Verwaltungsrecht

Verwaltungsgerichte, Streitwertfestsetzung, Antragsgegner, Einstweilige Anordnung, Präsenzunterricht, Beurlaubung, Prozeßbevollmächtigter, Ersatzschulen, Antragstellers, Praktische Ausbildung, Ausbildungsziel, Abschluss der Ausbildung, Beschwerdeentscheidung, Wert des Beschwerdegegenstandes, Einlegung der Beschwerde, Kostenentscheidung, Vertretungszwang, Anordnungsanspruch, Befähigung zum Richteramt, Rechtsmittelbelehrung

Aktenzeichen  B 3 E 21.189

Datum:
25.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 4358
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
BayIfSMV § 18 11.
BFSO Pflege § 11 Abs. 3
BaySchO § 19 Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Unterrichtung im Distanzunterricht als Ersatz zum Präsenzunterricht.
Die Antragstellerin besucht die Abschlussklasse der Altenpflegeausbildung der Berufsfachschule für Altenpflege des … Seit dem 22.02.2021 findet der Unterricht wieder in Präsenz statt. Die Antragstellerin nimmt hieran nicht teil.
Mit am 22.02.2021 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenem Schriftsatz ersuchte die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz. Ohne einen konkreten Antrag zu stellen, bezeichnete sie ihr Begehren als Eilantrag auf Onlineunterricht alternativ zum Präsenzunterricht.
Sie sei in einer Abschlussklasse, in der zu Fachkräften der Altenpflege ausgebildet werde. Die Schülerinnen und Schüler der Klasse arbeiteten in Einrichtungen der Altenpflege, in denen teilweise Covid-19 ausgebrochen sei. Sie selbst habe in den letzten zwei Wochen mit infizierten Bewohnern gearbeitet. Da aber laut Gesundheitsamt die Hygieneregeln eingehalten würden, gebe es keinen Anlass für eine Quarantäne und damit den Ausschluss vom Präsenzunterricht. Ein Teil der Klasse, nach Schätzung der Antragstellerin 40 bis 50%, sei nicht gegen Covid-19 geimpft. Die Antragstellerin könne trotz aller Sicherheitsmaßnahmen und zweiter Impfung mit dem Biontech-Impfstoff nicht ausschließen, Keime zu übertragen. Es sei bei 15 Personen im Raum schwierig, den geforderten Mindestabstand einzuhalten. Bedingt durch die Arbeit trage sie länger als empfohlen die FFP2-Maske. Diese müsste sie im Unterricht auch tragen, während sie zu Hause nicht dazu verpflichtet sei. Aus gesundheitlichen Gründen verzichte sie momentan auf das unnötige Maskentragen. Der Online-Unterricht sei in den letzten Wochen von der Antragsgegnerin vorbildlich umgesetzt worden und die technischen Möglichkeiten für eine Zuschaltung zum Präsenzunterricht seien gegeben. Von Seiten der Klassenleitung spreche nichts gegen eine zusätzliche Onlinealternative. Die Antragstellerin habe aktuell nur die Möglichkeit, am Präsenzunterricht teilzunehmen oder den Unterricht zu verpassen. Beide Varianten seien für ihre theoretische Ausbildung nicht förderlich.
Mit Schriftsatz vom 23.02.2021 erklärte die Antragsgegnerin, dass der Präsenzunterricht mit Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 16.02.2021 für die beruflichen Schulen angeordnet und verbindlich umzusetzen sei. Aus der vorgelegten Mitteilung des Bayerischen Staatsministers für Unterricht und Kultus vom 16.02.2021 (Az. ZS.4-BS4363.0/485) über die Covid-19-Schutzmaßnahmen an den Schulen in Bayern: Unterrichtsbetrieb ab dem 22. Februar 2021 an den beruflichen Schulen (im Folgenden: KMS vom 16.02.2021 – abrufbar unter https://www.rast-bs.de/images/content/schulzentrum/Corona/210216_M_Unterrichtsbetrieb_Feb21_BerS_R.pdf, zuletzt abgerufen am 24.02.2021) ergibt sich u.a., dass der Präsenzschulbetrieb in den Abschlussklassen wieder aufzunehmen sei. Zu den genannten Schularten zählen auch die Jahrgangsstufen an allen sonstigen beruflichen Schulen, in welchen Schülerinnen und Schüler bis zum 31. Juli 2021 Abschlüsse erwerben.
Die Regierung von Oberfranken teilte mit Schriftsatz vom 23.02.2021 mit, dass der Vertreter des öffentlichen Interesses keinen Gebrauch von seiner Beteiligungsbefugnis mache. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Schule der Antragsgegnerin eine staatlich anerkannte Ersatzschule im Sinne des Art. 100 BayEUG sei. Die Antragstellerin habe am 19.02.2021 telefonisch bei Herrn K …, … der Regierung von Oberfranken, darum gebeten, dass sie als Abschlussschülerin in der Altenpflege nicht am Präsenzunterricht ab dem 22.02.2021 teilnehmen müsse. Ihr sei erläutert worden, dass bei entsprechenden Inzidenzwerten Präsenzunterricht für Abschlussklassen vorgesehen sei. Am 22.02.2021 hätten Schulleitung und Geschäftsführer der Antragsgegnerin … Herrn K … mitgeteilt, dass die Situation an der Schule vor Ort so sei, dass aufgrund der geringen Schülerzahl von 14 Schülerinnen und Schülern die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln eingehalten werden könnten.
Die Antragstellerin erklärte nach telefonischer Auskunft vom 24.02.2021, sie werde von Lehrern und Lehrerinnen mit Unterrichtsmaterial versorgt. Ein Antrag auf Beurlaubung sei nicht gestellt worden. Mit der Antragsgegnerin sei vereinbart gewesen, dass erst das anhängige Verfahren abgewartet werden solle. Sie werde den Antrag wohl noch heute stellen. Sie habe mit der Schule telefoniert und man sei grundsätzlich bereit, die Antragstellerin im Online-Unterricht zu unterstützen. Die Schule fühle sich jedoch an den ministeriellen Erlass, der Präsenzunterricht vorsehe, gebunden.
Mit Schriftsatz vom 25.02.2021 führte die Antragsgegnerin aus, dass mit der Antragstellerin ein Gespräch im Rahmen einer Videokonferenz stattgefunden habe. Es seien die Vorgaben und Möglichkeiten des KMS vom 16.02.2021 besprochen worden. Es habe eine Aufklärung bezüglich der Umsetzung der Hygienerichtlinien und der Fehlzeitenregelung bezüglich der geltenden Ausbildungs- und Prüfungsverordnung stattgefunden. Das Erreichen des Ausbildungszieles sei nach Ansicht der Antragstellerin nicht in Gefahr. Die Antragstellerin mache nunmehr von der Möglichkeit der Beurlaubung nach KMS vom 16.02.2021 Gebrauch. Neben dem Vorgehen bei anstehenden Prüfungen sei noch die Übermittlung von Lernunterlagen vereinbart worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag ist in der Sache unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Erforderlich ist für einen Erfolg des Antrags, dass die Antragstellerin einen materiellen Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Eilbedürftigkeit) gerade im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Anordnungsgrund) glaubhaft machen kann.
1. Der Anordnungsgrund liegt vor, da das Begehren der Antragstellerin ohne Weiteres eilbedürftig ist.
2. Nach der gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist ein Anordnungsanspruch nicht gegeben, da die Antragstellerin keinen Anspruch auf Distanzunterricht hat.
2.1. Ein Anspruch auf Distanzunterricht ergibt sich nicht aus dem Infektionsschutzrecht.
a) Im Fall der Antragstellerin steht die Elfte Bayerische Infektionschutzmaßnahmenverordnung, zuletzt geändert aufgrund der Verordnung zur Änderung der Elften Bayerischen Infektionschutzmaßnahmenverordnung vom 12.02.2021 (11. BayIfSMV), dem Präsenzunterricht nicht entgegen.
Grundsätzlich sind zwar gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 11. BayIfSMV die Schulen im Sinne des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) für Schülerinnen und Schüler geschlossen. Etwas anderes gilt jedoch gemäß § 18 Abs. 1 Satz 5 11. BayIfSMV in Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die 7-Tage-Inzidenz den Wert von 100 nicht überschreitet: Abweichend von § 18 Abs. 1 Satz 1 11. BayIfSMV findet hier in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 der Grundschulen (Nummer 1) und u.a. der Förderzentren (Nummer 2), in den Schulen für Kranke in Abstimmung mit den Kliniken (Nummer 3) und in den Abschlussklassen der übrigen Schulen nach Satz 1 (Nummer 4) Präsenzunterricht, soweit dabei der Mindestabstand von 1,5 Metern durchgehend und zuverlässig eingehalten werden kann, oder Wechselunterricht statt.
Die von der Antragstellerin in der Abschlussklasse besuchte Berufsfachschule des … stellt ausweislich der Stellungnahme der Regierung von Oberfranken vom 23.02.2021 und der Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus eine staatlich anerkannte Ersatzschule gemäß Art. 100 BayEUG dar (Bayerisches Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Schule und Ausbildung, Schulsuche: https://www.km.bayern.de/schule/5120.html?re=1 – zuletzt abgerufen am 24.02.2021).
Laut der Stellungnahme der Regierung von Oberfranken vom 23.02.2021 kann der Mindestabstand bei 14 Schülerinnen und Schülern in der Klasse der Antragstellerin zuverlässig eingehalten werden. Auch die Antragstellerin spricht von lediglich 15 Schülerinnen und Schülern in ihrer Klasse. Sie geht zwar davon aus, dass die Mindestabstände nur schwer eingehalten werden könnten. Bei der geringen Anzahl von Schülerinnen und Schülern und bei einem vorausschauenden Verhalten der Betroffenen, die sich ausbildungsbedingt sensibel mit dem Thema auseinandersetzen, geht das Gericht davon aus, dass die Abstände zuverlässig eingehalten werden, wie die Antragsgegnerin dies versichert hat.
Die 7-Tage-Inzidenz darf zudem den Wert von 100 nicht überschreiten. Dieser lag am 24.02.2021 für die Stadt … bei 54,3 und am 25.02.2021 bei 45,2 (abrufbar auf der Homepage des Landratsamtes …: … – zuletzt abgerufen am 25.02.2021).
Damit liegen die Voraussetzungen von § 18 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 11. BayIfSMV vor und der Unterreicht findet als Präsenzunterricht statt. Lediglich eine Überschreitung des Inzidenzwertes von 100 würde dazu führen, dass die Kreisverwaltungsbehörde dies unverzüglich bekanntzumachen hat und dann ab dem folgenden Tag Distanzunterricht stattfindet (§ 18 Abs. 1 Satz 5 11. BayIfSMV).
b) Nichts anderes ergibt sich aus dem KMS vom 16.02.2021. Hier wird bezugnehmend auf die Verordnung zur Änderung der 11. BayIfSMV vom 12.02.2021 erläutert, dass, wenn die 7-Tage-Inzidenz im jeweiligen Landkreis bzw. in der jeweiligen kreisfreien Stadt, in dem die Schule liegt, nicht über 100 liegt, ab dem 22. Februar in den Abschlussklassen der beruflichen Schulen Präsenzunterricht unter Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern auch in den Unterrichtsräumen stattfindet und wenn die Einhaltung des Mindestabstands nicht gewährleistet werden kann, in den Wechselunterricht überzugehen sei (KMS vom 16.02.2021, Seite 2 f.).
2.2. Ein Anordnungsanspruch auf die Durchführung von Distanzunterricht speziell für die Antragstellerin ergibt sich weder aus dem BayEUG noch aus sonstigen schulrechtlichen Regelungen.
a) Die Antragsgegnerin ist als staatlich anerkannte Ersatzschule nach Art. 100 Abs. 2 BayEUG im Rahmen des Art. 90 BayEUG verpflichtet, bei der Aufnahme, beim Vorrücken und beim Schulwechsel von Schülerinnen und Schülern sowie bei der Abhaltung von Prüfungen die für öffentliche Schulen geltenden Regelungen anzuwenden.
aa) Die Schulordnung für die Berufsfachschulen für Pflege, Krankenpflegehilfe, Altenpflegehilfe, Hebammen und Notfallsanitäter (BFSO Pflege) gilt gemäß § 1 Abs. 1 BFSO Pflege für die öffentlichen Berufsfachschulen der Ausbildungsrichtungen Pflege, Krankenpflegehilfe, Altenpflegehilfe, Hebammen und Entbindungspfleger und Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitäter. Gemäß § 1 Abs. 2 BFSO Pflege ist diese für staatlich genehmigte und staatlich anerkannte Ersatzschulen gemäß § 1 Abs. 1 BFSO Pflege im Rahmen der Art. 90, 92 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 sowie Art. 93 BayEUG, für letztere darüber hinaus im Rahmen des Art. 100 Abs. 2 BayEUG anwendbar.
Nach Art. 101 Abs. 2 BayEUG ist eine Schule mit dem Charakter einer öffentlichen Schule verpflichtet, die für entsprechende öffentliche Schulen geltende Schulordnung anzuwenden. Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich, da der Status nur auf Antrag vom zuständigen Staatsministerium verliehen wird (Art. 101 Abs. 1 BayEUG) und die Antragsgegnerin nicht als Ersatzschule mit öffentlichem Charakter geführt wird (Bayerisches Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, Schule und Ausbildung, Schulsuche: https://www.km.bayern.de/schule/5120.html?re=1 – zuletzt abgerufen am 24.02.2021).
Die Bestimmungen der BFSO Pflege gelten damit mindestens soweit sie die Aufnahme, das Vorrücken und den Schulwechsel von Schülerinnen und Schülern sowie die Abhaltung von Prüfungen betreffen (Art. 100 Abs. 2 BayEUG). Dies betrifft jedoch nicht die konkrete Organisation des Unterrichts. Nach Art. 90 Satz 2 BayEUG sind private Schulen im Rahmen der Gesetze frei in der Entscheidung über eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung, über Lehr- und Erziehungsmethoden, über Lehrstoff und Formen der Unterrichtsorganisation. Unter die Unterrichtsorganisation fallen beispielsweise die Möglichkeit, Gruppenunterricht oder Förder- und Stützunterricht durchzuführen oder anzubieten, Schüler verschiedener Jahrgangsstufen in einzelnen Fächern gemeinsam zu unterrichten, ein Fach zulasten anderer Fächer über einen bestimmten Zeitraum hinweg schwerpunktmäßig zu erteilen (Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Stand Nov. 2020, Art. 90 BayEUG Rn. 4), so dass prinzipiell Distanzunterricht auch als eine Form der Unterrichtsorganisation gewertet werden kann.
Die in Art. 90 Satz 2 BayEUG verankerte Gestaltungsfreiheit, die die in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) und Art. 134 Abs. 1 Bayerischer Verfassung (BV) verankerte Privatschulfreiheit aufgreift, gilt im Rahmen der Gesetze, weshalb der Umfang der Geltung nach Art der privaten Schule variieren kann. Im Rahmen der Gesetze heißt wiederum, dass sich die Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Art. 7 GG bewegen muss und die den Begriff Schule prägenden Kriterien nicht verlassen werden dürfen. Bei Ersatzschulen sind dies insbesondere die Regeln der Art. 92 ff. BayEUG (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Stand Nov. 2020, Art.90 BayEUG, Rn. 3, Rn. 5).
Nach Art. 93 BayEUG kann das zuständige Staatsministerium Mindestlehrpläne und Mindeststundentafeln erlassen oder genehmigen, den Abschluss der Ausbildung von Prüfungen abhängig machen, Prüfungsordnungen erlassen oder genehmigen und Schulordnungen genehmigen. Die Stundentafel für die Berufsfachschulen für Altenpflegehilfe ist in § 11 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anlage 6 BFSO Pflege geregelt. Demnach muss eine Gesamtsumme an Unterrichtsstunden im theoretischen und praktischen Unterricht neben der praktischen Ausbildung vorliegen. Auch ist zu bedenken, dass nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 BayEUG eine Ersatzschule die Gewähr dafür bieten muss, dass sie dauernd die an gleichartige oder verwandte öffentliche Schulen gestellten Anforderungen erfüllt. Die entsprechenden öffentlichen Schulen wären hier die Berufsfachschulen im Sinne des Art. 13 BayEUG.
Dementsprechend ist die Gestaltung des Unterrichts wesentlich, da es für einen erfolgreichen Abschluss auf die Stundenanzahl ankommt. Dies spricht für eine Anwendbarkeit der Regelungen zum Distanzunterricht.
§ 11 Abs. 3 BFSO Pflege gibt die Voraussetzungen für den Distanzunterricht vor: Mit Genehmigung der Schulaufsichtsbehörde kann in organisatorisch oder pädagogisch begründeten Fällen der Unterricht in einzelnen Fächern in begrenztem Umfang als Distanzunterricht nach § 19 Abs. 4 BaySchO abgehalten werden. Dabei sind vorher die Lehrerkonferenz und das Schulforum anzuhören. Gemäß § 19 Abs. 4 Satz 1 BaySchO ist Distanzunterricht Unterricht, der in räumlicher Trennung von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern stattfindet. Die Antragstellerin begehrt einen umfassenden Distanzunterricht, da sie damit den Präsenzunterricht ersetzen möchte. § 11 Abs. 3 BFSO Pflege deckt aber höchstens Distanzunterricht in einzelnen Fächern. Die Antragstellerin hätte insofern höchstens einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, wobei im Rahmen der Unterrichtsorganisation der jeweiligen Schule ein eher umfassendes Ermessen zuzuerkennen wäre.
bb) Zieht man ergänzend § 19 Abs. 4 BaySchO heran kommt man zu keinem anderen Ergebnis.
Die Durchführung von Distanzunterricht an einer Schule oder in einzelnen Klassen oder Kursen der Schule ist nach § 19 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 BaySchO zulässig, wenn die zuständigen Behörden zum Schutz von Leben oder Gesundheit die Schulschließung oder den Ausschluss einzelner Klassen oder Kurse anordnen und das Einvernehmen der Schulaufsicht vorliegt (Buchst. a)) oder den Ausschluss einzelner Personen anordnen oder genehmigen (Buchst. b)). Allerdings ergibt sich daraus schon kein Anspruch auf Distanzunterricht. Die Norm regelt lediglich, wie und ob Distanzunterricht stattfinden darf, wenn die dafür zuständigen Behörden handeln (vgl. VG Ansbach, B.v. 22.09.2020 – AN 2 E 20.01762 – juris Rn. 21).
Im Rahmen der Corona-Pandemie wäre dies durch eine Änderung der 11. BayIfSMV möglich, für die das Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zuständig wäre (§ 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1, §§ 28a, 29, 30 Abs. 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes). Ebenfalls kommen Einzelfallanordnungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes der gemäß § 65 Bayerische Zuständigkeitsverordnung zuständigen Behörden in Betracht. Der Distanzunterricht einzelner Personen wäre – wie die Antragstellerin selbst vorträgt – im Fall einer sich aus der Allgemeinverfügung Isolation vom 02.12.2020 ergebenden Pflicht zur Quarantäne möglich.
§ 19 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 BaySchO gibt die Möglichkeit, wenn aufgrund außergewöhnlicher witterungsbedingter Ereignisse der Präsenzunterricht ausfällt, Distanzunterricht durchzuführen. Nach § 19 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 BaySchO ist Distanzunterricht im Übrigen nur zulässig, sofern einzelne Schulordnungen dies vorsehen. Damit wäre Distanzunterricht nur im Rahmen des § 11 Abs. 3 BFSO Pflege möglich, der aber vorliegend nicht dem Ziel der Antragstellerin entspricht.
b) Aus der Möglichkeit zur Beurlaubung entsprechend dem KMS vom 16.02.2021 ergibt sich auch kein Anspruch auf Distanzunterricht.
Im KMS vom 16.02.2021 wird zu den Möglichkeiten der Beurlaubung von Schülerinnen und Schülern ausgeführt, dass zum Umgang mit Schülerinnen und Schülern mit Grunderkrankungen – zu denen die Antragstellerin nicht gehören dürfte – unverändert die Ausführungen im jeweiligen Rahmenhygieneplan gelten.
Darüber hinaus gelte, dass bis auf Weiteres – ähnlich wie im Frühjahr 2020 – auch Schülerinnen und Schüler (bzw. deren Erziehungsberechtigte), für die die derzeitige Situation eine individuell empfundene erhöhte Gefährdungslage darstellt, einen Antrag auf Beurlaubung von den Präsenzphasen nach § 20 Abs. 3 BaySchO stellen können. Die Entscheidung obliege der Schulleiterin bzw. dem Schulleiter. Eine Beurlaubung vom Distanzunterricht im Ganzen sei damit jedoch nicht verbunden. Im Fall einer gewährten Beurlaubung hätten die Schülerinnen und Schüler keinen Anspruch auf gesonderten Distanzunterricht, sondern könnten allenfalls an den Angeboten des Distanzunterrichts der am jeweiligen Tag abwesenden Mitschülerinnen und Mitschüler teilnehmen. An Tagen, an denen angekündigte schriftliche Leistungsnachweise stattfänden, dürften die beurlaubten Schülerinnen und Schüler die Schule besuchen. Diese Möglichkeit der Beurlaubung sei zunächst bis zum nächsten „Öffnungsschritt“ befristet (vgl. KMS vom 16.02.2021, Seite 9.).
Sofern die Antragstellerin nunmehr von der Möglichkeit der Beurlaubung nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BaySchO Gebrauch gemacht hat, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Distanzunterricht.
Da die BFSO Pflege hierzu keine Regelungen trifft, ist § 20 Abs. 3 BaySchO vorliegend wohl anwendbar (§ 1 Satz 2 BaySchO). Jedoch entspricht diese Möglichkeit nicht dem Ziel der Antragstellerin (vgl. auch VG Ansbach, B.v. 22.09.2020 – AN 2 E 20.01762 – juris Rn. 18 f.). Die Antragstellerin begehrt umfassenden Distanzunterricht als Ersatz zum Präsenzunterricht.
c) Über § 18 Abs. 1 Satz 4 11. BayIfSMV sind die Schulen verpflichtet, ein Schutz- und Hygienekonzept auf der Grundlage des Rahmenhygieneplans auszuarbeiten. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin nicht daran halten würde. Auch das Tragen von Masken ist gemäß § 18 Abs. 2 Satz 1 11. BayIfSMV grundsätzlich verpflichtend. Zwar will die Antragstellerin aus gesundheitlichen Gründen auf das unnötige Maskentragen verzichten. Allerdings sind weder dementsprechende gesundheitliche Gründe vorgetragen noch ist das Tragen einer Maske im Unterricht unnötig. Die Antragstellerin führt selbst aus, dass sie und ein Teil der Klasse bereits zweimal geimpft sind. Zwar arbeiten die Antragstellerin und ihre Mitschülerinnen und Mitschüler im Bereich der Altenpflege mit Risikopatienten. Auch wenn die Antragstellerin sicherlich aufgrund ihrer Tätigkeit und der ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler einem erhöhten Risiko ausgesetzt ist, ist dieses bei Einhaltung der entsprechenden Hygienemaßnahmen und unter Berücksichtigung der bereits erfolgten Impfung nicht unverhältnismäßig hoch. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das neuartige Corona-Virus für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehört (BVerfG, B.v. 19.5.2020 – 2 BvR 483/2 – juris Rn. 9). Eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG – auch im Hinblick auf den Einschätzungs-, Wertungs- und Beurteilungsspielraum staatlicher Stellen bei Erfüllung ihrer Schutzpflichten – ist unter den gegebenen Voraussetzungen nicht ersichtlich (vgl. VG Ansbach, B.v. 22.09.2020 – AN 2 E 20.01762 – juris Rn. 24 ff.).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Da die Entscheidung in der Hauptsache ganz oder zum Teil vorweggenommen wird, unterblieb eine Reduzierung des Streitwerts gegenüber dem Hauptsachverfahren um die Hälfte.


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