Verwaltungsrecht

Vorläufige Dienstenthebung eines ersten Bürgermeisters

Aktenzeichen  RN 10A DS 19.1669

Datum:
8.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 24628
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 1 Abs. 1, Art. 14 Abs. 2, Art. 39 Abs. 1 S. 1,  S. 2, Art. 43 Abs. 2, Art. 61, Art. 73 Abs. 1 S. 1
BeamtStG § 47 Abs. 1
StGB § 298 Abs. 1
VwGO § 5 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

1. Zwar sind die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls für ein Disziplinarklageverfahren nicht bindend, das Gericht kann sie aber im Hinblick auf die ihnen zukommende erhebliche Indizwirkung seiner Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen.  (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn ist der Beamte in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren.  (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gebührenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt erneut die Aussetzung seiner vorläufigen Dienstenthebung.
Der am … 1953 geborene Antragsteller ist erster Bürgermeister der Gemeinde 1… im Landkreis 2… Das Landratsamt 2… leitete mit Schreiben vom 16. Juni 2016 ein Disziplinarverfahren gegen ihn ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag übertrug es die Disziplinarbefugnisse auf die Landesanwaltschaft Bayern als Disziplinarbehörde. Das Amtsgericht Regensburg übersandte dieser mit Schreiben vom 30. Juni 2016 eine Abschrift eines seit 28. Juni 2016 rechtskräftigen Strafbefehls vom 3. Juni 2016 (Az. 23 Cs 156 Js 6970/14). Mit diesem wurde gegen den Antragsteller eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Untreue und eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen zu je 60 € wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen verhängt. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht legte dem Antragsteller folgendes zur Last:
„1. Die,,Firma A.” hat den Betrieb und Unterhalt eines Verkaufsladens im Ortszentrum der Gemeinde 1… zum Unternehmensgegenstand. Bauherr und Eigentümer des Dorfladens ist die Gemeinde 1… Sie sind der 1. Bürgermeister der Gemeinde 1… Sie sind zumindest seit Eintragung im Handelsregister B des Amtsgerichts Regensburg unter HRB … am 04.10.2012 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der „Firma A.“ mit Sitz … in … Mittels einstimmigen Beschlusses des Gemeinderates 1… vom 25.02.2010 wurde der Planungsauftrag für die Errichtung des Dorfladens an den gesondert Verfolgten Z.vergeben. Der gesondert Verfolgte Z. war in seiner Funktion als Architekt mit der nachfolgend beschriebenen Ausschreibung und dem Vergabeverfahren betraut. Dementsprechend waren Sie als 1. Bürgermeister der Gemeinde 1… gemäß Art. 38 Abs. 1 GO gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten Z. damit betraut, im Rahmen des Projekts „Dorfladen 1…“ die Vermögensinteressen der Gemeinde 1… wahrzunehmen.
2. Mit Schreiben vom 07.03.2012 reichten Sie in Ihrer Funktion als 1. Bürgermeister der Gemeinde 1… einen Antrag auf Förderung der Baumaßnahme „Dorfladen 1…“ beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in 3… ein. Der gesondert Verfolgte Z. unterzeichnete als Inhaber des bauausführenden Planungsbüros die dem Subventionsantrag zugrunde liegende Kostenfeststellung vom 17.11.2011.
Der Finanzierungsplan sieht für das Einzelprojekt „Dorfladen 1…“ insgesamt förderfähige Gesamtausgaben in Höhe von 219.372,06 € vor. Wie von Ihnen bezweckt erging dem Antrag und den zugrundeliegenden subventionserheblichen Angaben entsprechend am 05.02.2013 ein Zuwendungsbescheid mit Antragsnummer 572-13009-1 des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der insgesamt eine Subvention in Höhe von mindestens 54.843,00 € festsetzt.
Ausweislich Ziffer 5. des vorgenannten Bewilligungsbescheides war Voraussetzung für die Auszahlung der Subvention die Einhaltung der einschlägigen Vergabevorschriften bei der Vergabe der Gewerke zur Erstellung des „Dorfladens 1…“. Entsprechend des Verweises auf Ziffer 3. der ANBest-K greifen die Vergabegrundsätze, die das Staatsministerium des Inneren im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen auf Grund § 31 Abs. 2 KommHV bekanntgegeben hat, wobei die Vergabevorschriften der VOB/A bzw. VOL/A – wie Sie wussten – unberührt bleiben. Demnach war die Vergabe der jeweiligen Bauaufträge an eine öffentliche Ausschreibung gemäß § 3 Abs. 1 VOB/A geknüpft und entsprechend § 2 VOB/A waren die einzelnen Bauleistungen jeweils nach Erholung von unterschiedlichen Angeboten an das wirtschaftlichste Angebot zu vergeben.
Mit dem Bewilligungsbescheid wurde zugleich mitgeteilt, dass Vergabeverstöße gegen die vorgenannten Auflagen zu einem Widerruf führen und mit einer Rückforderung der Zuwendung einhergehen. Folglich waren Sie verpflichtet, im Rahmen des Vergabeverfahrens die Vergabevorschriften einzuhalten, damit die bewilligte Subvention auch ausbezahlt werden kann.
3. Obgleich Ihnen die Pflicht zur Wahrung der einschlägigen Vergaberichtlinien bekannt war, schränkten Sie durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit dem gesondert Verfolgten Z. den Wettbewerb im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung durch freihändige Vergabe ohne Wahrung der notwendigen vergaberechtlichen Voraussetzungen unzulässig ein und wirkten erheblich und willkürlich auf das Vergabeverfahren ein.
Aufgrund des gemeinsamen Tatplans von Ihnen und dem gesondert Verfolgten Z. nahmen Sie durch bewusstes und gewolltes Zusammenwirken rechtswidrig Einfluss auf das Vergabeverfahren, indem Sie gemeinschaftlich handelnd mit dem gesondert Verfolgten Z. die unten näher aufgeführten Anbieter dazu veranlassten, Ihren Absprachen entsprechende Angebote abzugeben. Zu diesem Zweck gaben Sie gemeinschaftlich handelnd mit dem gesondert Verfolgten Z. und ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend Angaben über die zu überbietenden Gebote weiter. In der Folge kam es entsprechend Ihres gemeinsamen Tatentschlusses zur Abgabe der aufgeführten Gebote durch die mitbietenden Unternehmen, wobei Sie im Fall a) selbst Bieter waren. Gemäß Ihres gemeinsamen Tatplans erteilte der Gemeinderat der Gemeinde 1… aufgrund der Manipulationen den Unternehmen den Zuschlag, die Sie gemeinsam mit dem gesondert Verfolgten Z. – ohne Einhaltung der vergaberechtlichen Voraussetzungen und insbesondere ohne Wirtschaftlichkeitsprüfung – mit der Realisierung des einzelnen Gewerks beauftragen wollten.
Entgegen den vergaberechtlichen Voraussetzungen wurden insbesondere folgende Gewerke unter Missachtung der vergaberechtlichen Grundsätze wie nachfolgend aufgeführt zu der jeweils benannten Angebotssumme vergeben:
Gewerk
Firma
Angebotssumme
a) Fensterarbeiten
Firma B.
15.323,68 €
b) Innenausbau
Firma C.
13.883.,25 €
c) Auendämmung und Verputz
Firma D.
29.138,34 €
a) Die Vergabepraxis im Hinblick auf das Gewerk „Fensterarbeiten“ unterlag schweren Vergabeverstößen. Die Angebotseröffnung erfolgte am 18.10.2013. Die Zuschlagsfrist endete am 25.10.2013. Die vier mitbietenden Unternehmen (Firma B., Firma E., Firma D., Firma C.) gaben folgende Gebote ab:
Unternehmen
Datum der Abgabe
Gebot (brutto)
Firma B.
16.10.2013
15.323,68 €
Firma E.
18.10.2013
16.469,60 €
Firma D.
11.10.2013
17.431,12 €
Firma C.
17.10.2013
16.095,94 €
Den Zuschlag für die Ausführung der Fensterarbeiten erhielt – wie von Ihnen und dem gesondert Verfolgten Z. beabsichtigt – die Firma B., deren Inhaber Sie sind, bei einem Angebot von 15.323,68 €. Die Angebote der drei mitbietenden Unternehmen (Firma C., Firma D., Firma E.) basierten – Ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend – auf Preisabsprachen, wobei stets beabsichtigt und vereinbart war, dass Sie als Inhaber der Firma B. den Zuschlag bekommen und die Fensterarbeiten ausführen.
b) Die Vergabepraxis im Hinblick auf das Gewerk „Innenausbau“ unterlag ebenfalls schweren Vergabeverstößen. Die zwei mitbietenden Unternehmen gaben folgende Gebote ab:
Unternehmen
Datum der Abgabe
Gebot (brutto)
Firma C.
23.08.2014
13.883,25 €
Firma D.
02.05.2014
14.725,77 €
Den Zuschlag für die Ausführung des Innenausbaus erhielt die Firma C. bei einem Angebot von 13.883,25 €. Das Angebot basierte auf Preisabsprachen zwischen Ihnen und den gesondert Verfolgten C. und Y., und wurde manipuliert, damit die Firma C. Ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend den Zuschlag erhält. Den Auftrag gab der gesondert Verfolgte C. – wie von Anfang an beabsichtigt – an Sie weiter, wobei Sie eine Provision in Höhe von 10% der Auftragssumme bezahlten.
c) Auch die Vergabe des Gewerks,,Außendämmung und Verputz“ basiert auf der willkürlichen Vergabe von Bauleistungen und auf zahlreichen Manipulationen. Die Angebotseröffnung erfolgte am 21.01.2014. Die Zuschlagsfrist endete am 28.01.2014. Die drei mitbietenden Unternehmen (Firma D., Firma F., Firma G.) gaben folgende Gebote ab:
Unternehmen
Datum der Abgabe
Gebot (brutto)
Firma D.
17.01.2014
29.138,34 €
Firma F.
18.01.2014
32.765,46 €
Firma G.
18.01.2014
30.196,25 €
Die Bauausführung wurde letztlich – ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend – an die Firma D. vergeben. Die mitbietenden Unternehmen (Firma F., Firma G., Firma D.) gaben ihre Angebote im Zusammenwirken mit Ihnen und den gesondert Verfolgten X., F. und G. und nach vorherigen Absprachen und Anweisungen der Angebotssummen mit dem Ziel ab, dass die Firma D. von der Gemeinde 1… den Zuschlag erhält.
d) Das dem Projekt Dorfladen zugrundeliegende Vergabeverfahren unterlag damit Preisabsprachen und erheblichen ungerechtfertigten Einschränkungen und Manipulationen des Vergabeverfahrens. Sie verletzten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert Verfolgten X. ihre Vermögensbetreuungspflichten, indem Sie bewusst im Rahmen des Vergabeverfahrens den notwendigen Anforderungen und Verpflichtungen zuwider handelten. Die durchgeführten Ausschreibungen führten Sie gemeinschaftlich handelnd mit dem gesondert Verfolgten X. Ihrem Tatplan entsprechend nur zum Schein durch, um die bewilligte Subvention zu erhalten. Ihrem gemeinsamen Tatplan entsprechend veranlassten Sie den Veranstalter -die Gemeinde 1… – dazu, den Unternehmen den Zuschlag zu erteilen, die Sie und der gesondert Verfolgte X. mit der Umsetzung von vornherein beauftragen wollten.
4. Zuletzt teilte die für die Auszahlung der Förderungsmittel zuständige Stelle, das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in 3…, mit Schreiben vom 20.07.2015 mit, dass eine Auszahlung der Zuwendungen aufgrund des laufenden Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft Regensburg nicht erfolgen kann. Indem Sie – wie ausgeführt – durch die gewillkürte Vergabe der Bauleistungen, entgegen der gemäß Ziffer 5. des Zuwendungsbescheids zu wahrenden Vergabevorschriften, erheblich gegen die bei der verfahrensgegenständlichen öffentlichen Ausschreibung zu befolgenden Vergabegrundsätze verstießen, wurden die Voraussetzungen für die Auszahlung der Subvention vereitelt.
Entsprechend den Ausführungen des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten – die Ihnen bekannt waren – begründen die vorliegend aufgeführten schweren vergaberechtlichen Verstöße einen Widerrufsgrund. Die Nichtauszahlung der bereits bewilligten Subvention in Höhe von 54.843,00 € schädigt die Gemeinde 1… in entsprechender Höhe.“
Mit Verfügung vom 22. September 2016 enthob die Landesanwaltschaft den Antragsteller mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes. Die Anordnung der vorläufigen Dienstenthebung stützte sie auf Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Der Antragsteller ließ am 28. Oktober 2016 einen Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung stellen, dem das Gericht mit Beschluss vom 5. Dezember 2016 entsprach (Az. RN 10A DS 16.1666). Der Antragsgegner erhob am 7. Juli 2017 Disziplinarklage zum Verwaltungsgericht Regensburg mit dem Ziel der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, über die noch nicht entschieden ist (Az. RN 10A DK 19.32).
Mit weiterer Verfügung vom 11. Juli 2017 enthob die Landesanwaltschaft den Antragsteller erneut mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes. Auf die Begründung wird Bezug genommen. Das Gericht lehnte einen hiergegen gerichteten ersten Antrag gemäß Art. 61 BayDG mit Beschluss vom 24. Oktober 2017 ab (Az. RN 10A DS 17.1159).
Das Verwaltungsgericht Regensburg wies die Klage der Gemeinde 1… gegen den Freistaat Bayern wegen Widerrufs der Zuwendung mit Urteil vom 2. November 2017 zurück (Az. RN 5 K 17.210). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließ die Berufung gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 29. März 2019 wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit zu (Az. 13a ZB 17.2514). Nach der Begründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bestünden ernstliche Zweifel (allein) insoweit, als das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Umfangs des Widerrufs von der Rechtmäßigkeit eines vollständigen Widerrufs ausgegangen sei.
Der Antragsteller ließ am 13. September 2019 erneut einen Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung stellen. Zur Begründung dieses Antrags wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sich die tatsächliche und rechtliche Situation geändert habe. Im Verfahren Az. RO 5 K 17.210 habe das Verwaltungsgericht Regensburg am 2. November 2017 noch angenommen, dass ein vollständiger Widerruf der mit Zuwendungsbescheid vom 5. Februar 2013 bewilligten Zuwendung rechtmäßig gewesen sei. Diese Rechtsauffassung unterliege ernstlichen Zweifeln, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. März 2019 festgestellt habe. Bis dato stehe nicht fest, in welcher Höhe ein Schaden entstanden sei, weshalb schon aus diesem Grund die Prognose, der Antragsteller würde aus dem Dienst entfernt, nicht haltbar sei.
Die Disziplinarbehörde könne einen Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn in einem Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werde. Diese Prognose sei hier nicht gerechtfertigt. Der Antragsgegner verkenne, dass ganz offensichtlich der Tatbestand der Untreue mangels Vermögensnachteil schon nicht verwirklicht sei und der Straftatbestand der wettbewerbswidrigen Absprache mangels rechtswidriger Absprache/Verständigung ebenfalls nicht; jedenfalls nicht im behaupteten Umfang. Der Strafbefehl, den der Antragsteller – der hier falsch beraten war – nicht angegriffen habe, möge zwar rechtskräftig sein. Bindungswirkung entfalte er allerdings nicht. Unabhängig davon wäre eine solche auch zu überwinden, weil der dort geschilderte Sachverhalt schon den Anforderungen an den straf- und verwaltungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nicht genüge. Auch würden Strafbefehl und Disziplinarverfügung verkennen, dass es ein „Vergabestrafrecht“ nicht gebe. Den Fall einer womöglich vergaberechtswidrigen Ausschreibung regele das geltende Strafrecht gerade nicht. Hierzu werde auf das beigelegte strafrechtliche Gutachten verwiesen.
Es liege kein Dienstvergehen vor, das die Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen könne. Möge sich am Ende herausstellen, dass die Pflicht zum rechtmäßigen Verhalten verletzt wurde, rechtfertige dies keinesfalls die vorläufige Dienstenthebung. Tatsache sei, dass der Antragsteller und alle Beteiligten ausschließlich zum Vorteil der Gemeinde gehandelt hätten und niemand in irgendeiner Weise geschädigt worden sei. Tatsache sei auch, dass der Antragsteller zusammen mit anderen Mitbürgern völlig uneigennützig es ermöglicht habe, dass die Gemeinde 1… über eine Einkaufsmöglichkeit, den neuen „Dorfladen“ verfüge. Hier hätten alle Beteiligten mitgearbeitet und uneigennützig ihre Leistung unter Wert angeboten. Daran sei überhaupt nichts Verwerfliches. Dies sehe auch ein überwiegender Teil der Bevölkerung so. Von 784 wahlberechtigten Bürgern hätten 562 Bürger für die Rückkehr des Antragstellers ins Amt plädiert. Dazu komme, dass mit Schreiben vom 16. Juli 2017 der Gemeinderat (acht Gemeinderäte) sich einstimmig (!) für den Antragsteller und sein Verbleiben im Amt ausgesprochen habe, weil man ihm nach wie vor volles Vertrauen schenke.
Der Antragsteller lässt beantragen,
die mit Verfügung vom 11.07.17 angeordnete sofortige Dienstenthebung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung wird abgelehnt.
Der zulässige Antrag sei unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anordnung und Aufrechterhaltung der vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers bestünden. Die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers sei rechtmäßig, da nach dem aktuellen Ermittlungsstand mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass er aufgrund der ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird. Hinsichtlich der Art der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme sei davon auszugehen, dass ein kommunaler Wahlbeamter, gegen den in einem rechtskräftigen Strafbefehl wegen Untreue in Tatmehrheit mit wettbewerbsbeschränkenden Absprachen bei Ausschreibungen in drei tatmehrheitlichen Fällen eine Freiheitsstrafe von 11 Monaten, sowie eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen verhängt wurde, ein schweres Dienstvergehen begangen und dadurch das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe.
Zwar sei es zutreffend, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. November 2017 zugelassen habe. Dies führe aber nicht zu einer Änderung der Prognose, dass der Antragsteller voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird. Die tatsächlichen Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Regensburg durften dem Disziplinarverfahren zugrunde gelegt werden. Die Disziplinarbehörde habe im Rahmen des Disziplinarverfahrens Einsicht in den Strafakt der Staatsanwaltschaft Regensburg sowie die Beweismittelordner der KPI 4… zum Ermittlungsverfahren Dorfladen 1… genommen. Sie habe sich davon überzeugen können, dass die im Strafbefehl festgestellten Tatsachen auf eigenen Einlassungen des Antragstellers sowie weiterer Zeugen beruhten. Gewichtige Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Strafbefehls bestünden nicht. Es sei bereits im Klageschriftsatz dargelegt, dass das Vorbringen des Antragstellers zu unsubstantiiert und daher nicht geeignet sei, die Indizwirkung des Strafbefehls zu erschüttern. Hieran habe sich auch unter Berücksichtigung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nichts geändert.
Soweit der Antragsteller ausführe, der Tatbestand der Untreue sei mangels Vermögensnachteil schon nicht verwirklicht, sei anzumerken, dass die Disziplinarbehörde bereits im Klageschriftsatz darauf hingewiesen habe, dass ein Vermögensnachteil auch in einer „schadensgleichen Vermögensgefährdung“ als gegenwärtige Gefahr des endgültigen Verlusts der bereits bewilligten Subvention in Höhe von maximal 54.843 € bestehen könne. Auch nach dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sei keineswegs ausgeschlossen, dass es am Ende des Berufungsverfahrens bei der Nichtauszahlung der gesamten Fördersumme in Höhe von 54.843 € verbleibe. Diese Einschätzung werde dadurch gestützt, dass eine Einsicht in den Strafakt und die Beweismittelordner ergeben habe, dass es Manipulationen und Absprachen wohl nicht nur hinsichtlich der im Strafbefehl inkriminierten Gewerke „Fensterarbeiten“, „Innenausbau“ sowie „Außendämmung und Verputz“ gab, sondern auch hinsichtlich der Gewerke „Zimmererarbeiten“ (Bruttoangebotssumme 73.158,45 €), „Baumeisterarbeiten“ (Bruttoangebotssumme 54.674,47 €) sowie „Heizung“. So heiße es in einer Verfügung der Staatsanwaltschaft Regensburg vom 27. Mai 2016, dass gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung folgender Taten abgesehen werde: Wettbewerbsbeschränkende Absprachen gemäß § 298 Abs. 1 StGB hinsichtlich der Gewerke „Zimmererarbeiten“, „Heizung“ und „Baumeisterarbeiten“.
Selbst wenn Ergebnis der Berufungsverhandlung sein sollte, dass sich der Widerruf der Förderung lediglich auf den Teilbetrag beschränken müsse, der die vom Strafbefehl inkriminierten drei Gewerke „Fensterarbeiten“, „Innenausbau“ und „Außendämmung und Verputz“ betrifft, ändere sich insoweit nichts an der getroffenen Prognoseentscheidung. Die Angebotssummen dieser drei Gewerke hätten einen Gesamtwert von 58.345,27 €. Gemäß Bewilligungsbescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 3… vom 5. Februar 2013 sei eine Zuwendung in Höhe von 25% der zuschussfähigen Ausgaben, höchstens jedoch 54.843,00 Euro als Zuschuss gewährt worden. Der Bewilligungsbescheid sei von zuwendungsfähigen Kosten in Höhe von 219.372 € ausgegangen. Wenn sich der Widerruf der Förderung als Ergebnis der Berufungsverhandlung lediglich auf die Summe von 58.345,27 € zu beschränken hätte, würden zuwendungsfähige Kosten in Höhe von 161.026,79 € übrig bleiben. Würde man auf diesen Betrag die Zuwendungsquote von 25% anwenden, könnte der Gemeinde 1… maximal eine Zuwendung i.H.v. 40.256,70 € gewährt werden. In diesem Fall würde der Gemeinde 1… durch die dem Antragsteller vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ein Schaden in Höhe von 14.586,30 € entstehen. Auch in diesem Fall wäre mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird.
Soweit der Antragsteller vortragen lasse, dass der Straftatbestand der wettbewerbswidrigen Absprachen mangels rechtswidriger Absprachen/Verständigung nicht verwirklicht sei, seien dem zunächst die tatsächlichen Feststellungen in dem Strafbefehl entgegenzuhalten. Aus diesen ergebe sich, dass hinsichtlich der Gewerke „Fensterarbeiten“, „Innenausbau“ sowie „Außendämmung und Verputz“ wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen im Sinne von § 298 Abs. 1 StGB vorlagen.
Die Aufrechterhaltung der vorläufigen Dienstenthebung sei auch verhältnismäßig. Disziplinarrechtliche Maßnahmen wie die vorläufige Dienstenthebung bedürften eines besonderen, sie rechtfertigenden Grundes, müssten im Interesse des gemeinen Wohls geboten sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Gingen die Folgen einer vorläufigen Dienstenthebung für den Betroffenen über die bloße Nichtausübung des Dienstes hinaus, so könnten sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besondere Anforderungen stellen. Eine vergleichbare Situation liege bei dem Antragsteller jedoch nicht vor. Vor dem Hintergrund, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten sei, sei die vorläufige Dienstenthebung auch im Hinblick auf deren Dauer nicht unverhältnismäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehe keine „besondere Suspendierungsschranke“ im Hinblick auf die vorläufige Dienstenthebung kommunaler Wahlbeamter. Es handele sich um Beamte im statusrechtlichen Sinne; sie stünden ebenso wie die Berufsbeamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Zwar würden sie nicht nach beamtenrechtlichen Kriterien ernannt, sondern auf Grund einer demokratischen Wahl in ihr Amt berufen. In ihrer wesentlichen Funktion als Teil der vollziehenden Gewalt würden sie sich aber nicht von den Berufsbeamten unterscheiden. Die Bindung an Recht und Gesetz als Element der Rechtsstaatlichkeit sowie die Gemeinwohlorientierung seien Direktiven jeder staatlichen Verwaltung, auch der Kommunalverwaltung. Im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Beamte dürfe der Gesetzgeber anordnen, dass die Amtstätigkeit der kommunalen Wahlbeamten auf der Grundlage des für alle Beamten geltenden Disziplinarrechts überprüft und gegebenenfalls als Dienstpflichtverletzung geahndet werden könne. Weder das Demokratieprinzip noch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums geböten es, die kommunalen Wahlbeamten von einer solchen Rechtskontrolle freizustellen und es allein dem Wähler zu überlassen, durch Abwahl oder Wiederwahl über ihre bisherige Amtstätigkeit zu entscheiden. Angesichts des Zwecks des Disziplinarrechts – Sicherstellung einer leistungsfähigen Verwaltung – sei die Anwendung auf kommunale Wahlbeamte nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Behördenunterlagen Bezug genommen. Die Gerichtsakten in den Verfahren Az. RN 10A DS 16.1666, RN 10A DS 17.1159 und RN 10A DK 19.32 wurden beigezogen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung bestehen, Art. 61 Abs. 2 des Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG).
Gemäß Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) analog entscheidet der Vorsitzende der Disziplinarkammer über den Antrag gemäß Art. 61 Abs. 1 BayDG, da die Entscheidung in Beschlussform außerhalb der mündlichen Verhandlung ergeht, vgl. Art. 61 Abs. 3 BayDG. Das BayDG findet auch auf den Antragsteller als kommunalen Wahlbeamten Anwendung, vgl. Art. 1 Abs. 1 BayDG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes über kommunale Wahlbeamte und Wahlbeamtinnen (KWBG), Art. 34 Abs. 1 Satz 1 der Gemeindeordnung (GO).
Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Verfügung ist Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG. Nach dieser Vorschrift kann die Disziplinarbehörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens u.a. vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Der Beamte kann gemäß Art. 61 Abs. 1 BayDG bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung beantragen. Die vorläufige Dienstenthebung ist auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen, Art. 61 Abs. 2 BayDG. Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts offen ist, ob die von der Behörde getroffene Anordnung rechtmäßig oder rechtswidrig ist (vgl. z.B. BayVGH vom 11.12.2013 Az. 16a DS 13.706 m.w.N.).
Im Hinblick auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG ist zu prüfen, ob die Prognose gerechtfertigt ist, dass der Beamte im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden wird. Dies ist dann der Fall, wenn nach dem Kenntnisstand des Verfahrens gemäß Art. 61 BayDG die Möglichkeit der Höchstmaßnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Ist es dagegen zumindest ebenso wahrscheinlich, dass eine Entfernung im Disziplinarverfahren nicht erfolgen wird, sind ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 61 Abs. 2 BayDG zu bejahen (vgl. BayVGH vom 11.12.2013 a.a.O.). Dabei genügt hinsichtlich des zur Last gelegten Dienstvergehens die Feststellung, dass der Beamte dieses Dienstvergehen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat. Es ist nicht erforderlich, dass es bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist (vgl. BayVGH vom 11.12.2013 a.a.O.). Da im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG für eigene Beweiserhebungen im Regelfall kein Raum ist, muss das Gericht anhand einer ihrer Natur nach nur kursorisch möglichen Prüfung des Sachverhalts aufgrund der gerade aktuellen Entscheidungsgrundlage entscheiden. Der Untersuchungsgrundsatz des Gerichts ist dahingehend eingeschränkt, dass regelmäßig nur die Pflicht besteht, auf die vorhandenen Feststellungen zurückgreifen zu müssen (vgl. BayVGH vom 11.12.2013 a.a.O. m.w.N.).
Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Verfügung sind weder vorgebracht noch für das Gericht erkennbar. Auch in materieller Hinsicht bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist es für das Gericht nach wie vor überwiegend wahrscheinlich, dass gegen den Antragsteller im Disziplinarklageverfahren auf die Höchstmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Hierzu wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf den Beschluss des Gerichts vom 24. Oktober 2017 (Az. RN 10A DS 17.1159) Bezug genommen. Das neue Vorbringen des Antragstellers bietet keine Veranlassung zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
I.
Das Gericht legt der disziplinarrechtlichen Würdigung in diesem Verfahren die tatsächlichen Feststellungen des seit 28. Juni 2016 rechtskräftigen Strafbefehls des Amtsgerichts Regensburg vom 3. Juni 2016 (Az. 23 Cs 156 Js 6970/14) zugrunde.
Die tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls sind zwar nicht gemäß Art. 55 BayDG i.V.m. Art. 25 Abs. 1 BayDG für ein Disziplinar(-klage) verfahren bindend. Das Gericht kann sie jedoch gemäß Art. 25 Abs. 2 BayDG seiner Entscheidung ohne nochmalige Prüfung zugrunde legen, zumal im vorliegenden Verfahren nur eine kursorische Prüfung des Sachverhalts möglich ist. Hinzu kommt, dass den in einem rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen eine erhebliche Indizwirkung zukommt (vgl. z.B. BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502). Das Gericht überzeugt nicht, wenn der Antragsteller nunmehr vorbringt, dass der im Strafbefehl dargestellte Sachverhalt falsch und unvollständig ist und er von seinem damaligen Prozessbevollmächtigten falsch beraten wurde. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat er nämlich mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 18. März 2016 vorbringen lassen, dass mit der anvisierten Lösung im Strafbefehlswege seitens der Verteidigung Einverständnis bestünde. Gegen den Strafbefehl vom 3. Juni 2016 brachte er keine Einwände vor. Selbst ein juristischer Laie vermag jedoch die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen eines Strafbefehls zu beurteilen. Wenn der Antragsteller insoweit Probleme gesehen hätte, wäre es nahegelegen, dass er Einspruch gegen den Strafbefehl erhebt bzw. erheben lässt. Dies ist hier nicht geschehen. Vielmehr hat der Antragsteller den Strafbefehl, der auf umfangreichen Ermittlungen basierte, rechtskräftig werden lassen.
Im Übrigen decken sich die tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls weitgehend mit den Angaben des Antragstellers im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Der Antragsteller hat in einem gemeinsamen Schreiben der anwaltlichen Bevollmächtigten der Herren Z., Y., X. und B. vom 10. Juni 2015 die Sachverhalte im Wesentlichen zugestanden und Manipulationen zu Gunsten der Firma B. bezüglich des Gewerks Fensterarbeiten einräumen lassen. Vergleichbares lässt sich diesem Schreiben bezüglich des Gewerkes Innenausbau (Seiten 5 f.) und hinsichtlich der Gewerke Außendämmung und Verputz entnehmen (Seiten 8 ff.).
Wie vom Gericht bereits in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2017 festgestellt, weicht der Strafbefehl von diesen Angaben nicht im Wesentlichen ab. Es ist widersprüchlich, wenn der Antragsteller im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Sachverhalte einräumen sowie einen Strafbefehl rechtskräftig werden lässt und sich dann im Disziplinarverfahren auf die mangelnde Bindungswirkung beruft. Unrichtige Feststellungen des Strafbefehls wurden damit nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt.
II.
Das Amtsgericht Regensburg verhängte deshalb gegen den Antragsteller eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung wegen Untreue und eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 270 Tagessätzen zu je 60 € wegen wettbewerbsbeschränkender Absprache bei Ausschreibungen. Die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Es steht nach der in diesem Verfahren gebotenen summarischen Prüfung für das Gericht auch fest, dass der Antragsteller diese ihm im Strafbefehl vorgeworfenen Sachverhalte begangen hat. Einen vollen Tatnachweis erfordert dieses Verfahren nicht (s.o.).
III.
Der Antragsteller hat damit als kommunaler Wahlbeamter durch sein Verhalten ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 47 Abs. 1 Satz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) begangen. Bei dem Sachverhaltskomplex „Dorfladen 1…“ handelte der Antragsteller als erster Bürgermeister der Gemeinde, so dass er die Dienstpflichtverletzungen innerdienstlich beging. Durch dieses Verhalten hat er vorsätzlich und schuldhaft gegen seine Dienstpflicht verstoßen, die Gesetze zu beachten, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und sein Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen, vgl. § 33 Abs. 1 BeamtStG. Ferner liegt hierin ein Verstoß, sich mit vollem Einsatz seinem Amt zu widmen und es uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten, § 34 Sätze 1 und 2 BeamtStG. Zudem steht ein Verstoß gegen die in § 34 Satz 3 BeamtStG bestimmte Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes im Raum.
Soweit der vorliegende Antrag u.a. auch damit begründet wird, dass sich der Antragsteller nicht strafbar gemacht habe, da es ein „Vergabestrafrecht“ nicht gebe, weist das Gericht darauf hin, dass der summarische Charakter des Verfahrens gemäß Art. 61 BayDG die umfassende rechtliche Beurteilung schwieriger und umstrittener strafrechtlicher Probleme ausschließt. Daher schließt sich das Disziplinargericht insoweit der rechtlichen Beurteilung des Amtsgerichts Regensburg an. Die Klärung der streitigen Rechtsfragen im Bereich der Vergaberechts ist dem Disziplinarklageverfahren vorbehalten, in dem der Antragsgegner noch umfassend auf das Kurzgutachten des anwaltlichen Bevollmächtigten des Antragstellers eingehen sollte.
IV.
Die strafgerichtliche Verurteilung ist für sich geeignet, die Prognose der voraussichtlichen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu tragen, auch wenn der Schaden für die Gemeinde geringer als ca. 50.000 € sein sollte.
Beamte sind gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn sie durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben. Die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme ist gemäß Art. 14 Abs. 1 BayDG nach pflichtgemäßen Ermessen, insbesondere nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 Az. 2 C 6/14). Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (vgl. BVerfG vom 8.12.2004 Az. 2 BvR 52/02). Eine Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 Az. 2 C 12.04). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat, vgl. Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG. Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dabei bewirken schwerwiegende Vorsatzstraftaten generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt.
Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG hat die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge. Aus der Höhe der verhängten Strafe hat der Gesetzgeber unwiderleglich auf das Ausmaß der Vertrauensbeeinträchtigung geschlossen. Umgekehrt vermag ein außerdienstliches Verhalten, das keinen Straftatbestand erfüllt, die Höchstmaßnahme regelmäßig nicht zu rechtfertigen (vgl. z.B. BVerfG vom 8.12.2004 a.a.O.). Da die Schwere des Dienstvergehens maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der in Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzung und besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (vgl. BVerwG vom 20.10.2005 a.a.O.).
1. Das Dienstvergehen wiegt hier so schwer, dass eine Entfernung aus dem Dienst näher liegt als ein Verbleib. Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht zunächst bei außerdienstlichen Dienstvergehen auf den Strafrahmen zurückgegriffen. Die Ausrichtung der grundsätzlichen Zuordnung eines Dienstvergehens zu einer der Disziplinarmaßnahmen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayDG am gesetzlich bestimmten Strafrahmen ist nach der neueren Rechtsprechung jedoch auch bei innerdienstlich begangenen Dienstvergehen geboten (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Auch bei diesen Dienstvergehen gewährleistet dies eine nachvollziehbare und gleichmäßige disziplinarische Ahndung von Dienstvergehen. Es wird verhindert, dass die Disziplinargerichte ihre jeweils eigene Einschätzung des Unwertgehalts eines Delikts an die Stelle der Bewertung des Gesetzgebers setzen. Die Einschätzung des Parlaments bestimmt, welche Straftaten als besonders verwerflich anzusehen sind.
Der hier letztlich abgeurteilte Tatvorwurf beinhaltet eine Untreue und eine wettbewerbsbeschränkende Absprache bei Ausschreibungen. Die Untreue sieht einen Strafrahmen bis zu fünf Jahren vor. Begeht ein Beamter innerdienstlich unter Ausnutzung seiner Dienststellung eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.).
2. Die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn dies auch dem Schweregehalt des Dienstvergehens entspricht. Delikte, die angesichts ihrer möglichen Variationsbreite der Vorgabe einer Regeldisziplinarmaßnahme nicht zugänglich sind, bedürfen einer sorgsamen Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Die Disziplinargerichte müssen für eine solche Betrachtung und die Ausschöpfung des Orientierungsrahmens unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände offen sein (vgl. z. B. BVerwG vom 23.7.2013 Az. 2 C 63.11). Zur Bestimmung der Schwere des begangenen Dienstvergehens kann bei (außergerichtlichen) Dienstvergehen auf einer zweiten Stufe zunächst indiziell auf die von Strafgerichten ausgesprochene Sanktion zurückgegriffen werden (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Dies folgt zunächst aus § 24 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, der direkt und ausschließlich an den Strafausspruch der Strafgerichte anknüpft. Unterhalb der in dieser Vorschrift genannten Schwelle kommt der strafgerichtlichen Aburteilung zwar regelmäßig keine unmittelbare Verbindlichkeit für die disziplinarrechtliche Beurteilung zu. Auch bei weniger gravierenden Verurteilungen kann der Ausspruch der Strafverfolgungsorgane aber als Indiz für die Schwere einer außerdienstlich begangenen Straftat und für Abstufungen innerhalb des Orientierungsrahmens herangezogen werden. Unbeschadet der unterschiedlichen Zwecke von Straf- und Disziplinarrecht kommt in dem Strafausspruch die Schwere und Vorwerfbarkeit der begangenen Handlung zum Ausdruck, die auch für die disziplinarrechtliche Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung ist (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O. m.w.N.).
Diese Grundsätze bezüglich der „zweiten Stufe“ finden jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine Anwendung. Bei einem innerdienstlichen Dienstvergehen, bei dem der Beamte gerade nicht wie jeder andere Bürger, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung und damit als Garant einer unparteilichen und gesetzestreuen Verwaltung betroffen ist, komme dem ausgeurteilten Strafmaß bei der Bestimmung der konkreten Disziplinarmaßnahme keine „indizielle“ oder „präjudizielle“ Bedeutung zu (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 Az. 2 B 24/16). Vielmehr habe das Verwaltungsgericht in der originär dienstrechtlichen Bemessungsentscheidung in Ausübung der ihm übertragenen Disziplinarbefugnis eigenständig und ohne präjudizielle Bindung an strafrechtliche Bemessungserwägungen zu entscheiden, ob der betroffene Beamte durch das innerdienstlich begangene Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat und deshalb aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen ist.
In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall war ein Beamter im Strafurteil wegen Geheimnisverrats gemäß § 353b StGB in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen verurteilt worden. Sei von den Strafgerichten bei einem außerdienstlich begangenen Dienstvergehen lediglich auf eine Geldstrafe erkannt worden, komme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis nur ausnahmsweise und bei Vorliegen disziplinarrechtlich bedeutsamer Umstände in Betracht (vgl. BVerwG vom 5.7.2016 a.a.O. m.w.N.). In diesem Fall eines innerdienstlichen Dienstvergehens hat das Bundesverwaltungsgericht die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedoch für zulässig erachtet. Bei innerdienstlichen Dienstvergehen kann damit selbst die Verhängung einer Geldstrafe – anders als bei außerdienstlichen Dienstvergehen – zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen.
Zwar mag eine Verurteilung bei innerdienstlichen Dienstvergehen keine „präjudizielle“ Bedeutung entfalten. Allerdings kann sie im Rahmen der Beurteilung des Schweregehalts dieses Dienstvergehens durchaus Berücksichtigung finden. Die Verurteilung des Antragstellers bewegt sich hier mit elf Monaten in einem Bereich, der nahe an das Strafmaß heranreicht, das zwingend den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hat. Erschwerend kommt hinzu, dass die Staatsanwaltschaft Regensburg hinsichtlich weiterer Vorwürfe mit Verfügung vom 27. Mai 2016 von der Verfolgung absah, da die zu erwartende Strafe angesichts der in diesem Verfahren verfolgten Taten nicht erheblich ins Gewicht falle (vgl. Seite 1489 des Strafakts). Die Staatsanwaltschaft sah bei dem Antragsteller insoweit die Tatbestände der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen gemäß § 298 Abs. 1 StGB und eines Subventionsbetrugs als gegeben an.
3. Die Umstände der Tatbegehung wirken sich zu Lasten des Antragstellers aus. Bei innerdienstlichen Pflichtverletzungen wirkt sich die Stellung als Erster Bürgermeister erschwerend aus, da sich die Öffentlichkeit auf eine Recht und Gesetz entsprechende Amtsführung verlassen können muss. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist der Beamte z. B. in Fällen des innerdienstlichen Betrugs zum Nachteil des Dienstherrn in der Regel aus dem Dienst zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung nicht den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen endgültig verloren. Je gravierender die Erschwerungsgründe in ihrer Gesamtheit zu Buche schlagen, desto gewichtiger müssten die Milderungsgründe sein, um davon ausgehen zu können, dass noch ein Rest an Vertrauen vorhanden ist. Auch aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lasse sich der Grundsatz ableiten, dass bei einem Gesamtschaden von über 5.000 € die Entfernung aus dem Dienst ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein könne. Die Höhe des Gesamtschadens sei danach ein Erschwerungsgrund neben anderen (vgl. BVerwG vom 7.3.2017 a.a.O.). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sieht eine Veruntreuung gemeindlicher Gelder in Höhe von 19.954,40 € bereits für sich genommen als geeignet an, die Prognose der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu rechtfertigen (vgl. BayVGH vom 31.01.2017 Az. 16a DS 16.2489).
Bei einer Untreue zu Lasten der Gemeinde handelt es sich um eine massive Verletzung von Kernpflichten durch den Antragsteller (vgl. hierzu BayVGH vom 13.7.2011 Az. 16a D 09.3127 m.w.N.). Dieser hat als erster Bürgermeister der Gemeinde 1… nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen eine besondere Vertrauensstellung inne (vgl. hierzu BayVGH vom 1.6.2005 Az. 16a D 04.3502). Ein erster Bürgermeister als kommunaler Wahlbeamter besitzt weitreichende Befugnisse in der Gemeinde. Dem stehen hohe Anforderungen an seine Führungsqualitäten und seine persönliche Integrität gegenüber. In der Gemeindeverwaltung besitzt er eine Vorbildfunktion für nachgeordnete Bedienstete. Außerdem steht er als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung der Gemeindebürger. Sein Fehlverhalten ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Gemeindearbeit zu beschädigen (vgl. BayVGH vom 5.2.2014 Az. 16a D 12.2494).
Dabei ist die Höhe des entstandenen Schadens nicht entscheidendes Kriterium für die Maßnahmebemessung. Es kommt nämlich auf das bisher in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgebliche (deutliche) Übersteigen der Schwelle der Geringwertigkeit, nicht (mehr) an (vgl. BVerwG vom 10.12.2015 a.a.O.). Wie sich dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bezüglich des Zuwendungswiderrufs vom 29. März 2019 entnehmen lässt, bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (allein) insoweit, ob ein vollständiger Widerruf rechtmäßig sei. Das Verwaltungsgericht sei nicht auf das Vorbringen eingegangen, dass sich der Widerruf auf den Teilbetrag beschränken müsse, der die vom Strafbefehl inkriminierten Werke betreffe. Auch bei einer Beschränkung auf diese Gewerke ist der der Gemeinde 1… entstandene Schaden jedoch mehr als nur unerheblich (vgl. obige Berechnung des Antragsgegners).
In diesem Verfahren geht das Gericht auch erschwerend davon aus, dass der Antragsteller nicht „völlig uneigennützig“ handelte. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Strafbefehls der Antragsteller handelte er auch durchaus im eigenen Interesse bzw. dem seiner Firma. Bei den Fensterarbeiten erhielt seine Firma den Zuschlag. Das Gewerk Innenausbau führte diese für die Firma C. aus. Vor diesem Hintergrund treten auch der „gute Zweck“, nämlich der Bau eines Dorfladens in 1… und der vorgebrachte persönliche und evtl. finanzielle Einsatz des Antragstellers, zurück. Selbst wenn er das zu seinen Gunsten vorgebrachte finanzielle und tatsächliche Engagement erbracht haben sollte, befreit ihn dies nicht von seiner Verpflichtung die Vergabevorschriften zu beachten. Zu den Kernpflichten eines ersten Bürgermeisters gehört insbesondere die strikte Beachtung der Gesetze. Der (gute) Zweck kann nicht die Mittel heiligen. Daher wirkt sich auch der Umstand nicht entlastend aus, dass der Dorfladen auch mit erheblichem Engagement von Bürgern verwirklicht wurde. Eine solche Mitwirkung und die Beachtung einschlägiger Vorschriften schließen sich nicht aus.
Der Antragsteller hat durch sein Verhalten das Vertrauen der Allgemeinheit endgültig verloren. Zwar mag es bei der Bevölkerung vor Ort und im Gemeinderat durchaus Unterstützung für ihn geben. Allerdings geht der Begriff der „Allgemeinheit“ über den jeweiligen Ort hinaus. Entscheidungsmaßstab ist insoweit, in welchem Umfang die Allgemeinheit dem Beamten noch Vertrauen in eine zukünftig pflichtgemäße Amtsausübung entgegenbringen kann, wenn ihr das Dienstvergehen einschließlich der belastenden und entlastenden Umstände bekannt würde (vgl. BVerwG vom 28.2.2013 Az. 2 C 62/11). Nach den hierbei anzusetzenden objektiven Kriterien ist wegen der oben dargelegten Umstände von einem endgültigen Vertrauensverlust auszugehen.
4. Anerkannte (klassische) Milderungsgründe, die typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen erfassen, die regelmäßig Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben, sind bei summarischer Prüfung nicht erkennbar. Das Verhalten des Antragstellers stellt sich nicht als unbedachte persönlichkeitsfremde Gelegenheitstat in einer besonderen Versuchungssituation dar (vgl. hierzu BVerwG vom 24.2.1999 Az. 1 D 31.98). Vielmehr geschahen die Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Der Milderungsgrund der freiwilligen Offenbarung des Fehlverhaltens oder der Wiedergutmachung des Schadens vor der Tatentdeckung liegt erkennbar auch nicht vor. Anhaltspunkte für das Vorliegen sonstiger Milderungsgründe sind nicht ersichtlich.
5. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und die vorläufige Dienstenthebung sind auch verhältnismäßig. Die Entfernung verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist – wie hier – durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen voraussichtlich endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich seine Entfernung aus dem Dienst daher als die erforderliche sowie geeignete Maßnahme, den Zwecken des Disziplinarrechts Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme für den Beamten einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen.
Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem Antragsteller um einen kommunalen Wahlbeamten handelt, der durch eine demokratische Wahl in sein Amt gelangt ist. Wie bereits oben dargelegt, gelten die Vorschriften des BayDG auch für kommunale Wahlbeamte. Der rechtliche Maßstab der „ernstlichen Zweifel“ im Sinne des Art. 61 Abs. 2 BayDG gilt sowohl für diese als auch für „Laufbahnbeamte“. Die Anwendbarkeit des Disziplinarrechts begegnet auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen Bedenken. Hierzu hat sich das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss vom 23. August 2017 (Az. 2 BvR 1745/17) wie folgt geäußert.
„Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ergeben sich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der vorläufigen Dienstenthebung auch nicht mit Blick auf das von ihr bislang ausgeübte Amt einer kommunalen Wahlbeamtin auf Zeit.
Sie macht zum einen geltend, mit dem in der Kommunalverfassung vorgesehenen speziellen Instrument des Abwahlverfahrens bestehe eine „besondere Suspendierungsschranke“, so dass eine vorläufige Dienstenthebung von kommunalen Wahlbeamten von vornherein schon nicht in Betracht komme. Für eine solche Annahme ist von Verfassungs wegen aber nichts ersichtlich. Zwar ist es richtig, dass der Gesetzgeber als Instrument zur (dauerhaften) Beschränkung des amtlichen Wirkens eines Hauptverwaltungsbeamten der Gemeinden das Abwahlverfahren vorgesehen hat. Eine solche kommunalpolitische Handlungsoption verdrängt aber nicht das beamtenrechtliche Disziplinarverfahren, welches andere Ziele verfolgt. Bei kommunalen Wahlbeamten handelt es sich um Beamte im statusrechtlichen Sinne; sie stehen ebenso wie die Berufsbeamten in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Zwar werden kommunale Wahlbeamte wie die Beschwerdeführerin nicht nach beamtenrechtlichen Kriterien ernannt, sondern auf Grund einer demokratischen Wahl in ihr Amt berufen. In ihrer wesentlichen Funktion als Teil der vollziehenden Gewalt unterscheiden sie sich aber nicht von den Berufsbeamten (vgl. auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 – Vf. 1 – VI/88 -, NVwZ 1990, S. 357). Die Bindung an Recht und Gesetz als Element der Rechtsstaatlichkeit sowie die Gemeinwohlorientierung sind Direktiven jeder staatlichen Verwaltung, auch der Kommunalverwaltung. Im Hinblick auf ihre Rechtsstellung als Beamte darf der Gesetzgeber anordnen, dass die Amtstätigkeit der kommunalen Wahlbeamten auf der Grundlage des für alle Beamten geltenden Disziplinarrechts überprüft und gegebenenfalls als Dienstpflichtverletzung geahndet werden kann. Weder das Demokratieprinzip noch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gebieten es, die kommunalen Wahlbeamten von einer solchen Rechtskontrolle freizustellen und es allein dem Wähler zu überlassen, durch Abwahl oder Wiederwahl über ihre bisherige Amtstätigkeit zu entscheiden. Angesichts des Zwecks des Disziplinarrechts – die Sicherstellung einer leistungsfähigen Verwaltung – ist seine Anwendung auf kommunale Wahlbeamte nicht zu beanstanden (vgl. zum Ganzen aus der Perspektive der Bayerischen Verfassung auch BayVerfGH, Entscheidung vom 19. April 1989 – Vf. 1 – VI/88 -, a.a.O.).
Aus den vorstehenden Gründen trägt auch das weitere Argument der Beschwerdeführerin nicht, unter anderem wegen der kommunalwahlrechtlichen Besonderheiten seien jedenfalls an die Verhältnismäßigkeitsprüfung und die dort vorzunehmende Abwägung zwischen der Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme besondere Anforderungen zu stellen. Zutreffend legt sie allerdings dar, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besondere Anforderungen an eine vorläufige Dienstenthebung ergeben können, wenn ihre Wirkung für den Betroffenen über die bloße Nichtausübung des Dienstes hinausgeht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1994 – 2 BvR 1089/94 -, juris, Rn. 23).
Solche in ihrer Person liegenden Gründe hat die Beschwerdeführerin aber weder dargelegt noch sind sie sonst ersichtlich. Soweit sie hierzu vorträgt, durch die vorläufige Dienstenthebung bezwecke der Stadtrat, die von ihr als Bürgermeisterin ausgeübte Kontrolle zu unterbinden und die mit ihrem Amtsantritt verbundenen Ankündigungen und Programme zu vereiteln, wird nicht deutlich, welche über die bloße Nichtausübung des Dienstes hinausgehenden Wirkungen dieser Umstand gerade für die Beschwerdeführerin als der von der Disziplinarmaßnahme Betroffenen zeitigte. Gleiches gilt für den Umstand, dass durch die Suspendierung eine Entscheidung des Wahlvolkes außer Kraft gesetzt wird, ohne ein Abwahlverfahren durchzuführen. Auch dadurch ist nicht die Person der Beschwerdeführerin betroffen.
Die Wirkungen zu Lasten des Antragstellers gehen insoweit nicht über die bloße Nichtausübung seines Dienstes hinaus. Diese Wirkung ist nicht vergleichbar mit zum Beispiel einem Neurochirurgen, der durch die vorläufige Dienstenthebung über einen längeren Zeitraum an der für Operationstätigkeiten notwendigen praktischen Übung gehindert wird (vgl. BVerfG vom 9.9.1994 Az. 2 BvR 1089/94). Die vorläufige Dienstenthebung ist Konsequenz des dienstpflichtwidrigen Verhaltens und der gesetzlich hierfür vorgesehenen Reaktionsmöglichkeiten der Disziplinarbehörde.
Die vorläufige Dienstenthebung ist damit in Anbetracht der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme verhältnismäßig. Zwar ist der Antragsteller straf- und disziplinarrechtlich zuvor nicht in Erscheinung getreten. Dem steht jedoch das – hier erhebliche – Gewicht des Dienstvergehens und der dadurch eingetretene Vertrauensschaden entgegen, die nach summarischer Prüfung die Entfernung aus dem Dienst als erforderliche und angemessene Reaktion erscheinen lassen.
Daher war der Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung abzulehnen.
Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens zu tragen, Art. 72 Abs. 4 Satz1 BayDG, § 154 Abs. 1 VwGO; Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG.


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