Verwaltungsrecht

Wegen Versäumung der Antragsfrist unzulässiger Eilantrag eines somalischen Asylbewerbers

Aktenzeichen  M 11 S 18.34647

Datum:
25.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5170
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29, § 34a, § 36
VwGO § 60, § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1 In den Lauf einer Frist fallende Feiertage haben auf diese keine Auswirkung. Dies gilt auch für die Frist des § 36 Abs. 3 S. 1 AsylG. (Rn. 11) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Eine Klage kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erhoben werden (§ 81 Abs. 1 VwGO). Eine persönliche Vorsprache bei Gericht ist hierfür nicht erforderlich, sodass für die Versäumung der Klagefrist der Umstand, kein Geld für eine Fahrt zum Gerichtsort besessen zu haben, sich als unbeachtlich erweist. (Rn. 11) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Die Versäumung der Antragsfrist kann in der Regel nicht mit mangelnden Sprachkenntnissen entschuldigt werden, wenn der Antragsteller nicht unverzügliche und nachdrückliche Bemühungen unternommen hat, trotz ausreichender Sprachkenntnisse die Klage selbst zu formulieren und rechtzeitig auf dem Postweg einzureichen (vgl. BVerfG BeckRS 9998, 48027). (Rn. 11) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung der Antragsgegnerin.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2018 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorlägen (Nr. 2), forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen und drohte die Abschiebung nach Somalia oder in einen anderen Staat an, in den der Antragsteller einreisen dürfe oder der zu einer Rückübernahme verpflichtet sei, sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten (Nr. 3) und befristete das gesetzliche Einreise und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes auf 50 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 4). Zur Begründung führt das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass es sich um einen Zweitantrag handle, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme aber nicht vorlägen. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller ausweislich der Postzustellungsurkunde am 20. Dezember 2018 zugestellt (Bl. 240 f. d.A.). Er enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung:auf Deutsch und Somali (Bl. 212 ff. d.A.).
Der Antragsteller hat am 28. Dezember 2018 zur Niederschrift des Gerichts Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 14. Dezember 2018 erhoben. Zugleich beantragt er, hinsichtlich der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen.
Weiterhin beantragt der Antragsteller, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Zur Begründung verweist er auf seine Angaben gegenüber dem Bundesamt. Weiterhin trägt er vor, dass er die Klage- und Antragsfrist von einer Woche über die Weihnachtsfeiertage nicht habe einhalten können, weil er erst am 28. Dezember 2018 Geld ausgezahlt bekommen habe und sich deshalb nicht vorher eine Fahrkarte von Rosenheim nach München habe kaufen können. Die Klage selbst zu formulieren und auf dem Postweg rechtzeitig einzureichen, sei ihm mangels ausreichender Sprachkenntnisse nicht möglich gewesen.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schriftsatz vom 08. Februar 2019 den Antrag abzulehnen.
Die Klage sei bereits verfristet. Aufgrund der Bestandskraft der Hauptsacheentscheidung fehle daher das Rechtsschutzbedürfnis für das Eilverfahren. Mit seinem Wiedereinsetzungsantrag dringe der Antragsteller nicht durch. Seine finanziellen und sonstigen persönlichen Verhältnisse lägen allein in seiner Sphäre, da es zur Wahrung gesetzlicher Fristen nicht auf die individuellen finanziellen Verhältnisse ankomme. Sofern der Antragsteller sprachliche Schwierigkeiten anführe, lägen auch diese in seiner eigenen Risikosphäre.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Klageverfahren M 11 K 18.34646 sowie die übermittelte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung (§ 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 71a Abs. 4, 36, 75 Abs. 1 AsylG) ist bereits unzulässig. Er kann daher keinen Erfolg haben.
1. Der Antrag ist unzulässig, da die Antragsfrist versäumt wurde. Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen (§§ 71a Abs. 4, 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Der Bescheid ist ausweislich des sich in den Akten befindlichen Postzustellungsurkund am 20. Dezember 2018 zugestellt worden (§ 3 Abs. 2 VwZG i.V.m. §§ 177 ff. ZPO). Die Antragsfrist begann somit nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am 21. Dezember 2018 zu laufen und endete nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB mit Ablauf des 27. Dezember 2018. Der am 28. Dezember 2018 gestellte Antrag ist daher verfristet.
Dem Antragsteller ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO zu gewähren, da er nicht unverschuldet daran gehindert war, die gesetzliche Frist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG einzuhalten. In den Lauf einer Frist fallende Feiertage haben auf diese keine Auswirkung (Fervers in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK, Stand: 01.12.2018, § 193 BGB Rn. 29). Unbeachtlich ist auch, dass der Antragsteller kein Geld für eine Fahrkarte von Rosenheim nach München gehabt habe. Die Klageerhebung durch persönliche Vorsprache bei Gericht ist nicht notwendig. Eine Klage kann bei dem Verwaltungsgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden (§ 81 Abs. 1 VwGO). Dessen war sich der Antragsteller auch bewusst, da er selbst vorbringt, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Klage selbst zu verfassen und auf den Postweg zu bringen. Die Säumnis kann in der Regel auch nicht mit mangelnden Sprachkenntnissen entschuldigt werden (BVerfG, NVwZ 1992, 1080 f.). Dass der Antragsteller unverzügliche und nachdrückliche Bemühungen unternommen hat, trotz mangelnder ausreichender Sprachkenntnisse die Klage selbst zu formulieren und rechtzeitig auf dem Postweg einzureichen, ist weder dargetan noch glaubhaft gemacht worden.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.


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