Verwaltungsrecht

Waffenrechtliche Anordnung der Vorlage eines amts-/fachpsychologischen Zeugnisses

Aktenzeichen  M 7 S 19.1739

Datum:
14.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 18815
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 44a Abs. 1, § 80 Abs. 1 S 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 u. Abs. 5, § 80a
WaffG § 6 Abs. 2, § 45 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahren.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die an ihn gerichtete Aufforderung, ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis betreffend seine waffen- und jagdrechtliche Eignung vorzulegen.
Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben vom 27. März 2019 forderte das Landratsamt Freising (im Folgenden: Landratsamt) den Antragsteller auf, ein amts- oder fachärztliches oder fachpsychologisches Zeugnis über seine persönliche Eignung in waffenrechtlicher und jagdrechtlicher Hinsicht (Umgang mit Schusswaffen und Munition) bis 29. April 2019 vorzulegen (Nr. 1 des Bescheids). Zudem wurden dem Antragsteller die Verfahrenskosten auferlegt (Nr. 2 des Bescheids) und dabei eine Gebühr von 50,- EUR festgesetzt (Nr. 3 des Bescheids).
Zur Begründung wurde angeführt, dass eine hohe Anzahl von (in) sich unstimmigen Äußerungen des Antragstellers bezüglich der Beurteilung von Sachverhalten und auch gestellten Anzeigen wegen Verleumdung Zweifel an dessen persönlicher Eignung begründet hätten.
Weiter wurde darauf hingewiesen, dass Nr. 1 des Bescheides kraft Gesetzes gemäß § 45 Abs. 5 WaffG sofort vollziehbar sei. Die Kostenentscheidung ergebe sich aus§ 50 Abs. 1 WaffG i.V.m. mit den einschlägigen Regelungen des Verwaltungskostengesetzes.
Abschließend enthält der Bescheid eine Rechtsbehelfsbelehrung:, nach welcher gegen ihn binnen eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben werden könne.
Am … April 2019 erhoben die damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 27. März 2019 (Az. M 7 K 19.1738) und stellten zudem ergänzend einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Mit Schriftsatz vom … September 2019 führte der zwischenzeitlich Bevollmächtigte des Antragstellers zur Begründung an, dass aufgrund des noch im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegten ärztlichen Attests des Hausarztes des Antragstellers keine Zweifel an der persönlichen Eignung bestehen würden.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 27.03.2019 wird wiederhergestellt, hilfsweise die sofortige Vollziehbarkeit aufgehoben.
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2020 übermittelte der Antragsgegner einen Abdruck eines Bescheids gleichen Datums, mit welchem der Bescheid des Landratsamts vom 27. März 2019 kostenfrei zurückgenommen wird. Zur Begründung wird angeführt, dass die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 6 Abs. 2 WaffG eine unselbstständige Verfahrenshandlung bzw. schlichtes Verwaltungshandeln darstelle. Ein Antrag im Eilverfahren wurde nicht gestellt.
Bezugnehmend auf die entsprechende gerichtliche Aufforderung teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom … Januar 2020 mit, dass keine prozessbeendigende Erklärung abgegeben werde. Mit der Zustellung des Rücknahmebescheids sei die Hauptsache keineswegs erledigt, da der Rücknahmebescheid rechtswidrig sei. Zugleich erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers am … Januar 2020 Klage (Az. M 7 K 20.416) gegen den Rücknahmebescheid. Mit dem Rücknahmebescheid wolle das Landratsamt einzig und allein dem Antragsteller (Kläger) die Möglichkeit nehmen, sich gegen die rechtswidrige Anordnung einer Gutachtensvorlage zur Wehr zu setzen. Ähnlich wie im Fahrerlaubnisrecht sei zwar eine solche Anordnung nicht als Verwaltungsakt zu werten. Sei damit allerdings ein Bußgeld oder eine sonstige Zahlungspflicht verbunden, sei das Gericht verpflichtet, die Berechtigung dieser Zahlungspflicht und auf diesem Umweg auch die Anordnung an sich zu prüfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte in diesem Verfahren und in den Verfahren M 7 K 19.1738 und M 7 K 20.416 verwiesen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg, weil er bereits unzulässig ist.
1. Der Antrag ist insgesamt unzulässig.
Soweit er sich auf die Nr. 1 des „Bescheids“ vom 27. März 2019 bezieht, ist er unabhängig vom Rechts- bzw. Verwaltungsaktcharakter dieses „Bescheids“ bereits nach § 44a VwGO unzulässig. § 44a Satz 1 VwGO hat den Zweck, die Sachentscheidung nicht durch Rechtsstreitigkeiten über Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren und schließt daher auch Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz nach §§ 80, 80a VwGO oder nach § 123 VwGO aus, weil im Eilverfahren nicht weitergehender Rechtsschutz erlangt werden kann als im Klageverfahren. § 44a Satz 1 VwGO gilt dabei unabhängig davon, ob es sich bei der behördlichen Verfahrenshandlung um einen Verwaltungsakt handelt (vgl. für den vergleichbaren Fall einer Untersuchungsanordnung im Beamtenrecht BVerwG, B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18 – juris Rn. 18 ff.; in Rn. 36 zieht das BVerwG ausdrücklich einen Vergleich zum vom Bevollmächtigten des Antragstellers angeführten Fahrerlaubnisrecht). Die Aufforderung (Anordnung) zur Vorlage eines amts- bzw. fachärztlichem/fachpsychologischem Gutachtens ist nach allgemeiner Meinung auch im Waffenrecht eine behördliche Verfahrenshandlung i.S.v. § 44a VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 9.11.2017 – 11 CS 17.1821 – juris Rn. 10 auch mit Äußerung zur fehlenden VA-Qualität). Im Übrigen wäre der Antrag bzgl. Nr. 1 – einmal unterstellt, dass es sich insoweit aufgrund der äußeren Form des Schreibens/Bescheids um einen Verwaltungsakt handeln würde – auch unstatthaft, weil die in Nr. 1 getroffene Regelung nicht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt wurde und auch kein Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 VwGO vorliegt. Insbesondere greift der vom Landratsamt angeführte § 45 Abs. 5 WaffG angesichts seines klaren Wortlauts nicht; insoweit handelt es sich wohl um ein Schreibversehen.
Soweit sich der Antrag auf die Nrn. 2 und 3 des Bescheids bezieht (Kostenentscheidung) ist er jedenfalls (unabhängig von § 44 Satz 2 VwGO und § 80 Abs. 2 Satz Nr. 1 VwGO) mangels Antragsbefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO analog bzw. mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig. Denn (auch) die Kostenentscheidung wurde mit Bescheid vom 14. Januar 2020 zurückgenommen. Dass der Antragsteller zugleich gegen diesen Rücknahmebescheid Klage erhoben hat, ändert daran, unabhängig von deren aufschiebender Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO, nichts. Denn auch diese Klage ist offensichtlich unzulässig, weil es ihr wiederum an einer anerkennenswerten Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bzw. einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Aufhebungsbescheid ist für den Antragssteller ein von seiner Regelungswirkung her ausschließlich günstiger Verwaltungsakt, der ihn daher – auch nicht möglicherweise – in subjektiven Rechten verletzt. Die vom Antragsteller angeführte Argumentation bzgl. einer Inzidenzprüfung der Rechtmäßigkeit geht insoweit fehl, weil Gegenstand des Aufhebungsbescheids gerade nicht eine (belastende) Kostenfestsetzung, sondern deren Rücknahme ist.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2,§ 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5 Satz 1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben