Verwaltungsrecht

vorläufiger Rechtsschutz, Nigeria, Ablehnung des Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ (bestätigt), Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint), subsidiärer Schutz (verneint), Abschiebungsverbote (verneint)

Aktenzeichen  Au 9 S 22.30466

Datum:
28.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13009
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG §§ 30, 36
AsylG §§ 3 ff.
AsylG § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, 7 S. 1
AsylG § 77 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsandrohung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat.
Der am * 2021 in * (Bundesrepublik Deutschland) geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Igbo und christlichem Glauben.
Am 22. Februar 2022 wurde für den Antragsteller ein Asylantrag mit Eingangs des Schreibens der Ausländerbehörde vom 22. Februar 2022 aufgrund der Antragsfiktion des § 14a Abs. 2 Asylgesetz (AsylG) als gestellt erachtet. Eine Beschränkung des Asylantrages gemäß § 13 Abs. 2 AsylG auf die Zuerkennung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) erfolgte im Verfahren nicht. Für den Antragsteller wurden keine eigenen individuellen Gründe geltend gemacht. Von einer persönlichen Anhörung des Antragstellers im Asylverfahren wurde gemäß § 24 Abs. 1 Satz 6 AsylG abgesehen.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2022 wurden die Eltern des Antragstellers aufgefordert, schriftlich zu eigenen Asylgründen des Antragstellers Stellung zu nehmen. Unter dem 10. März 2022 gaben die Eltern des Klägers eine zwar unterschriebene Erklärung ab, die jedoch keinen Individualbezug zu asylrechtlich relevanten Tatsachen des Antragstellers enthielt.
Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 5. April 2022 (Gz.: *) wurden die Anträge des Antragstellers auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet abgelehnt (Nrn. 1 und 2 des Bescheids). In Nr. 3 des Bescheids ist bestimmt, dass der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) liegen nicht vor (Nr. 4). In Nr. 5 des Bescheids wird der Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung wurde dem Antragsteller die Abschiebung nach Nigeria bzw. in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht. Nr. 6 des Bescheids ordnet das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristet es auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
Zur Begründung seiner Entscheidung führt das Bundesamt aus, dass beim Antragsteller die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter offensichtlich nicht vorlägen. Der Antragsteller sei kein Flüchtling i.S.d. § 3 AsylG. Es bestehe auch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit staatlicher Verfolgung allein wegen der Asylantragstellung in der Bundesrepublik Deutschland. Auch die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG lägen nicht vor. Insbesondere bestehe in Nigeria kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG. Der Asylantrag werde darüber hinaus als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 7 AsylG sei ein Asylantrag für einen nach dem Asylgesetz handlungsfähigen Ausländer als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn er gestellt worden sei oder nach § 14a AsylG als gestellt gelte, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des alleinpersonenberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden seien. Der Asylantrag der Eltern des Antragstellers sei am 31. Mai 2017 rechtskräftig abgelehnt worden. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse könne nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) erfüllen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Nigeria führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab sei nicht erfüllt. Beim Antragsteller läge auch kein Ausnahmefall vor. Die Eltern des Antragstellers seien ebenfalls zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufgefordert worden. Es sei daher davon auszugehen, dass der Antragsteller zusammen mit ihnen nach Nigeria zurückkehren könne. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Antragstellers sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Abschiebung nicht beachtlich. Individuelle gefahrerhöhende Umstände seien für den Antragsteller weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Nr. 6 des Bescheids ordnet das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an und befristet es gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Diese Befristung sei vorliegend angemessen.
Auf den weiteren Inhalt des Bescheids des Bundesamts vom 5. April 2022 wird ergänzend verwiesen.
Der vorbezeichnete Bescheid wurde der gesetzlichen Vertreterin des Antragstellers am 13. April 2022 mit Postzustellungsurkunde bekannt gegeben.
Für den Antragsteller wurde am 20. April 2022 zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage gegen den vorbezeichneten Bescheid erhoben (Az.: Au 9 K 22.30465). Über die vorbezeichnete Klage ist noch nicht entschieden worden.
Ebenfalls am 20. April 2022 wurde beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: Au 9 K 22. 30465) anzuordnen.
Zur Begründung wurde auf den gestellten Asylantrag Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Verfahrensakten verwiesen.
II.
Der zulässige, insbesondere fristgerecht innerhalb der hier maßgeblichen Wochenfrist (§ 36 Abs. 3 Satz 1 Asylgesetz – AsylG) gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Abschiebungsandrohung im angefochtenen Bescheid bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) ausgesprochene Abschiebungsandrohung. Die mit dieser Verwaltungsentscheidung intendierte umgehende Beendigung des Aufenthalts des Asylbewerbers im Bundesgebiet stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet und ist deren Folge. Anknüpfungspunkte der gerichtlichen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist daher die Frage, ob das Bundesamt den Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 – juris Rn. 93). Das Gericht hat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes daher die Einschätzung des Bundesamts, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung, Feststellung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht, ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht besteht, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – a.a.O.; BVerfG [Kammer], B.v. 10.7.1997 – 2 BvR 1291/96 – juris).
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – a.a.O. – Rn. 98).
2. Es bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der mit Bescheid des Bundesamts vom 5. April 2022 erfolgten Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 30 Abs. 1, 2 AsylG). Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) bestehen an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Bundesamts vernünftigerweise keine Zweifel, so dass sich die Ablehnung des Asylantrags nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG [Kammer], B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00; BVerfG [Kammer], B.v. 3.9.1996 – 2 BvR 2353/95 – beide juris). Der Asylantrag war als offensichtlich unbegründet abzulehnen, weil beim Antragsteller offensichtlich keine Gründe vorliegen, die für die Zuerkennung von Asyl oder internationalem Schutz relevant sind und auch (zielstaatsbezogene) Abschiebungshindernisse nicht vorliegen.
Die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamts ist zutreffend, zumal der Antragsteller im Verfahren keine eigenen, ausschließlich seine Person betreffenden Asylgründe geltend gemacht hat. Mit dem Bundesamt ist das erkennende Gericht daher der Auffassung, dass sich beim Antragsteller die Ablehnung des Antrags auf Gewährung internationalen Schutzes (Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz) geradezu aufdrängt. Für den Antragsteller sind keinerlei Gründe erkennbar, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 Asyl) bzw. die Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) nahelegen könnten. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesamts im mit Klage und Antrag angegriffenen Bescheid verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere liegen zu Gunsten des Antragstellers die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt) offensichtlich nicht vor.
Ein landesweiter innerstaatlicher Konflikt ist für den Herkunftsstaat des Antragstellers nicht festzustellen. Ein solcher kann auch nicht im Hinblick auf die religiös motivierten Auseinandersetzungen in Nigeria angenommen werden. Die insoweit immer wieder aufkommenden, gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen christlichen und muslimischen Gruppen bzw. die Angriffe und Auseinandersetzungen mit der Gruppierung „Boko Haram“ sind überwiegend regional begrenzt und weisen nicht die Merkmale eines innerstaatlichen Konflikts im Sinne der Vorschrift auf. Eine landesweite Verübung von Terrorakten durch die Organisation „Boko Haram“ findet nicht statt (vgl. dazu: AA, Lageberichte von Nigeria vom 22. Februar 2022, 5. Dezember 2020, 16. Januar 2020, 10. Dezember 2018, 21. Januar 2018, 26. November 2016, 28. November 2014, jew. Zusammenfassung S. 5). Vielmehr konzentrieren sich die Auseinandersetzungen hauptsächlich auf den Norden bzw. Nordosten Nigerias.
Der Antragsteller wäre zusammen mit seinen ebenfalls ausreisepflichtigen Eltern und Geschwistern daher in der Lage, diesen Konflikten durch Rückkehr in weniger gefährdete Gebiete im Sinne eines internen Schutzes (§ 3e AsylG) aus dem Weg zu gehen.
3. Auch an der Rechtmäßigkeit der Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, bestehen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) keine ernstlichen Zweifel.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Im Falle einer Abschiebung wird eine Verantwortlichkeit der Bundesrepublik Deutschland nach Art. 3 EMRK dann begründet, wenn erhebliche Gründe für die Annahme bestehen, dass der Betroffene im Fall der Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Eine Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung kann sich aus einer allgemeinen Situation der Gewalt im Zielstaat ergeben, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung von beidem (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2018 – 13a B 18.30632 – juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris Rn. 25).
Auch schlechte humanitäre Verhältnisse können in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK darstellen. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn diese Verhältnisse ganz oder überwiegend auf staatlichem Handeln, auf Handlungen von Parteien eines innerstaatlichen Konflikts oder auf Handlungen sonstiger nichtstaatlicher Akteure, die dem Staat zurechenbar sind, beruhen, weil er der Zivilbevölkerung keinen ausreichenden Schutz bieten kann oder will (EGMR, U.v. 21.1.2011 – 30696/09 – NVwZ 2011, 413; U.v. 28.6.2011 – 8319/07 und 11449/07 – NVwZ 2012, 681). Aber auch dann, wenn diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, weil es an einem verantwortlichen Akteur fehlt und „nichtstaatliche“ Gefahren für Leib und Leben im Zielgebiet aufgrund prekärer Lebensbedingungen vorliegen, können schlechte humanitäre Bedingungen im Zielgebiet dennoch in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK als unmenschliche Behandlung zu qualifizieren sein (VGH BW, U.v. 24.7.2013 – A 11 S 697/13 – juris Rn. 79 ff.).
Schlechte humanitäre Verhältnisse können somit nur in ganz „besonderen Ausnahmefällen“ Art. 3 EMRK verletzen, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen (vgl. BayVGH, U.v. 21.11.2018 – 13a B 18.30632 – juris Rn. 26).
Dabei können Ausländer aber grundsätzlich kein Recht aus der Konvention auf Verbleib in einem Konventionsstaat geltend machen, um dort weiter medizinische, soziale oder andere Hilfe und Unterstützung zu erhalten. Der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen einschließlich seiner Lebenserwartung erheblich beeinträchtigt würde, reicht nach der Rechtsprechung allein nicht aus, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Denn Art. 3 EMRK verpflichtet die Staaten nicht, Unterschiede im Fortschritt in der Medizin sowie Interschiede in sozialen und wirtschaftlichen Standards durch freie und unbegrenzte Versorgung von Ausländern ohne Bleiberecht zu beseitigen (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23). Nur in ganz außergewöhnlichen Fällen können auch schlechte humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe zwingend gegen eine Aufenthaltsbeendigung sprechen, wie beispielsweise im Fall einer tödlichen Erkrankung im fortgeschrittenen Stadium, wenn im Zielstaat diesbezüglich keine Unterstützung besteht (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 23 ff.).
Dies zugrunde gelegt ist zu Gunsten des Antragstellers ein Abschiebeverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK nicht gegeben. Bei einer naheliegenden und unterstellen Rückkehr des Antragstellers zusammen mit seinen ebenfalls ausreisepflichtigen Eltern und Geschwistern liegen die Voraussetzungen für die Gewährung eines zielstaatsbezogenen Abschiebeverbots auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 AufenthG nicht vor. Überdies bleibt festzustellen, dass auch nach Nigeria zurückgeführte Personen, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden, bei einer Rückkehr keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet werden.
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vor. Diesbezüglich fehlt es bereits an einem berücksichtigungsfähigen Vortrag des Antragstellers. Nennenswerte gesundheitliche Einschränkungen sind im Verfahren nicht geltend gemacht worden. Überdies gewährt § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG unter dem Gesichtspunkt der extremen Gefahrenlage keinen weitergehenden Schutz als es § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK tut. Liegen also – wie hier – die Voraussetzungen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK wegen schlechter humanitärer Bedingungen nicht vor, so scheidet auch eine im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG relevante, extreme Gefahrenlage aus.
Weiter ist auch die sich wohl auch in Afrika ausbreitende Corona-Pandemie nicht geeignet, zur Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 1 AufenthG zu führen. Insoweit gilt es die Vorschrift des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG zu beachten. Danach sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, nur bei einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine derartige allgemeine Entscheidung hinsichtlich des Zielstaats Nigeria i.S.d. § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegt derzeit nicht vor. Eine persönliche Betroffenheit von der Krankheit selbst hat der Antragsteller bereits nicht aufgezeigt.
4. Die auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet beruhende Ausreiseaufforderung der einwöchigen Ausreisefrist und die gleichzeitig erfolgte Abschiebungsandrohung nach §§ 34, 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG sind demnach ebenfalls nicht zu beanstanden.
Der Antrag war daher abzulehnen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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