Verwaltungsrecht

Vollstreckung aus Verpflichtungsurteil nach Untätigkeitsklage setzt Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils voraus

Aktenzeichen  M 17 V 17.34460

Datum:
24.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 724 Abs. 1
VwGO VwGO § 171, § 172

 

Leitsatz

1 Im Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO ist der jeweilige Antragsteller im Rahmen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vom Erfordernis einer Vollstreckungsklausel (§ 724 Abs. 1 ZPO iVm § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO) entbunden, weil § 171 VwGO von seinem Wortlaut her für § 172 VwGO keine Ausnahme vom Erfordernis einer vollstreckbaren Ausfertigung vorsieht (wie BayVGH BeckRS 2013, 49137, entgegen OVG NRW BeckRS2010, 52795).  (Rn. 7) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Der eindeutige Wortlaut von § 171 VwGO, der § 172 VwGO nicht erwähnt, spricht gegen ein für eine Analogie erforderliche Regelungslücke und dafür, dass (im Umkehrschluss) eine Vollstreckung gemäß § 172 VwGO die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) komplett voraussetzt. (Rn. 7) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Das Verfahren betrifft die Vollstreckung des Einzelrichterurteils vom 2. Mai 2016 (Az.: M 17 K 16.30740), das die Antragsgegnerin verpflichtete, über den Asylantrag des Antragstellers vom 28. Februar 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden, die am 24. Juni 2016 (24:00 Uhr) eingetreten ist.
Nach Aktenlage hat die Antragsgegnerin bislang über den Asylantrag des Antragstellers noch nicht entschieden.
Mit Antrag vom 3. März 2017, bei Gericht eingegangen am 9. März 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers unter Angabe des Aktenzeichens M 17 K 16.30740 die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg (richtig: München) vom 2. Mai 2016.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. März 2017 bat das Gericht die Klagepartei um Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils vom 2. Mai 2017 bis spätestens 1. April 2017. Dem kam die Klagepartei bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht nach. Mit Kammerbeschluss vom 24. April 2017 wurde das vorliegende Vollstreckungsverfahren zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens und des zugrundeliegenden Klageverfahrens sowie auf die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt erfolglos, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung einer „vollstreckbaren Ausfertigung“, also einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (§ 724 Zivilprozessordnung – ZPO – i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht erfüllt ist.
Im Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO ist der jeweilige Antragsteller im Rahmen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vom Erfordernis einer Vollstreckungsklausel (§ 724 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) entbunden, weil § 171 VwGO von seinem Wortlaut her gerade für § 172 VwGO keine Ausnahme vom Erfordernis einer vollstreckbaren Ausfertigung vorsieht (vgl. VG München, B.v. 22.12.2016 – M 24 V 16.32962; BayVGH, B.v. 06.10.2003 – 11 C 03.1965 – juris Rn. 12 und BayVGH, B.v. 26.02.2013 – 11 C 13.32 – VD 2013, 280, juris Rn. 22; a.A. OVG NW, B.v. 23.06.2010 – 8 E 555/10 – NWVBl 2011, 191, juris Rn. 4; so auch OVG Saarland, B.v. 21.12.2010 – 2 E 291/10 – NVwZ 2011, 698, juris Rn. 4). Insbesondere der eindeutige Wortlaut des § 171 VwGO, der § 172 VwGO gerade nicht erwähnt, spricht gegen ein für eine Analogie erforderliche Regelungslücke und deshalb dafür, dass (im Umkehrschluss) eine Vollstreckung gemäß § 172 VwGO die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) komplett voraussetzt.
Nachdem das Gericht im Schreiben vom 14. März 2017 die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils vom 2. Mai 2016 erbeten hatte, die Antragspartei eine solche aber in dem gemäß § 77 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dem Gericht noch nicht vorgelegt hatte, ist der Vollstreckungsantrag schon aus diesem Grund abzulehnen.
Der im Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO vollständig unterlegene Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten dieses Vollstreckungsverfahrens zu tragen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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