Verwaltungsrecht

Vorzeitige Ruhestandsversetzung, Verwaltungsgerichte, Unterbliebene Beförderung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Beförderungsentscheidung, Widerspruchsverfahren, Kostenentscheidung, Ruhegehaltsfähigkeit, Prozeßbevollmächtigter, Beamtenrechtlicher Schadensersatzanspruch, Beförderungsbegehren, Versorgungsrechtlicher, Vollstreckungsschutz, Widerspruchsbescheid, Beurteilungsbeitrag, Beurteilungszeitraum, Außergerichtlicher Vergleich, Beförderungsplanstellen, Aufhebung, Unterlassene Beförderung

Aktenzeichen  B 5 K 18.1126

Datum:
2.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40892
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über das Verfahren konnte entschieden werden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 02.06.2020 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten in der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
2. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der unterbliebenen Beförderung im Rahmen der Beförderungsrunde 2015. Der Anspruch besteht schon dem Grunde nach nicht.
Rechtsgrundlage für das vom Kläger geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieser findet seine Rechtsgrundlage im Beamtenverhältnis selbst und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 12.14 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 7.6.2019 – 6 ZB 18.2341 – juris Rn. 8).
Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 18; U.v. 15.6.2018 – 2 C 19.17 – juris Rn. 11 und U.v. 19.5.2015 – 2 C 12.14 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Weil die Beklagte der Beförderungsentscheidung vom 22.06.2015 die rechtsfehlerhafte dienstliche Beurteilung vom 16.03.2015 zugrunde gelegt hat, hat sie den Bewerberverfahrensanspruch des Klägers verletzt. Jedoch fehlt es zum Teil bereits an einem ersatzfähigen Schaden (dazu unter a), darüber hinaus aber jedenfalls an der Kausalität der Rechtsverletzung für die unterbliebene Beförderung (dazu unter b).
a) Es fehlt insoweit bereits an einem ersatzfähigen Schaden, als der Kläger höhere Ruhegehaltsbezüge begehrt. Denn der Kläger trat auf eigenen Antrag hin bereits mit Ablauf des 31.07.201 in den Ruhestand ein; mithin vor Ablauf des Zweijahreszeitraums nach § 5 Abs. 3 Satz 1 BeamtStG ausgehend vom Beförderungsstichtag 01.05.2015. Hypothetisch seit diesem Tag erhaltene Bezüge wären damit nicht ruhegehaltsfähig geworden. Das Vorbringen des Klägers, er hätte bei erfolgter Beförderung mit dem Antrag auf Ruhestandsversetzung bis zur Ruhegehaltsfähigkeit der Bezüge zugewartet, ändert hieran nichts. Denn die hypothetische Betrachtung im Rahmen des Schadensersatzanspruchs bezieht sich allein auf den Ausgang der Beförderungsentscheidung und deren unmittelbare besoldungs- und versorgungsrechtliche Konsequenzen, nicht aber auf die sonstigen zwischenzeitlichen Ereignisse und Verhaltensweisen der Beteiligten bis zur Entscheidung des Gerichts.
b) Zudem fehlt es in zweifacher Hinsicht an dem Erfordernis der Kausalität der Rechtsverletzung für die unterlassene Beförderung.
Zum einen wäre der Kläger (soweit ersichtlich) auch ohne den Rechtsverstoß im Rahmen der Beförderungsrunde 2015 nicht zum Zug gekommen. Denn hierfür war ein Beurteilungsgesamtergebnis von mindestens „Sehr gut +“ erforderlich. Auch in der Beurteilung vom 01.03.2016, gegen die der Kläger nicht vorgegangen ist, hat er aber nur ein Gesamturteil von „Sehr gut Basis“ erhalten. Ausweislich der Ausführungen auf Seite 6 der Beurteilung ist darin der noch im Verfahren B 5 E 15.477 gerügte Fehler, nämlich ein Zeitraum von über sechs Monaten ohne hinreichende Erkenntnisgrundlage, insoweit behoben worden, als dass in der Beurteilung vom 01.03.2016 lediglich für zehn Tage kein Beurteilungsbeitrag vorliegt. Dezidierte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Beurteilung sind weder geltend gemacht – insbesondere nicht durch ein gerichtliches Vorgehen gegen die Beurteilung – noch ersichtlich. Daher ist davon auszugehen, dass sich dem Kläger selbst dann keine Beförderungschance eröffnet hätte, wenn er bereits im Jahr 2015 rechtsfehlerfrei beurteilt worden wäre.
Zum anderen hat der Kläger selbst durch seinen Antrag auf Ruhestandsversetzung vom 01.02.2016 dafür gesorgt, dass eine Beförderung mit Ruhestandsversetzung zum 31.07.2016 für die Zukunft (§ 21 Nr. 4 BeamtStG) und für die Vergangenheit (§ 8 Abs. 4 BeamtStG) rechtlich unmöglich wurde. Mit dem Antrag auf Ruhestandsversetzung hat der Kläger durch eigene Initiative dem kurz zuvor mit Vergleich vom 18.12.2015 neu vorgezeichneten weiteren Verfahren hin zu einer erneuten Beförderungsentscheidung den Boden entzogen. Die grundsätzlichen rechtlichen Folgen der Ruhestandsversetzung für sein Beförderungsbegehren mussten dem – anwaltlich vertretenen – Kläger als Beamtem jedoch bekannt sein (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 11.2.1977 – VI C 105.74 – juris Rn. 30; U.v. 30.1.1997 – 2 C 10/96 – juris Rn. 16). Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass ihm ein Abwarten bis zur Neubeurteilung durch die Beklagte infolge deren vorangegangenen Verhaltens unzumutbar gewesen wäre. Denn erstens hätte im Rahmen des außergerichtlichen Vergleichsschlusses ohne weiteres die Möglichkeit bestanden, für die Neuerstellung der dienstlichen Beurteilung einen konkreten Zeitrahmen zu vereinbaren. Zweitens erfolgte die Erstellung der neuen dienstlichen Beurteilung in Umsetzung des Vergleichs vom 18.12.2015 vergleichsweise zeitnah am 01.03.2016. Drittens hätte es dem Kläger auch freigestanden, nach Erhalt der neuen dienstlichen Beurteilung vom 01.03.2016 seinen Antrag auf Ruhestandsversetzung noch zurückzuziehen, wenn ihm weiter an einer Beförderung oder dem Abwarten bis zur Ruhegehaltsfähigkeit der erhöhten Bezüge gelegen hätte. Zwischen der erneuten dienstlichen Beurteilung und der Verbescheidung des Antrags auf Ruhestandsversetzung durch Bescheid vom 30.05.2016 lagen drei Monate, in denen sich der anwaltlich vertretene Kläger hätte entscheiden können, anstelle des früheren Ruhestands das Beförderungsbegehren weiter zu verfolgen oder gegen die erneute dienstliche Beurteilung vorzugehen. Auch die rechtliche Prüfung der dienstlichen Beurteilung vom 01.03.2016 und dahingehende Beratung des Klägers durch seinen Rechtsbeistand wäre in diesem Zeitraum unproblematisch möglich gewesen. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Kläger bewusst gegen die Weiterverfolgung seines Beförderungsbegehrens und für einen früheren Ruhestandseintritt entschieden hat. An dieser Entscheidung muss er sich festhalten lassen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Wegen der allenfalls geringen Höhe der durch die Beklagte vorläufig vollstreckbaren Kosten ist die Einräumung von Vollstreckungsschutz nicht angezeigt.


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