Verwaltungsrecht

Widerruf der Waffenbesitzkarte

Aktenzeichen  M 7 S 19.3198

Datum:
9.9.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 21987
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 36 Abs. 1, § 45 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Die Verwahrung einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe in einem verschlossenen Waffenkoffer anstatt in einem Tresor stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Aufbewahrungspflichten (§ 36 Abs. 2 S. 1 WaffG) dar, der den Widerruf der Waffenbesitzkarte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung wegen Unzuverlässigkeit rechtfertigt. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 3.625,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 4. Juli 2019 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse sowie gegen alle hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Kreisverwaltungsreferats der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2019.
Am 3. April 2019 vollstreckten Beamte der Bundespolizeiinspektion München und der Bundespolizeiabteilung Bayreuth gegen 7:00 Uhr an der Wohnanschrift des Antragstellers einen Dursuchungsbeschluss gegen den Sohn des Antragstellers. Dieser bewohnt zusammen mit dem Antragsteller eine Wohnung im zweiten Obergeschoss der besagten Wohnanschrift. Im Rahmen der Durchsuchung teilte der Antragsteller den handelnden Polizeibeamten auf Nachfrage mit, dass er seine Waffen in einem extra dafür vorgesehenen, verschlossenen Raum mit Tresoren aufbewahre. Der Antragsteller gab an, dass er die Schlüssel für den Raum und die darin befindlichen Tresore in einem nur ihm bekannten versteckten Klappfach im Schlafzimmerschrank aufbewahre. Auf Nachfrage händigte der Antragsteller den Polizeibeamten nach längerem Suchen zwei Schlüsselbunde aus, erklärte jedoch, momentan nicht zu wissen, welcher Schlüsselbund zum Waffenraum gehöre. Die Polizeibeamten sollten ausprobieren, welcher Schlüssel passe. In dem Raum stellten die Beamten sodann unter anderem eine verschlossene, mit einem Zahlenschloss gesicherte Langwaffentransportkiste fest. Da der Antragsteller trotz mehrfacher Nachfrage die richtige Zahlenkombination nicht nennen konnte, wurde diese mit dessen Einverständnis gewaltsam geöffnet. In der Transportkiste befand sich eine ungeladene Langwaffe (Jagdgewehr mit Zielfernrohr). Im weiteren Verlauf räumte der Antragsteller ein, dass der Lagerzustand von Waffen und Munition sowie Munitionsherstellungsutensilien unsachgemäß sei und entschuldigte dies mit seinem momentanen Gesundheitszustand.
Mit Schreiben vom 9. April 2019 teilte das Kreisverwaltungsreferat der Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt werde, dessen waffenrechtliche Erlaubnisse zu widerrufen, da er auf Grund der am 3. April 2019 getroffenen Feststellungen keine Gewähr für die sichere Verwahrung von Schusswaffen biete.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers erklärten hierzu mit Schreiben vom 23. April 2019, selbst wenn man von einem Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten ausgehe, stelle sich dieser jedenfalls als äußerst geringfügig dar. Eine negative Prognose der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit lasse sich hieraus nicht herleiten. Die am 3. April 2019 bei der polizeilichen Wohnungsdurchsuchung außerhalb des, in demselben Raum befindlichen, Waffentresors aufgefundene Langwaffe habe sich in einem verschlossenen Waffentransportbehältnis, einem mit einem Zahlenschloss gesicherten Metallkoffer, befunden. Der Antragsteller sei die einzige Person, die Zugriff auf den Inhalt des Koffers gehabt habe, da nur er Kenntnis von der Zahlenkombination habe. Zu der Räumlichkeit habe auch kein beliebiger Personenkreis Zutritt gehabt. Es könne daher nicht von einer auch nur abstrakten Gefahr des Abhandenkommens oder des unbefugten Ansichnehmens durch unbefugte Dritte ausgegangen werden. Das dem Antragsteller vorgeworfene Fehlverhalten weiche von den typischen Fällen einer negativen Zuverlässigkeitsprognose ab. Die Waffe sei nur über einen sehr kurzen Zeitraum außerhalb des dafür vorgesehenen Waffenschranks aufbewahrt worden. Dennoch sei sie nicht für Dritte ohne Sicherung frei zugänglich gewesen, sondern habe sich in einem verschlossenen stabilen Metallkoffer innerhalb des für die Aufbewahrung der Waffen vorgesehenen Raumes befunden. Zudem sei Hintergrund der kurzzeitigen Lagerung außerhalb des Tresors die Reinigung der Waffe gewesen. Hierzu habe der Antragsteller ein spezielles Reinigungsmittel verwendet, welches eine längere Einwirkungszeit erfordert habe. Aufgrund der Größe der Waffe sei es dem Antragsteller nicht möglich gewesen, diese während Einwirkungszeit in den Waffenschrank zu stellen. Zu Beginn der Wohnungsdurchsuchung sei der Antragsteller auch nicht außer Haus oder weit entfernt, sondern im Raum nebenan gewesen. Schon aus der Auffindesituation der Waffe lasse sich erkennen, dass der Antragsteller diese gerade nicht längerfristig oder regelmäßig in dieser Art aufbewahrt habe. Von einer nicht sorgfältigen Verwahrung sei jedoch nur auszugehen, sofern die zur Verfügung stehenden zumutbaren Möglichkeiten nicht genutzt würden. Die notwendige Sorgfalt sei jedoch beachtet worden. Die Waffe sei doppelt gesichert gewesen, sowohl durch den verschlossenen Raum als auch durch das abgeschlossene stabile Transportbehältnis. Von einer nicht nur ganz unerheblich erhöhten Gefahr eines Zugriffs unbefugter Personen könne folglich nicht ausgegangen werden. Es handele sich höchstens um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, welche bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könne und nicht für eine Unzuverlässigkeit des Antragstellers spreche.
Mit Schreiben vom 25. April 2019 bat das Kreisverwaltungsreferat der Antragsgegnerin den Antragsteller mitzuteilen, welches Reinigungsmittel verwendet worden sei und die entsprechenden Anwendungshinweise vorzulegen.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers teilten mit Schreiben vom 6. Mai 2019 mit, dass es sich bei dem verwendeten Reinigungsmittel um einen handelsüblichen Reinigungsschaum der Marke Milfoam gehandelt habe. Der Antragsteller gebe an, dass er die Reinigung deshalb so spät begonnen habe, weil er zu der Zeit einen Wechsel im Schichtplan gehabt habe. Er habe daher erst um ca. 2:00 Uhr mit der Reinigung begonnen. Ergänzend wurde der übliche Ablauf einer Reinigung dargestellt, bei dem die Waffe unter anderem aus Sicherheitsgründen in dem abgeschlossenen Koffer für die Zeit der Einwirkung des Reinigungsschaums verstaut werde und dieser sich die ganze Zeit in der verschlossenen Waffenkammer befinde. Den beschriebenen Reinigungsvorgang habe der Antragsteller auch in der betreffenden Nacht begonnen, jedoch aufgrund der Durchsuchung nicht vollständig durchführen können. Der Antragsteller habe bereits durch das Einschließen der Waffe während der Reinigung in den zahlenschlossgesicherten Waffentransportkoffer gezeigt, dass er sich des Sicherheitserfordernisse im Umgang mit Schusswaffen mehr als bewusst sei.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2019 – zugestellt am 11. Juni 2019 – widerrief das Kreisverwaltungsreferat der Antragsgegnerin die Waffenbesitzkarte Nr. … vom 21. November 2002 und die Waffenbesitzkarte für Sportschützen Nr. … vom 11. Juli 2006 mit Zustellung des Bescheids (Nr. I.1). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die nachfolgend einzeln aufgeführten, in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und den Kreisverwaltungsreferat einen Nachweis zu erbringen (Nr. I.2). Zudem wurde der Antragsteller verpflichtet die in Nr. I.1 genannten Waffenbesitzkarten innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheids im Kreisverwaltungsreferat abzugeben (Nr. I.3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 wurde angeordnet (Nr. I.4). Für den Fall der nicht fristgerechten Rückgabe der Waffenbesitzkarten werde in Zwangsgeld in Höhe von 500,- EUR je Erlaubnisdokument fällig (Nr. I.5). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt und es wurden Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 62,19 EUR festgesetzt (Nr. I.6).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse auf § 45 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG beruhe. Bei der Wohnungsdurchsuchung am 3. April 2019 habe die Repetierbüchse Ceska, Kal. .308 Win in einem Waffenkoffer statt in dem vorhandenen Tresor gelegen. Die Einlassung, dass dies den Grund gehabt habe, dass die Waffe sich dort zu Reinigungszwecken befunden habe, werde als Schutzbehauptung gewertet. Dem Bericht des die Durchsuchung vornehmenden Polizeibeamten sei zu entnehmen, dass der Antragsteller auf die Frage nach den Waffen und waffenrechtlichen Erlaubnissen angegeben habe, dass er aufgrund einer längeren Erkrankung seine Waffen und Zubehör schon seit geraumer Zeit nicht mehr benutze und den Zustand der Waffen bzw. Munition nicht genau in Erinnerung habe. Dieser habe nach dem gewaltsamen Öffnen des Koffers die nicht korrekte Aufbewahrung der Waffen eingeräumt und dies mit seinem schlechten Gesundheitszustand entschuldigt. Von einem gegenwärtigen Reinigungsvorgang habe er nicht gesprochen. Unabhängig davon wäre es dem Antragsteller ohne weiteres zuzumuten gewesen, den Zeitpunkt für eine Reinigung seiner Waffen so zu wählen, dass diese auch zeitnah abgeschlossen hätte werden können, ohne den Reinigungsvorgang zu unterbrechen, um eine nicht gesetzeskonforme Aufbewahrung immer noch zu vermeiden. Die Anordnung in Nr. I.2 werde auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, die Anordnung in Nr. I.3 auf§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG gestützt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nrn. 1.2 und 1.3 sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Abs. 3 VwGO im überwiegenden öffentlichen Interesse geboten, da es im überwiegenden öffentlichen Interesse liege, dass die Anordnungen zur Rückgabe der Waffenbesitzkarten sowie zu Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen vor der, bei Ausschöpfung des Verwaltungsrechtswegs unter Umständen erst in mehreren Jahren zu erwartenden Unanfechtbarkeit des Bescheides wirksam werden.
Gegen diesen Bescheid haben die Bevollmächtigten des Antragstellers am 4. Juli 2019 Klage erhoben (M 7 K 19.3194) und zugleich Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die aufschiebende Wirkung der Klage wegen offensichtlicher Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids wiederherzustellen sei. Die Antragsgegnerin gehe bei ihrer Entscheidung, dass es dem Antragsteller an der erforderlichen waffenrechtlichen Zuverlässigkeit fehle, in tatsächlicher Hinsicht von einem unzutreffenden Sachverhalt aus. Bei dem Vortrag, die Waffe habe sich beim Auffinden noch in einem nicht abgeschlossenen Reinigungsprozess befunden, handele es sich nicht um eine Schutzbehauptung. Der Antragsteller habe bei Beginn der Reinigung davon ausgehen können, den Vorgang in den üblichen Schritten zeitnah und ohne Verstoß gegen die Aufbewahrungspflicht abschließen zu können. Der Antragsteller sei jedoch im Schichtdienst mit Wechselschicht tätig. Am 3. April 2019 habe der Wechsel von Tagschicht auf Nachtschicht stattgefunden, sodass der nächste Dienst erst am Nachmittag um 15:30 Uhr hätte beginnen sollen. Erfahrungsgemäß falle dem Antragsteller die Umstellung auf die veränderten Ruhezeiten leichter, wenn er am Tag des Wechsels auf Nachtschicht möglichst lange wach bleibe und sich später zum Schlafen lege. So habe er es auch in dieser Nacht gehalten. Um die Wachzeit sinnvoll zu nutzen und sich zu beschäftigen, habe er gegen 2:00 Uhr mit der Reinigung der Waffe begonnen. Der dabei verwendete Reinigungsschaum habe nach dem Einbringen in den Lauf in unterschiedlichen Positionen der Waffe jeweils längere Zeit einwirken müssen. Der Kläger habe die Reinigung fast abgeschlossen gehabt, als er sich zur Überbrückung der Wartezeit vor dem letzten Arbeitsgang wegen Rückenschmerzen gegen 5:00 Uhr auf das Bett gelegt habe. Entgegen seiner Absicht und seiner Erwartung sei er dabei jedoch eingeschlafen. Andernfalls hätte sich die gereinigte Waffe zum Zeitpunkt der Durchsuchung wieder an ihren Platz im Waffenschrank befunden. Für den Antragsteller sei bei Beginn der Reinigung nicht absehbar gewesen, dass er den Vorgang nicht wie geplant zügig durchführen und in der üblichen Zeit abschließen werden könne. Ohne das Hinzutreten von Rückenbeschwerden und das dadurch bedingte Bedürfnis, sich kurz auszustrecken, wäre dies auch nicht passiert.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2019, Az. … … … …, wird wiederhergestellt.
Der Antragsgegner beantragt,
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung wird Bezug genommen auf die vorgelegte Waffenakte sowie auf die Begründung des Bescheids vom 6. Juli 2019. Ergänzend hierzu wird vorgetragen, dass der Antragsteller auf die Frage des Polizeibeamten nach einer Inaugenscheinnahme der Waffen angegeben habe, auf Grund einer längeren Erkrankung seine Waffen und Zubehör schon seit längerer Zeit nicht mehr benutzt und den Zustand der Waffen nicht genau in Erinnerung zu haben. Der Antragsteller habe längere Zeit nach dem Tresorschlüssel suchen müssen und sich trotz mehrfacher Nachfragen auch nicht an die Zahlenkombination für den Waffenkoffer erinnern können. Die Polizei habe zudem erst eine Vielzahl von Gegenständen aus dem Raum entfernen müssen, um an den Waffenschrank zu gelangen. Es erscheine unglaubwürdig, dass der Antragsteller, trotz eines Gesundheitszustands, der es nicht zugelassen habe, die Waffe selbst umgehend im Tresor zu verwahren, einen mehrstündigen Reinigungsvorgang eingeleitet habe. Er habe auch gegenüber der Polizei zu keiner Zeit die ungenügende Aufbewahrung der Waffe im Waffenkoffer mit einem langwierigen Reinigungsvorgang zu erklären versucht. Den Polizeibeamten sei beim Überprüfen des Ladezustands der Waffe auch kein mit Schaum gefüllter Lauf aufgefallen. Schließlich habe der Antragsteller, als der Polizeibeamte die Repetierbüchse in den Tresor habe stellen wollen, nicht eingewendet, dass dies einem angeblich anhängigen Reinigungsvorgang hinderlich sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 7 K 19.3194 sowie die vorgelegte Behördenakte ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist insgesamt unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 1.2 und 1.3 des Bescheids formell rechtmäßig ist und das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt die von der Waffenbehörde vorgebrachte Begründung – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes handelt.
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 15. November 2018 in seinen Nrn. I.1, I.2 und I.3 rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache kann daher nicht angenommen werden.
Der in Nr. I.1 angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarte gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG dürfte rechtmäßig sein.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarte, nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach§ 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14).
Die Tatsachen, die dem Gericht derzeit vorliegen und die im Rahmen des Eilverfahrens zu würdigen sind, rechtfertigen die Prognose, dass der Antragsteller seine Waffen und Munition nicht sorgfältig verwahrt und aufgrund dessen nicht über die erforderliche waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Alt. 3 WaffG verfügt.
Die anlässlich der Wohnungsdurchsuchung am 3. April 2019 vorgefundene Aufbewahrungssituation ist eine nachträglich eingetretene Tatsache, die die Annahme fehlender Zuverlässigkeit des Klägers rechtfertigt.
Waffen sind im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nur dann sorgfältig verwahrt, wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung von Waffen oder Munition beachtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2018 – 21 ZB 15.2434 – juris Rn. 12). Die Anforderungen an eine sorgfältige Verwahrung sind in § 36 WaffG sowie insbesondere in dem diesen gemäß § 36 Abs. 5 WaffG konkretisierenden § 13 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung vom 27.10.2003 (BGBl. I S. 2123), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl I S. 2133) näher geregelt. Gemäߧ 36 Abs. 1 WaffG in der durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl I S. 2133) geänderten, ab dem 6. Juli 2017 geltenden Fassung (vgl. wortgleich § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG a.F.) hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.
Die Verwahrung der Repetierbüchse Ceska, Kal. .308 Win in einem Waffenkoffer statt in den vorhandenen Tresor stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßregeln dar. Dieser Verstoß rechtfertigt auch die Prognose, dass der Kläger seine Waffen und Munition auch zukünftig nicht sorgfältig verwahren wird.
Die Verwahrung der Repetierbüchse Ceska, Kal. .308 Win in einem Waffenkoffer – anstatt in dem vorhandenen Tresor – stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen grundlegende Vorsichts- und Umgangsmaßregeln dar. Der Antragsteller hat hierdurch ersichtlich gegen die Vorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 1 WaffG verstoßen, die den Mindeststandard hinsichtlich der Aufbewahrung von – wie hier – erlaubnispflichtigen Schusswaffen festlegt (vgl. Gade/Stoppa, WaffG, 1. Auflage 2011, § 36 Rn. 29). Danach müssen solche Waffen mindestens in einem der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 (Stand Mai 1997) entsprechenden oder gleichwertigen Behältnis aufbewahrt werden, wobei als gleichwertig insbesondere ein Behältnis der Sicherheitsstufe B nach VDMA 24992 (Stand Mai 1995) gilt. Dem genügt ein Transportkoffer offenkundig nicht (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 20).
Es handelt sich bei dem konkreten Verstoß gegen die dem Antragsteller als Waffenbesitzer obliegenden Aufbewahrungspflichten – entgegen dessen Vorbringen – auch nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 22.10.2014 – 6 C 30/13 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 31.7.2015 – 21 CS 15.1156 – juris Rn. 12).
Denn zwar ist zu berücksichtigen, dass die Waffe nicht vollkommen ungesichert einem Zugriff durch beliebige Dritte ausgesetzt war, da der Transportkoffer verschlossen war und sich in einem ebenfalls verschlossenen Raum befunden hat. Allerdings kann bereits eine nur äußerst kurzfristige Nachlässigkeit im Umgang mit Schusswaffen oder Munition ausreichen, um diese Gegenstände in die Hände Nichtberechtigter gelangen zu lassen (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2018 – 21 B 15.2434 – juris Rn. 20). Dementsprechend dienen die Aufbewahrungsvorschriften der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen durch Dritte zu verhindern (vgl. BayVGH, B.v. 12.12.2015 – 21 ZB 15.2418 – juris Rn. 12). Diese sollen mit Blick auf bekannt gewordene Missbrauchsfälle aus der Vergangenheit einen Zugriff gerade auch durch die Personen verhindern, die sich fortwährend im räumlichen Umfeld der Waffen aufhalten (Hausgenossen, Mitbewohner, Familienangehörige) (vgl. VGH BW, B.v. 3.8.2011 – 1 S 1391/11 – juris Rn. 6). Es kommt nicht darauf an, ob und in welchem Umfang durch eine Verletzung der Aufbewahrungspflicht im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen oder Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Dementsprechend berührt jeder Verstoß gegen diese Regelungen zugleich das Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefahr (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 21). Denn die geforderte sichere Aufbewahrung dient keineswegs nur dazu, unbefugt in der Wohnung befindlichen Personen den Zugriff zu erschweren, sondern sie gewährleistet ebenso, dass Personen bei rechtmäßigem Aufenthalt in der Wohnung, also Familienangehörige, Besucher und Gäste, nicht unkontrolliert an Waffen und Munition gelangen können (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.1996 – 21 CS 95.3505 – BayVBl 1996, 534). Zielrichtung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist es, die unkontrollierte Sachherrschaft über Waffen und Munition solchen Personen nicht zu ermöglichen, die nicht ausdrücklich die Erlaubnis zum Besitz von Schusswaffen haben (vgl. BayVGH, B.v. 19.3.1996 a.a.O.). Der Antragsteller hat insoweit eine nicht hinzunehmende Sorglosigkeit bezüglich der zentralen waffenrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften offenbart, da er die Waffe in dem verschlossenen Transportkoffer aufbewahrt hat. Diese Form der Aufbewahrung erfüllt die gesetzlichen Anforderungen auch dann nicht, wenn sich der verschlossenen Transportkoffer selbst in einem verschlossenen Raum befunden hat. Denn die offen in den Räumlichkeiten eines dauernd bewohnten Gebäudes aufbewahrten Waffen sind auch bei abgeschlossenem Haus nicht sorgfältig aufbewahrt (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20). Zudem handelt es sich bei dem verschlossenen Raum nicht um einen gesicherter Raum im Sinne des § 36 Abs. 2 Satz 3 WaffG, d.h. dessen Sicherheitsniveau dem der in den Sätzen 1 und 2 des § 36 Abs. 2 WaffG genannten Behältnisse vergleichbar ist. Diese Ausnahme trägt den Fällen Rechnung, in denen Schusswaffen, z. B. in Museen oder Sammlungen, trotz sicherer Aufbewahrung der Sichtbarkeit nicht entzogen werden sollen (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20).
Des Weiteren ist die Behauptung des Antragstellers, die Waffe erst in der Nacht der Wohnungsdurchsuchung aus dem nach § 36 Abs. 2 WaffG vorgesehenen Sicherheitsbehältnis genommen zu haben, um sie zu reinigen, als Schutzbehauptung zu werten. Den in der Behördenakte befindlichen Berichten der handelnden Polizeibeamten über die Wohnungsdurchsuchung am 3. April 2019 ist jeweils nicht zu entnehmen, dass der Antragsteller geäußert hätte, die Waffe erst kürzlich gereinigt zu haben bzw. mit deren Reinigung beschäftigt zu sein sowie, dass sich die Waffe lediglich zum Zweck des Einwirkens des Reinigungsmittels in dem Transportkoffer befinde. Vielmehr ist geht aus den Berichten jeweils hervor, dass der Antragsteller trotz mehrfacher Nachfrage die Zahlenkombination für das Schloss des Transportkoffers nicht nennen konnte. Zudem habe der Antragsteller die unsachgemäße Aufbewahrung eingeräumt und diese mit seinem momentanen Gesundheitszustand entschuldigt. Den Berichten ist somit auch nicht zu entnehmen, dass die Waffe in dem Transportkoffer augenscheinlich gerade oder erst kürzlich gereinigt worden wäre.
Insgesamt begründet die festgestellte Tatsache der unsachgemäßen Verwahrung von Waffen und Munition unter Berücksichtigung der Einlassungen des Antragstellers die Annahme, dass dieser auch zukünftig Waffen und Munition nicht jederzeit ordnungsgemäß verwahren wird.
Vor dem Hintergrund, dass eine unsorgfältige und gesetzeswidrige Aufbewahrung den Übergang von der legalen zur illegalen Schusswaffe erleichtert, schlagen Aufbewahrungsmängel insbesondere auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) durch. Im Rahmen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG kann damit schon ein einziger Verstoß gegen die in § 36 Abs. 1 WaffG normierten Aufbewahrungspflichten die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2017 – 21 CS 17.1531 – juris Rn. 16). Es kommt im Übrigen nicht darauf an, ob durch den Verstoß im Einzelfall eine konkrete Gefährdung der Allgemeinheit eingetreten ist. Jeder Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften berührt zugleich die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit, jedenfalls im Sinn einer abstrakten Gefährdung (vgl. BayVGH, B.v. 5.6.2018 – 21 ZB 15.2434 – juris Rn. 20). Denn der Schutz der Allgemeinheit vor von Waffen und/oder Munition ausgehenden Gefahren soll gerade durch die geltenden Aufbewahrungsvorschriften erreicht werden. Maßgebend ist dabei der Zweck des Gesetzes, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BVerwG, B.v. 12.10.1998 – 1 B 245.97 – juris). Bei den Aufbewahrungsvorschriften, gegen die der Antragsteller verstoßen hat, handelt es sich um zentrale waffenrechtliche Vorschriften. Sie dienen der Umsetzung eines der vordringlichsten und wichtigsten Ziele des Waffengesetzes, nämlich das Abhandenkommen oder die unbefugte Ansichnahme von Waffen und Munition durch unbefugte Dritte zu verhindern. In Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, braucht ein Restrisiko nicht hingenommen zu werden. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinn bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht. Im Übrigen ist im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht etwa der Nachweis erforderlich, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft erneut Waffen oder Munition nicht ordnungsgemäß aufbewahren. Angesichts des möglichen Schadens bei Nichtbewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition genügt es vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen verbleibt (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 22).
Schließlich bestehen auch gegen die mit dem Widerruf des Waffenbesitzkarte verbundenen notwendigen Anordnungen, die Waffenbesitzkarten zurückzugeben (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG) und vorhandene Waffen und Munition einem Berechtigten zu überlassen oder (dauerhaft) unbrauchbar zu machen (vgl. § 46 Abs. 2) Satz 1 WaffG) keine rechtlichen Bedenken. Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der Waffenbesitzkarte und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe von Waffen und Erlaubnisurkunde sicher. Die Verpflichtung, die Waffenbesitzkarte zurückzugeben, folgt ebenso wie die Unbrauchbarmachung bzw. Abgabe der Waffen und Munition aus deren Widerruf. Soweit der Antragsgegnerin in diesen Folgeentscheidungen Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich.
Jedenfalls überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarte das Interesse des Antragstellers.
Denn in Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).)
Im Hinblick auf Nr. I.1 des Bescheids intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Der Antragsteller hat insoweit, sprich bzgl. des Widerrufs der Waffenbesitzkarte, keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen, zumal insoweit ohnehin kein besonderes, einen vergleichbaren Fall übersteigendes Interesse vorgetragen wurde.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) besteht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen, die ausgestellten Erlaubnisurkunden zurückzugeben (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Denn diese Folgeentscheidungen stellen sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis tatsächlich umgesetzt wird (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nr. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind für die Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000,- Euro zzgl. 750,- Euro je weiterer Waffe (hier: 3 Waffen) anzusetzen. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von7.250,- Euro, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.


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