Verwaltungsrecht

Waffenbesitzverbot bzgl. erlaubnisfreier Waffen

Aktenzeichen  M 7 K 19.5720

Datum:
9.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17019
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5, § 10 Abs. 4 S. 2, § 36 Abs. 1, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Nr. 8
AWaffV § 13
StPO § 153a Abs. 1
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, S. 7, § 84, § 114 S. 1, § 124a Abs. 4, § 154 Abs. 1, § 167

 

Leitsatz

1. Die Verwahrung einer (geladenen) Schreckschusswaffe in einem Rucksack im Kofferraum des Wagens genügt den Anforderungen an eine sorgfältige Aufbewahrung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Aufbewahrung von Waffen in geladenem Zustand widerspricht grundlegenden Vorsichts- bzw. Sorgfaltsmaßgaben im Umgang bzw. bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (Anschluss an BVerwG BeckRS 2014, 49109). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid vom 15. Oktober 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Einstellung des Verfahrens auf Erteilung eines Kleinen Waffenscheins in Nr. 1 des Bescheids nach § 92 Abs. 2 VwGO analog ist rechtmäßig. Rechtliche Bedenken hiergegen sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Das in Nr. 2 angeordnete Verbot bzgl. Besitz und Erwerb erlaubnisfreier Waffen und Munition gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG ist ebenfalls rechtmäßig.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition u.a. dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt.
Mit dieser allgemeinen Bezugnahme auf die Zuverlässigkeit hat der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass alle in § 5 WaffG genannten Fälle herangezogen werden können, ohne weitere Differenzierungen oder Einschränkungen machen zu müssen, um ein Waffenbesitzverbot nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG aussprechen zu können. Auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/7758, S. 76) lässt wohl keine andere Interpretation zu. Diese Begründung zu § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG lautet: „Nummer 2 stellt nicht primär auf die Gefahrenlage ab. Hier geht es vielmehr darum, dass es einzelne Personen gibt, die durch ihr konkretes Verhalten ex negativo bewiesen haben, dass sie das Vertrauen, das der Gesetzgeber in den durchschnittlichen Volljährigen setzt, bei dem er hinsichtlich der erlaubnisfreien Waffen auf die Überprüfung bestimmter persönlicher Voraussetzungen (hier: persönliche Eignung und Zuverlässigkeit) verzichtet, nicht verdienen. In diesen Fällen ist ein Waffenverbot für den Einzelfall zulässig, wenn eine auf Tatsachen gestützte Annahme fehlender Eignung oder Zuverlässigkeit besteht (…).“ Mit der Neufassung dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber keine zusätzliche Prüfung verlangen, die zur Annahme einer missbräuchlichen Waffenverwendung berechtigt, wie dies in § 40 WaffG a.F. noch gefordert worden war (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2006 – 21 ZB 06.428 – juris Rn. 5 ff.). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, bei nicht erlaubnispflichtigen Waffen einen weniger strengen Maßstab hinsichtlich der erforderlichen Zuverlässigkeit anzulegen als bei erlaubnispflichtigen Waffen (vgl. BayVGH, B.v. 10.8.2007 – 21 CS 07.1446 – juris Rn. 10; vgl. auch B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 7 ff.).
Der Kläger verfügt nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Danach besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit u.a. Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
Im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geht es um die auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758, S. 54). Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 51). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Nach dem Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten und nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10; B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5; st. Rspr. BayVGH, vgl. zuletzt B.v. 5.10.2017 – 21 Cs 17.1300 – juris Rn. 11). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14). Bereits ein einmaliger Verstoß gegen die in § 36 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12 m.w.N.). Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (st. Rspr. BayVGH, vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – juris Rn. 12; B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 15).
Entsprechend diesen Grundsätzen ist der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig i.S.v.§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, da er am 16. April 2016 die Schreckschusswaffe nicht ordnungsgemäß verwahrt und dadurch schwerwiegend gegen eine grundlegende Aufbewahrungsregel verstoßen hat.
Eine sorgfältige Aufbewahrung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG liegt nur dann vor, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 16). Die Anforderungen an eine sorgfältige Verwahrung sind in § 36 WaffG sowie insbesondere in dem diesen gemäß § 36 Abs. 5 WaffG konkretisierenden und ergänzenden § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung – AWaffV – näher geregelt. Diese Anforderungen gelten auch für Schreckschuss-, Reizstoffsowie Signalwaffen und deren Munition (vgl. VG München, B.v. 10.6.2015 – M 7 S 15.1335 – juris Rn. 18). Nach§ 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13 Abs. 2 und Abs. 9 AWaffV hat der Verpflichtete bei der vorübergehenden Aufbewahrung von Waffen im Sinne des Absatzes 2 oder von Munition außerhalb der Wohnung die Waffen und Munition unter angemessener Aufsicht aufzubewahren oder durch sonstige erforderliche Vorkehrungen gegen Abhandenkommen oder unbefugte Ansichnahme zu sichern, wenn die Aufbewahrung gemäß den Anforderungen des Absatzes 1 und 2 nicht möglich ist. Eine Verwahrung ist dabei nur dann sorgfältig, wenn die zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten sämtlich ausgenutzt werden, die Waffe so zu verwahren, dass ein Zugriff Unberechtigter nach Möglichkeit verhindert wird (Gade/Stoppa, Waffengesetz, 1. Aufl. 2011, § 5 Rn. 15).
Die Verwahrung einer (geladenen) Schreckschusswaffe in einem Rucksack im Kofferraum des Wagens genügt diesen Anforderungen nicht. Dabei vermag auch der§ 13 Abs. 9 AWaffV innenwohnende Rechtsgedanke keine andere Beurteilung zu begründen. Zwar folgt aus diesem, dass es unter bestimmten Umständen bei einem nur kurzfristigen Verlassen des Pkw (Einnahme des Mittagessens, Einkäufe etc.) ausreichen kann, wenn Waffen und Munition in dem verschlossenen Fahrzeug so aufbewahrt werden, dass keine unmittelbaren Rückschlüsse auf die Art des Inhalts erkennbar sind (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 18 zu § 13 Abs. 11 AWaffV a.F.). Allerdings hat der Kläger auch unter Berücksichtigung dieses § 13 Abs. 9 AWaffV innenwohnenden Rechtsgedankens nicht alle erforderlichen Vorkehrungen i.S.v. § 36 Abs. 1 WaffG getroffen, um zu verhindern, dass seine Waffe abhanden kommt oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Denn dadurch, dass er den Rucksack mit der geladenen Schreckschusswaffe aus dem verschlossenen Fahrzeug herausgenommen und neben diesem abgelegt hat, hat er diesen gerade aus der (vorübergehend) sicheren Sphäre des verschlossenen Fahrzeugs entfernt. Er hat hierdurch den Rucksack mitsamt Schreckschusswaffe in eine Sphäre gebracht, in der ein Abhandenkommen bzw. eine Ansichnahme durch unbefugte Dritte möglich war. Indem er anschließend den Rucksack einschließlich Schreckschusswaffe vergessen und unbeaufsichtigt auf dem Parkplatz zurückgelassen hat, hat sich die Gefahr realisiert, die durch die Aufbewahrungsvorschriften gerade verhindert werden soll. Der Rucksack mit samt Schreckschusswaffe wurde von einem unbefugten Dritten an sich genommen. Dabei ist es ausschließlich dem Umstand, dass diese Person den Rucksack dem Sicherheitsdienst des Einkaufsmarktes übergeben hat, zu verdanken, dass die Schreckschusswaffe nicht unwiederbringlich abhanden gekommen ist und sich in Besitz einer unbefugten Person befindet. Somit hat der Kläger gerade nicht alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um ein Abhandenkommen bzw. eine Ansichnahme durch unbefugte Dritte zu verhindern. Vielmehr hat sich die Unzulänglichkeit der Verwahrung in dem Vergessen und dem Auffinden durch eine unbefugte Person realisiert.
Es handelt sich bei dem konkreten Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten angesichts der Gesamtumstände auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.7.2015 – 21 CS 15.1156 – juris Rn. 12). Denn zwar mögen die Umstände außergewöhnlich und untypisch gewesen sowie das Verhalten des Klägers weder leichtfertig noch grob fahrlässig gewesen sein. § 36 Abs. 1 WaffG stellt – ausweislich seines Wortlauts – jedoch weder auf die Umstände der Verwahrung noch auf das Verhalten des Waffeninhabers ab, sondern erfordert vielmehr ausschließlich, dass die erforderlichen Vorkehrungen getroffen werden, um ein Abhandenkommen oder eine Ansichnahme durch unbefugte Dritte zu verhindern. Aus welchen Gründen diese nicht getroffen wurden bzw. welcher Verschuldensgrad dem zugrunde liegt, ist demgegenüber im Rahmen von§ 36 Abs. 1 WaffG nicht maßgeblich. Entscheidend ist, dass der Kläger nicht alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen hat, die erforderlich gewesen wären, um ein Abhandenkommen seiner Waffe zu verhindern. Gemessen am Gesetzeszweck ist dem Verstoß gegen § 36 Abs. 1 WaffG damit mehr als nur ein geringes Gewicht zuzumessen.
Hinzu kommt, dass die Schreckschusswaffe zudem geladen war. Auch hieraus folgt die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers. Denn die Aufbewahrung von Waffen in geladenem Zustand widerspricht grundlegenden Vorsichts- bzw. Sorgfaltsmaßgaben im Umgang bzw. bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG (vgl. BVerwG, B.v. 3.3.2014 – 6 B 36/13 – juris Rn. 5).
Diese Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschrift des § 36 Abs. 1 WaffG rechtfertigen die Prognose, dass der Kläger seine Waffen auch künftig nicht sorgfältig verwahren wird. Denn vor dem Hintergrund, dass eine unsorgfältige und gesetzeswidrige Aufbewahrung den Übergang von der legalen zur illegalen Schusswaffe erleichtert, schlagen Aufbewahrungsmängel daher insbesondere auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) durch (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 16). Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG kann schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 16). Denn der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen und/oder Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Dementsprechend berührt jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn.12). Der negativen Zukunftsprognose steht vorliegend nicht der Einwand entgegen, dass der Kläger nicht grob fahrlässig bzw. leichtfertigt gehandelt habe. Denn anders als § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG stellt§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ausschließlich auf eine sorgfältige Verwahrung und nicht auf einen missbräuchlichen oder leichtfertigen Umgang ab. Der Kläger hat – entsprechend den obigen Ausführungen – jedoch gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung nach § 36 Abs. 1 WaffG verstoßen. Insbesondere diese Folge sowie der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen und damit die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen, rechtfertigen die Prognose der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers. In Anbetracht des Gefahren vorbeugenden Charakters der Regelung und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist nicht hinzunehmen abzuwarten, ob der Kläger seine Lehren aus dem Vorfall gezogen hat und künftig in vergleichbaren Situationen seine Waffe ordnungsgemäß verwahren wird. Dieses Restrisiko ist im Interesse eines umfassenden Schutzes der Allgemeinheit nicht hinzunehmen.
Schließlich folgt die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers auch aus§ 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG. Danach besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, die u.a. gröblich gegen die Vorschriften des Waffengesetzes verstoßen haben. Der Kläger hat am 16. April 2016 die Schreckschusspistole in geladenem Zustand mit sich geführt, ohne über den hierfür erforderlichen Kleinen Waffenschein i.S.v. § 10 Abs. 4 Satz 2 WaffG zu verfügen. Dies stellt einen gröblichen Verstoß gegen waffenrechtliche Vorschriften dar (vgl. BayVGH, B.v. 18.11.2019 – 21 CS 19.966 – juris Rn. 12).
Die Ermessensausübung bzgl. des Waffenbesitz-/erwerbsverbots durch den Beklagten ist im Rahmen des gerichtlichen Prüfungsumfangs (§ 114 Satz 1 VwGO) ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat – wie sich aus den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids ergibt – das ihm zustehende Ermessen erkannt und zweckgerecht sowie im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG), nämlich den Besitz von erlaubnisfreien Waffen, insbesondere zur Abwehr der auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition ausgehenden Gefahren untersagt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Besitzverbot mit dem sich aus der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ergebenden Sicherheitsrisiko begründet worden ist. Im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14), ist das strafbewehrte Besitz- und Erwerbsverbot (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) ein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, Gefahren zu begegnen, die auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition im Besitz des nicht zuverlässigen Klägers ausgehen, ist nicht ersichtlich. Das Waffenbesitzverbot ist auch nicht unverhältnismäßig. Ein besonderes Bedürfnis für den Waffenbesitz hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auch der Umstand, dass es sich bei dem Verbot um einen Dauerverwaltungsakt handelt, dessen unbefristete Anordnung die Eintragung in das Bundeszentralregister sowie die Unterrichtung der örtlichen Polizeidienststelle zwecks künftiger Überwachung des Verbots nach sich zieht, führt nicht zu dessen Unverhältnismäßigkeit, da dies aus der Eigenart der Maßnahme selbst folgt. Der Kläger hat zudem die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt einen Antrag auf Aufhebung des Verbots zu stellen.
Schließlich sind auch gegen die Kostenentscheidung (Nr. 4 und 5 des Bescheids) rechtliche Bedenken weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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