Verwaltungsrecht

Vorläugiger Rechtsschutz gegen tierschutzrechtliche Anordnung

Aktenzeichen  9 C 16.2016

Datum:
30.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 101 Abs. 3, § 150, § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 127 Abs. 4

 

Leitsatz

Die Rückgängigmachung einer angeordneten Fortnahme und Veräußerung von Vögeln läuft auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, die nur zulässig ist, wenn ein Abwarten der Hauptsache schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (hier verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 E 16.1267 2016-08-31 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Wegnahme und den Verkauf von 14 Ziervögeln rückgängig zu machen, sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, die derzeitigen Halter der Tiere zu benennen.
Mit Bescheid vom 24. November 2015 ordnete die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin, die sich seit dem 23. Oktober 2015 in Haft befindet, die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung von 14 im Anwesen M.-straße … in Landshut gehaltenen Ziervögeln an. Die Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt. Mit Klage vom 4. Juli 2016 erhob die Antragstellerin Klage gegen diesen Bescheid. Nachdem das Verwaltungsgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. Oktober 2016 als unzulässig abgewiesen hatte, weil eine Bekanntgabe des Bescheids vom 24. November 2015 an die Antragstellerin vor Klageerhebung nicht wirksam erfolgt ist, nahm die Antragstellerin die Klage mit einer am 21. Oktober 2016 beim Verwaltungsgericht eingegangene Erklärung zurück.
Das Verwaltungsgericht Regensburg lehnte mit Beschluss vom 31. August 2016 den Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Soweit die Antragstellerin begehre, die Fortnahme und Veräußerung der Vögel rückgängig zu machen, liege hierin eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, die im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zulässigerweise nicht zugesprochen werden könne. Hinsichtlich der beantragten Auskunftserteilung fehle der Antragstellerin das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil sie keinen vorhergehenden Antrag bei der Antragsgegnerin gestellt habe.
Mit ihrer Beschwerde vom 19. September 2016 wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Ein bestimmter Antrag wurde nicht gestellt.
Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde, über die gemäß §§ 150, 101 Abs. 3 VwGO im Hinblick auf den Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, hat keinen Erfolg.
Der Antrag der Antragstellerin im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bietet nach dem im Verfahren der Prozesskostenhilfe maßgeblichen Prognosemaßstab keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 Abs. 2 VwGO).
Im Rahmen der Prüfung hinreichender Erfolgsaussichten nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO dürfen die eigentliche Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht aus dem Hauptsacheverfahren in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorverlagert und die Anforderungen nicht überspannt werden (BVerfG, B. v. 28.1.2013 – 1 BvR 274/12 – juris Rn. 12). Der Erfolg muss nicht gewiss sein; es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, die bereits gegeben ist, wenn ein Obsiegen ebenso in Frage kommt, wie ein Unterliegen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 166 Rn. .26). Nach diesem Maßstab bleibt der Antrag erfolglos.
1. Soweit die Antragstellerin begehrt, die Fortnahme und Veräußerung der Vögel rückgängig zu machen, läuft dies auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, die nur zulässig ist, wenn ein Abwarten der Hauptsache für die Antragstellerin schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte (vgl. BVerwG, B. v. 10.2.2011 – 7 VR 6.11 – juris Rn. 6). Hierzu ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich.
2. Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich des Auskunftsbegehrens fehlt es – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat – bereits am Rechtsschutzbedürfnis, weil nicht ersichtlich ist, dass sich die Antragstellerin vor Antragstellung bei Gericht mit einem entsprechenden Antrag an die Antragsgegnerin gewandt hat. Unabhängig davon sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder substantiiert vorgetragen, dass ausnahmsweise eine sofortige Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes geboten wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen im Fall der Zurückweisung der Beschwerde kostenpflichtig (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 – 9 C 16.96 – juris Rn. 8). Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO).
Eine Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren ist nicht erforderlich, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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