Verwaltungsrecht

Wehrdienst und behauptete Konversion zum Christentum als Nachfluchtgrund keine asylrechtlich relevanten Fluchtgründe – Iran

Aktenzeichen  AN 1 K 17.31037

Datum:
20.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 41584
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs.7
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1. Eine eventuelle Heranziehung zum Wehrdienst bei einer Rückkehr in den Iran stellt keine Verfolgungshandlung dar, sondern ist Ausfluss einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht, die grundsätzlich auch totalitäre Staaten von ihren Staatsbürgern einfordern. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus dem formalen Akt der Taufe allein lässt sich nicht keine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare innere Überzeugung vom christlichen Glauben herleiten. (Rn. 70) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Soweit in der mündlichen Verhandlung das Begehren, die Beklagte zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, nicht weiterverfolgt wurde, ist die Klage konkludent teilweise zurückgenommen worden und das Verfahren insoweit unmittelbar beendet. Eines gesonderten Einstellungsbeschlusses nach § 92 Abs. 3 VwGO bedarf es in diesem Fall nicht. Die Kostenentscheidung kann vielmehr im Urteil über den noch anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits getroffen werden (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.2005 – 3 C 50.04, DVBl 2006, 118; Kopp/ Schenke, VwGO, Rn. 27 zu § 92).
Im noch anhängigen Teil ist die Klage zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 9. Februar 2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG.
Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn er sich
1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Mit der zum 1. Dezember 2013 in Kraft getretenen Neuregelung des § 3 Abs. 1 AsylG durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 13. Dezember 2011 wurden die europarechtlichen Vorgaben für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als Teil der Gewährung internationalen Schutzes aus der Richtlinie 2011/95/EU (nachfolgend: RL), welche die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 (sog. Qualifikationsrichtlinie) abgelöst hat, im Asylverfahrensgesetz umgesetzt. Für die in der Neufassung inhaltlich geänderten Bestimmungen war den Mitgliedstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 21. Dezember 2013 eingeräumt worden (Art. 39 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU).
Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 1 RL) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die
1. aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist oder
2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.
Als Verfolgung in diesem Sinne können nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 RL) unter anderem die folgenden Handlungen gelten:
1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Erebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,g
5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 fallen,
6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.
Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 RL) muss zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist gemäß § 3b AsylG Folgendes zu berücksichtigen:
1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2. der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3. der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4. eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a) die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und b) die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
Durch § 3b Abs. 1 Nr. 4 AsylG wird insbesondere klargestellt, dass auch jegliche an das Geschlecht anknüpfende Verfolgung eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe darstellt (sog. geschlechtsspezifische Verfolgung; vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. A. 2016, Rn. 13 f. zu § 3b AsylG).
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts durch Urteil vom 5. September 2012 (Rs. C-71/11 und C-99/11 – NVwZ 2012, 1612) entschieden, unter welchen Voraussetzungen Eingriffe in die Religionsfreiheit als Verfolgungshandlungen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 a) RL angesehen werden können.
Diese Rechtsprechung, die vom Bundesverwaltungsgericht übernommen worden ist (U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12, juris), kann auf § 3 a Abs. 1 Nr. 1 AsylG übertragen werden, der Art. 9 Abs. 1 a) RL in nationales Recht umgesetzt hat.
Eine Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 a) RL danach nicht nur in der schwerwiegenden Verletzung der Freiheit liegen, seine Religion im privaten Rahmen zu praktizieren (forum internum), sondern auch in der Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben (forum externum) (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12, juris Rn. 24). Schon das Verbot bestimmter Formen der Religionsausübung kann eine beachtliche Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 Abs. 1 RL darstellen, und zwar unabhängig davon, ob sich der davon betroffene Glaubensangehörige tatsächlich religiös betätigen wird oder auf die Ausübung aus Furcht vor Verfolgung verzichtet (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 26). Ein solches Verbot hat aber nur dann die für eine Verfolgungshandlung erforderliche objektive Schwere, wenn dem Ausländer durch die Ausübung seiner Religion mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr droht, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (BVerwG, a.a.O., Rn. 28). Das Verbot weist nur dann die darüber hinaus erforderliche subjektive Schwere auf, wenn die Befolgung der verbotenen religiösen Praxis für den Einzelnen zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar ist (BVerwG, a.a.O., juris Rn. 29).
Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, sind gemäß § 3c AsylG
1. der Staat,
2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder.
3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Nichtstaatlichen Akteure i.S. von § 3c Nr. 3 AsylG können auch private Personen sein (z.B. Familienmitglieder). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu der inhaltsgleichen Bestimmung des § 60 Abs. 1 Satz 4c AufenthG a.F. entschieden, dass unter diese schon ihrem Wortlaut nach einschränkungslos alle nichtstaatlichen Akteure, insbesondere also auch Einzelpersonen, von denen Verfolgungshandlungen ausgehen, fallen (BVerwG, U.v. 18.07.2006 – 1 C 15/05, BVerwGE 126, 243).
Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen.
Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. d) RL enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. nur EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi – NVwZ 2008, 1330); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33.07, ZAR 2008, 192; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936).
Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013, a.a.O. und vom 5.11.1991 – 9 C 118.90, BVerwGE 89, 162).
Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Flüchtlings vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL).
Diese Vorschrift greift sowohl bei der Entscheidung über die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz für einen Vorverfolgten (bzw. von Verfolgung unmittelbar Bedrohten) als auch bei der Prüfung der Gewährung subsidiären Schutzes zugunsten desjenigen, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. davon unmittelbar bedroht war. In beiden Varianten des internationalen Schutzes privilegiert sie den von ihr erfassten Personenkreis durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab, wie er in der deutschen asylrechtlichen Rechtsprechung entwickelt worden ist. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Antragsteller eine widerlegbare tatsächliche Vermutung dafür, dass sie erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sind.
Art. 4 Abs. 4 RL ist Ausdruck des auch der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zum Asylgrundrecht zugrunde liegenden Gedankens, die Zumutbarkeit der Rückkehr danach differenzierend zu beurteilen, ob der Antragsteller bereits verfolgt worden ist oder nicht (grundlegend BVerfG, B.v. 2.7.1980 – 1 BvR 147, 181, 182/80 – BVerfGE 54, 341; dem folgend U.v. 31.3.1981 – 9 C 237.80 – Buchholz 402.24 § 28 AuslG Nr. 27). Die Nachweiserleichterung, die einen inneren Zusammenhang zwischen erlittener Vorverfolgung und befürchteter erneuter Verfolgung voraussetzt (BVerwG, U.v. 18.2.1997 – 9 C 9.96, BVerwGE 104, 97), beruht zum einen auf der tatsächlichen Erfahrung, dass sich Verfolgung nicht selten und Pogrome sogar typischerweise in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen (BVerwG, U.v. 27.4.1982 – 9 C 308.81, BVerwGE 65, 250). Zum anderen widerspricht es dem humanitären Charakter des Asyls, demjenigen, der das Schicksal der Verfolgung bereits erlitten hat, wegen der meist schweren und bleibenden – auch seelischen – Folgen das Risiko einer Wiederholung aufzubürden (BVerwG, U.v. 18.2.1997 – 9 C 9.96, a.a.O.). Diese zum Asylgrundrecht entwickelte Rechtsprechung (zusammenfassend BVerwG, U.v. 25.9.1984 – 9 C 17.84, BVerwGE 70, 169 und v. 5.11.1991 – 9 C 118.90, BVerwGE 89, 162) wurde auf den Flüchtlingsschutz (Abschiebungsschutz aus politischen Gründen) gemäß § 51 Abs. 1 AuslG 1990 (BVerwG, U.v. 3.11.1992 – 9 C 21.92, BVerwGE 91, 150), nicht jedoch auf die Abschiebungsverbote des § 53 AuslG 1990 übertragen (BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9.95, BVerwGE 99, 324 zu § 53 Abs. 6 AuslG und vom 4.6.1996 – 9 C 134.95 – InfAuslR 1996, 289 zu § 53 Abs. 4 AuslG i.V.m. Art. 3 EMRK).
Art. 4 Abs. 4 RL privilegiert den Vorverfolgten bzw. Geschädigten jedoch auf andere Weise: Wer bereits Verfolgung bzw. einen ernsthaften Schaden erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei (vgl. EuGH, U.v. 2.3.2010 – Rs. C – 175/08 u.a., Abdulla). Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden. Es gelten nicht die strengen Maßstäbe, die bei fehlender Vorverfolgung anzulegen sind (EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi). Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung. Die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 RL kann im Einzelfall selbst dann widerlegt sein, wenn nach herkömmlicher Betrachtung keine hinreichende Sicherheit im Sinne des herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstabes bestünde. Dieser Maßstab hat bei der Prüfung der Flüchtlingsanerkennung und des subsidiären Schutzes keine Bedeutung mehr (zum Ganzen: BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5/09, BVerwGE 136, 377).
Für das Eingreifen der Beweiserleichterung nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie ist nicht nur im Rahmen des Flüchtlingsschutzes sondern auch im Rahmen des subsidiären Schutzes erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang zwischen dem früher erlittenen oder unmittelbar drohenden Schaden und dem befürchteten künftigen Schaden besteht. Denn die der Vorschrift zu Grunde liegende Vermutung, erneut von einer solchen Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht zu sein, beruht wesentlich auch auf der Vorstellung, dass eine Verfolgungs- oder Schadenswiederholung – bei gleichbleibender Ausgangssituation – aus tatsächlichen Gründen naheliegt (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09, BVerwGE 136, 360).
Bei Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sind alle Akte zu berücksichtigen, denen der Kläger ausgesetzt war oder ausgesetzt zu werden droht, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne § 3a Abs. 1 AsylG (Art. 9 Abs. 1 RL) gelten können (vgl. U.v. EuGH vom 5.9.2012, a.a.O. Rn. 68). Liegt keine Verfolgungshandlung nach § 3a Abs. 1 AsylG vor, ist weiter zu prüfen, ob sich eine solche aus einer Gesamtbetrachtung nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) ergibt.
§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG erfasst Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG kann auch eine Kumulation unterschiedlicher Maßnahmen die Qualität einer Verletzungshandlung haben, wenn der Ausländer davon in ähnlicher Weise betroffen ist wie im Falle einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung nach Nr. 1. Die Maßnahmen im Sinne von Nr. 2 können Menschenrechtsverletzungen, aber auch Diskriminierungen sein, die für sich allein nicht die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen. In Nr. 1 beruht die Schwere der Eingriffshandlungen auf ihrer Art oder Wiederholung („nature or repetition“). Während die „Art“ der Handlung ein qualitatives Kriterium beschreibt, enthält der Begriff der „Wiederholung“ eine quantitative Dimension (so auch Hailbronner/Alt, in: Hailbronner, EU Immigration and Asylum Law, 2010, S. 1072 Rn. 30).
Setzt die Erfüllung des Tatbestandes von Nr. 1 mithin eine bestimmte gravierende Eingriffshandlung oder die Wiederholung gleichartiger Handlungen voraus, ermöglicht die Tatbestandsalternative der Nr. 2 in einer erweiterten Perspektive die Berücksichtigung einer Kumulation unterschiedlicher Eingriffshandlungen, wie sie beispielhaft in § 3a Abs. 2 AsylG (Art. 9 Abs. 2 RL) aufgeführt sind. Die Kumulationsbetrachtung entspricht auch dem Verständnis des UNHCR vom Verfolgungsbegriff in Art. 1 A Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, 1979, Rn. 53). In die nach § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Art. 9 Abs. 1 Buchst. b RL) erforderliche Gesamtbetrachtung können insbesondere verschiedenartige Diskriminierungen gegenüber den Angehörigen einer bestimmten Glaubensgemeinschaft einbezogen werden, z.B. beim Zugang zu Bildungs- oder Gesundheitseinrichtungen, aber auch existenzielle berufliche oder wirtschaftliche Einschränkungen (vgl. UNHCR Richtlinie vom 28. April 2004 zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft aufgrund religiöser Verfolgung, HCR/GIP/04/06 Rn. 17). Die einzelnen Eingriffshandlungen müssen nicht für sich allein die Qualität einer Menschenrechtsverletzung aufweisen, in ihrer Gesamtheit aber eine Betroffenheit des Einzelnen bewirken, die der Eingriffsintensität einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung im Sinne von Buchstabe a entspricht.
Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge in der Regel die Glaubhaftmachung, die aber den Anforderungen des § 108 Abs. 1 VwGO entsprechen muss, wohingegen für Vorgänge innerhalb des Gastlandes grundsätzlich der volle Nachweis auf Grund von Tatsachen zu fordern ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84, BVerwGE, 71, 180).
Bei der Feststellung der für eine Verfolgung im Herkunftsland im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG sprechenden Umstände kommt dem Vorbringen des Schutzsuchenden deshalb besondere Bedeutung zu. Er ist auf Grund der ihm obliegenden Mitwirkungspflichten gehalten, die in seine Sphäre fallenden tatsächlichen Umstände substantiiert und in sich stimmig zu schildern. Das Gericht muss sich die feste Überzeugung vom Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens verschaffen können (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84, BVerwGE, 71, 180, 181 und vom 12.11.1985 – 9 C 27.85, EZAR 630 Nr. 23). Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Schutzsuchenden nur geglaubt werden, wenn diese Unstimmigkeiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, U.v. 16.4.1985, a.a.O., 183 und vom 23.2.1988 – 9 C 32.87, EZAR 630 Nr. 25).
Hiervon ausgehend kann der Kläger nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 AsylG beanspruchen.
Der Kläger konnte nicht glaubhaft machen, im I. Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3 a AsylG ausgesetzt gewesen zu sein, womit ihm auch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 RL nicht zu Gute kommt.
Dem Sachvortrag des Klägers ist zu entnehmen, dass er den I. aus allgemeiner Unzufriedenheit mit den dortigen Verhältnissen und wegen Problemen mit seinem Vater verlassen hat. Er sei mit dem Wehrdienst nicht einverstanden gewesen, da dieser gefährlich gewesen wäre. Deswegen habe er entschieden, nicht zum Wehrdienst zu gehen. Infolgedessen habe er keinen Reisepass erhalten und deshalb auch keine Auslandsreisen unternehmen können. Er habe keinen Führerschein gehabt und nicht Auto fahren können. Da es ihm nicht gut gegangen sei, habe er Alkohol konsumiert. Auch habe ihn gestört, dass er habe fasten müssen, da er sich als im Verein tätiger Sportler auch während der Fastenzeit gut ernähren müsse.
Damit hat der Kläger keine Verfolgungshandlungen im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG vorgetragen, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG zur Folge hätten. Die Einschränkungen, die der Kläger beklagt, beispielsweise das von ihm genannte Verbot des Konsums von Alkohol, sind auf Grund ihrer Art nicht so gravierend, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellten, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist. Der volljährige Kläger ist in einem arbeitsfähigen Alter. Sollte er weitere Probleme mit seinem streng gläubigen Vater befürchten, ist es ihm zuzumuten, sich – ggf. an einem anderen Ort – eine Arbeit und eine Wohnung zu suchen.
Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass er die Grenzöffnung, von der über durch seine Mutter erfahren haben, habe nutzen wollen und er deshalb innerhalb von einer Woche den I. verlassen habe.
Der Kläger hat weiter vorgetragen, bisher keinen Wehrdienst geleistet zu haben. Dass er sich dem Wehrdienst entzogen und sich deshalb strafbar gemacht hätte, behauptet der Kläger selbst nicht. Eine mögliche Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung wäre zudem nicht entscheidungserheblich.
Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellen die an eine Wehrdienstentziehung geknüpften Sanktionen, selbst wenn sie von totalitären Staaten ausgehen, nur dann eine flüchtlingsrechtlich erhebliche Verfolgung dar, wenn sie nicht nur der Ahndung eines Verstoßes gegen eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht dienen, sondern darüber hinaus den Betroffenen auch wegen seiner Religion, seiner politischen Überzeugung oder eines sonstigen asylerheblichen Merkmals treffen sollen (vgl. B.v. 24.4.2017 – 1 B 22.17, juris; U.v. 19.8.1986 – 9 C 322.85, juris, v. 6.121988 – 9 C 22.88, juris, und v. 25.6.1991 – 9 C 131.90, juris). Auch für andere Fallgestaltungen wurde eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung dann verneint, wenn die verhängte Sanktion an eine alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Pflicht anknüpft. So hat das Bundesverwaltungsgericht die Ausbürgerung eines türkischen Staatsangehörigen, der der Aufforderung zur Ableistung des Wehrdienstes nicht nachgekommen war, als nicht asylerheblich gewertet (U.v. 24.10.1995 – 9 C 3.95, juris).
Eine eventuelle Heranziehung des Klägers zum Wehrdienst bei einer Rückkehr in den I. stellt keine Verfolgungshandlung dar, sondern ist Ausfluss einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht, die grundsätzlich auch totalitäre Staaten von ihren Staatsbürgern einfordern.
Nach der aktuellen Auskunftslage ist die Verweigerung bzw. Umgehung des Wehrdienstes im I. strafbar. Entzieht sich eine Person in Friedenszeiten für bis zu drei Monate (in Kriegszeiten 15 Tage) dem Wehrdienst, wird die Dauer des verpflichtenden Wehrdienstes um drei Monate verlängert, bei längerer Wehrdienstentziehung als drei Monate (in Kriegszeiten 15 Tage) wird die Dauer des Wehrdienstes um sechs Monate verlängert. Bei längerer Wehrdienstentziehung als ein Jahr (in Kriegszeiten zwei Monate) droht außerdem ein Strafverfahren vor dem Militärgericht. Weiter müssen Wehrdienstverweigerer mit dem Entzug sozialer und bürgerlicher Rechte, wie etwa dem Recht auf Arbeit, auf Bildung oder auf Gründung eines eigenen Unternehmens rechnen. Im Fall, dass sich die betreffende Person freiwillig doch noch zum Wehrdienst meldet, wird die Dauer des Wehrdienstes als Strafe um drei Monate verlängert. Bei Personen, die wegen Wehrdienstentziehung verhaftet werden, verlängert sich der Wehrdienst um sechs Monate (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik I. v. 8.12.2016, S. 12 und v. 9.12.2015, S. 20).
Die Sanktionen beschränken sich damit grundsätzlich auf ein erneutes – verlängertes – Ableisten des vollständigen Wehrdienstes sowie auf eine verspätete Ausstellung der Bescheinigung über die Ableistung des Wehrdienstes mit den damit verbundenen Folgen und nur ausnahmsweise erfolgt tatsächliche eine Gefängnisstrafe. Dies rechtfertigt nicht die Gewährung von Flüchtlingsschutz (vgl. VG Würzburg, U.v. 23.8.2017 – W 8 K 17.30077, juris; VG Bayreuth, U.v. 11.8.2016 – B 2 K 16.30837, juris).
Für die Annahme eines Politmalus sind im Falle des Klägers keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vorliegend beschränkt sich die Ahndung der Wehrdienstentziehung im I. nicht auf die Unterdrückung politisch oder religiös missliebiger Personen. Zudem hat der Kläger zu einer möglichen politisch motivierten Verfolgung nichts Greifbares vorgebracht.
Der Kläger kann sich auch nicht auf einen beachtlichen Nachfluchtgrund berufen.
Das erkennende Gericht konnte nicht die volle Überzeugung gewinnen, dass der Kläger im Bundesgebiet aus ernsthafter, fester Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten ist und für ihn die Ausübung des christlichen Glaubens eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung hat (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207, v. 7.5.2013 – 14 ZB 13.30083 und v. 29.4.2010 – 14 ZB 10.30043). Eine derartige feste innere Überzeugung lässt sich insbesondere nicht aus dem formalen Akt der am 5. Juni 2016 vollzogenen Taufe herleiten (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40/15; BayVGH, B.v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207; OVG NW, B.v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A).
Im Hinblick darauf, dass der Kläger zur Überzeugung des erkennenden Gerichts den I. nicht vorverfolgt verlassen hat, sind seine religiösen Aktivitäten nach der Ausreise aus dem I. kritisch zu würdigen.
Es ist iranischen Asylbewerbern, insbesondere durch Kontakte mit Landsleuten, die sich bereits als Asylbewerber im Bundesgebiet aufhalten, durchweg bekannt, dass eine Konversion zum Christentum die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zur Folge haben kann, weshalb sie ihr Verhalten danach ausrichten und in fast allen Asylverfahren iranischer Staatsangehöriger, über die die Kammer zu entscheiden hatte und noch hat, eine angebliche Konversion zum Christentum vorgetragen wird.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der Kontakt zur Freien evangelischen Gemeinde in … sei über einen Freund zustande gekommen. Dieser habe ihm erklärt, dass in der genannten Kirche die Möglichkeit bestehe, einen Deutschkurs zu besuchen.
Von dieser Möglichkeit habe er Gebrauch gemacht. Er habe damals nicht dran gedacht, dass er Christ werden könne. Er habe das Christentum erst anlässlich der Besuche in der freien evangelischen Gemeinde kennengelernt.
Für den Besuch der genannten Kirche stand somit – zumindest zunächst – im Vordergrund, einen Deutschkurs besuchen zu können. Ein Interesse des Klägers am christlichen Glauben bestand demnach zunächst nicht. Dies soll sich zwar nach Angaben des Klägers nachfolgend geändert haben, da er in der Freien evangelischen Gemeinde liebevolle Menschen kennengelernt habe. Diese lebten in Frieden und unterstützten sich gegenseitig.
Der Einzelrichter ist jedoch überzeugt, dass dieses – späte – Interesse des Klägers am christlichen Glauben ausschließlich auf asyltaktischen Gründen beruht. Das erkennende Gericht hält den Kläger für einen intelligenten Menschen, der erkannt hat, dass eine (glaubhafte) Konversion zum Christentum seine Chancen im Asylverfahren deutlich verbessern könnte, möglicherweise sogar die einzig verbliebene Möglichkeit darstellt, den gewünschten Flüchtlingsstatus zu erreichen.
So hat sich der Kläger zwar inzwischen intensiver mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt. Gleichwohl konnte er in der mündlichen Verhandlung von den beiden wichtigsten Geboten, die ein Christ zu beachten hat, nur die Nächstenliebe nennen.
Es fällt zudem auf, dass der Kläger zwar behauptet, den christlichen Glauben verinnerlicht zu haben und seinen neuen Glauben auch im I. nach außen leben zu wollen, er jedoch seine Eltern über seine angebliche Konversion nicht informiert hat. Auch dies bestätigt die Einschätzung, dass die behauptete Konversion nur zweckgerichtet erfolgt ist und die vom Kläger auch genannte Möglichkeit, sich in der Gemeinde mit Freunden zu treffen, im Vordergrund steht.
Es ist deshalb nicht zu erwarten, dass sich der Kläger im I. anderen gegenüber als Christ bezeichnen, christliche Veranstaltungen (im häuslichen oder außerhäuslichen – kirchlichen – Bereich) besuchen oder gar missionieren wird.
Durch die Asylantragstellung und die behauptete Konversion zum Christentum hat der Kläger bei einer Rückkehr in den I. keine Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten. Den iranischen Sicherheitsbehörden ist bekannt, dass Asylbewerber aus dem I. überwiegend aus anderen als politischen Gründen versuchen, in Deutschland einen dauernden Aufenthalt zu erreichen, hierzu Asylverfahren betreiben und häufig eine Konversion zum Christentum behaupten (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380, juris; B.v. 8.8.2017 – 14 ZB 17.30924; B.v. 28.8.2017 – 14 ZB 30.625 und B.v. 9.7.2018 – 14 ZB 30670).
Bei der Rückkehr in den I. kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen, insbesondere zu Kontakten während dieser Zeit. Die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Keiner westlichen Botschaft ist aber bislang ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren oder im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Es gibt derzeit auch keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis (vgl. OVG NRW, B.v. 10.2.2017 – 13 A 293/17.A, juris; B.v. 15.6.2011 – 13 A 1050/11.A; VGH BW, U.v. 15.4.2015 – A 3 S 1459/13, juris; SächsOVG, U.v. 14.1.2014 – A 2 A 911/11, juris; BayVGH, B.v. 25.2.2013 – 14 ZB 13.30023, juris; B. v. 21.1.2013 – 14 ZB 12.30456, juris; OVG Lüneburg, B.v. 13.5.2011 – 13 LA 176/10, AuAS 2011, 174; VG Düsseldorf, U.v. 11.10.2011 – 5 K 7134/10.A und vom 9.3.2011 – 5 K 3257/10.A).
Dem Kläger steht unter diesen Umständen auch kein Anspruch auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG bzw. auf die Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Rechtsgrundlage der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sind §§ 34 Abs. 1, 38 Abs. 1 AsylG.
Auch die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG unterliegt keinen rechtlichen Bedenken. Auch insoweit wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).


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