Verwaltungsrecht

Verrechnung einer Betriebsprämie mit offenen Forderungen

Aktenzeichen  W 8 K 18.1274

Datum:
3.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 40112
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 387
VO (EG) Nr. 1290/2005 Art. 9
VO (EU) Nr. 1306/2013 Art. 58

 

Leitsatz

1. Die Aufrechnung ist ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Mangels Verwaltungsaktcharakter der Aufrechnung ist ein Widerspruch gegen diese nicht statthaft. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Soweit die vorliegende Klage auf die Auszahlung der Bescheide vom 21. Juli 2014 bzw. die Abgabe von Erklärungen gerichtet ist, ist sie zulässig. Der klägerische Antrag wird insoweit sachgerecht dahingehend ausgelegt (§ 88 VwGO), dass er auf die Auszahlung von 426,96 EUR auf der Grundlage der Bescheide des AELF K. vom 21. Juli 2014 gerichtet ist.
Soweit sich das klägerische Begehren auf die Herstellung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Fl.Nr. 602 bezieht, ist die Klage allerdings bereits unzulässig. Nach § 82 Satz 2 VwGO soll die Klage einen bestimmten Antrag enthalten, woran es hier schon fehlt. Das Ziel des klägerischen Begehrens ist aus dem vorliegenden Antrag zu 2), wie er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gestellt wurde, nicht klar erkennbar. Insbesondere wird nicht klar, ob ein Verwaltungsakt des AELF K. angefochten oder dieses zum Erlass eines solchen verpflichtet werden soll oder ob etwa die Feststellung eines Rechtsverhältnisses begehrt wird. Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung zudem, das Grundstück Fl.Nr. … stehe im heutigen Verfahren nicht zur Debatte. Damit hat er bekundet, dass an der Fortführung des Rechtsstreits kein Interesse mehr besteht, so dass auch das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung von 426,96 EUR aus den Bescheiden des AELF K. vom 21. Juli 2014, von denen einer dem Kläger einen zusätzlichen Beihilfebetrag in Höhe von 22,41 EUR und der andere eine Prämie in Höhe von 404,55 EUR gewährt. Denn durch die in den genannten Bescheiden jeweils abgegebene Erklärung des AELF K., den Auszahlungsbetrag in voller Höhe zur teilweisen Begleichung noch offener Forderungen heranzuziehen, sind die Ansprüche aus Auszahlung von 22,41 EUR und 404,55 EUR durch Aufrechnung (§ 387 BGB) erloschen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Aufrechnung ein Gestaltungsrecht des allgemeinen Schuldrechts, das dem Staat nicht anders als jedem anderen Teilnehmer am Rechtsverkehr zusteht (vgl. BVerwG, U.v. 20.11.2008 – 3 C 13.08 – juris Rn. 8 m.w.N.). Die Erklärung der Aufrechnung durch die Behörde entspricht zudem Art. 9 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1290/2005 (jetzt: Art. 58 Abs. 1 lit. e) VO EU Nr. 1306/2013), wonach die Mitgliedstaaten im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen erlassen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.
Die Aufrechenbarkeit der Gegenforderung ist zu bejahen. Der Bescheid des AELF K. vom 30. März 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2013, in dem dem Kläger gewährte Direktzahlungen zuzüglich Rückerstattungen der Modulation (ZBB) gekürzt wurden und vom Kläger der zu Unrecht gewährte Betrag in Höhe von insgesamt 626,52 EUR zurückgefordert wurde, ist bestandskräftig.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2017 an das AELF K. hat der Kläger vorsorglich gegen beide Bescheide vom 21. Juli 2014 Widerspruch eingelegt. Mangels Verwaltungsaktcharakter der Aufrechnung ist ein Widerspruch gegen diese jedoch nicht statthaft. Im Übrigen wäre dieser selbst bei Unterstellung des vom Kläger behaupteten Fehlens einer Widerspruchsbelehrung verfristet nach § 58 Abs. 2 VwGO. Denn die Bescheide wurden jeweils am 17. Juli 2014 zur Post gegeben und gingen dem Kläger auch tatsächlich zu. Ein so verspäteter Zugang der Bescheide, dass die Frist nach § 58 VwGO noch nicht abgelaufen wäre, setzt jedoch einen atypischen, vom Kläger darzulegenden Geschehenslauf voraus (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 41 Rn. 40a). Ein solcher wurde hier jedoch nicht vorgetragen.
Nach alledem hat die Klage keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Zulassung einer Berufung im Urteil nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO liegen nicht vor, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO.


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