Verwaltungsrecht

Verwaltungsgerichte, Flurbereinigungsverfahren, Rechtsschutzbedürfnis, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Keine Rechtsmittelbelehrung, Prozeßbevollmächtigter, Ermessensfehlerfreie Entscheidung, Verpflichtungsklage, Untätigkeitsklage, Prozeßkostenhilfeverfahren, Vermessungsamt, Flurkarte, Kostenentscheidung, Katasterunterlagen, Wiederaufgreifensgründe, Verwaltungsverfahren, Befähigung zum Richteramt, Berufungszulassung, Streitwert, Parteigutachten

Aktenzeichen  M 23 K 19.862 950

Datum:
19.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 43068
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 58 Abs. 2 S. 1
BayVwVfG Art. 35
BayVwVfG Art. 51 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist bereits unzulässig.
I. Soweit der Kläger mit seinem Antrag ausdrücklich die Änderung der Flurkarte und des dazugehörenden amtlichen Liegenschaftsnachweises auf den Katasterstand vor 1967 begehrt, ist die Klage als Verpflichtungsklage zwar statthaft, § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO. Denn mit der Änderung dieser Katasterunterlagen begehrt er einen Verwaltungsakt gem. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG München, U.v. 6.4.2009 – M 23 K 08.2232 – juris Rn. 17).
Es fehlt der Klage insoweit aber am Rechtsschutzbedürfnis. Der Verpflichtungsklage mit dem zugrundeliegenden wiederholten Anspruchsbegehren steht ein bestandskräftiger Versagungsbescheid entgegen. Ist bereits bestandskräftig entschieden, dass der verfolgte Anspruch nicht besteht, ist die Klage unzulässig (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 32 m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Dem neuerlichen Antrag an den Beklagten vom … September 2019, dessen Durchsetzung der Kläger mit der vorliegenden Klage beabsichtigt, steht bereits eine zeitlich vorangegangene und bestandskräftige Ablehnung in derselben Sache entgegen. So hatte der Kläger bereits mit Schreiben vom … Mai 2016 den identischen Antrag gestellt. Diesen Antrag hat das Vermessungsamt bereits mit Schreiben vom 12. Juli 2016 und zuletzt mit Schreiben vom 9. November 2016 verbindlich abgelehnt. Von der Möglichkeit, hiergegen Klage zu erheben, hat der Kläger nicht binnen Jahresausschlussfrist gem. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO Gebrauch gemacht.
Auch wenn den Schreiben vom 12. Juli und 9. November 2016 keine Rechtsmittelbelehrungangefügt ist, ergibt sich hieraus dennoch eine verbindliche Ablehnung in Form eines Verwaltungsakts gem. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG. Das Fehlen der Rechtsmittelbelehrungsteht dem nicht entgegen und bewirkt ausschließlich den Lauf der Jahresausschlussfrist nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Mit den benannten Schreiben hat das Vermessungsamt als Behörde mit Außenwirkung gegenüber dem Kläger einseitig hoheitlich zu erkennen gegeben, dass es das vom Kläger geltend gemachte Recht verbindlich verneint und hat dadurch eine verbindliche Rechtsfolge als Regelung gesetzt. So weist das Vermessungsamt im Schreiben vom 9. November 2016, das an das Schreiben vom 12. Juli 2016 anknüpft, den Antrag ausdrücklich zurück und gibt damit unmissverständlich zu verstehen, dass es dem klägerischen Begehren nicht nachkommen wird. Diese Finalität bekräftigt das Vermessungsamt dadurch, dass es am Ende darauf verweist, sich weiteren Eingaben nur noch bei Vorliegen eines neuen Sachverhalts anzunehmen. Insoweit verweist das Vermessungsamt in der Sache auf die Voraussetzungen des Art. 51 BayVwVfG.
Da das Vermessungsamt den Antrag damit verbindlich und bestandskräftig abgelehnt hatte, besteht auch insoweit kein Raum für eine Untätigkeitsklage.
II. Auch unter der Annahme, der neuerliche Antrag vom … September 2019 sei auf Abänderung der vorgenannten bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung gerichtet – mit dem Ziel, eine Änderung der Katasterunterlagen zu herbeizuführen – verhilft dies der Klage weder als Versagungsgegen- (§ 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO) noch als Untätigkeitsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 3 VwGO) zu ihrer Zulässigkeit. Ist verbindlich entschieden, dass der Anspruch nicht besteht, so bleibt dem Betroffenen nur die Möglichkeit, das Wiederaufgreifen des Verfahrens gem. Art. 51 BayVwVfG zu betreiben (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 42 Rn. 32 m.w.N.).
Abgesehen davon, dass – entgegen objektiver Annahme – der anwaltlich vertretene Kläger selbst nicht von einer bestandskräftigen Ablehnung ausgeht und einen solchen Antrag konsequenterweise auch nicht ausdrücklich gestellt hat, wäre er insoweit auch nicht klagebefugt gem. § 42 Abs. 2 VwGO. Es fehlte von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise an der Möglichkeit, dass der Kläger einen zu einer anderen Sachentscheidung führenden Wiederaufgreifensgrund gem. Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG geltend machen könnte. Er bezieht sich vielmehr weiterhin (auch im vorgelegten Parteigutachten) auf eine bereits zuvor – etwa im Verfahren M 23 K 07.2539 – beanspruchte Sachlage und macht auch keine geänderte Rechtslage geltend. Er trägt lediglich neue Rechtsansichten vor und beharrt dabei im Ergebnis weiterhin auf einer Fehlerhaftigkeit der Flurbereinigung. Diese Festlegungen sowie auch der Abmarkungsbescheid sind bestandskräftig, letzterer mit Ablauf der Rechtsmittelfrist zum Urteil aus 2008 (M 23 K 07.2539), und können somit von vornherein keine Änderung i.S.d. Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG begründen. Der vom Kläger angenommenen und im Gutachten besprochenen Nichtigkeit beider Akte (die das Gericht im Übrigen nicht zu erkennen vermag) ist das Fehlen einer Änderung immanent.
Die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifengrundes können schlussendlich in der Sache vom Kläger nicht ansatzweise geltend gemacht werden. Sein Vortrag ist von vornherein und nach jeder vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet, einen Grund nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG zu begründen.
Schließlich hat der anwaltlich vertretene Kläger keinen ausdrücklichen Antrag auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Rücknahme der Grenzfeststellung aus der Flurbereinigung und des Abmarkungsbescheids gem. Art. 48, Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG gestellt. Soweit er einen solchen Anspruch auf Rücknahme beider behördlicher Maßnahmen in seiner Klagebegründung in Bezug genommen hat, dient dies ausschließlich zur Begründung seines Antrags auf Änderung der Flurkarte und fehlt es der gerichtlichen Geltendmachung eines solchen Anspruchs mangels bei der jeweils zuständigen Behörde gestellten Antrags am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
Selbst wenn der Klageantrag dahingehend auszulegen wäre, wäre aus oben genannten Gründen ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung zumindest gegenüber der Vermessungsverwaltung des Beklagten (um die es vorliegend einzig geht) nicht ersichtlich, wenngleich das Gericht die seit Jahrzehnten bestehende missliche Lage des Klägers nachzuvollziehen vermag.
Die Klage war daher unter Ausspruch der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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