Verwaltungsrecht

Waffenbesitzkarte, Bewachungsunternehmen, (Fehlende) notwendige Konkretisierung der Bewachungsaufträge

Aktenzeichen  24 CE 21.795

Datum:
14.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9474
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 123 Abs. 1 S. 2
WaffG § 10 Abs. 1 S. 1
WaffG § 8
WaffG § 28 Abs. 1 S. 1.

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 7 E 20.3267 2020-12-17 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Verfahren wird fortgeführt.
II. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. März 2021 bleibt aufrechterhalten.

Gründe

I.
1. Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Erteilung einer Waffenbesitzkarte für ein Bewachungsunternehmen.
Ihr ist mit Bescheid vom 15. Januar 2020 eine Erlaubnis gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 GewO erteilt worden, gewerbsmäßig Leben und Eigentum fremder Personen zu bewachen (Bewachungsgewerbe). Am 23. März 2020 stellte sie beim Antragsgegner einen Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte, da sie beabsichtige, „Bewachungsaufträge im Bereich des Personenschutzes und des Objektschutzes wahrzunehmen, die Schusswaffen erfordern“. Zum Nachweis des besonderen Bedürfnisses im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG bat der Antragsgegner um Mitteilung, ob und gegebenenfalls welche Geld- und Werttransporte, Objekte (einschließlich Alarmverfolgung) und/oder Personen geschützt werden sollen sowie um Vorlage von etwaigen Nachweisen über Aufträge, (Sub-) Unternehmerverträge und Bewachungsverträge. Mit Schreiben vom 22. April 2020 teilte die Antragstellerin mit, sie habe ihren Willen zur Wahrnehmung von bewaffnet durchzuführenden Bewachungsaufträgen hinreichend glaubhaft gemacht. Die Forderung, konkrete Verträge oder Aufträge vorzulegen, setze die Erlaubnisvoraussetzungen für einen Waffenschein mit denen einer Waffenbesitzkarte unrechtmäßig gleich.
Der Bevollmächtigte der Antragstellerin erhob am 22. Juli 2020 Untätigkeitsklage (M 7 K 20.3265).
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2020 lehnte das Verwaltungsgericht München den von der Antragstellerin zeitgleich mit der Klage erhobenen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ab, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu erteilen. Sie habe keine stichhaltigen Gründe glaubhaft gemacht, die im vorliegenden Fall eine Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigen könnte, wie insbesondere schwere und unzumutbare Nachteile bei einem Zuwarten bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, sodass es bereits an einem Anordnungsgrund fehle. Zudem dürfte auch ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sein, da die Antragstellerin das nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis erforderliche Bedürfnis wohl nicht in einer den für Bewachungsunternehmer geltenden Anforderungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG genügenden Weise glaubhaft gemacht habe.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtschutzziel auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte für ihr Bewachungsunternehmen fort.
2. Mit Beschluss vom 4. März 2021 – 24 CE 21.248 – wies der Senat die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Dezember 2020 mit der Begründung zurück, die Beschwerde sei unzulässig, weil sie entgegen dem Erfordernis des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung begründet worden sei.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2021, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am gleichen Tag, rügte der Bevollmächtigte der Antragstellerin gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 VwGO die Verletzung rechtlichen Gehörs. Er habe erst durch den Beschluss vom 4. März 2021, ihm zugegangen am 12. März 2021, erfahren, dass der Senat von der Beschwerdebegründung keine Kenntnis erlangt habe. Ausweislich der Bestätigung des besonderen elektronischen Anwaltsfachs (beA) sei die Beschwerdebegründung fristgerecht am 12. Januar 2021 um 12:44 Uhr an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gesendet worden und dort zum gleichen Zeitpunkt eingegangen. Weshalb der Senat von diesem Schriftsatz keine Kenntnis erlangt habe, sei nicht erkennbar. Dadurch, dass der Senat wesentlichen Vortrag der Antragstellerin nicht berücksichtigt habe, sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör entscheidungserheblich verletzt worden. Die Antragstellerin beantragte insoweit, das Verfahren fortzuführen und hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 VwGO.
In der Sache beantragt sie:
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu erteilen.
2. Hilfsweise: Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Betriebsleiter der Antragstellerin eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu erteilen.
Sie habe entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Aufgrund der behördlichen Entscheidung könne sie von einer ihr grundsätzlich zustehenden Erlaubnis über einen längeren Zeitraum keinen Gebrauch machen und sei dadurch in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verbürgten Freiheit der Berufsausübung erheblich beeinträchtigt. Unzutreffend sei die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Erlaubnis zum Besitz einer Waffe sei ebenso wie die Erlaubnis zum Führen einer Waffe erst zur Durchführung eines bewaffneten Bewachungsauftrags erforderlich. § 28 Abs. 2 Satz 1 WaffG setze ausdrücklich nur für das Führen einer Waffe einen konkreten Bewachungsauftrag voraus. Für den Erwerb und den Besitz von Waffen gälten diese Einschränkungen nicht. Vielmehr werde nach § 8 WaffG das Bedürfnis nach einer Waffe ausdrücklich anerkannt, wenn wirtschaftliche Interessen von Bewachungsunternehmen glaubhaft gemacht worden seien. Glaubhaft zu machen sei daher nicht das konkrete Bedürfnis in Form eines Bewachungsauftrags an sich, sondern das wirtschaftliche Interesse als Bewachungsunternehmen sowie die Erforderlichkeit und Geeignetheit der Waffe für den beantragten Zweck.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 24 CE 21.248 Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 152a VwGO ist begründet (1.). In der Sache gibt das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung indes keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Dezember 2020 bzw. denjenigen des Senats vom 4. März 2021 aufzuheben (2.).
1. Die Anhörungsrüge (§ 152a VwGO) ist zulässig und begründet, so dass gem. § 152a Abs. 5 Satz 1 VwGO das Beschwerdeverfahren fortzuführen ist.
Die Anhörungsrüge wurde fristgerecht erhoben (§ 152 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Beschluss vom 4. März 2021, mit dem die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen wurde, verletzt den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise, weil bei der Beschlussfassung übersehen worden ist, dass die Antragstellerin innerhalb der dafür geltenden Frist die Beschwerde begründet hat. Unter Berücksichtigung der vorliegenden Beschwerdebegründung hätte die Beschwerde nicht als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen.
2. Die zulässige Beschwerde hat jedoch auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, auf dessen Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auf Verpflichtung des Antragsgegners, der Antragstellerin im Wege der einstweiligen Anordnung eine auf ein Jahr befristete Erlaubnis zum Erwerb und Besitz einer Waffe gemäß § 10 Abs. 2 Satz 1 WaffG zu erteilen, zu Recht abgelehnt.
Zutreffend ist es davon ausgegangen, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache im Rahmen des § 123 VwGO nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Betracht kommt. Voraussetzung dafür ist, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 123 Rn. 14). Da im Waffenrecht der öffentlichen Gewalt eine besondere Schutzpflicht im Hinblick auf die mit dem Umgang mit Waffen einhergehenden erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung obliegt und das gesamte Waffengesetz ausweislich des § 1 Abs. 1 WaffG das Ziel hat, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und die Menge der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 13.7.1999 – 1 C 5.99 – juris Rn. 14; U.v. 14.11.2007 – 6 C 1.07 – juris Rn. 29; vgl. Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, 126. Aufl. 2015, § 8 Rn. 10 ff), gilt dieser Grundsatz erst recht im hier zu entscheidenden Fall (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2014 – 11 CE 14.1962 – juris Rn. 11; BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20).
Gemessen daran liegen die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO hier unabhängig vom Bestehen eines Anordnungsgrundes nicht vor. Das nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG erforderliche Bedürfnis für die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis wurde nicht in einer den für Bewachungsunternehmer geltenden Anforderungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG genügenden Weise glaubhaft gemacht, so dass es an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs im Sinne einer deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des Anspruchs auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte fehlt.
2.1. Voraussetzung für die Erteilung der von der Antragstellerin begehrten Waffenbesitzkarte (§ 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG) ist insbesondere der Nachweis eines Bedürfnisses im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG. Der Nachweis eines Bedürfnisses ist nach § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, unter anderem als Bewachungsunternehmer, sowie die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffe für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind. Bei einem Bewachungsunternehmer im Sinne des § 34a GewO wird nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG ein Bedürfnis zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen anerkannt, wenn er glaubhaft macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder wahrgenommen werden sollen, die aus Gründen der Sicherung einer gefährdeten Person im Sinne des § 19 WaffG oder eines gefährdeten Objekts Schusswaffen erfordern.
2.2. Unter Anlegung der Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris) ist zu fordern, dass ein Bewachungsunternehmen sowohl für den Erwerb, wie auch für den Besitz und das Führen einer Schusswaffe nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG einen konkreten Bewachungsauftrag angeben muss, für den der Besitz einer Waffe erforderlich ist (vgl. auch BayVGH, B.v. 21.9.2020 – 24 ZB 20.271). Diese Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG ergibt sich sowohl aus dem eindeutigen Wortlaut wie auch aus dem Ziel des Waffengesetzes. Die Vorschrift lässt es insbesondere nicht zu, dem Bewachungsunternehmer eine allgemeine Erlaubnis zu erteilen, die sich auf sein Unternehmen bezieht und es ihm überlässt, zu entscheiden, ob bei einem konkreten Auftrag die Schusswaffe geführt werden soll, weil nach seiner Einschätzung die zu sichernde Person oder das zu sichernde Objekt gefährdet ist und die mitgeführte Schusswaffe erforderlich ist, diese Gefährdung zu mindern (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 10). Auch wenn es in dem der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall nicht um die Erteilung einer Waffenbesitzkarte, sondern um die Verlängerung eines Waffenscheines eines Bewachungsunternehmens ging, müssen die dortigen Ausführungen zur Begründung der restriktiven Auslegung des § 28 Abs. 1 WaffG auch für die Fälle gelten, in denen ein Bewachungsunternehmer die Erteilung einer Waffenbesitzkarte gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG begehrt. So stützt sich das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG insbesondere auf dessen Wortlaut, aus dem sich ergebe, dass bereits übernommene oder demnächst zu übernehmende Bewachungsaufträgen nicht stets und schon für sich ein waffenrechtliches Bedürfnis begründen. Die dafür verlangte Glaubhaftmachung beziehe sich nicht auf die Tätigkeit als Bewachungsunternehmer allgemein, sondern auf seine Bewachungsaufträge, deren Gegenstand ihrerseits mit gefährdeten Personen oder Objekten umschrieben wird (BVerwG, a.a.O., Rn. 11). Da der Wortlaut des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG nicht zwischen dem Erwerb, dem Besitz und dem Führen einer Waffe unterscheidet, gelten diese Ausführungen gleichermaßen für das Bedürfnis nach Ausstellung einer Waffenbesitzkarte. Im Übrigen gelten die in § 4 WaffG formulierten Anforderungen grundsätzlich für alle waffenrechtlichen Waffen- und Munitionserlaubnisse in gleichem Maß (Gade/Stoppa, Waffengesetz, 2011, § 4 Rn. 2), sodass es nicht auf eine Unterscheidung zwischen Waffenbesitzkarte einerseits und Waffenschein andererseits ankommen kann. Schließlich fordert auch das allgemeine Ziel des Waffengesetzes, § 28 Abs. 1 WaffG dahin auszulegen, dass Waffenbesitzkarten für Bewachungsunternehmer nur für konkrete Bewachungsaufträge erteilt werden dürfen. Zu den Zielen des Waffengesetzes gehört, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken, die Verbreitung von Schusswaffen einzudämmen und die Ausnahmen streng zu regulieren (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 13.7.1999 – 1 C 5.99 – juris Rn. 14; BVerwG, 14.11.2007 – 6 C 1/07 – juris Rn. 29; Lehmann/v. Grotthuss, Aktuelles Waffenrecht, 126. Aufl., Stand 12/2015, § 8 Rn. 10 m.w.N.).
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 28 Abs. 2 Satz 1 WaffG nicht, dass ein konkreter Bewachungsauftrag nur für das Führen und nicht für den bloßen Besitz einer Waffe erforderlich ist. Diese Vorschrift bestätigt vielmehr zum einen die oben genannte einschränkende Auslegung des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG und will zum anderen in dessen Ergänzung, die Einhaltung dieser Beschränkung absichern, indem sie den notwendigen Anknüpfungspunkt für die Strafvorschrift des § 52 Abs. 3 Nrn. 5 WaffG bildet (vgl. BVerwG, U.v. 11.11.2015 – 6 C 67/14 – Rn. 17).
Schließlich kann der Vortrag der Antragstellerin, der Vorschrift des § 8 WaffG sei zu entnehmen, dass das Bedürfnis nach einer Waffe ausdrücklich anerkannt werde, wenn wirtschaftliche Interessen von Bewachungsunternehmen glaubhaft gemacht werden, woraus sich ergebe, dass (darüber hinaus) die Angabe von konkreten Bewachungsaufträgen zum Nachweis einer Waffenbesitzkarte nicht erforderlich sei, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Die Grundnorm des § 8 WaffG enthält nur die übergreifenden Regelungen, also den allgemeinen Teil für Waffen- und Munitionserlaubnisse, was sich bereits aus der Überschrift „Bedürfnis, allgemeine Grundsätze“ entnehmen lässt (Heinrich in Steindorf, Waffenrecht, 10. Aufl. 2015, § 8 Rn. 2), weshalb die in den §§ 13 ff. WaffG besonders geregelten Gründe für ein Bedürfnis – hier § 28 WaffG – Vorrang vor dieser Auffangnorm haben (vgl. hierzu auch vor Nr. 8.1. WaffVwV). Demzufolge hat ein Bewachungsunternehmen nicht nur sein wirtschaftliches Interesse im Sinne des § 8 WaffG, sondern darüber hinaus die oben dargestellten Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 VwGO glaubhaft zu machen, um ein Bedürfnis nachzuweisen.
2.3. Die Antragstellerin hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerdebegründung ausreichend glaubhaft gemacht, dass Gegenstand der geplanten künftigen Bewachung gefährdete Personen oder Objekte im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG sind, zu deren Sicherung sie Schusswaffen benötigt. Sie teilte der Waffenbehörde in ihrem Antrag auf Erteilung einer Waffenbesitzkarte sowie in den folgenden Schriftsätzen lediglich mit, dass sie zunächst als Subunternehmerin Bewachungsaufträge annehmen und ausführen wolle, die den bewaffneten Schutz sowohl von Geld- und Werttransporten als auch von gefährdeten Objekten und gefährdeten Personen zum Gegenstand hätten. Nachweise über konkrete Bewachungsaufträge, Subunternehmerverträge und Bewachungsverträge legte sie trotz mehrfacher Nachfrage des Landratsamtes nicht vor, obwohl sie ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, dass diese erforderlich seien, um ein besonderes Bedürfnis im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu belegen. Wie ausgeführt bedarf es aber zur Glaubhaftmachung des Bedürfnisses im Rahmen des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG mehr als nur der Darlegung einer bloßen Geschäftsidee des Betriebs eines Bewachungsunternehmens. Die Auftragsanbahnungen müssen sich bereits in einer Phase der Konkretisierung befinden, die es hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen, dass Bewachungsaufträge im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG wahrgenommen werden (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2009 – 1 S 202/09 – juris Rn. 15).
2.4. Bei dieser rechtlichen Ausgangslage, die durch das Fehlen einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Bestehens eines Anordnungsanspruchs gekennzeichnet ist, kommt nach den oben dargelegten Maßstäben eine auch nur vorübergehende Erteilung einer Waffenbesitzkarte nicht in Betracht. Im Hinblick auf die großen Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit, die von Waffen ausgehen und angesichts der das gesamte Waffengesetz ausweislich des § 1 Abs. 1 beherrschenden Zielsetzung, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und die Menge der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Erfordernisse der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken, damit so wenig Waffen wie möglich in Privathand gelangen (vgl. VGH BW, U.v. 16.12.2009 – 1 S 202/09 – juris Rn. 14; BVerwG, U.v. 13.7.1999 – 1 C 5.99, U.v. 14.11.2007 – 6 C 1.07 – juris Rn. 29), sind die persönlichen und beruflichen Nachteile hinzunehmen, die die Antragstellerin möglicherweise erleidet, wenn die einstweilige Anordnung nicht ergeht.
Die Beschwerde war daher auch in der Sache zurückzuweisen, sodass es bei dem Beschluss vom 4. März 2021 des Senats sein Bewenden hat.
3. Eine Kostenentscheidung entfällt, weil die Anhörungsrüge zur Fortsetzung des Verfahrens führt und insoweit Erfolg hat. Der Festsetzung eines Streitwerts bedarf es nicht.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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