Verwaltungsrecht

Widerruf der Flüchtlingseigenschaft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung

Aktenzeichen  M 22 K 17.47819

Datum:
7.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 15012
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 2 S. 1, Abs. 4, § 73
AufenthG § 60 Abs. 5, § 60 Abs. 8 S. 1

 

Leitsatz

1. Die Anwendung der Widerrufsvorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG Zuerkennungen, setzt aber stets eine entscheidungserhebliche nachträgliche Veränderung der für die Beurteilung maßgeblichen Verhältnisse voraus (Anschluss an BVerwG BeckRS 2000, 30131933). Daran fehlt es beim bloßen nachträglichen Bekanntwerden bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung vorliegender Ausschlussgründe. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein der Umstand, dass eine Person einer Organisation angehört, die terroristische Handlungen zu verantworten hat und sie den bewaffneten Kampf dieser Organisation aktiv unterstützt hat, rechtfertigt nicht automatisch die Annahme eines Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AsylG (Anschluss an BVerwG BeckRS 2011, 54678). (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
3. Schwerwiegender Gründe im Sinne des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG sind nur anzunehmen, wenn die von dem Ausländer ausgehenden Gefahren bei einer am Gewicht des Ausschlussgrundes ausgerichteten Wertung so gravierend sind, dass sie es rechtfertigen, den Abschiebungsschutz für politisch Verfolgte zurücktreten zu lassen (Anschluss an BVerwG BeckRS 1999, 30053826). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 11. August 2017 wird in Nrn. 1 und 2 aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg, da der Bescheid, soweit er angefochten wurde, rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Die Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der dem Kläger zuerkannten Flüchtlingseigenschaft sind nicht gegeben.
1. Die Beklagte hat ihre Entscheidung auf § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützt. Nach dieser Bestimmung ist die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft unverzüglich zu widerrufen, wenn ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.
Hierzu ist vorab festzustellen, dass jedenfalls die geltend gemachten Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG, wenn der Auffassung der Beklagten in der Sache zu folgen wäre, bereits vor Ergehen der zuerkennenden Statusentscheidung vorgelegen hätten und bei einer solchen Fallgestaltung eine Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG nicht in Betracht kommt. Zwar gestattet die Regelung auch die Aufhebung rechtswidriger Zuerkennungen, setzt aber stets eine entscheidungserhebliche nachträgliche Veränderung der für die Beurteilung maßgeblichen Verhältnisse voraus (vgl. BVerwG, U.v. 19.9.2000 – 9 C 12/00 – juris Rn 8 ff.). An einer solchen fehlt es aber beim bloßen nachträglichen Bekanntwerden bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung vorliegender Ausschlussgründe.
Dieser Umstand alleine würde allerdings eine Aufhebung des Bescheides nicht rechtfertigen. Vielmehr wäre ggf. zu prüfen, ob dieser auf die Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG gestützt werden könnte, wonach die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zurückzunehmen ist, wenn sie auf Grund unrichtiger Angaben oder infolge Verschweigens wesentlicher Tatsachen erteilt worden ist und der Ausländer auch nicht aus anderen Gründen die Zuerkennung beanspruchen kann. Da beide Maßnahmen, sowohl der Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylG wie auch die Rücknahme nach § 73 Abs. 2 AsylG, prinzipiell auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet sind (auch wenn die Aufhebung in zeitlicher Hinsicht differieren mag) und es sich in beiden Fällen um gebundene Verwaltungsentscheidungen handelt, wäre das Gericht unabhängig von der Begründung des Bescheides nach § 113 Abs. 1 VwGO von sich aus zur Prüfung verpflichtet, ob der Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und, falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid angeführter Normen oder Tatsachen wäre dem Gericht nur dann verwehrt, wenn dies zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheids führen würde oder der Betroffene in seiner Rechtsverfolgung unzumutbar beeinträchtigt würde, wovon hier nicht ausgegangen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.1998 – 9 C 53/97 – juris Rn. 16).
Die formellen Voraussetzungen für eine Rücknahmeprüfung wären vorliegend auch erfüllt, da der Kläger im Verwaltungsverfahren unrichtige Angaben zu seiner Mitgliedschaft bei der Ahrar al-Sham gemacht hat und auf der Hand liegt, dass das Bundesamt, hätte der Kläger zutreffende Angaben gemacht, die Zuerkennung nicht ausgesprochen hätte (zur Frage, ob bei anfänglicher Rechtswidrigkeit des Bescheides, wenn die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 AsylG nicht vorliegen, eine Rücknahme auf der Grundlage des § 48 VwVfG in Betracht käme, vgl. Hofmann, Ausländerrecht, 2. Aufl. 2016, § 73 AsylG Rn. 6 und Hailbronner, AsylG, Stand: Jan. 2019, § 73 Rn. 24).
Im Ergebnis stellt sich hier die Frage nach einem Austausch der Rechtsgrundlage (oder einer Umdeutung) indes nicht, da Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG entgegen der Auffassung der Beklagten nicht vorliegen.
Bezüglich des weiter geltend gemachten Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG dürfte, was die Frage der Anwendbarkeit der Vorschriften über den Widerruf oder die Rücknahme angeht, dasselbe wie vorstehend ausgeführt gelten, da die Beklagte ihre Gefahrenprognose anscheinend auf die frühere Mitgliedschaft des Klägers in der Ahrar al-Sham stützt, die Gefahrenlage demnach schon vor der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bestanden haben soll. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt allerdings ein Ausschlussgrund nach der Bestimmung (offenkundig) nicht vor.
2. Ein Ausländer ist gemäß § 3 Abs. 2 AsylG nicht Flüchtling, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechens zu treffen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG), der Ausländer vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebietes begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG), oder er den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwider gehandelt hat (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG). Dies gilt auch für Ausländer, die andere zu einer derartigen Straftat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Mit diesen Ausschlussgründen hat der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2004/83/EG umgesetzt (siehe nunmehr Art. 12 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 2011/95/EU). Diese gemeinschaftsrechtliche Regelung geht ihrerseits auf die schon in Art. 1 F des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559) – Genfer Flüchtlingskonvention – GFK – aufgeführten Ausschlussgründe zurück.
2.1 Die Ausschlussklausel des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG findet auf Handlungen Anwendung, die nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit einzustufen sind. (Verbrechen gegen den Frieden können hier außer Betracht bleiben, da diese das Tätigwerden eines Staates voraussetzen.) Welche Handlungen hierunter fallen, bestimmt sich gegenwärtig in erster Linie nach den im Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes vom 17. Juli 1998 (BGBl 2000 II S. 1394, nachfolgend: IStGH-Statut) ausgeformten Tatbeständen dieser Delikte, denn darin manifestiert sich der aktuelle Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das sog. humanitäre Völkerrecht (Kriegsvölkerrecht oder Recht des bewaffneten Konflikts).
In Art. 8 Abs. 2 IStGH-Statut werden Kriegsverbrechen differenzierend zwischen Taten im internationalen (Buchst. a und b) und nichtinternationalen (Buchst. c bis f) bewaffneten Konflikt definiert. Für den nichtinternationalen (innerstaatlichen) bewaffneten Konflikt knüpft Buchstabe c an schwere Verstöße gegen den gemeinsamen Art. 3 der vier Genfer Konventionen vom 12. August 1949 an. Er stellt unter anderem Angriffe auf Leib und Leben hinsichtlich der Personen unter Strafe, die nicht unmittelbar an Feindseligkeiten teilnehmen, einschließlich der Angehörigen der Streitkräfte, welche die Waffen gestreckt haben, und der Personen, die durch Krankheit, Verwundung und Gefangennahme oder eine andere Ursache außer Gefecht befindlich sind. Buchstabe e erfasst andere schwere Verstöße gegen die innerhalb des feststehenden Rahmens des Völkerrechts anwendbaren Gesetze und Gebräuche im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt (u.a. vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die meuchlerische Tötung gegnerischer Kombattanten).
Art. 8 Abs. 2 Buchst. d und f IStGH-Statut grenzen nichtinternationale bewaffnete Konflikte ab gegenüber Fällen innerer Unruhen und Spannungen wie Tumulten, vereinzelt auftretenden Gewalttaten oder anderen ähnlichen Handlungen. Buchstabe f setzt zudem voraus, dass zwischen staatlichen Behörden (in der englischsprachigen Fassung „governmental authorities“) und organisierten bewaffneten Gruppen oder zwischen solchen Gruppen ein langanhaltender bewaffneter Konflikt besteht. Verlangt wird insoweit ein gewisses Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit des Konflikts, um den Eingriff in die Souveränität des betroffenen Staates zu rechtfertigen (vgl. BVerwG, U.v. 24.11.2009 – 10 C 24/08 – juris Rn. 31 ff.).
Allein die aktive Teilnahme eines Kämpfers einer organisierten bewaffneten Gruppe an einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt im vorbeschriebenen Sinne erfüllt damit nicht schon den Tatbestand eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit, denn das in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG rezipierte Völkerstrafrecht enthält – wie das dadurch sanktionierte humanitäre Völkerrecht – hinsichtlich des nichtinternationalen bewaffneten Konflikts nur modale Regelungen für eine Auseinandersetzung, pönalisiert jedoch nicht die Gewaltanwendung gegen Kämpfer der gegnerischen Partei als solche (was aber die Zulässigkeit einer Strafbarkeit entsprechender Handlungen nach nationalem Recht unberührt lässt, siehe dazu unter 2.2).
Am Rande sei bemerkt, dass eine Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes für im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs begangene Delikte derzeit nicht besteht, da Syrien dem Statut nicht beigetreten ist und auch keine Übertragung der Situation durch den UN-Sicherheitsrat nach Art. 13 Buchst. b, Art. 16 IStGH-Statut erfolgt ist. Für die rechtliche Beurteilung ist dies nicht von Belang. Maßgeblich für die Heranziehung der Regelungen des Statuts bei der Prüfung des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG ist wie bereits erwähnt der Umstand, dass dieses den aktuellen Stand der völkerstrafrechtlichen Entwicklung bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht beschreibt.
2.2 Das Vorliegen des Ausschlussgrundes nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG setzt voraus, dass schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Betreffende vor seiner Einreise in das Bundesgebiet eine schwere nichtpolitische Straftat begangen, zu einer solchen Tat angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt hat. Als schwere Straftaten in diesem Sinne sind unter anderem terroristische Handlungen anzusehen, die durch ihre Gewalt gegenüber der Zivilbevölkerung gekennzeichnet sind, auch wenn mit ihnen vorgeblich politische Ziele verfolgt werden (vgl. EuGH, U.v. 9.11.2010 – C-57/09 und C-101/09 – juris Rn. 81). Allerdings rechtfertigt allein der Umstand, dass eine Person einer Organisation angehört, die terroristische Handlungen zu verantworten hat und sie den bewaffneten Kampf dieser Organisation aktiv unterstützt hat, nicht automatisch die Annahme eines Ausschlussgrundes nach dieser Vorschrift. Es bedarf vielmehr in jedem Einzelfall einer Würdigung der genauen tatsächlichen Umstände, um zu ermitteln, ob die von der Organisation begangenen Handlungen als schwere nichtpolitische Straftaten im Sinne des Ausschlussgrundes einzustufen sind und ob der betreffenden Person eine individuelle Verantwortung für die Verwirklichung dieser Handlungen zugerechnet werden kann (BVerwG, U.v. 7.7.2011 – 10 C 26/10 – juris Rn. 35).
Die in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG enthaltenen Ausschlussgründe sind in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nebeneinander anwendbar. Die Entstehungsgeschichte des Art. 1 F Buchst. a und b GFK zeigt, dass der Ausschluss wegen Asylunwürdigkeit zum einen von Kriegsverbrechern im weiteren Sinne und zum anderen von „gemeinen Straftätern“ auf unterschiedliche Quellen zurückzuführen und auf verschiedene Szenarien (Straftaten im Krieg und Straftaten im Frieden) zugeschnitten ist. Dieser historische Befund trägt aber nicht den Schluss, § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG sei gegenüber Nr. 2 exklusiv oder speziell, denn auch in einem bewaffneten Konflikt können Kämpfer schwere nichtpolitische Straftaten begehen. Allerdings stehen die genannten Ausschlussgründe in einer solchen Konfliktsituation auch nicht isoliert nebeneinander. Vielmehr beeinflusst das Vorliegen eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts mit den dafür vorgesehenen Regelungen des humanitären Völkerrechts und deren völkerrechtlicher Sanktionierung auch die Maßstäbe, nach denen sich in Nr. 2 insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Mittel beurteilt.
Zwar genießen Kämpfer aufständischer Gruppen im nichtinternationalen bewaffneten Konflikt – anders als Kombattanten im internationalen bewaffneten Konflikt – nach herrschender, wenn auch nicht unbestrittener Auffassung in Rechtsprechung und Literatur keine Kombattantenimmunität, d.h. sie haben völkerrechtlich kein Recht zur Vornahme bewaffneter Schädigungshandlungen (zur Diskussion um einen Kombattantenstatus für Kämpfer aufständischer Gruppen vgl. Ambos, ZIS 2016, 505, 514 ff.). Aber das Völkerstrafrecht missbilligt wie oben bereits ausgeführt ihre Teilnahme an Kampfhandlungen auch nicht als solche, sondern enthält sich insoweit einer Regelung. Dieser Befund hat notwendig Auswirkungen auf die Bewertung einer Tat im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG. Wenn Gewaltakte wie die Tötung gegnerischer Kämpfer in Kampfhandlungen keinen Tatbestand eines Kriegsverbrechens erfüllen und völkerstrafrechtlich nicht zu ahnden sind, dann kann eine solche Tat nicht ohne Wertungswiderspruch gleichsam automatisch zum Ausschluss von der Flüchtlingsanerkennung gemäß Nr. 2 führen. Werden Kampfhandlungen von Kämpfern in einem nichtinternationalen bewaffneten Konflikt nicht von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG erfasst, erfüllen sie danach in der Regel auch nicht den Ausschlussgrund der schweren nichtpolitischen Straftat (BVerwG, U.v. 24.11.2009 – 10 C 24/08 – juris Rn. 43).
Die Straflosigkeit der Aktivitäten von Kämpfern organisierter bewaffneter Gruppen in nichtinternationalen bewaffneten Konflikten nach den völkerstrafrechtlichen Regelungen, soweit diesen nicht überschießende Delikte nach dem IStGH-Statut vorzuwerfen wären, lässt die Strafbarkeit nach nationalem Recht wegen des fehlenden Kombattantenprivilegs für Kämpfer nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen allerdings unberührt. Derartige Straftaten (Aktivitäten einer Bürgerkriegsmiliz im Kampf gegen Regierungskräfte oder andere Milizen) unterfallen nach den nationalen Strafrechtsordnungen auch regelmäßig dem Terrorismusbegriff und erfüllen nach deutschem Strafrecht den Tatbestand des § 129b StGB unabhängig davon, ob die jeweilige Gruppierung spezifisch terroristische Mittel anwendet oder sich an die Kampfregeln des humanitären Völkerrechts hält. Das strafrechtliche Terrorismusverdikt folgt insoweit bereits aus der Bereitschaft, ggf. Kombattanten bzw. Kämpfer der Gegenseite zu töten. Was den Konflikt in Syrien angeht, bedeutet dies, dass alle bewaffneten Milizen, die gegen das Assad-Regime kämpfen, auch die von westlichen Staaten unterstützten Milizen wie etwa die sog. Freie Syrische Armee, grundsätzlich als terroristische Vereinigung im Sinne von § 129b StGB einzustufen sind (ausführlich zur Rechtfertigung von Straftaten im nichtinternationalen Konflikt unter Berücksichtigung gerade auch der Situation in Syrien Scheuß, ZStW 2018, 23).
Mit Blick auf die vorbeschriebene Wertung ist auch insoweit eine einschränkende Auslegung geboten. Wenn und soweit die im Rahmen einer strafrechtlichen Bewertung inmitten stehenden Handlungen nach den Regeln des humanitären Völkerrechts nicht pönalisiert sind, muss es dabei verbleiben, dass diese auch dann nicht als schwere nichtpolitische Straftaten eingestuft werden können – vielmehr als politische Straftaten anzusehen wären -, wenn durch den Staat, in dem der Betreffende Aufnahme gefunden hat, im Wege der stellvertretenden Strafrechtspflege (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB) eine strafrechtliche Ahndung dieser Handlungen erfolgt (was, soweit es um § 129b StGB geht, bei Taten von Organisationen außerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union weiter eine Verfolgungsermächtigung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz voraussetzt, § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB).
2.3 Was schließlich den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG (Zuwiderhandeln gegen Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen) angeht, der jedenfalls bei Handlungen des Terrorismus mit internationaler Dimension auch von Personen verwirklicht werden kann, die keine Machtposition in einem Staat oder einer staatsähnlichen Organisation haben, setzt der Tatbestand nicht notwendig die Begehung einer strafbaren Handlung voraus. In den einschlägigen UN-Resolutionen zu Antiterrormaßnahmen wird in Bekräftigung dessen, dass jede Handlung des internationalen Terrorismus eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt, ausdrücklich erklärt, „dass die Handlungen, Methoden und Praktiken des Terrorismus im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen und dass die wissentliche Finanzierung und Planung terroristischer Handlungen sowie die Anstiftung dazu ebenfalls im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen“ (Resolution 1372/2001 des Sicherheitsrats vom 28. September 2001, Nr. 5). Daraus ergibt sich, dass Handlungen des internationalen Terrorismus allgemein und unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen stehen. Von diesem Ausschlussgrund können danach auch Personen erfasst werden, die im Vorfeld Unterstützungshandlungen zu Gunsten solcher terroristischer Aktivitäten vornehmen. Zusätzlich ist allerdings – um der Funktion des Ausschlussgrundes gerecht zu werden – in jedem Fall zu prüfen, ob der individuelle Beitrag ein Gewicht erreicht, das dem der Ausschlussgründe in § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG entspricht (BVerwG, U.v. 7.7.2011 – 10 C 26/10 – juris Rn. 39).
2.4 Nach diesen Maßgaben kann nicht angenommen werden, dass in der Person des Klägers Ausschlussgründe nach § 3 Abs. 2 AsylG vorliegen.
In Bezug auf die Ausschlussgründe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG ist zunächst festzustellen, dass der bewaffnete Aufstand in Syrien ab Anfang 2012 weite Teile des Landes erfasst hat, auch das Gebiet, in dem der Kläger für die Ahrar al-Sham aktiv war, und sich zu einem großflächigen Bürgerkrieg ausgeweitet hat. Spätestens seit dieser Zeit ist Syrien Schauplatz eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts (vgl. BGH, B.v. 11.8.2016 – AK 43/16 – juris Rn. 7; B.v. 17.11.2016 – AK 54/16 – Rn. 23; zur Entwicklung des Kriegsgeschehens bis zum Frühjahr 2014 siehe Urteil des OLG München vom 19.09.2017 S. 33 ff. und BAMF, Syrien: Situation in den Provinzen, 04/2014). Weiter ist davon auszugehen, dass es sich bei der Ahrar al-Sham, die zeitweilig bis zu 20.000 Kämpfer unter Waffen gehabt haben soll, um eine organisierte bewaffnete Gruppe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 Buchst. f IStGH-Statut handelt, da sie bereits im hier interessierenden Zeitraum über gefestigte Organisationsstrukturen verfügte und in der Lage war, koordinierte militärische Aktionen mit einer gewissen Schlagkraft auszuführen (zur Ahrar al-Sham siehe insbesondere die Ausführungen im Urteil des OLG München vom 19.09.2017 S. 37 ff. und Steinberg, SWP-Aktuell, April 2016, S. 1 ff.). Die Gruppe hat mittlerweile erheblich an Einfluss verloren. Es liegen auch Berichte vor, wonach sie sich weitgehend aufgelöst haben soll.
Die Beteiligungshandlungen, aufgrund derer der Kläger wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach § 129b StGB und wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt wurde (die Mitgliedschaft in der Gruppe als solche und insbesondere die Wachdienste am Belagerungsring um den Flughafen Kuwairis und die Wachdienste in der Nähe von Azaz), die er im Strafverfahren auch eingeräumt hat, sind aber ausschließlich solche, die nach den Regelungen des internationalen Strafrechts nicht pönalisiert sind, weil der Kläger insoweit im Rahmen eines nichtinternationalen bewaffneten Konflikts als Mitglied einer organisierten bewaffneten Gruppe gehandelt hat und die Tathandlungen weder dem Art. 7 noch Art. 8 Abs. 2 Buchst. c und e IStGH-Statut unterfallen. Damit fehlt es in Bezug auf diese Handlungen für sich betrachtet an schwerwiegenden Gründen für die Annahme, dass ein Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und auch nach Nr. 2 AsylG gegeben ist. Da die abgeurteilten Handlungen sich weder als Kriegsverbrechen noch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen, können sie auch nicht als schwere nichtpolitische Straftat eingestuft werden.
Der Umstand, dass der Gruppierung Ahrar al-Sham als solcher gravierende Menschrechtsrechtsverletzungen vorgeworfen werden, die sich als Kriegsverbrechen darstellen dürften bzw. als terroristische Straftaten und damit auch als schwere nicht-politische Straftat zu werten wären (zur Offensive gegen alawitische Dörfer in der Provinz Latakia im August 2013 und zum Beschuss der Orte Nubul und Zahra zwischen Juli 2013 und September 2015 sowie zur Entführung von Zivilisten aus Zahra vgl. Urteil des OLG München vom 19.09.2017 S. 44 f.) rechtfertigt nach den Umständen des Falles gleichfalls keinen Ausschluss des Klägers von der Flüchtlingseigenschaft nach Maßgabe des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG und des Weiteren auch nicht nach Nr. 3 der Bestimmung.
In Bezug auf die Aktivitäten des Klägers bei der Ahrar al-Sham folgt die Kammer den Feststellungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017. Anhaltspunkte dafür, dass er über die eingestandenen Taten hinaus an weiteren für die Beurteilung relevanten Aktivitäten der Gruppe beteiligt gewesen sein könnte, haben sich im Verfahren nicht ergeben. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass hier weitere Sachaufklärungsmaßnahmen in Betracht gekommen wären.
Für eine konkrete Beteiligung des Klägers an Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit bzw. schweren nichtpolitischen Straftaten in eigener Person, die einen Ausschluss der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG zur Folge hätten, fehlt es danach an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Die allgemeine Förderung der Ziele und Aktivitäten der Gruppe durch die mehrmonatige aktive Mitgliedschaft in dieser reicht hierfür nicht aus. Weiter verbietet sich auch die Einschätzung, eine individuelle Verantwortung für von der Gruppe begangene, den Flüchtlingsschutz ausschließende Straftaten könne vermutet werden, weil dies voraussetzen würde, dass der Kläger entweder eine herausgehobene Position in der Gruppe inne gehabt hat oder sonst Hinweise für eine Beteiligung an einschlägigen Handlungen vorliegen müssten (vgl. EuGH, U.v. 9.11.2010 – C-57/09 und C-101/09 – NVwZ 2011, 285 Rn. 87 ff.). Auch dafür ist aber nichts ersichtlich. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass der Kläger nach den im Verfahren getroffenen Feststellungen zum Sachverhalt, die das Gericht für eine Beurteilung für ausreichend erachtet, eindeutig nur einfacher Kämpfer in der Miliz war und keinerlei Führungsverantwortung hatte. Die gegenteilige Darstellung in der Klageerwiderung ist für die Kammer nicht nachvollziehbar und findet auch in den Feststellungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017 keine Stütze. Es liegen im Übrigen auch keine Erkenntnisse dazu vor, dass die Einheiten, denen der Kläger angehört hat, während des Zeitraums der Mitgliedschaft des Klägers in der Gruppe an relevanten Straftaten beteiligt waren.
Was den Ausschlussgrund des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Ahrar al-Sham nach den vorliegenden Informationen nur in Syrien aktiv ist und es daher an einem Bezug zum internationalen Terrorismus fehlen dürfte. Aber auch wenn man davon ausgehen wollte, dass auch nicht internationale terroristische Aktivitäten von dem Ausschlussgrund erfasst werden können, verhält es sich vorliegend doch so, dass ungeachtet des Umstandes, dass dieser Ausschlussgrund nicht notwendig die Begehung einer Straftat zur Voraussetzung hat, für einen hinreichend relevanten individuellen Beitrag des Klägers zu terroristischen Handlungen, der ein Gewicht erreichen würde, das dem der Ausschlussgründe im § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 AsylG entspricht, nichts ersichtlich ist und daher auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AsylG nicht festgestellt werden können. Hierzu wird ergänzend, insbesondere im Hinblick auf die Frage des Vorliegens von Anhaltspunkten für eine individuelle Verantwortlichkeit in Bezug auf einschlägige Handlungen, auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
3. Der Widerruf bzw. die Rücknahme kann auch nicht darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (obwohl der Kläger Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ist) bereits zum Zeitpunkt der Zuerkennung nicht vorgelegen hätten bzw. später entfallen wären, weil der Kläger aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen wäre oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten würde, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schwerwiegenden Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist (§ 3 Abs. 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG, der die Ausnahmen vom flüchtlingsrechtlichen Refoulementverbot gemäß Art. 33 Abs. 2 GFK übernimmt, siehe hierzu auch Art. 14 Abs. 4 und 5 Richtlinie 2011/95/EU). Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keiner der in § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG geregelten Ausschlusstatbestände einschlägig.
Zu prüfen ist hier allein die erste Alternative der Bestimmung (Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland). Hinsichtlich der zweiten Alternative (Gefahr für die Allgemeinheit) liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen, die eine Gefahrenprüfung notwendig machen würden, offensichtlich nicht vor, da der Anwendungsbereich der Vorschrift zum einen nur Verurteilungen nach Erwachsenenstrafrecht erfasst – der Kläger wurde aber zu einer Jugendstrafe verurteilt – (NdsOVG, U.v. 8.2.2012 – 13 LB 50/09 – BeckRS 2012, 47607) und zum anderen (entgegen dem Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung) das Strafmaß des Klägers unter drei Jahren lag (zur Frage, ob aus dem Regelungszusammenhang von Art. 1 F und Art. 33 GFK ggf. zu folgern wäre, dass als Straftaten im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Alt. 2 GFK, dem Art. 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 2 AufenthG entspricht, nur solche anzusehen wären, die im Zufluchtsstaat oder jedenfalls erst nach der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begangen wurden, vgl. – dies bejahend – Lauterpracht/Bethlehem in: Refugee Protection in International Law: UNHCR`s Global Consultations on International Protection, 2003, S. 87 ff., insbes. S. 138 f.).
Die Regelung des § 60 Abs. 8 Satz 1 Alt. 1 AufenthG ist (wie auch die zweite Alternative) sicherheitsrechtlicher Natur. Sie dient der Abwehr von Gefahren, die von dem betroffenen Ausländer ausgehen. Mit Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland ist dabei deren äußere und innere Sicherheit gemeint. Diese kann insbesondere auch durch Aktivitäten des Terrorismus gefährdet werden. Bezüglich der Annahme schwerwiegender Gründe ist dabei aber zu fordern, dass die von dem Ausländer ausgehenden Gefahren bei einer am Gewicht des Ausschlussgrundes ausgerichteten Wertung so gravierend sein müssen, dass sie es rechtfertigen, den Abschiebungsschutz für politisch Verfolgte zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.3.1999 – 9 C 31-98 – NVwZ 1999, 1346 zu § 51 Abs. 3 AuslG 1990).
Schwerwiegende Gründe, dass vom Kläger eine gravierende Gefahr in diesem Sinne ausgehen könnte, liegen nicht vor. Die Beklagte hat dies in den Bescheidsgründen und der Klageerwiderung behauptet, hierzu aber nichts weiter vorgetragen. Allein der Umstand, dass der Kläger einige Monate in seinem Heimatland Mitglied einer salafistischen, gegen das Assad-Regime kämpfenden Miliz gewesen ist, der (wie praktisch auch allen anderen Akteuren in dem Konflikt) Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht vorgeworfen werden, reicht hierfür offenkundig nicht aus. Der Mitgliedschaft in einer Bürgerkriegsmiliz kann je nach den Umständen zwar eine Indizwirkung für die Gefahrbewertung zukommen. Im vorliegenden Fall ist dafür aber nicht ansatzweise etwas ersichtlich. Das Gericht geht aufgrund des Eindruckes, den es vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, dessen glaubhafter Einlassung zu seinen Lebensverhältnissen wie auch mit Blick auf die personenbezogenen Feststellungen im Urteil des OLG München vom 19. September 2017 davon aus, dass der Kläger keine Auffassungen vertritt, die als dschihadistisch bzw. anderweitig radikalislamistisch zu werten wären. Da auch sonst keine Umstände vorliegen, die auf eine spezifische Gefährlichkeit des Klägers hindeuten könnten, verbietet sich die Annahme, der Kläger sei als eine Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland anzusehen. Die gegenteilige Auffassung der Beklagten bzw. deren nicht weiter begründete Behauptung des Vorliegens einer solchen Gefahr hält das Gericht angesichts der Umstände des Falles für völlig abwegig.
4. Der Vollständigkeit halber ist abschließend darauf hinzuweisen, dass ein Widerruf bzw. eine Rücknahme der Flüchtlingseigenschaft auch nicht im Hinblick auf eine Veränderung der Verhältnisse in Syrien bzw. in Ansehung der gegenwärtigen Verhältnisse in dem Land in Betracht käme. Ein Widerruf nach § 73 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG setzt wie ausgeführt eine Veränderung der Verhältnisse voraus, eine Rücknahme nach § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG kommt nur in Betracht, wenn der Ausländer nicht aus anderen Gründen anzuerkennen wäre. Nach den vorliegenden Erkenntnissen zur Situation in Syrien liegt aber auf der Hand, dass dem Kläger als ehemaligem Rebellenkämpfer ungeachtet seines Gesundheitszustandes für den Fall der Rückkehr nach Syrien – bezogen auf den Zeitpunkt der Zuerkennung wie auch auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG drohten bzw. weiter drohen und es an einer relevanten Änderung der Verhältnisse fehlen würde (zur aktuellen Situation in Syrien siehe insbesondere Auswärtiges Amt, Bericht über die Lage in der Arabischen Republik Syrien, Stand: November 2018, zum Militärdienst S. 11 ff.; zur Menschenrechtslage S. 14 ff. und zu Rückkehrfragen S. 21 ff.).
5. Die Widerrufsentscheidung (Bescheidtenor Nr. 1) kann nach alledem keinen Bestand haben und war antragsgemäß aufzuheben. Damit fehlt es auch an einer Rechtsgrundlage für die zum subsidiären Schutz getroffene Folgeentscheidung (Bescheidtenor Nr. 2), sodass auch diese Regelung aufzuheben war. Da der Klage mithin im Hauptantrag vollumfänglich stattzugeben war, bedarf es keiner Entscheidung über den hilfsweise gestellten Antrag auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.


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