Verwaltungsrecht

Waffenaufbewahrung in häuslicher Gemeinschaft

Aktenzeichen  21 CS 18.100

Datum:
17.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 32959
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5, § 36 Abs. 1 S. 2, § 37 Abs. 2 S. 1, § 45 Abs. 2
AWaffV § 13
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2, § 18 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5, § 146 Abs. 4 S. 6

 

Leitsatz

Ein sog. A-Schrank mit nicht klassifiziertem Innentresor VDMA 24992 ist kein der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen (EWR-)Mitgliedsstaat entsprechendes Sicherheitsbehältnis iSv § 36 Abs. 1 S. 2 WaffG aF. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 4 S 17.1721 2017-12-20 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Vom Verfahren wird der die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins betreffende Teil abgetrennt und unter dem neuen Az. 21 CS 18.1745 fortgeführt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens (21 CS 18.100) zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren (21 CS 18.100) wird auf 6.250,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Widerruf ihrer Waffenbesitzkarte, die Einziehung ihres Jagdscheins und die dazu ergangenen Nebenentscheidungen.
Der Antragstellerin ist Inhaberin der Waffenbesitzkarten Nrn. …1983 und …1995, in welche insgesamt elf Waffen eingetragen sind, sowie des Europäischen Feuerwaffenpasses Nr. … und des Jagdscheins Nr. …2015, gültig bis 31. März 2018.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2016 an das Landratsamt …beantragte die Antragstellerin die Streichung ihrer Kinder C. und A. … als Berechtigte für alle auf ihren Namen eingetragenen Waffen und teilte mit, dass diese nicht mehr berechtigt seien, ihre Waffen zu führen.
Am 22. Juni 2017 wurde im Rahmen einer unangekündigten Kontrolle der Waffenaufbewahrung festgestellt, dass in ihrem, mit einem Waffenschrank, Typ-A vergleichbaren Stahlschrank nicht nur die Langwaffen, sondern auch die dazugehörige Munition aufbewahrt wurde, obwohl kein Innenfach vorhanden war. Als am gleichen Tag die Aufbewahrung ihrer Kurzwaffen überprüft werden sollte, teilte die Antragstellerin mit, dass diese vermutlich von ihrem Sohn nach einem Streit ohne ihre Zustimmung an sich genommen worden seien. Auf Nachfrage konnte die Klägerin nicht mit letzter Sicherheit sagen, wo sich die fehlenden Waffen befänden.
Am 27. Juni 2017 meldete die Antragstellerin bei der Polizeiinspektion R. das Fehlen der beiden Kurzwaffen.
Mit Bescheid vom 18. September 2017 widerrief das Landratsamt … die Waffenbesitzkarten Nrn. …1983 und …1995 (Nr. 1) sowie den Europäischen Feuerwaffenpass Nr. … (Nr. 2), erklärte den Jagdschein Nr. …2015 für ungültig und zog ihn ein (Nr. 3) und forderte die Antragstellerin auf, bis spätestens einen Monat nach Bestandskraft dieses Bescheides die Schusswaffen und Munition endgültig an Berechtigte zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dies dem Landratsamt nachzuweisen (Nr. 4). Die waffenrechtlichen Erlaubnisse und der Jagdschein seien innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides an das Landratsamt … zurückzugeben (Nr. 5). Die Nrn. 3 und 5, nicht aber Nr. 4 des Bescheids wurden für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 6) und für den Fall, dass die Antragstellerin die in Nr. 5 genannten Erlaubnisse nicht fristgerecht zurückgebe, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 250 € je nicht zurückgegebener Erlaubnis angedroht.
Am 26. September 2017 beantragte die Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen den Bescheid vom 18. September 2018 bezüglich der Nrn. 1 und 2 anzuordnen und bezüglich der Nrn. 3 und 5 wiederherzustellen.
Am 6. Oktober 2017 erhob sie gegen den Bescheid vom 18. September 2017 Klage.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2017 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab und stützte sich dabei hinsichtlich des Widerrufs der Waffenbesitzkarten auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG. Ein Versagungsgrund liege gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vor, weil der Antragstellerin im Hinblick auf die Lagerung ihrer Langwaffen und das Abhandenkommen zweier Kurzwaffen die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b fehle. Außerdem fehle die Zuverlässigkeit auch nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, weil die Antragstellerin wiederholt gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen habe. Wegen der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit sei auch der Jagdschein für ungültig zu erklären und einzuziehen gewesen (§ 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG).
Hiergegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
II.
1. Im Hinblick darauf, dass der der Antragstellerin erteilte Jagdschein Nr. …2015 nur bis zum 31. März 2018 gültig war, wird der die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins betreffende Teil des Verfahrens abgetrennt und unter einem eigenen Aktenzeichen fortgeführt.
2. Im verbleibenden Verfahren hat die zulässige Beschwerde keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Beschlusses und macht sich diese zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Ergänzend ist mit Blick auf die Beschwerde Folgendes festzustellen:
1.1.1 Der Prozessvertreter der Antragstellerin hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für rechtswidrig, weil kein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten nach § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG a.F. vorgelegen habe. Eine Ausnahme vom Grundsatz der getrennten Aufbewahrung von Schusswaffe und Munition werde dann gemacht, wenn – wie vorliegend – die gemeinsame Verwahrung in einem anerkannten Sicherheitsbehältnis erfolge, das mindestens der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 entspreche. Auch das Landratsamt … habe im Rahmen der Kontrolle zwar eine Rüge ausgesprochen, jedoch auch betont, dies sei kein gravierender Verstoß gegen Aufbewahrungspflichten.
Diese Überlegung führt nicht weiter. Waffen sind im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 16; SächsOVG, B.v. 12.8.2016 – 3 B 113.16 – juris Rn. 14). Wie sich aus Bl. 152 d.A. ergibt, handelt es sich bei dem Aufbewahrungsbehältnis der Antragstellerin, in welchem die Langwaffen verwahrt wurden, um einen sogenannten A-Schrank mit nicht klassifiziertem Innentresor VDMA 24992, und damit – worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. UA S. 10) – gerade nicht um ein der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 oder einer Norm mit gleichem Schutzniveau eines anderen (EWR-Mitgliedsstaat) entsprechendes Sicherheitsbehältnis i.S.v. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG a.F. Die Antragstellerin verstieß somit im Zeitpunkt der Kontrolle gegen das gesetzliche Gebot des § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG in der Fassung vom 17. Juli 2009, wonach Schusswaffen getrennt von der dazugehörigen Munition aufzubewahren sind. Diese Vorschrift wird für das von der Antragstellerin verwendete Sicherheitsbehältnis der Sicherheitsstufe A VDMA 24992 (Stand Mai 1995) durch § 13 Abs. 4 Satz 2 AWaffV i.d.F. vom 26. März 2008 dahin konkretisiert, dass die Munition in einem Innenfach aus Stahlblech ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Verschlussvorrichtung unterzubringen ist. Das ließ die Antragstellerin unbeachtet und verwahrte ihre Jagdwaffen zusammen mit der dazugehörigen Munition. Im Übrigen ist auch nach der seit dem 6. Juli 2017 geltenden Rechtslage die gemeinsame Aufbewahrung von Waffen und Munition in einem „A-Schrank“ nach den nunmehr geltenden Vorschriften des § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 AWaffV weiterhin unzulässig.
1.1.2 Hinzu kommt, dass es die Antragstellerin versäumt hat, ihrer aus § 37 Abs. 2 Satz 1 WaffG folgenden Verpflichtung nachzukommen, das Abhandenkommen ihrer Kurzwaffen unverzüglich bei der zuständigen Behörde anzuzeigen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu näher ausgeführt, der Vortrag der Antragstellerin, sie habe erst im Rahmen der Waffenaufbewahrungskontrolle am 22. Juni 2017, also nach ca. eineinhalb Jahren den Verlust der beiden Kurzwaffen bemerkt, sei lebensfremd und nicht glaubhaft (UA S. 12). Damit setzt sich das Zulassungsbegehren nicht auseinander, so dass es auf die weitere vom Prozessvertreter der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob mit Blick auf eine möglicherweise zunächst nach § 13 Abs. 8 (gemeint ist wohl Abs. 10) AWaffV zulässige gemeinsame Aufbewahrung innerhalb der Familie kein Verstoß gegen § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG anzunehmen ist, nicht entscheidungserheblich ankommt, weil die Verstöße gegen die Ausbewahrungspflicht und gegen die Anzeigepflicht – wie der angefochtene Beschluss zutreffend darlegt – die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin begründen (§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 2 GKG. Dabei hat sich der Senat an Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit orientiert.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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