststellung sei nach § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 FreizügG/EU rechtmäßig. Der bereits in der Vergangenheit mehrfach unter anderem wegen Drogendelikten zu langjährigen Haftstrafen verurteilte Kläger sei Wiederholungstäter und zuletzt am 10. Oktober 2017 durch das Landgericht T. zu einer über zehnjährigen Haftstrafe wegen Drogenhandels (Kokain und Heroin) in 16 Fällen verurteilt worden. Der Kläger habe seine Drogengeschäfte grenzüberschreitend über einen professionell organisierten Drogenring betrieben. Das in den von ihm begangenen Straftaten (Drogenhandel) gezeigte Verhalten stelle eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Nicht zuletzt der bisher nicht therapierte erhebliche Drogenkonsum des Klägers lege eine Wiederholungsgefahr weiterer Drogendelikte nahe. Die Ermessensentscheidung des Beklagten nach § 6 Abs. 1 und 3 FreizügG/EU sei auch unter Berücksichtigung der Rechtspositionen des Klägers aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK nicht zu beanstanden. Der Kläger lebe von seiner Ehefrau und seiner volljährigen Tochter seit vielen Jahren getrennt; familiäre Bindungen bestünden nur in Form von Besuchs- und telefonischen Kontakten. Der Vater des Klägers wohne wechselseitig in Kroatien und in Deutschland. Der Kläger selbst habe bereits seit 2003 keinen Wohnsitz mehr in Deutschland und befinde sich seit 2017 in Haft. Eine Rückkehr nach Kroatien sei ihm möglich und zumutbar.
Das Zulassungsvorbringen des Klägers zieht diese Erwägungen nicht durchgreifend in Zweifel. Die familiären Bindungen zu seinem 79 Jahre alten Vater, der nach Angaben des Klägers seit 1969 im Bundesgebiet lebe, eine Behinderung aufweise und deshalb bedürftig sei, sowie zu seiner Ehefrau, die (ebenfalls) „gesundheitlich angeschlagen“ sei, hat das Verwaltungsgericht ausführlich und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gewürdigt. Die vom Kläger geäußerte Auffassung, er sei ungerecht behandelt worden und stelle keine Gefahr für die deutsche Gesellschaft dar, ist ebenso unsubstantiiert wie sein Einwand, das zehnjährige Wiedereinreiseverbot sei „nicht verhältnismäßig und müsse deshalb reduziert werden“.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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