Verwaltungsrecht

Verwertungsgesellschaft als Beigeladene

Aktenzeichen  22 C 17.639

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
GRUR-RS – 2017, 116992
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 65 Abs. 1, Abs. 2, § 121 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Sinn und Zweck der Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ist es in erster Linie, einerseits Dritten die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen in Bezug auf den Streitgegenstand zu ermöglichen, und andererseits die in § 121 Nr. 1 VwGO normierte Rechtskraftbindung auf sie zu erstrecken. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Unerheblich für die Frage der Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ist, ob die Rechtsposition, auf die die Entscheidung einwirken kann, durch öffentliches oder bürgerliches Recht begründet wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein anzuerkennendes rechtliches Interesse an einer Beiladung kann sich unbeschadet rechtlicher Verpflichtungen bereits aus den zwangsläufigen Auswirkungen ergeben, die ein Unterliegen einer Partei auf die Beiladungsbewerberin haben würde. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
4 Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 VwGO vor, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung. Hierbei kann das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung nach eigenem Ermessen entscheiden, ohne auf die Nachprüfung des Ermessens der Vorinstanz beschränkt zu sein. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
5 Dass die Beiladung etwaige weitere Rechtsstreitigkeiten womöglich nicht wird vermeiden können, steht ihr nicht entgegen. Die Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten ist einer der möglichen Zwecke, die eine Beiladung rechtfertigen können; notwendige Bedingung einer (einfachen) Beiladung ist sie nicht. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 16 K 15.4979 2017-02-20 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

Auf die Beschwerde der Beiladungsbewerberin wird der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. Februar 2017 geändert.
Die Beiladungsbewerberin wird zum Klageverfahren mit dem Aktenzeichen M 16 K 15.4979 beigeladen.

Gründe

I.
Die Beiladungsbewerberin, eine sogenannte „Suchmaschinenbetreiberin“, die den Nutzern der Suchmaschine u.a. die Inhalte von Presseerzeugnissen zugänglich macht, begehrt ihre Beiladung in dem Rechtsstreit, in dem sich die Klägerin, eine Gesellschaft zur Verwertung von Urheber- und Leistungsschutzrechten von Medienunternehmen, gegen aufsichtliche Maßnahmen des Deutschen Patent- und Markenamts wehrt. Dieses erließ unter dem 2. April 2015 einen Bescheid, mit dem es (unter Nr. 1 des Bescheids) beanstandete, dass die Klägerin für die Nutzung von Presseerzeugnissen zwar einerseits mit dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Tarif „Presseverleger“ eine Vergütung von bis zu 11% der Umsätze eines Presseverlegers festlege, andererseits aber der Beiladungsbewerberin derzeit eine unentgeltliche Lizenz für die Nutzung des Leistungsschutzrechts gewähre, sowie (Nr. 2 des Bescheids) eine Beendigung der unter Nr. 1 beschriebenen Praxis forderte und (Nr. 3 des Bescheids) diese Anordnung mit einer Zwangsgeldandrohung bewehrte. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2015 zurück. Am 6. November 2015 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 2. April 2015 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.10.2015) Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben.
Die Klägerin selbst sieht zwar die für die Beiladungsbewerberin derzeit bestehenden günstigen Lizenz-Nutzungsbedingungen als von der Beiladungsbewerberin kraft ihrer marktbeherrschenden Stellung erzwungen, als wettbewerbsrechtlich unzulässig und die zugrunde liegenden Verträge als nichtig an; insoweit sind kartellrechtliche Verfahren gegen die Beiladungsbewerberin – auch mit Beteiligung der vorliegenden Klägerin – anhängig (vgl. die Klagebegründung vom 4.3.2016, Nr. II auf S. 21, Bl. 56 ff. der VG-Akte). Die Klägerin tritt gleichwohl dem von der Beklagten erhobenen Vorwurf der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung entgegen und wendet sich gegen das von ihr als Folge der aufsichtlichen Beanstandung erwartete Ansinnen, auch anderen Verwertern als der Beiladungsbewerberin unentgeltliche Lizenzen einräumen zu müssen (vgl. Klagebegründung vom 4.3.2016, Nr. I auf S. 13, Bl. 48 ff. der VG-Akte).
Den am 1. September 2016 gestellten Antrag der Beiladungsbewerberin, zu dem Verfahren beigeladen zu werden, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. Februar 2017 ab. Eine notwendige Beiladung im Sinn von § 65 Abs. 2 VwGO liege nicht vor. Voraussetzung einer einfachen Beiladung gemäß § 65 Abs. 1 VwGO, die im Ermessen des Gerichts stehe, sei, dass die rechtlichen Interessen des Beizuladenden durch die Entscheidung des Gerichts berührt würden. Dies sei vorliegend zwar anzunehmen. Nach pflichtgemäßem Ermessen sehe das Gericht jedoch von einer Beiladung ab. Denn mit der streitgegenständlichen Verfügung bezwecke die Aufsichtsbehörde die Gleichbehandlung aller Suchmaschinenanbieter. Dies könne die Klägerin im Fall des Unterliegens auch dadurch erreichen und damit den von der Aufsichtsbehörde festgestellten Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot beenden, indem sie allen Suchmaschinenanbietern (nicht nur der Beiladungsbewerberin) kostenlose Nutzungsrechte gewähre. Dies zeige, dass auch andere Suchmaschinenanbieter durch die Entscheidung des Gerichts in rechtlichen Interessen berührt seien, sodass auch ihre Beiladung in Betracht komme. Allerdings sei es nach der Rechtsprechung aus prozessökonomischen Gründen sachgerecht, den Kreis einfach Beigeladener grundsätzlich zu begrenzen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Beiladung aus Gründen des Individualrechtsschutzes bzw. einer effektiven Rechtsverwirklichung geboten wäre. Allgemein hätten die Suchmaschinenbetreiber ausreichende rechtliche Möglichkeiten zur Wahrnehmung ihrer Rechte, sodass eine Beiladung im vorliegenden Verfahren für die Interessenwahrung nicht notwendig sei; vielmehr könne insoweit der vorgesehene fachgerichtliche Rechtsschutz in Anspruch genommen werden. Die Beiladungsbewerberin könne ihre Rechte schon im Rahmen der bereits anhängigen zivil- bzw. kartellrechtlichen Klageverfahren wahrnehmen. Mit der Beiladung der Beiladungsbewerberin könnten auch nicht weitere Rechtsstreitigkeiten vermieden werden. Denn die Zivil- bzw. Kartellgerichte wären in der Beurteilung der von ihnen zu entscheidenden Fragen durch eine Entscheidung im vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren nicht gebunden. Zudem dürfte die Beiladungsbewerberin vorliegend an einem Obsiegen der Klägerin interessiert sein, weil sie vorgetragen habe, es stünden die Rechtmäßigkeit und der Bestand der Erklärungen der Klägerin infrage, die für die Beiladungsbewerberin rechtlich und wirtschaftlich günstig seien. Dass die Beiladungsbewerberin nach ihrem Vortrag die Beiladung benötige, um Falschbehauptungen der Klägerin richtig stellen zu können, führe nicht zu einem überwiegenden Beiladungsinteresse aus Gründen des Individualrechtsschutzes oder einer effektiven Rechtsverwirklichung. Denn soweit es für die Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf zivil- oder kartellrechtliche Fragen ankomme, müsse ggf. das Gericht nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zivil- oder kartellrechtliche Prozessakten beiziehen. Auch dass die Beiladungsbewerberin in Bezug auf den Streitgegenstand eine besondere Sachkunde aufweise und zusätzlich zur Sachaufklärung beitragen könnte, sei nicht ersichtlich.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde der Beiladungsbewerberin dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorgelegt.
Während die Beklagte gegen die Beiladung der Beiladungsbewerberin ausdrücklich keine Einwände erhebt, verteidigt die Klägerin den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts als richtig.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Voraussetzungen für eine einfache Beiladung im Sinn von § 65 Abs. 1 VwGO sind erfüllt (ein Fall der notwendigen Beiladung gemäß § 65 Abs. 2 VwGO liegt offensichtlich und unstreitig nicht vor). Nach § 65 Abs. 1 VwGO kann das Gericht einen Dritten beiladen, wenn dessen rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden. Ein rechtliches Interesse besteht, wenn der Dritte in einer solchen Beziehung zu einem Hauptbeteiligten des Verfahrens oder zu dem Streitgegenstand steht, dass das Unterliegen eines der Hauptbeteiligten seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern könnte. Sinn und Zweck der Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO ist es in erster Linie, einerseits Dritten die Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen in Bezug auf den Streitgegenstand zu ermöglichen, insbesondere sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen, und andererseits die in § 121 Nr. 1 VwGO normierte Rechtskraftbindung auf sie zu erstrecken, um dadurch etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten und der sich daraus ergebenden Möglichkeit widersprüchlicher Entscheidungen vorzubeugen (OVG NW, B.v. 11.1.2017 – 13 E 810.16 – juris; OVG NW, B.v. 14.4.2016 – 4 B 860/15 – juris Rn. 17 ff. m.w.N.). Unerheblich ist, ob die Rechtsposition, auf die die Entscheidung einwirken kann, durch öffentliches oder bürgerliches Recht begründet wird (vgl. BVerwG, U.v. 16.9.1981 – 8 C 1.81 u.a. – BVerwGE 64, 67, juris Rn. 10).
Vorliegend hat die Beiladungsbewerberin zur klagenden Verwertungsgesellschaft eine zivilrechtliche vertragliche Beziehung, aufgrund derer ihr gerade diejenigen finanziell günstigen Sonderkonditionen im Vergleich mit anderen Medienunternehmen eingeräumt werden, die von der Beklagten als Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot angesehen und deshalb beanstandet werden. Kommt die Klägerin – wozu sie im Fall ihres rechtskräftigen Unterliegens verpflichtet ist – dem angegriffenen Bescheid nach, so ist zu erwarten, dass entweder die Beiladungsbewerberin in gleicher Weise wie die anderen Medienunternehmen Lizenzgebühren zu entrichten hat, also gegenüber ihrer derzeitigen Position finanziell schlechter gestellt wird, oder dass die anderen Medienunternehmen gleich günstige Konditionen wie die Beiladungsbewerberin erhalten, wodurch diese ebenfalls ihre Vorzugsbehandlung verliert. Daraus folgt zwar nicht die Notwendigkeit einer einheitlichen Verwaltungsgerichtsentscheidung sowohl gegenüber den streitenden Parteien als auch gegenüber der Beiladungsbewerberin (§ 65 Abs. 2 VwGO). Allerdings liegt auf der Hand, dass das Unterliegen oder Obsiegen der Klägerin die Rechtsposition der Beiladungsbewerberin verbessern oder verschlechtern kann; auch das Verwaltungsgericht geht hiervon aus. Die Klägerin widersetzt sich der Beiladung in ihrer Beschwerdeerwiderung (Schriftsatz vom 11.5.2017, Nr. I) zwar mit dem Argument, die – im verwaltungsgerichtlichen Verfahren allein streitgegenständliche – Frage des Bestands oder der Aufhebung des angefochtenen aufsichtlichen Bescheids berühre die rechtlichen oder tatsächlichen Interessen der Beiladungsbewerberin nicht, die kartellrechtliche Bewertung des Verhaltens der Beiladungsbewerberin (diese führt – wie ausgeführt – kartellrechtliche Auseinandersetzungen mit der Klägerin) sei für das Verwaltungsgericht nur eine von der Rechtskraft des Urteils nicht erfasste Vorfrage. Diesem Einwand ist aber nicht zu folgen. Zum Einen weist die Beiladungsbewerberin hierzu darauf hin (Schriftsatz vom 8.6.2017, S. 2), dass die Klägerin im Hinblick auf das kartellrechtliche Verfahren (KG 2 U 5/16 Kart), in dem die Beiladungsbewerberin Beklagte ist, die Aussetzung des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beantragt hat (Schriftsatz der Klägerin vom 4.3.2016, Bl. 36 der VG-Akte); dies spricht für eine Verknüpfung der rechtlichen Interessen der streitenden Beteiligten im vorliegenden Verfahren einerseits und dem kartellrechtlichen Verfahren andererseits. Zum Andern kommt es für die Frage, ob der vorliegende Verwaltungsrechtsstreit ein rechtliches Interesse der Beiladungsbewerberin berührt, weil sein Ausgang die Rechtsposition der Beiladungsbewerberin verbessern oder verschlechtern kann, nicht auf etwaige zwingende wechselseitige oder einseitige rechtliche Zusammenhänge an, die zwischen den zivil- und/oder kartellrechtlichen Verfahren mit der Klägerin und der Beiladungsbewerberin als Beteiligten einerseits und dem vorliegende Rechtsstreit andererseits bestehen. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid die Beendigung einer – nach ihrer Ansicht ungerechtfertigten – Besserstellung der Beiladungsbewerberin durch die Klägerin verlangt, die zwar – so lässt sich dem erstinstanzlichen Vortrag der Beteiligten entnehmen – seitens der Klägerin selber nicht gewünscht ist, von der die Klägerin aber meint, sie habe hierzu aufgrund des Geschäftsgebarens der Beiladungsbewerberin (das aus deren marktbeherrschender Stellung resultiere und das Gegenstand zivil- bzw. kartellrechtlicher Auseinandersetzungen u.a. zwischen der Klägerin und der Beiladungsbewerberin ist) gar keine andere Wahl. Nicht aus dem zivilrechtlichen und/oder kartellrechtlichen „Hintergrundstreit“ zwischen der Klägerin und der Beiladungsbewerberin folgt also deren vorliegend anzuerkennendes rechtliches Interesse an einer Beiladung, sondern an den zwangsläufigen Auswirkungen, die ein Unterliegen der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit auf die Beiladungsbewerberin haben würde; die Klägerin wäre dann verpflichtet, durch entsprechende Tarifgestaltung eine bislang bestehende Besserstellung der Beiladungsbewerberin zu beenden.
2. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 VwGO vor, entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen über die Beiladung. Hierbei wird wohl überwiegend angenommen, dass das Beschwerdegericht über die Beschwerde gegen die Ablehnung der Beiladung nach eigenem Ermessen entscheidet, ohne auf die Nachprüfung des Ermessens der Vorinstanz beschränkt zu sein (BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 21 C 16.325 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 31.1.2012 – 1 C 11.3033 – juris Rn. 10 m.w.N.; OVG NW, B.v. 29.8.2016 – 4 E 409/16 – juris Rn. 6, OVG NW, B.v. 3.8.2015 – 13 E 513.15 – juris Rn. 10; Czybulka in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 65 Rn. 169; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 65 Rn. 13; offen gelassen vom SächsOVG, B.v. 13.2.2017 – 1 E 4.17 – juris Rn. 5). Nach diesen Maßgaben entspricht es vorliegend pflichtgemäßem Ermessen, unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses die Beiladungsbewerberin beizuladen.
2.1. Dahinstehen kann hierbei, ob die Beiladung der Beiladungsbewerberin geboten oder auch nur angezeigt ist, damit sich das Verwaltungsgericht für seine Sachaufklärung die besondere fachliche Kompetenz und Erfahrung (gerade) der Beiladungsbewerberin als Suchmaschinenbetreiberin – und möglicherweise auch als „Repräsentantin“ der „Gruppe der Suchmaschinenbetreiber“ – zunutze machen kann; die Beiladungsbewerberin führt dieses Argument ins Feld (Schriftsatz vom 14.3.2017, S. 3 unten), während die Klägerin sich ihm widersetzt. Letztere macht diesbezüglich geltend, die Möglichkeit der umfassenden Sachaufklärung rechtfertige für sich genommen nicht die Beiladung, außerdem sei eine gerichtliche Sachaufklärung, die eine Äußerung der Beiladungsbewerberin erfordere, vorliegend gegebenenfalls auch durch eine Vernehmung der Beiladungsbewerberin als Zeugin erreichbar, was im Fall der Beiladung gerade nicht möglich sei, weshalb eine Beiladung die Möglichkeiten der gerichtlichen Verfahrensgestaltung sogar einengen würde (Schriftsatz vom 11.5.2017, S. 3); ferner entspreche eine Beiladung der Beiladungsbewerberin als „Repräsentantin“ einer Gruppe Betroffener nicht dem Grundgedanken des § 65 Abs. 1 VwGO, vielmehr seien aus Gründen der Gleichbehandlung die Suchmaschinenbetreiber entweder alle beizuladen oder keiner von ihnen (Schriftsatz vom 11.5.2017, S. 4).
Dem Verwaltungsgerichtshof erscheinen weder diejenigen Gesichtspunkte überzeugend, die seitens der Beiladungsbewerberin unter Hinweis auf eine dann vermeintlich mögliche bessere gerichtliche Sachaufklärung für eine Beiladung vorgebracht werden, noch diejenigen Bedenken durchgreifend, die gegen eine solche Erwägung sprechen. Denn soweit sich eine verwaltungsgerichtliche Ermittlungsmaßnahme auf Tatsachen bezöge, die den ureigenen Kenntnisbereich der Beiladungsbewerberin beträfe, so würde eine diesen Bereich betreffende Zeugenaussage der Beiladungsbewerberin gleichermaßen wie eine (nur) als Beteiligte gemachte Aussage möglicherweise auf Vorbehalte stoßen, weil in beiden Fällen ihre Aussage interessengelenkt sein könnte; von einer Zeugenaussage wäre deshalb wahrscheinlich kein nennenswert größerer Erkenntnisgewinn zu erwarten als von einer Aussage „nur“ als Beteiligte. Beträfe dagegen der zu ermittelnde Sachverhalt solchen Umstände, zu denen nicht nur die Beiladungsbewerberin, sondern auch andere Suchmaschinenbetreiber Auskunft geben könnten, so wäre das Verwaltungsgericht durch die Beiladung der Beiladungsbewerberin nicht gehindert, sich die zur Entscheidungsfindung nötige Tatsachenkenntnis auch von anderer Seite als von der Beiladungsbewerberin zu verschaffen, etwa durch Vernehmung anderer Zeugen, durch Einholung von Gutachten oder in anderer Weise.
2.2. Durchgreifende Gründe der Prozessökonomie, die das Verwaltungsgericht vorliegend im Hinblick auf eine von ihm befürchtete „ausufernd“ große Zahl von Beizuladenden ins Feld geführt hat, sprechen vorliegend nicht gegen eine Beiladung der Beiladungsbewerberin. Denn eine Beiladung entweder aller Suchmaschinenbetreiber (oder keines von ihnen) ist nicht aus Gründen der Gleichbehandlung geboten. Von anderen Suchmaschinenbetreibern unterscheidet sich im vorliegenden Fall die Beiladungsbewerberin schon deshalb, weil gerade sie und – soweit ersichtlich – auch nur sie Anlass für die von der Klägerin mit der Anfechtungsklage angegriffene aufsichtliche Anordnung im Bescheid vom 2. April 2015 gewesen ist. Die Praxis der Klägerin, die Beiladungsbewerberin zu bevorzugen, wird unter Nr. 1 des Tenors dieses Bescheids von der Beklagten unter ausdrücklicher namentlicher Nennung der Beiladungsbewerberin beanstandet; in der Begründung des Bescheids geht die Beklagte ausführlich auf diese Sonderbehandlung der Beiladungsbewerberin ein. Es sind auch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass der Bescheid gewissermaßen exemplarisch zunächst nur gegenüber der vorliegenden Beiladungsbewerberin ergangen sein könnte, obwohl der gleiche Sachverhalt auch bei einer nicht unerheblichen Zahl anderer Suchmaschinenbetreiber vorläge (dass also die Beiladungsbewerberin gewissermaßen im Sinn der von den Beteiligten thematisierten „Repräsentanz“ der Gruppe der Suchmaschinenbetreiber herangezogen worden wäre). Daraus, dass die Beklagte der Klägerin vorhält, sie bevorzuge explizit die Beiladungsbewerberin gegenüber Konkurrenten, und ein Ende dieser Praxis verlangt, resultiert – wie ausgeführt – das rechtliche Interesse der Beiladungsbewerberin an der Beiladung.
Zwar könnte – wie das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausführt – die Klägerin im Fall ihres Unterliegens den von der Aufsichtsbehörde festgestellten Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot möglicherweise auch dadurch beenden, dass sie allen Nutzern kostenlose Nutzungsrechte gewährt. Dies nötigt allerdings nicht dazu, schon jetzt die anderen Suchmaschinenbetreiber in gleicher Weise wie die Beiladungsbewerberin als durch die Entscheidung des Gerichts in ihren rechtlichen Interessen berührt anzusehen. Denn im vorliegenden Rechtsstreit ist – wie sich aus der Klagebegründung vom 4. März 2016 (Nr. I auf S. 13 unten, Bl. 48 ff. der VG-Akte) ergibt – zwar u.a. die seitens der Beklagten beanstandete Ungleichbehandlung der Beiladungsbewerberin streitig. Jedoch wird die Rechtswidrigkeit der angefochtenen aufsichtlichen Maßnahme und des von der Klägerin abgelehnten Ansinnens, auch anderen Verwertern „Gratis-Einwilligungen“ einzuräumen, von der Klägerin noch auf weitere geltend gemachte Gesichtspunkte gestützt. Es ist daher derzeit ohne eine sorgfältige Prüfung der Sach- und Rechtslage (die im vorliegenden, allein die Frage der Beiladung betreffenden Verfahren nicht geboten ist und nicht dem Verwaltungsgerichtshof obliegt) höchst ungewiss, ob die Klägerin mit ihrer Anfechtungsklage obsiegen oder unterliegen wird; geradezu spekulativ müssen Antworten dazu ausfallen, aus welchen Gründen sich der angefochtene Bescheid – gegebenenfalls – als rechtmäßig erweisen und wie sodann die Klägerin hierauf reagieren wird. Dass infolge einer Beiladung der vorliegenden Beiladungsbewerberin eine prozessunökonomisch große Zahl anderer Suchmaschinenbetreiber gleichfalls beigeladen werden müsste, steht daher nicht zu befürchten.
2.3. Ob die Beiladungsbewerberin ihre Rechte im Rahmen der bereits anhängigen zivil- bzw. kartellrechtlichen Klageverfahren ausreichend wahrnehmen und dort ihre Rechtsstandpunkte darlegen könnte, kann wegen der Verschiedenheit der Streitgegenstände dahinstehen.
2.4. Dass – wie das Verwaltungsgericht weiter anführt – die Beiladung etwaige weitere Rechtsstreitigkeiten womöglich nicht wird vermeiden können, mag zutreffen, steht einer Beiladung aber nicht entgegen. Die Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten ist einer der möglichen Zwecke, die eine Beiladung rechtfertigen können; notwendige Bedingung einer (einfachen) Beiladung ist sie nicht. Entsprechendes gilt für etwaige „Falschbehauptungen“ der Klägerin im vorliegenden Anfechtungsklageprozess, die von der Beiladungsbewerberin befürchtet werden. Eine solche Befürchtung mag nicht ausreichen, um für sich genommen eine einfache Beiladung zu rechtfertigen. Immerhin spricht sie aber – neben den oben genannten Gründen – zusätzlich dafür, dem Beiladungsersuchen nachzukommen. Der vom Verwaltungsgericht angeführte Amtsermittlungsgrundsatz und die hieraus (nur bei entsprechender, entscheidungserheblicher Sachverhaltskonstellation) folgende Pflicht des Verwaltungsgerichts, die zivil- bzw. kartellgerichtlichen Prozessakten beizuziehen, bieten jedenfalls keine zuverlässige Sicherheit gegen die Gefahr, dass solche Falschbehauptungen im Lauf des Verwaltungsprozesses vorkommen und dass sie – auch wenn sie nicht entscheidungserheblich sind – gleichwohl textlich in den Tatbestand oder die Entscheidungsgründe eines verwaltungsgerichtlichen Urteils Eingang finden und auf diese Weise noch anhängige kartellrechtliche oder zivilrechtliche Verfahren beeinflussen könnten.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil die Beschwerde Erfolg hat und die Beschwerdeentscheidung nur eine unselbständige Zwischenentscheidung in dem in erster Instanz anhängigen Rechtsstreit ist, der nach dem Beschwerdeverfahren fortzusetzen ist (vgl. OVG NW, B.v. 29.8.2016 – 4 E 409.16 – juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 9.7.2001 – 1 C 01.970 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Auch einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine streitwertabhängigen Gerichtskosten angefallen sind.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben