Verwaltungsrecht

Vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin

Aktenzeichen  7 CE 19.10137 u.a.

Datum:
7.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20689
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 2 S. 1, S. 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 S. 1, Art. 125b Abs. 1 S. 1
BayHSchG Art. 19
HZV aF § 38 Abs. 2
StV über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung Art. 12 Abs. 1 Nr. 8
ÄApprO § 41
BayHZG Art. 11a S. 2

 

Leitsatz

1. Es obliegt grundsätzlich der Entscheidungsfreiheit und dem Gestaltungsspielraum des (Haushalts) Gesetzgebers, ob und in welcher Höhe er den Universitäten personelle und sachliche Haushaltsmittel für neue Studienkapazitäten – sei es als zusätzliche Studienplätze in einem bereits bestehenden zulassungsbeschränkten Studienfach oder erstmalig in einem bisher nicht vorhandenen Studienfach – zur Verfügung stellt. Das Kapazitätserschöpfungsgebot tritt in diesen Fällen hinter dem Gestaltungsermessen des Gesetzgebers zurück. Es bedarf daher gegenüber dem einzelnen Studienbewerber keiner Rechtfertigung durch den Gesetzgeber, wie viele neue Studienplätze er insgesamt zu errichten beabsichtigt und in welchem Zeitraum er diese Studienplätze zur Verfügung stellen will. (Rn. 20)
2. Werden neue Studienkapazitäten in einem bislang nicht vorhandenen Studienfach schrittweise über einen längeren Zeitraum hinweg aufgebaut, ist auch das hinter der gesetzlichen Entscheidung stehende Konzept im Kapazitätsprozess nicht darlegungs- und erläuterungspflichtig. (Rn. 26)
3. Um einen geordneten Aufbau und eine regelgerechte Entwicklung der Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium sowie – bei Medizinstudiengängen – in der Krankenversorgung zu gewährleisten, kann darüber hinaus während der Aufbauphase eines neuen (Medizin-)Studiengangs zu Lasten des Zulassungsanspruchs neuer Studienbewerber von dem Erfordernis einer erschöpfenden Kapazitätsauslastung abgesehen werden. (Rn. 27)
4. Je komplexer und schwieriger dabei der Aufbauprozess, je mehr auf fachspezifische, organisatorische, personelle und/oder räumliche Besonderheiten Rücksicht zu nehmen ist, umso größer ist der Beurteilungsspielraum, für welchen Zeitraum Zulassungszahlen ohne eine zugrundeliegende Kapazitätsberechnung festgesetzt werden können. (Rn. 27)
5. Wird durch gewichtige Gründe nachvollziehbar dargelegt, dass die Funktionsfähigkeit und die Aufgaben der Hochschule es sachlich erfordern, dass die Ausbildungskapazität während der Aufbauphase eines neuen Studiengangs hinter der (realen) Aufnahmekapazität zurückbleiben muss, und gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die ordnungsgemäße Ausbildung nicht erforderlicher „überhöhter“ Ausbildungsaufwand betrieben werden soll, können sich Bewerber jedenfalls während des begrenzten Zeitraums der Aufbauphase nicht auf die Einhaltung des Kapazitätserschöpfungsgebots berufen. (Rn. 27)

Verfahrensgang

Au 8 E 19.1362 u.a. 2019-10-10 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen und Antragsteller tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.
III. Unter Abänderung der jeweiligen Nr. III der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 10. Oktober 2019 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerinnen und Antragsteller (im Folgenden: Antragsteller) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an der Universität Augsburg nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2019/2020.
Nachdem die Medizinische Fakultät durch Satzung zur Änderung der Grundordnung der Universität Augsburg vom 23. November 2016 zum 1. Dezember 2016 gegründet worden war, verabschiedete der Bayerische Landtag am 26. Juni 2018 das Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg, mit dem u.a. durch Einfügung des Art. 11a „Zulassung während des Aufbaus der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg“ das Gesetz über die Hochschulzulassung in Bayern – Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – geändert wurde. Mit Bescheid des dafür zuständigen Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 10. Juli 2018 wurde der Studiengang „Kompetenzorientiertes Augsburger Medizinisches CurriculuM (KAMM)“ gemäß § 41 ÄApprO als Modellstudiengang zugelassen. Der Studiengang ist nicht in die Studienabschnitte Vorklinik und Klinik aufgeteilt. Gemäß Art. 11a Satz 2 BayHZG werden zum ersten Wintersemester ab Aufnahme des Studienbetriebs und zu den darauffolgenden drei Wintersemestern jeweils 84, zu den darauffolgenden weiteren drei Wintersemestern jeweils 168 Bewerberinnen und Bewerber zum Medizinstudium zugelassen. Der Studienbetrieb der Fakultät begann zum Wintersemester 2019/2020.
Die Antragsteller machen geltend, dass mit der in Art. 11a Satz 2 BayHZG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2019/2020 von der Universität Augsburg als Studienanfängerinnen/Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen/Bewerber vom 26. Juni 2019 (Zulassungszahlsatzung 2019/2020) für das Wintersemester 2019/2020 festgesetzten Zahl von 84 Studierenden die vorhandene Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft sei.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Augsburg hat die Anträge der Antragsteller mit Beschlüssen vom 10. Oktober 2019 abgelehnt. Die Antragsteller hätten nicht glaubhaft gemacht, dass an der Universität Augsburg über die vergebenen Studienplätze hinaus noch weitere Studienplätze im Studiengang Humanmedizin im ersten Fachsemester zur Verfügung stünden, die von den Antragstellern in Anspruch genommen werden könnten.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie rügen im Wesentlichen, es fehle gänzlich an einer Plausibilisierung der vom Antragsgegner für das Wintersemester 2019/2020 festgesetzten Zulassungszahl von 84 Bewerberinnen und Bewerbern. Es lasse sich in keiner Weise nachvollziehen, auf welcher Tatsachengrundlage und anhand welcher Kriterien die legislativ festgesetzte Zulassungszahl ermittelt worden sei. Da die Vorlage von Kapazitätsberechnungen unterblieben sei, liege keine wirksame Beschränkung der Kapazität vor. Die Öffnungsklausel des § 6 Abs. 2 Satz 2 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung sei bereits nicht anwendbar, da die Zulassungszahl durch die Zulassungszahlsatzung 2019/2020 vom 26. Juni 2019 festgesetzt worden sei. Die Zulassungszahl sei demnach „aufgrund von Art. 3 Abs. 1 und 2 BayHZG“ und damit nach den für die Zulassung zum Regelstudiengang geltenden Vorschriften des Staatsvertrags festgesetzt worden. Ungeachtet dessen greife § 38 Abs. 2 HZV nur dann, wenn die Neuerungen im Studiengang oder in den Studienmethoden die Festsetzung von Zulassungszahlen nach den in § 38 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 HZV vorgesehenen Grundsätzen unmöglich machten oder die Prognoseunsicherheiten, die auch mit einer auf den Grundsätzen dieser Norm beruhenden Berechnung verbunden seien, ein solches Maß erreichten, dass die Festsetzung eher als Spekulation als eine aus Erfahrungswerten abgeleitete Prognose angesehen werden müsse. Allein der Umstand, dass ein Studiengang hochschulrechtlich als neu zu erprobender bezeichnet werde oder in einem etablierten Studiengang neue Methoden des Lehrens und Lernens erprobt werden sollten, lasse eine Ausnahme von der Beachtung der bei der regulären Ermittlung der Zulassungszahlen gemäß §§ 38 ff. HZV geltenden Kriterien nicht als geboten erscheinen. Es werde „mit Nichtwissen bestritten, dass überhaupt ein Modellstudiengang Humanmedizin eingerichtet worden sei“. Zudem sei unklar, dass es sich um einen Modellstudiengang nach „dem sog. HannibaL-System“ der Universität Hannover handle. Auch könne beim vorliegenden „Modellstudiengang“ bereits deshalb nicht von einem neuen Studiengang im Sinne der Approbationsordnung für Ärzte gesprochen werden, weil es entsprechende Modellstudiengänge, die den vorklinischen mit dem klinischen Studienabschnitt vermischten, nunmehr bereits seit mindestens 16 Jahren gebe. An den betreffenden Universitäten beruhe die Ermittlung der Kapazität immer auf tatsächlichen Berechnungen in Anlehnung an die jeweilige Kapazitätsverordnung. Keine Universität im Bundesgebiet, auch nicht diejenigen, die erstmalig den Studiengang der Humanmedizin angeboten hätten, seien davon ausgegangen, dass für die Ermittlung der Zulassungszahl auf nachvollziehbare Kriterien verzichtet werden könnte. Dies verbiete sich auch mit Blick auf den damit verknüpften Eingriff in das Grundrecht der Antragsteller aus Art. 12 Abs. 1 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei bereits im Eilverfahren eine Sachverhaltsermittlung mit dem Ziel, vorhandene Ausbildungskapazitäten aufzudecken, erforderlich. Definiere die Verordnung die Ausbildungskapazität mittels Zahlenwerken und Formeln, müsse sich die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf deren Ableitung erstrecken. Die Sach- und Rechtslage sei vom Verwaltungsgericht jedoch nur unzureichend geprüft worden. Insbesondere hätten die von der Universität genannten Zahlen nicht berücksichtigt werden dürfen, ohne ihre Richtigkeit anhand von tatsächlichem Datenmaterial zu überprüfen. Äußerst bedenklich erscheine, dass im Gesetzentwurf zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg ausgeführt sei, die Regelung der Zulassungszahlen in der Übergangszeit durch förmliches Gesetz sei erforderlich, um vor dem Hintergrund möglicher verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen eine sinnvolle Gestaltung des Fakultätsaufbaus sicherzustellen. Auch verstoße die völlig unklare normative Regelung, dass die Zulassung zum Studiengang Medizin an der Universität Augsburg nur erfolge, „soweit ein Studienangebot vorhanden sei“, gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Zudem liege ein Einzelfallgesetz vor.
Der Antragsgegner widersetzt sich den Beschwerden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg. Aus den in den einzelnen Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf die sich die Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Antragsteller mit Erfolg einen Anspruch auf Zulassung zum Studiengang „Kompetenzorientiertes Augsburger Medizinisches CurriculuM (KAMM)“ (im Folgenden „KAMM“) im Wintersemester 2019/2020 geltend machen können.
A.
Ein über die Anzahl der tatsächlich im Wintersemester 2019/2020 vergebenen Studienplätze hinausgehender Anspruch der Antragsteller aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG und dem Sozialstaatsprinzip auf Zulassung zum ersten Fachsemester, das gleichzeitig das erste Semester ist, in dem an der Universität Augsburg im Studiengang „KAMM“ ein Studienangebot in Humanmedizin stattfindet (vgl. § 1 Abs. 1 der Satzung über die Festsetzung von Zulassungszahlen für die im Studienjahr 2019/2020 von der Universität Augsburg als Studienanfängerinnen/Studienanfänger sowie in höhere Fachsemester aufzunehmenden Bewerberinnen/Bewerber vom 26. Juni 2019 – Zulassungszahlsatzung 2019/2020), besteht nicht. Die vom Antragsgegner für das erste Wintersemester ab Aufnahme des Studienbetriebs festgesetzte Zulassungszahl von 84 Bewerberinnen und Bewerbern (im Folgenden: Bewerber) ist nicht zu beanstanden. Diese ergibt sich aus Art. 11a Satz 2 des Bayerischen Gesetzes über die Hochschulzulassung in Bayern – Bayerisches Hochschulzulassungsgesetz – (BayHZG i.d. vom 1.1.2019 bis 30.11.2019 geltenden Fassung; ab 1.12.2019 entspricht Art. 9a wortgleich dem bisherigen Art. 11a). Hiervon ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgegangen.
1. Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG (und dem in Art. 20 Abs. 1 GG verankerten Sozialstaatsprinzip) vermitteln dem die Qualifikationsvoraussetzungen erfüllenden Studienbewerber ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium seiner Wahl. Absolute Zulassungsbeschränkungen sind nur unter strengen formellen und materiellen Voraussetzungen statthaft. Sie bedürfen einer gesetzlichen Grundlage und sind nur dann verfassungsgemäß, wenn sie zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts – Funktionsfähigkeit der Universitäten in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium – und nur in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden (stRspr, vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303/336 ff.; B.v. 3.6.1980 – 1 BvR 967/78 u.a. – BVerfGE 54, 173/191; B.v. 22.10.1991 – 1 BvR 393/85 u.a. – BVerfGE 85, 36/54; B.v. 21.7.2005 – 1 BvR 584/05 – juris Rn. 15; U.v. 19.12.2017 – 1 BvL 3/14 u.a. – juris Rn. 106).
Eine gesetzliche Regelung, wie sie das Bundesverfassungsgericht als „Kern des Zulassungswesens“ sowohl für den Bereich der Art und Weise der Kapazitätsermittlung als auch der Auswahl der Bewerber gefordert hat, ist durch den Bund in den §§ 29 ff. HRG erlassen worden, die gemäß Art. 125b Abs. 1 Satz 1 GG (i.d. am 31.8.2006 geltenden Fassung) als Bundesrahmenrecht weitergelten (vgl. Pastor, NVwZ 2018, 119 m.w.N.). Hiernach gilt der Grundsatz der einheitlichen und vollständigen Kapazitätsauslastung. Das Verfahren der Festsetzung von Zulassungszahlen ist in den §§ 29 und 30 HRG rahmenrechtlich geregelt.
2. Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 des Staatsvertrags über die Errichtung einer gemeinsamen Einrichtung für Hochschulzulassung (im Folgenden: StV) – der Staatsvertrag über die Hochschulzulassung findet vorliegend keine Anwendung, da dieser nach seinem Art. 18 Abs. 1 Satz 3 frühestens auf das Vergabeverfahren zum Sommersemester 2020 anzuwenden ist – sind die Zulassungszahlen so festzusetzen, dass nach Maßgabe der haushaltsrechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der räumlichen und fachspezifischen Gegebenheiten eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität erreicht wird; die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung, sind zu gewährleisten.
Die grundsätzliche Vorgabe in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV wird in den weiteren Regelungen seiner Absätze 1, 3 und 4 näher ausgefüllt. Die Ermittlung der Ausbildungskapazität wird in Bayern durch das Berechnungsverfahren konkretisiert, das in der auf Art. 12 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 StV beruhenden Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern – Hochschulzulassungsverordnung – (i.d.v. 18.6.2007 bis 1.12.2019 geltenden Fassung; im Folgenden: HZV a.F.) normiert ist. Art. 6 Abs. 4 StV verpflichtet die Hochschule vor Festsetzung von Zulassungszahlen zur Vorlage eines Berichts mit ihren Kapazitätsberechnungen. Die Festsetzung von Zulassungszahlen nach Art. 6 StV erfolgt durch eine auf der Grundlage des Art. 12 Abs. 1 Nr. 8 Halbs. 1 StV erlassene Rechtsverordnung, soweit das Landesrecht dafür keine andere Rechtsform vorsieht (Art. 12 Abs. 1 Nr. 8 Halbs. 2 StV). In Bayern werden Zulassungszahlen gemäß Art. 3 Abs. 1 BayHZG grundsätzlich durch Satzung der Hochschule festgesetzt.
Das im Staatsvertrag vorgesehene Verfahren ist auf den „Normalfall“ eingerichteter (Regel-)Studiengänge zugeschnitten (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2006 – 2 NB 347/06 – AZR 2007, 44 Rn. 21 zur Vorgängernorm des Art. 7 StV a.F.; OVG NW, B.v. 3.7.2015 – 13 B 113/15 – HRZ 5, Nr. 1, 47 Rn. 6 m.w.N.). Dem Modell liegt die Annahme zugrunde, dass es eine bestimmte Menge an Deputatstunden des Lehrpersonals gibt, die eine Hochschule aufgrund ihrer personellen Ausstattung für die Lehrveranstaltung des Studiengangs aufwenden kann (Lehrangebot) und diese von einer bestimmten Menge von Studierenden besucht werden wollen (Lehrnachfrage). Die verfassungsrechtlich geforderte erschöpfende Nutzung der – auf der Grundlage der personellen Ausstattung der Hochschule berechneten („personalbezogenen“) – Ausbildungskapazität des Studiengangs liegt dann vor, wenn die Lehrnachfrage dem Lehrangebot bei der Bilanzierung (exakt) entspricht (vgl. Pastor, NVwZ 2018, 119/120 f.).
3. Demgegenüber können nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV bei der Erprobung neuer Studiengänge und -methoden, bei der Neuordnung von Studiengängen und Fachbereichen und beim Aus- oder Aufbau der Hochschulen Zulassungszahlen abweichend von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV festgesetzt werden.
Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV eröffnet im Hinblick auf gewichtige Besonderheiten, wie sie sich aus Strukturveränderungen, aber auch aus dem Aufbau neuer Ausbildungsgänge ergeben können, die Möglichkeit, die Ausbildungskapazität nach Maßgabe der jährlichen Aufnahmekapazität zu ermitteln, mit der diesen Ausnahmelagen Rechnung getragen werden kann (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2006 – 2 NB 347/06 – AZR 2007, 44 Rn. 22 m.w.N.). Die durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV eingeräumte Abweichungsbefugnis bezieht sich in sachlicher Hinsicht nicht nur auf das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV enthaltene Gebot der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität, sondern auch auf die in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 StV angesprochene Berücksichtigung der personellen, räumlichen, sächlichen und fachspezifischen Gegebenheiten, wie sie dem für den „Normalfall“ eingerichteter Studiengänge geltenden Berechnungsmodell zugrunde liegen.
Der Regelung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV entsprechende Vorschriften finden sich in Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayHZG (in den ab 1.1.2019 geltenden Fassungen) sowie in § 38 Abs. 2 HZV a.F. Nach beiden Vorschriften können in den von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV erfassten Fällen Zulassungszahlen abweichend von Art. 3 Abs. 3 Satz 1 BayHZG bzw. § 38 Abs. 1 HZV a.F. – und damit abweichend von dem dort normierten und näher umschriebenen Gebot der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität – festgesetzt werden. Insbesondere beim Aufbau und der Erprobung neuer Studiengänge sollen Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV, Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayHZG sowie § 38 Abs. 2 HZV a.F. von dem Erfordernis freistellen, die jährliche Aufnahmekapazität nach den im Staatsvertrag bzw. im Bayerischen Hochschulzulassungsgesetz (vgl. Art. 4 BayHZG) und in der Hochschulzulassungsverordnung (§§ 38 ff. HZV a.F.) für den Regelfall näher konkretisierten Kriterien exakt zu errechnen. Dies bedeutet insbesondere, dass im Anwendungsbereich von Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV weder das Lehrangebot zwingend nach dem sog. Sollstellenprinzip des Art. 6 Abs. 3 Satz 2 StV errechnet werden muss noch der Ausbildungsaufwand zwingend durch studiengangspezifische Curricularnormwerte zu ermitteln ist (vgl. Art. 6 Abs. 3 Sätze 3 bis 6 StV; ThürOVG, B.v. 17.6.1998 – 1 NcO 339/98 – DÖV 1998, 934 Rn. 8).
4. Durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV i.V.m. Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayHZG und § 38 Abs. 2 HZV a.F. wird dem Antragsgegner demnach während einer Modell- und/oder Aufbauphase ein Ermessen bzw. ein Gestaltungsspielraum bei der Ermittlung der Ausbildungskapazität eingeräumt (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.1985 – 7 CE 85 B.231 u.a. – n.v.). Dieser Gestaltungsspielraum ist im Hinblick auf das aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG folgende Kapazitätserschöpfungsgebot nicht unbegrenzt.
a) Die Problematik absoluter Zulassungsbeschränkungen ist dadurch gekennzeichnet, dass die vorhandene Kapazität nicht ausreicht, um jedem hochschulreifen Zulassungsberechtigten einen Studienplatz zuzuteilen (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303/331 Rn. 62). Beim Gebot der erschöpfenden Kapazitätsauslastung geht es um die Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen (vgl. BVerfG, B.v. 22.1.1991 – 1 BvR 393/85 u.a. – BVerfGE 85, 36 Rn. 73). Der Zulassungsanspruch der Hochschulbewerber darf grundsätzlich nur zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts – der Funktionsfähigkeit der Hochschule in Wahrnehmung ihrer Aufgaben in Forschung und Lehre – und nur unter strenger Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit begrenzt werden (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303 Rn. 74; B.v. 8.2.1984 – 1 BvR 580/83 u.a. – BVerfGE 66, 155 Rn. 57 ff.). Die dazu erforderliche Konkretisierung ist zwar mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsfreiraum des Verordnungsgebers verbunden; sie muss aber den Bedingungen rationaler Abwägung genügen. Der Normgeber muss von Annahmen ausgehen, die dem aktuellen Erkenntnis- und Erfahrungsstand entsprechen und eine etwaige Kapazitätsminderung auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken. Wird die Ausbildungskapazität mittels Zahlenwerten und Formeln definiert, muss sich die gerichtliche Kontrolle auch auf deren Ableitung erstrecken. Begründungslücken oder Fehler des Ableitungszusammenhangs können den Schluss nahelegen, dass das Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung verletzt wurde (vgl. BVerfG, B.v. 22.10.1991 – 1 BvR 393/85 u.a. – BVerfGE 85, 36 Rn. 66, 72 ff.; NdsOVG, B.v. 28.11.2019 – 2 NB 1/19 – juris Rn. 15 m.w.N.).
b) Andererseits bleibt es auch im modernen Sozialstaat der nicht einklagbaren Entscheidung des Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er im Rahmen der darreichenden Verwaltung Teilhaberechte gewähren will (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303/331 Rn. 60). Es entspricht daher der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass es einen einklagbaren Individualanspruch auf Schaffung von neuen, zusätzlichen Studienplätzen nur bei einer evidenten Verletzung des Verfassungsauftrags zur Schaffung ausreichender Ausbildungskapazitäten geben kann (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1972 – 1 BvL 32/70 u.a. – BVerfGE 33, 303/333 Rn. 62; B.v. 10.3.1999 – 1 BvL 27/97 – NVwZ-RR 1999, 481 Rn. 17), wofür in Bayern angesichts von 12.359 eingeschriebenen Studierenden der Humanmedizin im Wintersemester 2013/2014 an fünf bayerischen Universitäten nichts ersichtlich ist (vgl. Stellungnahme des Wissenschaftsrats zum Konzept für den Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg v. 8.7.2016, S. 37).
c) Dies berücksichtigend hängt die Reichweite des Kapazitätserschöpfungsgebots bei den in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV genannten Fallgestaltungen wesentlich davon ab, ob durch sie bestehende Studienkapazitäten vermindert oder neue Kapazitäten geschaffen werden.
aa) Die Ermittlung der Zulassungszahl steht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV auch dann im Ermessen der als Kapazitätsfestsetzungsbehörde nach Art. 3 Abs. 1 BayHZG tätigen Hochschule, wenn ein bereits bestehender Studiengang vollständig oder teilweise neu konzipiert wird und sich dadurch vorhandene Studienkapazitäten vermindern. Im Rahmen der Ermessensbetätigung sind die Grundrechte der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 GG, deren gesetzlicher Auftrag, die Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG der Studienbewerber auf Studienzulassung einerseits und der eingeschriebenen Studierenden auf ein der Approbationsordnung angemessenes Ausbildungsangebot andererseits sowie das öffentliche Interesse an der Reform der ärztlichen Ausbildung in ein vertretbares Verhältnis zu bringen (vgl. OVG NW, B.v. 31.3.2004 – 13 C 20/04 – juris Rn. 3). Die der Ermittlung der Zulassungszahlen zugrundeliegende Ermessensbetätigung muss entsprechend nachvollziehbar sein. Sie unterliegt auch während der Dauer der Erprobungsphase von Modellstudiengängen der gerichtlichen Überprüfung. Die Hochschule hat die während der Erprobungsphase festgesetzten Zulassungszahlen durch Darlegung entsprechender Berechnungen und Nachweise im gerichtlichen Verfahren so weit wie möglich zu plausibilisieren.
Bei der gerichtlichen Kapazitätsüberprüfung darf allerdings auch bei derartigen Fallgestaltungen nicht außer Acht gelassen werden, dass sich der Modellstudiengang hinsichtlich seiner Struktur, Unterrichtsformen, Prüfungen etc. in einer Phase der Erfahrungsfindung, Beobachtung und Bewährung, mithin der Erprobung befindet. Die Festsetzung von Zulassungszahlen ist daher in Modellstudiengängen, durch die bestehende Studiengänge vollständig oder teilweise modifiziert werden, ex ante i.d.R. nur anhand fiktiv angenommener Berechnungsparameter möglich (vgl. OVG NW, B.v. 28.5.2004 – 13 C 20/04 – juris Rn. 11). Da es bei medizinischen Modellstudiengängen anders als bei medizinischen Regelstudiengängen an einer normativen Festlegung einer Berechnungsmethode zur Ermittlung der Ausbildungskapazität fehlt (vgl. OVG NW, B.v. 18.4.2016 – 13 C 6/16 – HRZ 5 Nr. 1, 24 Rn. 17), ist es gerechtfertigt, die Kapazitätsermittlung in der Umstellungs- und Erprobungsphase des Modellstudiengangs fiktiv anhand der vorhandenen, allein auf den Regelstudiengang bezogenen Vorschriften – in Bayern auf der Grundlage der Regelungen der Hochschulzulassungsverordnung – vorzunehmen (vgl. OVG NW, B.v. 3.7.2015 – 13 B 113/15 – HRZ 5 Nr. 1, 47 Rn. 38, 43) und dies auch der gerichtlichen Überprüfung zugrunde zu legen.
bb) Anders ist hingegen die Reichweite des Kapazitätserschöpfungsgebots zu beurteilen, wenn durch eine einzelne oder eine Kombination mehrerer der in Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV genannten Maßnahmen neue Studienplätze geschaffen werden.
(1) Gibt es – von evidenten Verfassungsverletzungen abgesehen – keinen einklagbaren Individualanspruch auf Schaffung zusätzlicher Studienplätze, obliegt es der Entscheidungsfreiheit und dem Gestaltungsspielraum des (Haushalts-)Gesetzgebers, ob und in welcher Höhe er den Universitäten personelle und sachliche Haushaltsmittel für neue Studienkapazitäten – sei es als zusätzliche Studienplätze in einem bereits bestehenden (zulassungsbeschränkten) Studienfach oder erstmalig in einem bisher nicht vorhandenen Studienfach – zur Verfügung stellt. Das Kapazitätserschöpfungsgebot tritt in diesen Fällen hinter das Gestaltungsermessen des Gesetzgebers zurück. Es bedarf daher gegenüber dem einzelnen Studienbewerber keiner Rechtfertigung durch den Gesetzgeber, wie viele neue Studienplätze er insgesamt zur Verfügung stellen will. Der Antragsgegner ist daher vorliegend nicht verpflichtet darzulegen, warum er an der Universität Augsburg in der Endausbaustufe 252 neue Medizinstudienplätze zu schaffen beabsichtigt. Ebenso wenig muss er im Einzelnen nachweisen, ob bzw. dass diese Zahl das Ergebnis einer Kapazitätsberechnung ist (vgl. NdsOVG, B.v. 21.2.2013 – 2 NB 20/13 – juris Rn. 6). Es ist somit nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner im gerichtlichen Eilverfahren keine entsprechenden (Berechnungs-)Unterlagen vorlegt.
(2) Werden – wie dies vorliegend an der Universität Augsburg durch Einführung des medizinischen Studiengangs „KAMM“ der Fall ist – neue Studienkapazitäten in einem bislang nicht vorhandenen Studienfach schrittweise über einen längeren Zeitraum hinweg aufgebaut, ist auch das hinter der gesetzlichen Entscheidung stehende Konzept im Kapazitätsprozess nicht darlegungs- und erläuterungspflichtig. Der (Haushalts-)Gesetzgeber muss dem Studienbewerber gegenüber nicht im Einzelnen aufschlüsseln, in welchen Schritten und über welchen Gesamtzeitraum er die geplanten Studienplätze zur Verfügung stellen wird. Die mit der Schaffung neuer Studienplätze zusammenhängende sachliche und personelle Ausstattung der Fakultät steht im Ermessen des (Haushalts-)Gesetzgebers. Dieser wird durch das Kapazitätserschöpfungsgebot weder darin beschnitten, den Hochschulen im Rahmen seiner Stellenpolitik die personellen Mittel zu verschaffen, damit sie ihre Aufgaben in Forschung und Lehre wirksam erfüllen können, noch können ihm hierdurch Handlungspflichten auferlegt werden, aus denen dem Studienbewerber ein Anspruch auf eine zügige und möglichst kapazitätsintensive personelle und sachliche Ausstattung erwächst. Was schon im Bereich des Regelstudiums gilt (vgl. BVerwG, U.v. 23.7.1987 – 7 C 10.86 – NVwZ 1989, 360 Rn. 35 bezüglich der Stellenpolitik des Gesetzgebers), gilt erst recht für die Schaffung neuer Studienplätze.
(3) Um einen geordneten Aufbau und eine regelgerechte Entwicklung der Aufgaben in Forschung, Lehre und Studium sowie – bei Medizinstudiengängen – in der Krankenversorgung zu gewährleisten, kann darüber hinaus während der Aufbauphase eines neuen (Medizin-)Studiengangs zu Lasten des Zulassungsanspruchs neuer Studienbewerber von dem Erfordernis einer erschöpfenden Kapazitätsauslastung abgesehen werden. Nur so kann den in dieser Phase naturgemäß bestehenden Schwierigkeiten und Unsicherheiten angemessen begegnet werden. Insoweit besteht ein Ermessensspielraum, auf derartige Anforderungen angemessen zu reagieren und – ohne Verstoß gegen das Kapazitätserschöpfungsgebot – Zulassungszahlen festzusetzen, bei denen nicht auszuschließen ist, dass die personelle und sachliche Ausstattung des Studiengangs in einzelnen Aufbauphasen eine höhere Kapazitätsauslastung ermöglichen würde. Je komplexer und schwieriger dabei der Aufbauprozess, je mehr auf fachspezifische, organisatorische, personelle und/oder räumliche Besonderheiten Rücksicht zu nehmen ist, umso größer ist der Beurteilungsspielraum, für welchen Zeitraum Zulassungszahlen ohne eine zugrundeliegende Kapazitätsberechnung festgesetzt werden können. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, dass dem Normgeber bei komplexen, in der Entwicklung begriffenen Sachverhalten ein zeitlicher Anpassungsspielraum gebührt und dass seine Regelungen erst dann verfassungsrechtlich zu beanstanden sind, wenn er trotz ausreichender Erfahrungen und Erkenntnisse eine sachgerechte Lösung unterlässt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 3.6.1980 – 1 BvR 967/78 u.a. – BVerfGE 54, 173 Rn. 60 m.w.N. zur Entwicklung des Kapazitätsermittlungsrechts). Wird demzufolge durch gewichtige Gründe nachvollziehbar dargelegt, dass die Funktionsfähigkeit und die Aufgaben der Hochschule es während der Aufbauphase sachlich erfordern, dass die Ausbildungskapazität eines neuen Studiengangs hinter der (realen) Aufnahmekapazität zurückbleiben muss, und gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die ordnungsgemäße Ausbildung nicht erforderlicher „überhöhter“ Ausbildungsaufwand betrieben werden soll, können sich Bewerber jedenfalls während des begrenzten Zeitraums der Aufbauphase nicht auf die Einhaltung des Kapazitätserschöpfungsgebots berufen. Für diesen begrenzten Zeitraum tritt der Zulassungsanspruch von Studienbewerbern hinter dem Grundrecht der Hochschule aus Art. 5 Abs. 3 GG und – ab dem zweiten Studienjahr – dem Anspruch der eingeschriebenen Studenten aus Art. 12 Abs. 1 GG auf angemessene, den Regelungen der Approbationsordnung für Ärzte entsprechende Ausbildung zurück, so dass eine erschöpfende Nutzung der Ausbildungskapazität nicht dezidiert nachgewiesen werden muss. Entgegen der Ansicht einiger Antragsteller kann daher die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Prüfungsintensität im einstweiligen Rechtschutzverfahren (vgl. BVerfG, B.v. 31.3.2004 – 1 BvR 356/04 – BayVBl 2005, 240 Rn. 24 – die dort zu prüfende Zulassungsbeschränkung bezog sich auf den Regelstudiengang Medizin) nicht uneingeschränkt auf Fallgestaltungen wie die vorliegende übertragen werden. Bei diesen ist vielmehr in erster Linie festzustellen, ob die Festsetzung der Zulassungszahl durch wesentliche personelle, räumliche, sächliche, organisatorische und/oder fachspezifische Gegebenheiten und Notwendigkeiten der Hochschule gerechtfertigt ist. Solange derartige Gründe angeführt werden können, sind die normativen Zulassungsbeschränkungen im gerichtlichen Eilverfahren nur daraufhin zu überprüfen, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Antragsgegner bereits während der Aufbauphase einen Ausbildungsaufwand betreibt, der über dem für eine ordnungsgemäße Ausbildung erforderlichen liegt und daher als „überhöht“ anzusehen ist.
d) Aus alledem folgt, dass sich – entgegen der Ansicht einiger Antragsteller – aus den Zulassungen von medizinischen Modellstudiengängen an der RWTH Aachen, der Medizinischen Hochschule Hannover sowie der Freien Universität und der Humboldt-Universität Berlin keine Schlussfolgerungen für das vorliegende Verfahren ziehen lassen. Zwar erfolgte die dortige Festsetzung der Zulassungszahlen mit Einführung der Modellstudiengänge ebenfalls nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV. Soweit diesen Festsetzungen detaillierte Kapazitätsberechnungen zugrunde lagen, die in gerichtlichen Eilverfahren im Einzelnen übergeprüft wurden, war dies dem Umstand geschuldet, dass es an den betreffenden Universitäten – anders als an der Universität Augsburg – bereits seit vielen Jahren einen etablierten Studienbetrieb in Medizin gab und lediglich vorhandene Regelstudiengänge neu konzipiert wurden. Die Antragsteller gehen daher fehl, wenn sie meinen, aus den hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen allein deshalb rechtliche Schlussfolgerungen für das vorliegende Verfahren ziehen zu können, weil diese zu Modellstudiengängen i.S.d. § 41 der Approbationsordnung für Ärzte (ÄApprO) ergangen sind. Ungeachtet dessen erschließt sich dem Senat auch nicht, warum unter Bezugnahme auf die RWTH Aachen Schwundberechnungen angemahnt werden. Im vorliegend streitgegenständlichen ersten Semester des Studienbetriebs liegen die für die Berechnung der Schwundquote erforderlichen Parameter nicht vor.
Nichts anderes folgt aus dem Vortrag des Antragsgegners, er habe sich bei der Ermittlung der angestrebten Zulassungszahl von 252 Erstsemesterstudierenden am Modellstudiengang HannibaL (Hannoveraner integrierte berufsorientierte adaptierte Lehre) der Medizinischen Hochschule Hannover orientiert. Soweit einige Antragsteller hierzu einwenden, der Modellstudiengang HannibaL werde bereits seit dem Studienjahr 2005/2006 angeboten und sei nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts etabliert, so dass ein dem Modellstudiengang HannibaL entsprechender Studiengang an der Universität Augsburg nicht mehr als „Modellstudiengang“ bezeichnet werden könne, können sie nicht durchdringen. Selbst dann, wenn von einer Vergleichbarkeit beider Studiengänge auszugehen wäre – was im vorliegenden Verfahren keiner Prüfung bedarf – wurde an der Medizinischen Hochschule Hannover mit Einführung des Modellstudiengangs HannibaL nicht – wie an der Universität Augsburg – zeitgleich eine Medizinische Fakultät neu aufgebaut.
5. Hiervon ausgehend ist es von der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit des Antragsgegners gedeckt, den an der Universität Augsburg neu errichteten Medizinstudiengang stufenweise zu entwickeln und die Zahl der Studienplätze – zeitlich begrenzt – durch Art. 11a Satz 2 BayHZG zu beschränken. Bei dem humanmedizinischen Studiengang „KAMM“ handelt es sich um einen Modellstudiengang i.S.d. § 41 ÄApprO. Unabhängig davon rechtfertigen es jedenfalls die Besonderheiten des Aufbaus einer Universitätsmedizin in Augsburg, die Zulassungszahl im Wintersemester 2019/2020 gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV, Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayHZG und § 38 Abs. 2 HZV a.F. abweichend von den Regelungen der §§ 38 ff HZV a.F. festzusetzen. Im Hinblick auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen weist der Senat auf Folgendes hin:
a) Der Antragsgegner konnte die streitgegenständliche Zulassungszahl durch Art. 11a Satz 2 BayHZG festsetzen.
Nach den Regelungen des Staatsvertrags sind Zulassungszahlen i.S.v. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 StV regelmäßig in der Rechtsform der Rechtverordnung (Art. 12 Abs. 1 Nr. 8 StV) und nach Maßgabe des Landesrechts festzusetzen. Der Bayerische Gesetzgeber hat von der in Art. 12 Abs. 1 Nr. 8 StV vorgesehenen Möglichkeit, für die Festsetzung der Zulassungszahlen eine andere Rechtsform als die der Rechtsverordnung zu bestimmen, in Art. 3 Abs. 1 BayHZG Gebrauch gemacht. Danach setzen die Hochschulen die Zulassungszahlen durch Satzung fest. Nach Art. 12 Abs. 3 Nr. 5 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) nehmen sie hierbei – sowie bei der Ermittlung von Ausbildungskapazitäten – staatliche Aufgaben wahr. Kann durch Landesrecht von der Festsetzung durch Rechtsverordnung abgesehen werden, ist es nicht zu beanstanden, dass der Bayerische Gesetzgeber darüber hinaus von der eigenen Regelung in Art. 3 Abs. 1 BayHZG abgewichen ist und die Zulassungszahlen für den Studiengang Medizin an der Universität Augsburg in der Aufbauphase der Medizinischen Fakultät durch Art. 11a BayHZG bestimmt hat.
b) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 11a BayHZG bestehen auch nicht im Hinblick auf die in Satz 1 Halbsatz 1 der Vorschrift verwendete Formulierung “soweit ein Studienangebot vorhanden ist“. Dies stellt keinen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) dar.
Der Begründung zum Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg (vgl. LT-Drs. 17/20989) ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber dieses Gesetz zur Vermeidung mehrerer aufeinanderfolgender Gesetzgebungsverfahren auch dazu genutzt hat, über die Errichtung des Universitätsklinikums hinausgehende Regelungen zu schaffen. Hierzu gehört mit § 3 Nr. 6 des Gesetzes zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg die Einführung des Art. 11a BayHZG, mit dem für die Aufbauphase der Medizinischen Fakultät Zulassungszahlen vorgegeben werden, um eine Überlastung der neuen Einrichtung während des Aufbauprozesses zu vermeiden (vgl. LT-Drs. 17/20989 S. 8). Art. 11a BayHZG dient hingegen weder dazu, die Medizinische Fakultät an der Universität Augsburg zu gründen noch den genauen Zeitpunkt des Studienbeginns festzulegen. Die Gründung der Medizinischen Fakultät erfolgte vielmehr zum 1. Dezember 2016 durch eine auf Art. 19 Abs. 3 Satz 3 BayHSchG beruhende Ergänzung der Grundordnung der Universität Augsburg vom 20. Juni 2007 (i.d.F. der Satzung v. 23.11.2016 – Grundordnung). Nach § 23a Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung befand sich die Medizinische Fakultät vom 1. Dezember 2016 bis zum 30. September 2019 in der Gründungsphase.
Da der Bayerische Gesetzgeber mit Art. 11a BayHZG zwar abschließend über die Festsetzung der Zulassungszahlen, nicht hingegen über den Beginn des Studienbetriebs entschieden hat, dient die Formulierung “soweit ein Studienangebot vorhanden ist“ gerade der Umsetzung des Bestimmtheitsgebots.
c) Soweit einige Antragsteller der Meinung sind, „es spreche viel für ein Einzelfallgesetz“, stellen sie lediglich die Behauptung auf, das Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg verstoße gegen das Verbot eines Einzelfallgesetzes (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG). Der diesbezügliche Vortrag, augenscheinlich sei „allein zur Abwehr von gerichtlichen Ansprüchen der Erlass der Kapazitätsbeschränkung durch Gesetz – und nicht wie ansonsten bundesweit (auch bei neu eingeführten Modellstudiengängen) durch Verordnung – gewählt“ worden, ist bereits deshalb nicht geeignet, einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG substantiiert aufzuzeigen, weil in Bayern die Festsetzung von Zulassungszahlen durch Satzung und nicht durch Rechtsverordnung erfolgt (vgl. Art. 3 Abs. 1 BayHZG i.V.m. Art. 12 Abs. 1 Nr. 8 StV) und darüber hinaus die Festsetzung durch Gesetz nicht zu beanstanden ist (vgl. zuvor Buchst. a).
Unabhängig davon ist nichts dafür ersichtlich, dass das Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg oder Art. 11a BayHZG gegen Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG verstoßen. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG enthält eine Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes. Dem Gesetzgeber ist es verboten, aus einer Reihe gleichgelagerter Sachverhalte einen Fall herauszugreifen und zum Gegenstand einer Sonderregel zu machen. Die Anforderung, dass ein Gesetz allgemein zu sein hat, ist erfüllt, wenn sich wegen der abstrakten Fassung des gesetzlichen Tatbestands nicht absehen lässt, auf wie viele und welche Fälle das Gesetz Anwendung findet (vgl. BVerwG, B.v. 17.2.2017 – 5 B 12.16 – juris Rn. 3 m.w.N.). Das Verbot eines Einzelfallgesetzes schließt die Normierung eines Einzelfalls nicht aus, wenn der Sachverhalt so beschaffen ist, dass es nur einen Fall dieser Art gibt und die Regelung dieses singulären Sachverhalts von sachlichen Gründen getragen wird (BVerfG, B.v. 6.12. 2016 – 1 BvR 2821/11 u.a. – BVerfGE 143, 246 Rn. 394). Warum hiervon beim Gesetz zur Errichtung des Universitätsklinikums Augsburg oder bei Art. 11a BayHZG nicht auszugehen sein sollte, erschließt sich dem Senat im Eilverfahren nicht.
d) Mit der für das Wintersemester 2019/2020 festgesetzten Zulassungszahl von 84 Bewerbern hat der Antragsgegner von dem ihm durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV, Art. 3 Abs. 3 Satz 4 BayHZG sowie § 38 Abs. 2 HZV a.F. eingeräumten Abweichungsermessen in nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht.
aa) Der Einwand einiger Antragsteller, der Zulassungszahlsatzung 2019/2020 lasse sich entnehmen, dass die Hochschule die streitgegenständliche Zulassungszahl nach Art. 3 Abs. 2 BayHZG ermittelt habe, geht ins Leere. Die Festsetzung der Zulassungszahl für das Wintersemester 2019/2020 erfolgte nicht durch die Zulassungszahlsatzung 2019/2020, sondern unmittelbar durch Art. 11a BayHZG. Gegen den Regelungswillen des Bayerischen Gesetzgebers spricht nicht, dass in § 1 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung 2019/2020 die Zulassungszahl 84 für das Wintersemester 2019/2020 wiederholt wird. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 11a BayHZG bestehen keine Zweifel, dass der Gesetzgeber die Zulassungszahlen für die ersten sieben Jahre ab Aufnahme des Studienbetriebs abschließend durch diese Regelung festgesetzt hat. Dass die Festsetzung in § 1 Abs. 1 der Zulassungszahlsatzung 2019/2020 lediglich deklaratorischer Natur ist, wird im Übrigen durch den in dessen Fußnote 1 enthaltenen Verweis auf Art. 11a BayHZG bestätigt.
bb) Soweit einige Antragsteller bestreiten, dass es sich bei dem humanmedizinischen Studiengang „KAMM“ um einen Modellstudiengang i.S.d. § 41 ÄApprO handelt, können sie bereits deshalb nicht durchdringen, weil der Studiengang mit Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 10. Juli 2018 gemäß § 41 ÄApprO als Modellstudiengang zugelassen wurde. Dessen ungeachtet konnte der Antragsgegner die Zulassungszahl für das Wintersemester 2019/2020 auch deshalb gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV nach Ermessen festsetzen, weil sich die Universitätsmedizin in Augsburg auch nach Abschluss der Gründungsphase der Medizinischen Fakultät noch immer im Aufbau befindet.
cc) Durchgreifende Bedenken gegen die streitgegenständliche Zulassungsbeschränkung bestehen nicht. Der Gesetzesbegründung und – ergänzend – der Stellungnahme des Wissenschaftsrats zum Konzept für den Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg vom 8. Juli 2016 sind hinreichend nachvollziehbare und gewichtige Erwägungen dafür zu entnehmen, warum der Antragsgegner sein Gestaltungsermessen ungeachtet gegebenenfalls bestehender weiterer Studienkapazitäten dahingehend ausgeübt hat, für das streitgegenständliche Semester des Studienbeginns eine Zulassungszahl von 84 Bewerbern festzusetzen. Die festgesetzte Zahl neuer Medizinstudienplätze ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil der Gesetzgeber sie nicht durch entsprechende Berechnungen plausibilisiert hat. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner während der Aufbauphase einen „überhöhten“ Ausbildungsaufwand betreiben wird, gibt es nicht.
(1) Bereits die Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 17/20989) zeigt deutlich auf, dass es sich bei dem Projekt „Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg mit dem Studiengang ‚KAMM‘“ um ein großes Gründungsvorhaben handelt, das mit vielfältigen tatsächlichen Veränderungen, großen Herausforderungen sowie unkalkulierbaren Risiken in sachlicher und personeller Sicht verbunden ist und dessen Umsetzung sich wegen seiner Komplexität im Voraus nicht mit der erforderlichen Genauigkeit zeitlich planen lässt. So sind bereits verschiedene rechtliche und tatsächliche Schritte notwendig, um das als selbständiges Kommunalunternehmen von einem Zweckverband geführte Klinikum Augsburg in das – auch der universitären Forschung und Lehre dienende – Universitätsklinikum Augsburg zu überführen. Daneben ist die zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge stattfindende Generalsanierung (Bauabschnitt 4) fortzuführen und das Klinikum durch Neustrukturierung von einer weitestgehend der medizinischen Versorgung dienenden Einrichtung in ein auf universitäre Forschung und Lehre ausgerichtetes Universitätsklinikum weiterzuentwickeln. Zusätzlich ist am Standort Augsburg eine Medizinische Fakultät aufzubauen, an der im Endausbau über 100 Professoren sowie weiteres wissenschaftliches, administratives und sonstiges Personal tätig sein werden. Der für die notwendigen Lehr- und Forschungsflächen erforderliche Raumbedarf wird mit rd. 37.200 qm beziffert und kann durch vorhandene Gebäude nicht oder nur nach entsprechenden Umbaumaßnahmen abgedeckt werden, erfordert jedoch im Wesentlichen Neubauten. Um den Studienbeginn zum Wintersemester 2019/2020 zu ermöglichen, sind darüber hinaus als Interimsmaßnahmen diverse Anmietungen erforderlich. Es entspricht dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, dass die Umsetzung des Konzepts für den Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg im Rahmen der vom (Haushalts-)Gesetzgeber bereitgestellten Mittel und Stellen erfolgen kann. Nachvollziehbar ist insbesondere die gesetzgeberische Annahme, dass es im Zuge des Aufbauprozesses des Modellstudiengangs zu funktionellen Kapazitätseinschränkungen kommen wird, solange der Unterricht noch nicht in allen Fachgebieten mit gleicher Ausbildungskapazität beschritten werden kann.
(2) Die vom Gesetzgeber angeführten Gründe werden durch den der Stellungnahme des Wissenschaftsrats beigefügten Bewertungsbericht vom 12. Mai 2016 gestützt, der, wie die gesamte Stellungnahme, über die Homepage des Wissenschaftsrats heruntergeladen werden kann. Der Wissenschaftsrat hat die Kapazitätsplanung ausdrücklich als plausibel bewertet. Der vom Antragsgegner geäußerte politische Wille, eine Universitätsmedizin in Augsburg aufzubauen, erscheine im vorgelegten Konzept wissenschaftlich überzeugend operationalisiert und finanziell auskünftig. Im Lehrkonzept werde ein originelles und insgesamt überzeugend strukturiertes Curriculum entwickelt. Der für den Aufbau und den Betrieb des zusätzlichen Universitätsmedizinstandorts in Bayern vorgesehene Finanzrahmen erscheine insgesamt angemessen und biete eine Grundlage, die im Konzept entwickelten Planungen umzusetzen. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Aufbaus in Augsburg werde unter anderem sein, den Aufbau der Studienkapazitäten, die personellen Aufwüchse sowie die Investitionsplanung für Forschung, Lehre und Krankenversorgung permanent aufeinander abzustimmen. Der ebenso zügige wie umsichtige Aufbau der Lehrstrukturen, Lehrkompetenzen, Fächer und des Lehrpersonals sei mit Blick auf den geplanten Studienbeginn eine der wichtigsten und größten Aufgaben des geplanten Aufbaus einer Universitätsmedizin in Augsburg. Dieser Aufbauprozess sei im Konzept insgesamt plausibel dargelegt, seine Umsetzung in der vorgesehenen Art und Weise stelle jedoch eine erhebliche Herausforderung dar und der Standort werde Risiken, Unwägbarkeiten und Anpassungsbedarf Rechnung tragen müssen. Dem Aufbau der Lehre werde in den ersten Jahren notwendigerweise größte Bedeutung beizumessen sein. Der Aufbau der medizinischen Fakultät und die geplante Abdeckung der Fächer, die personell und infrastrukturell sukzessive zu entwickeln seien, orientierten sich in überzeugender Weise an den Bedarfen des Curriculums sowie am geplanten Aufwuchs der Studierendenzahlen und berücksichtige den notwendigen Aufbau der Forschung. Der im Konzept beschriebene Weg nutze die Chancen eines Neuaufbaus ebenso wie er auf Notwendigkeiten Rücksicht nehme, die sich gerade in einer Aufbauphase ergäben, in der übliche Strukturen nicht vorhanden seien. In dieser Phase müssten vielfältige anspruchsvolle Übergangsprozesse, insbesondere der Aufbau der Fakultät, die Entwicklung des Klinikums in ein Universitätsklinikum und dessen Einbeziehung in die Universität gestaltet werden. Das Konzept für den Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg gehe intensiv mit der erheblichen Herausforderung um, rasch geeignetes Personal für die Umsetzung des Lehr- und Forschungsprogramms innerhalb des avisierten Zeitplans zu gewinnen. Die Berufung des professoralen Personals insbesondere in den klinischen Fächern stelle die größte Herausforderung dar und könne Konfliktpotenzial bergen. Auch die Bereitstellung der notwendigen Forschungs- und Lehrinfrastruktur für den geplanten Studienbeginn sei ambitioniert, selbst wenn die Bauplanungen nicht durch Verzögerungen beeinträchtigt würden. Dies betreffe insbesondere das geplante erste Lehrgebäude, welches Flächen für die medizinischen und naturwissenschaftlichen Praktika sowie weitere sechs Seminarräume und neun Räume für Kleingruppenunterricht bereitstellen solle. Da gerade diese Lehrflächen für den Studienbeginn unverzichtbar seien, sollten ergänzende Vorkehrungen mit variablen Raumnutzungskonzepten getroffen werden.
Auch wenn der Wissenschaftsrat bei Abfassung des Bewertungsberichts von einer ursprünglich geplanten Aufnahme des Studienbetriebs zum Wintersemester 2018/2019 ausgegangen ist, hat der Senat keine Zweifel, dass die Aussagen im Wesentlichen unverändert auf den tatsächlich ein Jahr späteren Beginn des Studienbetriebs übertragen werden können.
(3) Die Gesetzesbegründung und vor allem der Bewertungsbericht des Wissenschaftsrats beschreiben nachdrücklich und widerspruchsfrei, dass sich das Vorhaben „Aufbau einer Universitätsmedizin in Augsburg“ über einen längeren, nicht exakt bestimmbaren Zeitraum erstreckt und mit vielfältigen und herausfordernden rechtlichen und tatsächlichen Notwendigkeiten und Veränderungen verbunden ist. Liegen derart komplexe, in der Entwicklung begriffene Sachverhalte vor, gebührt dem Normgeber ein zeitlicher Anpassungsspielraum. Seine Regelungen sind erst dann zu beanstanden, wenn er trotz ausreichender Erfahrungen und Erkenntnisse eine sachgerechte Lösung unterlässt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 3.6.1980 – 1 BvR 967/78 u.a. – BVerfGE 54, 173 Rn. 60 m.w.N. zur Entwicklung des Kapazitätsermittlungsrechts). Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Vielmehr ist es sachlich nachvollziehbar, dass der Antragsgegner gerade in der Aufbauphase des Projekts „Universitätsmedizin in Augsburg“ mit bislang nicht vorhandener Fakultät, Studienangebot und Universitätsklinikum durch die Festsetzung von Zulassungszahlen klare Rahmenbedingungen schaffen will, weil insbesondere nicht nur die personellen und sachlichen Kapazitäten zur Vermittlung theoretischer Studieninhalte entwickelt, sondern darüber hinaus für die bereits im ersten Studienjahr stattfindende klinische Ausbildung die erforderliche Infrastruktur aufgebaut und die hierfür notwendige personelle Ausstattung rekrutiert werden müssen. Hierdurch wird letztlich § 38 Abs. 2 Satz 3 HZV a.F. Rechnung getragen, wonach auch dann, wenn Zulassungszahlen abweichend von § 38 Abs. 1 HZV a.F. festgesetzt werden, die Qualität in Forschung und Lehre, die geordnete Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschule, insbesondere in Forschung, Lehre und Studium sowie in der Krankenversorgung zu gewährleisten ist. Mit der Entscheidung, die angestrebte Anzahl der Studienplätze von 252 schrittweise in drei Stufen um jeweils ein 1/3 zu erhöhen und die Zulassungszahlen im ersten Wintersemester ab Aufnahme des Studienbetriebs auf 84 Bewerber zu beschränken, soll durch eindeutige Vorgaben ein geordneter Aufbau von Fakultät, Studiengang und Universitätsklinikum gesichert und eine Überbelastung von dieser während der Aufbauphase vermieden werden. Dies dient letztlich der Planungs- und Rechtssicherheit der Hochschule. Nach alledem ist es sachlich gerechtfertigt, in den ersten Jahren nach Aufnahme des Studienbetriebs Zulassungszahlen ohne zugrundeliegende Kapazitätsberechnungen festzusetzen. Wann an der Universität Augsburg im Studienfach Medizin erstmals Kapazitätsermittlungen unter strikter Beachtung des Kapazitätserschöpfungsgebots stattzufinden haben, kann in den vorliegenden Verfahren offenbleiben.
An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass der Antragsgegner in der Gesetzesbegründung darauf verwiesen hat, die Regelung der Zulassungszahlen in der Übergangszeit durch förmliches Gesetz sei erforderlich, um vor dem Hintergrund möglicher verwaltungsgerichtlicher Auseinandersetzungen eine sinnvolle Gestaltung des Fakultätsaufbaus sicherzustellen (LT-Drs. 17/20989 S. 8). Auch wenn diese Formulierung unglücklich gewählt sein mag, hat der Antragsgegner gleichwohl deutlich zum Ausdruck gebracht, dass durch die gesetzliche Regelung verhindert werden soll, dass durch eine – zu hohe – Zahl an Studierenden der Aufbau einer funktionsfähigen Fakultät nachhaltig behindert werden könnte (LT-Drs. 17/20989 S. 8). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es ihm mit der Festsetzung der Zulassungszahl durch Gesetz um eine Einschränkung der individuellen Rechtsschutzmöglichkeit ging, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber insoweit sein durch Art. 6 Abs. 2 Satz 2 StV eingeräumtes Ermessen missbräuchlich ausgeübt hat.
Da die vom Antragsgegner in Art. 11a Satz 2 BayHZG für das streitgegenständliche Wintersemester 2019/2020 festgesetzte Zulassungszahl nicht zu beanstanden ist, kommt es auf die Frage nicht an, ob der Verwaltungsgerichtshof sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über eine durch förmliches Gesetz festgesetzte Zulassungszahl hinwegsetzen darf (vgl. NdsOVG, B.v. 21.2.2013 – 2 NB 20/13 – juris Rn. 10 m.w.N.).
B.
Die von den Antragstellern gestellten Hilfsanträge haben ebenfalls keinen Erfolg.
Die Hilfsanträge der Antragstellerin zu 1, sie beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt zuzulassen, an einem gerichtlich angeordneten Vergabeverfahren teilnehmen zu lassen bzw. der Antragsgegnerin (gemeint wohl dem Antragsgegner) aufzugeben, eine Verlosung offener Studienplätze vorzunehmen und sie daran teilnehmen zu lassen, sind – ungeachtet dessen, dass an der Universität Augsburg im Medizin keine auf die Vorklinik beschränkten (Teil-)Studienplätze vorgesehen sind – bereits deshalb abzulehnen, weil keine weiteren Kapazitäten beansprucht werden können.
Die von den Antragstellern zu 2 bis 4 sowie 11 hilfsweise beantragte Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Augsburg hat bereits deshalb keinen Erfolg, weil dies gesetzlich nicht vorgesehen ist (vgl. § 130 Abs. 3, § 133 Abs. 6, § 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO jeweils e.c.).
Der von den Antragstellern zu 5 bis 10 hilfsweise gestellte Antrag, sie innerhalb der Kapazität auf einen Vollstudienplatz zuzulassen, ist – unabhängig davon, dass das Studium der Humanmedizin an der Universität Augsburg nicht in zwei unterschiedliche Studienabschnitte aufgeteilt ist – bereits deshalb nicht durchgreifend, weil der Senat keinen Anhaltspunkt dafür hat, dass die festgesetzten 84 Studienplätze tatsächlich nicht vergeben wurden. Der weitere Hilfsantrag, die Antragsteller zu 5 bis 10 beschränkt bis zum kapazitätsbestimmenden Engpass zuzulassen, ist auch deshalb abzulehnen, weil im streitgegenständlichen Wintersemester 2019/2020 das Studienangebot der Universität Augsburg im Fach Humanmedizin auf Studienanfänger beschränkt ist.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m mit Nr. 18.1 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57).


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