Verwaltungsrecht

Vertragsarztsitz, Ärzte-ZV, Hälftiger Versorgungsauftrag, Nebenbestimmung, Aufschiebende Bedingung, Aufschiebende Wirkung, Zulassungsverfügung

Aktenzeichen  L 12 KA 10/18

Datum:
10.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31983
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
Ärzte-Zv § 19 Abs. 2
Ärzte-Zv § 19 Abs. 3
Ärzte-Zv § 20
BVerfGG § 78
BVerfGG § 79
GG Art. 12
GG Art. 3
SGB V § 95
SGB X § 32
SGB X § 40
SGB X § 44

 

Leitsatz

1. Den Zulassungsgremien steht die Befugnis zu, deklaratorische Entscheidungen über das Ende der Zulassung zu treffen, um Rechtssicherheit darüber herzustellen, ob der Vertragsarzt berechtigt ist, vertragsärztlich tätig zu sein.
2. Neben einer vollen Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag besteht kein Anspruch auf eine weitere hälftige Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag.

Verfahrensgang

S 28 KA 15/17 2018-02-06 Endurteil SGMUENCHEN SG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 6. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht München hat mit dem angefochtenen Urteil vom 06.02.2018 mit zutreffender Begründung die Klage des Klägers abgewiesen. Die Entscheidung des Beklagten vom 17.11.2016 (Bescheid vom 12.12.2016) ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Bescheid des Beklagten, der allein Gegenstand des Klage- als auch des Berufungsverfahrens ist (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 13.05.2015, B 6 KA 25/14 R, juris Rz. 16) bedarf dabei der Auslegung. Dies deshalb, weil der Ausgangsbescheid des Zulassungsausschusses Ärzte Oberbayern vom 01.06.2006 das Ende der Zulassung mit hälftigen Versorgungsantrag fälschlicherweise – aufgrund einer falschen Berechnung oder auch nur eines Zahlendrehers – auf den 03.02.2016 anstatt 02.03.2016 festgelegt hatte und der Beklagte den vom Kläger hiergegen eingelegten Widerspruch vom 19.07.2016 zurückgewiesen hat. Bei einem zurückweisenden Widerspruch ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Entscheidung des Zulassungsausschusses zum Inhalt der Entscheidung des Beklagten wird. Zu einem abweichenden Ergebnis gelangt man – im Wege der Auslegung – aber dann, wenn aus der Begründung der zurückweisenden Entscheidung eindeutig eine Modifikation der Entscheidung des Zulassungsausschlusses hervorgeht. So liegt der Fall hier. Der Beklagte hat – zutreffend – eingehend begründet und dargelegt, dass die hälftige Zulassung des Klägers in B-Stadt erst zum 03.03.2016 endet. Einer solchen Auslegung ist die Entscheidung des Beklagten vor allem auch vor dem Hintergrund zugänglich, als das Verfahren vor dem Beklagten kein Widerspruchsverfahren i.S.d. §§ 78, 83 ff SGG, sondern ein besonderes Verwaltungsverfahren ist (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.1993, 6 R KA 40/91, SozR 3 – 2500 § 96 Nr. 1 S. 3 – 5) und der Beklagte – streng genommen – nicht über einen Widerspruch entscheidet, sondern eine eigene Sachentscheidung trifft (vgl. BSG, Urteil vom 17.10.2012, B 6 KA 49/11 R, juris-Rz. 18).
Der Beklagte hat aber nicht nur den Zeitpunkt des Endes der hälftigen Zulassung des Klägers in B-Stadt zutreffend bestimmt, sondern auch die zutreffende inhaltliche Begründung für das Ende dieser Zulassung zum 03.03.2016 gegeben.
Die im Beschluss des Beklagten vom 29.04.2014 genannten Voraussetzungen für das Wirksamwerden der Zulassung des Klägers sind nicht eingetreten.
Der Kläger ist durch den Beschluss des Beklagten vom 29.04.2014 unter der Bedingung zugelassen worden, dass er auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz A-Straße 15, A-Stadt bestandskräftig verzichtet und die vertragsärztliche Tätigkeit innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit dieses Bescheides (der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2014 bzw. der Beschluss vom 29.04.2014 war nach Zustellung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.07.2015, Az.: S 43 KA 1115/14 an den Klägerbevollmächtigten am 02.11.2015 nach Ablauf der Berufungsfrist am 02.12.2015, 24.00 Uhr bestandskräftig bzw. unanfechtbar geworden) aufgenommen wird, § 19 Abs. 2 Ärzte-ZV.
Zwar hat der Kläger noch am 02.03.2016 dem Zulassungsausschuss per Telefax die Erklärung zur Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit zum 02.03.2016 in B-Stadt übersandt. Unstreitig hat er aber bis dahin nicht auf die Hälfte seines vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz A-Straße 15, A-Stadt verzichtet. Bei der der Zulassung beigefügten Nebenbestimmung handelt es sich um eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 32 Abs. 2 Nr. 2 SGB X, die isoliert anfechtbar ist. Da der Kläger die Zulassung insgesamt und die darin beigefügten Bedingungen nicht angefochten hat, ist der Bescheid vom 10.06.2014 insgesamt mit allen Bedingungen bestandskräftig geworden. Die bestandskräftige aufschiebende Bedingung in der Ziffer 4 des Beschlusses vom 29.04.2014 hat zur Folge, dass der Hauptverwaltungsakt zwar wirksam geworden ist, dass die bedingte Rechtswirkung jedoch bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe gehalten wird. Ein Adressat eines begünstigenden Verwaltungsaktes, der von der ihm verliehenen Befugnis vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung Gebrauch macht, handelt ohne Erlaubnis. Anderenfalls würden Zulassungsbewerber, die unter einer von ihnen für rechtswidrig gehaltenen Bedingung zugelassen worden sind und gegen diese im Wege von Widerspruch und Anfechtungsklage vorgehen, gegenüber anderen Ärzten benachteiligt, die, wie der Kläger, die Bedingung bestandskräftig werden lassen, ihren Eintritt aber nicht herbeiführen. Es steht einem Zulassungsbewerber aber nicht frei, ob er eine von ihm für sachlich nicht gerechtfertigt bzw. rechtswidrig gehaltene Bedingung im Sinne des § 20 Abs. 3 Ärzte-ZV mit Rechtsmitteln angreift und deshalb seine vertragsärztliche Tätigkeit erst dann aufnehmen kann, wenn er im Rechtsstreit gegen die Nebenbestimmung Erfolg hatte oder ob er die Bedingung bestandskräftig werden lässt, sie aber nicht beachtet (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 22/02 R Rz. 23/24).
Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zu Recht festgestellt, dass die aufschiebende Bedingung des Verzichts auf die hälftige Zulassung in A-Stadt nicht eingetreten ist und deshalb die hälftige Zulassung in B-Stadt am 03.03.2016 geendet hat.
Das BSG (vgl. Urteil vom 05.02.2003, B 6 KA 2/02 R, juris-Rz.25; ebenso Urteil vom 13.05.2015, B 6 KA25/14 R, BSGE 119, 79 (95)) gesteht in ständiger Rechtsprechung den Zulassungsgremien die Befugnis zu, deklaratorische Entscheidungen über das Ende der Zulassung zu treffen, um Rechtssicherheit herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten Klarheit darüber zu schaffen, ob der Arzt (noch) berechtigt ist, vertragsärztlich tätig zu sein (vgl. z.B. BSGE 83, 135, 138 = SozR 3 -2500 § 95 Nr. 18 S. 65 zur Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Erreichen der Altersgrenze sowie BSGE 78, 175, 183 = SozR 3 – 5407 Art. 33 § 3a Nr. 1 9.10 zum Zulassungsverzicht). In § 28 Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV ist den Zulassungsgremien ausdrücklich die Befugnis zugesprochen worden, den Zeitpunkt der Beendigung der Zulassung in den in § 95 Abs. 7 SGB V genannten Fällen (Tod, Wirksamwerden eines Verzichts oder Wegzug) festzustellen. Nichts anderes kann in dem Fall gelten, dass eine erteilte Zulassung wegen Nichteinhaltung der ihr beigefügten Bedingung nicht wirksam geworden ist, so dass der Berechtigte von ihr keinen Gebrauch machen darf. Auch der Zeitpunkt 03.03.2016 der Feststellung des Endes der hälftigen Zulassung in B-Stadt ist nicht zu beanstanden. Das Wirksamwerden der hälftigen Zulassung in B-Stadt stand unter den in klarer zeitlicher Abfolge eintretenden Bedingungen des vorherigen Verzichts auf die Hälfte der vollen Zulassung in A-Stadt und des sich anschließenden Beginns der vertragsärztlichen Tätigkeit in B-Stadt. Indem der Kläger zum 02.03.2016 zwar dem Zulassungsausschuss gegenüber die Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in B-Stadt angezeigt hat, ohne vorher auf die hälftige Zulassung in A-Stadt verzichtet zu haben, hat der Kläger konkludent zu erkennen gegeben, dass er die Bedingung des Verzichts auf eine Hälfte der Zulassung in A-Stadt nicht zu erfüllen gedenkt. Der Kläger hat den Verzicht auch später nicht erklärt, sondern versucht nunmehr, die Bedingung in Ziffer 4 vom 29.04.2014 nachträglich zu beseitigen.
Für eine Nichtigkeit der Nebenbestimmungen in Ziffer 4 und 5 des Beschlusses des Beklagten vom 29.04.2014 i.S.v. § 40 SGB X bestehen keine Anhaltspunkte. Ein besonders schwerwiegender offensichtlicher Fehler liegt erkennbar nicht vor. Die Bedingung des Verzichts auf die Hälfte der vollen Zulassung in A-Stadt stützt sich auf die ständige Rechtsprechung des BSG, wonach neben einer vollen Zulassung kein Raum für eine weitere hälftige Zulassung besteht (vgl. BSG Urteil vom 28.09.2016, B 6 KA 32/15 R juris-Rz. 33 und 34 m.w. Nachweisen). Die in Ziffer 5 des Beschlusses vom 29.04.2014 enthaltene Nebenbestimmung, wonach die vertragsärztliche Tätigkeit endet, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten ab Unanfechtbarkeit dieses Bescheides aufgenommen wird, beruht auf § 19 III Ärzte-ZV, der bis zu der Nichtigerklärung durch Beschluss des BVerfG vom 26.09.2016 – 1 BvR 1326/15 – veröffentlicht am 08.11.2016, BGBl I S. 2521 – als rechtmäßige Ermächtigungsnorm angesehen wurde (vgl. BSG, Urteil vom13.05.2015, BSGE 119, 79 und Düring m. Schallen, Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, 9. Auflage 2018, § 19 Rn.20 m.w. Nachweisen). Die Nichtigerklärung durch das BVerfGE wirkt auch nicht zurück. Die in § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG enthaltene Fortbestandsgarantie sieht vor, dass nicht mehr anfechtbare Entscheidungen, die auf einer gem. § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt bleiben. Abgesehen davon stützt sich die Entscheidung des Beklagten nicht auf die Nebenbestimmung der Ziffer 5, sondern der Ziffer 4 des Bescheides vom 29.04.2014. Eine „bloße“ Rechtswidrigkeit der Nebenbestimmung in Ziffer 4 (Bedingung des Verzichts auf die Hälfte des vollen Versorgungsauftrages am Vertragsarztsitz in A-Stadt) würde an der Bestandskraft des Bescheides vom 29.04.2014 und der Nebenbestimmung unter Ziffer 4 nichts ändern. Die Feststellung einer etwaigen Verfassungswidrigkeit der Nebenbestimmung Ziffer 4 obliegt allein – hier auf dem Wege einer Urteilsverfassungsbeschwerde – dem Bundesverfassungsgericht. Allerdings kann sich eine solche Urteilsverfassungsbeschwerde wegen dessen Bestandskraft nicht direkt gegen den Bescheid des Beklagten vom 29.04.2014 und die Nebenbestimmung Ziffer 4 richten, sondern nur gegen die Verwaltungsentscheidungen und ggf. anschließenden Gerichtsverfahren zum Antrag des Klägers vom 02.07.2018, die Ziffer 4 des Bescheides vom 29.04.2014 gem. § 44 SGB X aufzuheben. Zu dem klägerischen Antrag vom 02.07.2018 an den Beklagten – ohne der Entscheidung der Verwaltung vorzugreifen – ist festzustellen, dass dieser nicht nach § 44 Abs. 1 SGB X zu beurteilen ist, da es nicht um die Erbringung von Sozialleistungen geht (vgl. § 11 Satz 1 SGB I), sondern nach § 44 Abs. 2 SGB X. Nach § 44 Abs. 2 S. 2 SGB X kann die Rücknahme eines Verwaltungsaktes für die Vergangenheit erfolgen. Der Kläger hat damit schon keinen Rechtsanspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Bescheides, sondern nur Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens. Die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung ist auf die Gesichtspunkte „Ermessensnichtgebrauch“, „Ermessensfehlgebrauch“ und „Ermessensüberschreitung“ beschränkt (vgl. zum Ganzen, BSG, Urteile vom 18.03.1998, B 6 KA 16/97 R, juris-Rz.16-19 und vom 22.06.2005, B 6 KA 21/04 R, juris-Rz. 15 – 17). Der Prüfungsmaßstab des Bundesverfassungsgerichts bzgl. der Ermessensentscheidung wäre noch weiter eingeschränkt, weil diese Gerichtsentscheidungen nur auf einen spezifischen Verfassungsverstoß hin untersucht werden, während Festlegung und Würdigung des Tatbestands, ebenso wie die Auslegung des einfachen Rechts und dessen Anwendung auf den einzelnen Fall den zuständigen Fachgerichten obliegt (vgl. etwa, BVerfG, Beschluss-Kammer, 2 BvR 2115/02, juris-Rz. 76).
Abgesehen davon ist aber nicht davon auszugehen, dass die Nebenbestimmung Ziffer 4 des Bescheides vom 29.04.2014 auch nur rechtswidrig wäre – aus denselben Gründen, die schon gegen das Vorliegen einer Nichtigkeit sprechen.
Der Beklagte kann sich – wie ausgeführt – bzgl. der Nebenbestimmung Ziffer 4 auf eine ständige Rechtsprechung stützen und wird dies sicherlich auch bei der Entscheidung über den Antrag des Klägers gem. § 44 II SGB X tun. Soweit in einem anschließenden Gerichtsverfahren die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung einer Zulassung auf einen Versorgungsauftrag aufgeworfen wird, weist der Senat darauf hin, dass sich das Bundessozialgericht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit in Hinblick auf Art. 12 GG bereits befasst und diese bejaht hat (vgl. BSG, Urteil vom 28.09.2016, B 6 KA 32/15 R, juris-Rz. 34 und BSG, Beschluss vom 09.02.2011, B 6 KA 44/10 B, juris-Rz. 18). Dem schließt sich der Senat an. Die von Klägerseite unter Bezugnahme auf das Gutachten vom 23.01.2018 hiergegen vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Soweit in dem Gutachten darüber hinaus ein Verstoß gegen Art. 3 GG gerügt wird, folgt der Senat dem nicht. Der Kläger sieht einen Verstoß gegen Art. 3 GG insofern, als ein Arzt mit einem vollen Versorgungsauftrag nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV zwar sonstige Nebentätigkeiten in erheblichem Umfang ausüben darf, nicht aber einen weiteren halben Versorgungsauftrag. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei den verglichenen Arztgruppen schon nicht um wesentlich gleiche Sachverhalte. Bei der einen Gruppe (Vertragsarzt und Nebentätigkeit) möchte der Arzt neben seiner Tätigkeit als Vertragsarzt im Vertragsarztsystem außerhalb dieses Systems eine weitere Tätigkeit (etwa als Hochschullehrer) ausüben. Für die Zulässigkeit eines Nebeneinanders der vertragsärztlichen und der außerhalb des Vertragsarztsystems erfolgenden Nebentätigkeit kommt es im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ohne starre Zeitgrenzen darauf an, ob der Vertragsarzt trotz der Beanspruchung durch die weitere Tätigkeit noch in der Lage ist, den Patienten in einem dem Versorgungsauftrag entsprechenden Umfang zur Verfügung zu stehen und vor allem Sprechstunden zu den in der vertragsärztlichen Versorgung üblichen Zeiten anzubieten. Diese Frage stellt sich in der anderen Vergleichsgruppe von vorneherein nicht, in der der Vertragsarzt neben seiner vollen Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag noch eine weitere hälftige Zulassung mit halben Versorgungsauftrag begehrt. Die gewünschte Ausweitung der vertragsärztlichen Tätigkeit kann innerhalb des Vertragsarztsystems im Rahmen eines vollen Versorgungsauftrags vollzogen werden. Eine Argumentation dahingehend, die vertragsärztliche Tätigkeit im Rahmen des vollen Versorgungsauftrages zu reduzieren, um Zeit für einen weiteren halben Versorgungsauftrag zu schaffen, verfängt hier nicht. Art und Umfang der vertragsärztlichen Tätigkeit hängen grundsätzlich von Leistungswillen und der Leistungsfähigkeit des Vertragsarztes – von honorarbegrenzenden Maßnahmen einmal abgesehen – ab. Dies gilt auch in Konstellationen, in denen der Vertragsarzt auch außerhalb seines Vertragsarztsitzes tätig werden will. Hierfür stehen im geltenden System ausreichend Möglichkeiten zur Verfügung, etwa in Form ausgelagerter Praxisräume (§ 24 Abs. 5 Ärzte-ZV), Zweigpraxen (§ 24 Abs. 3 Ärzte-ZV) oder durch Verzicht auf die Hälfte der Zulassung am Hauptsitz und hälftige Zulassung am weiteren Vertragsarztsitz. Der Kläger hat vorliegend den Weg über eine Zweigpraxis in B-Stadt neben der vollen Versorgungstätigkeit in A-Stadt gewählt. Von daher liegt der gerügte Verstoß gegen Art. 3 GG schon deswegen nicht vor, weil die verglichenen Arztgruppen einen unterschiedlichen Sachverhalt betreffen und daher auch unterschiedlich zu behandeln sind. Der Kläger hat nicht schlüssig darlegen können, wieso er neben der vollen Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag anstelle der Zweigpraxis in B-Stadt eine weitere halbe Zulassung mit halben Versorgungsauftrag benötigt. Soweit es um die Erweiterung des im Rahmen der Genehmigung der Zweigpraxis zugestandenen Leistungsspektrum geht und damit um eine weitere Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit in B-Stadt, ist gerade der vorgesehene Weg über den Verzicht auf die Hälfte der vollen Zulassung in A-Stadt und die halbe Zulassung in B-Stadt der angemessene und zweckmäßige Weg.
Der Entscheidung des Sozialgerichts München ist auch insoweit zuzustimmen, als es den Antrag, festzustellen, dass dem Vollzug des Bescheides vom 12.12.2016, soweit darin das Ende der Zulassung des Klägers mit hälftigen Versorgungsauftrag in B-Stadt zum 03.03.2016 festgestellt wurde, die aufschiebende Wirkung des Rechtsstreits entgegensteht, abgewiesen hat.
Bei der Feststellung des Endes der hälftigen Zulassung zum 03.03.2016 handelt es sich um eine rein deklaratorische Feststellung, bei der Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (vgl. BSG, Urteil vom 13.05.2015, B 6 KA 25/14 R, BSGE 119, 79, 95). Soweit sich die Klägerseite auf einen Beschluss des erkennenden Senates vom 28.03.2007 (L 12 B 835/06 KA ER, GesR 2007, 410f) beruft, ist die dortige Auffassung vom Bundessozialgericht verworfen worden (vgl. Urteil vom 06.02.2008, B 6 KA 41/06 R, juris-Rz. 26) und wurde in der Folge vom erkennenden Senat nicht mehr vertreten. Selbst wenn man der Feststellung des Endes der hälftigen Zulassung konstitutive Wirkung beimessen wollte, ergäbe sich vorliegend kein anderes Ergebnis. Der Kläger hat mangels Eintritts der aufschiebenden Bedingung zu keiner Zeit den Status als (teil-) zugelassener Vertragsarzt in B-Stadt erlangt, so das eine etwaige aufschiebende Wirkung ins Leere gehen würde. Mit der aufschiebenden Wirkung kann nur der (einstweilige) Erhalt eines schon erlangten Status erwirkt werden, aber nicht ein Mehr im Sinne des einstweiligen Erwerbs des Status.
Die Berufung des Klägers war daher vollumfänglich zurückzuweisen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 197a Abs. 1 Satz 1, 3. Halbsatz SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 2, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).


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