Verwaltungsrecht

Widerruf der Waffenbesitzkarte und Ungültigerklärung des Jagdscheins – Waffenrechtliche Unzuverlässigkeit wegen Zugehörigkeit zur „Reichsbürgerbewegung“

Aktenzeichen  M 7 K 17.3740

Datum:
15.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55079
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 1 und 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2
BJagdG § 18

 

Leitsatz

1. Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 -). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 1 B 11/18 – juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des im vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252 -). (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat in ihrer zuletzt anhängigen Form keine Aussicht auf Erfolg. Soweit sie zurückgenommen wurde, war das Verfahren einzustellen. Im Übrigen ist die zulässige Klage unbegründet.
1. Der Bescheid vom 11. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger somit nicht in eigenen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Bescheidsaufhebung (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG in Nr. I.1 des Bescheids angeordnete Widerruf der Waffenbesitzkarte ist rechtmäßig, weil der Kläger waffenrechtlich unzuverlässig ist.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden (Buchst. a), mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden (Buchst. b) oder Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind (Buchst. c).
Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 51). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 a.a.O; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf stRspr des BVerwG z.B. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris sowie B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 71).
Im konkreten Fall rechtfertigen die Tatsachen, die dem Gericht vorliegen, eine Annahme bzw. Prognose, dass der Kläger mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein in § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG beschriebenes Verhalten zeigen wird und somit nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit verfügt. Der Kläger hat vorliegend durch sein Verhalten Tatsachen geschaffen, die die Annahme rechtfertigen, dass er der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig ist bzw. sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht.
Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, besitzen nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300; B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332; B.v. 10.1.2018 – 21 CS 17.1339; B.v. 15.1.2018 – 21 CS 17.1519; B.v. 12.3.2018 – 21 CS 17.1678; B.v. 16.1.2019 – 21 C 18.578 – alle juris).
So sprechen im konkreten Fall insbesondere die Stellung eines Antrags auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit (Staatsangehörigkeitsausweis) unter Hinweis auf das RuStAG von 1913 und die Angabe „Königreich Bayern“ als Staatsangehörigkeit dafür, dass der Kläger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist bzw. er sich deren Ideologie für sich bindend zu eigen gemacht hat.
Denn Reichsbürger und Selbstverwalter bestreiten die rechtmäßige Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und bezeichnen diese z.T. als „Firma BRD“. Sie sind der Auffassung, dass sie nicht die Staatsangehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland besitzen bzw. aus dieser „austreten“ können. Ausgehend von der falschen Annahme, ohne Staatsangehörigkeitsausweis staatenlos zu sein, beantragen sie häufig einen Staatsangehörigkeitsausweis (sog. „gelber Schein“) zur Bestätigung ihrer Reichs- und Staatsangehörigkeit nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 179 ff.). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – unter anderem den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“ (vgl. BayVGH, B.v. 19.12.2017 – 21 CS 17.2029 – juris Rn. 16). Der „gelbe Schein“ wird zudem als Nachweis der Rechtsstellung als Staatsangehöriger des vorgeblich fortbestehenden „Deutschen Reichs“ angesehen (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). In diesem Kontext ist auch die, in dem Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit, getätigte Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit des Klägers „Königreich Bayern seit Geburt erworben durch Abstammung nach RuStAG 1913“ zu sehen. Dies legt ebenfalls grundsätzlich „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich der Kläger nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2018 – 21 CS 17.2310 – juris Rn. 19). Denn aus Sicht der „Reichsbürger“ bestimmt sich ihre Staatsangehörigkeit nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Jahr 1913 geltenden Fassung, wonach die Reichsangehörigkeit zum Deutschen Reich gegeben war, wenn eine Staatsangehörigkeit eines Landes des Deutschen Reichs bestand (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 180). Der Kläger hat hierdurch eine weitere für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Argumentationslinie zum Ausdruck gebracht (vgl. zur Angabe „Königreich Bayern“ BayVGH, B.v. 12.12.2017 – 21 CS 17.1332 – juris Rn. 15). Durch diese Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in der Fassung von 1913, mit der Angabe der weiteren Staatsangehörigkeit „Königreich Bayern“ und dem Einfordern spezifischer Eintragungen im EStA-Register hat der Kläger somit nicht nur eine für die sog. „Reichsbürgerbewegung“ typische Verhaltens- und Ausdrucksweise gezeigt, sondern hierdurch zugleich nach außen gegenüber einer Behörde den Eindruck erweckt, dass es ihm nicht nur um den Erwerb eines Staatsangehörigkeitsausweises geht, sondern darum, einen Nachweis dafür zu erhalten, dass er die Staatsangehörigkeit des Königreichs Bayern durch Abstammung erworben hat. Der Kläger hat seine in den dargelegten Äußerungen und Verhaltensweisen zum Ausdruck kommende innere Einstellung damit nach außen hin zu erkennen gegeben. Auch der im Formular auffallende, bewusste Verzicht auf Postleitzahlen – mit verschiedenen, absurden Begründungen (z.B. „Weltpostvertrag 1874“, „Reichspost“) – ist eine typische, gerichtsbekannte Verhaltensweise von Reichsbürgern, ebenso wie der vom Kläger selbst erwähnte „Reichsbürgerausweis“ bzw. der „Reichsgewerbeschein“. Denn Reichsbürger benutzen anstelle amtlicher Ausweise oft Fantasiepapiere wie „Reichspersonenausweise“ oder „Reichsführerscheine“ (vgl. Verfassungsschutzbericht Bayern 2018 S. 181).
Die Einlassungen des Klägers sowohl im Verwaltungsverfahren bzw. in seinen E-Mails als auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vermögen demgegenüber an der Einschätzung des Gerichts nichts zu ändern. Der Kläger konnte nicht plausibel und nachvollziehbar erklären, wieso er trotz der eben erläuterten, von ihm geschaffenen und nach außen getragenen Tatsachen kein Anhänger der „Reichsbürgerbewegung“ bzw. von deren Ideologie sein soll. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers sind teilweise schon in sich widersprüchlich bzw. widersprechen der allgemeinen Lebenserfahrung. Zudem führt der Kläger zur vermeintlichen Erklärung seines damaligen Verhaltens wiederum Aspekte an, die einem typischen Argumentationsmuster der Reichsbürgerbewegung folgen. Letztendlich hat sich der Kläger insoweit unglaubwürdig gemacht, seine Einlassungen erscheinen sowohl vom zeitlichen Ablauf als auch inhaltlich verfahrenstaktisch motiviert, um einen drohenden Verlust seiner Waffen und jagdrechtlichen Erlaubnisse zu verhindern. So gibt der Kläger an, dass er sich selbst gewundert habe, dass man seine deutsche Staatsangehörigkeit durch einen „Antrag beim Ausländeramt“ nachweisen müsse. Letzteres ist ein gerichtsbekanntes Argumentationsmuster der Reichsbürgerszene, welche die Zuständigkeit der Ausländer- bzw. Staatsangehörigkeitsbehörde schon als Indiz wertet, dass man ohne spezifischen Nachweis (nach RuStAG 1913) für deutsche Behörden quasi als Ausländer oder Bürger ohne volle Rechte (nicht „als echter Deutscher“) gelte. Ebenso typisch ist in diesem Zusammenhang die Einlassung des Klägers in der E-Mail vom … April 2017 an das Landratsamt, dass es ihm rein darum gegangen sei, einen Nachweis zu erbringen, dass seine Abstammung väterlicherseits bis vor 1913 reiche (dass dies dem Kläger wichtig war, bestätigt im Übrigen auch der informatorisch im Rahmen der mündlichen Verhandlung angehörte Herr V., s.u.). Auch diese Intention folgt einer gängigen, in vielen einschlägigen reichbürgertypischen/-nahen Internetauftritten und auch sonstigen Dokumenten bzw. Einlassungen zu findenden (gerichtsbekannten) Argumentation. Demnach hätten die „Nazis“ mittels der „Verordnung über die deutsche Staatsangehörigkeit vom 5. Februar 1934“ eine deutsche Staatsangehörigkeit „erfunden“, die man als „Nazistaatsangehörigkeit“ nicht haben wolle, weshalb man mit dem Nachweis „bis 1913 zurückgehen“ müsse. Zudem widersprechen sich insoweit bzw. im Hinblick auf den genauen Ablauf der Antragstellung die Angaben des Klägers und des von ihm als Zeugen benannten Herrn V. Während der Kläger etwa im Schriftsatz vom … September 2019 vortragen lässt, dass das Ausfüllen des Formulars ohne seine Mitwirkung und seinen Einfluss stattgefunden habe, und am … Mai 2017 zudem beim Landratsamt behauptet hat, dass er sich hinsichtlich der inhaltlichen Angaben blind auf Herrn V. verlassen habe, gab letzterer vor Gericht an, dass man mehrere Ausfüllhilfen online konsultiert habe. Dabei sei es darum gegangen, wie viele Vorfahren bzw. wie weit man die Vorfahren nachweisen müsse und dass, wenn man sich vom Dritten Reich distanzieren wolle, man die Passage mit „RuStAG 1913“ einfügen müsse. Der Kläger habe ihm, Herrn V., gesagt, dass er dies auf jeden Fall machen wolle. Auch dies bekräftigt den Eindruck, dass dem Kläger der (reichsbürgertypische) „Nachweis bis 1913“ wichtig gewesen ist und steht damit im Gegensatz zu seiner Einlassung, dass er den Antrag rein aus „Jux und Tollerei“ bzw. „journalistischer Neugier“ gestellt habe. Zudem erschließt sich nicht, inwiefern ein solcher Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises als Kritik (als deren jahrzehntelanges Mitglied und im Hinblick auf „nachlassende konservative Werte“) an der CSU funktionieren soll (vgl. Schriftsatz vom … September 2019) bzw. wieso der Kläger dies dann nicht in seinen E-Mails an den Staatsminister und die CSU-Landesleitung so explizit und deutlich angesprochen hat. Und schließlich konnte der Kläger auch nicht plausibel erklären, wieso er ohne eigenes Zutun mehrere einschlägige Fantasiedokumente von einem „Reichsamt des Innern“ erhalten haben will. Es widerspricht aller Lebenserfahrung und erscheint auch praktisch kaum vorstellbar, dass der Kläger, ohne dass er sich insoweit aktiv darum bemüht haben will, von ihm fremden Dritten mit durchaus erheblichem Aufwand hergestellte Ausweise übersandt bekommt. Ebenso muss sich der Kläger in diesem Zusammenhang vorhalten lassen, dass er laut eigener Auskunft bereits im Juli 2016 die von ihm erwähnten Dokumente erhalten, letztendlich aber erst im April 2017 seine „Kündigung“ abgeschickt hat. Es fällt auf, dass einerseits der Erhalt der Dokumente in den Zeitraum fällt, in welchem der Kläger auch seinen Antrag auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsnachweises verfasst hat (April 2016), und andererseits die „Kündigung“ (vom 10.4.2017) wenige Tage nach Erhalt des Anhörungsschreibens des Landratsamts (vom 6.4.2017) erfolgt ist. Auch dies unterstreicht den vom Gericht gewonnenen Eindruck, dass sich der Kläger der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig gefühlt und diese auch nach außen vertreten hat. Soweit der Kläger daher etwa durch seine „Loyalitätserklärung“ geltend macht, er halte sich an geltende Gesetze, ergibt sich daraus nichts anderes. Der Umstand allein, dass sich eine Person in bestimmten, ihr opportun erscheinenden Situationen in Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben verhält, begründet keine waffenrechtliche Zuverlässigkeit, wenn sie ihre Bindung an die Rechtsordnung, wie hier, durch Wort und Tat unter Vorbehalt stellt und auf diese Weise Zweifel weckt, ob sie waffenrechtliche Vorschriften auch dann noch einhält, wenn sie ihr nicht (mehr) opportun erscheinen (vgl. VGH BW, B.v. 10.10.2017 – 1 S 1470/17).
Ebenso wenig ist hierin oder auch sonst, beispielsweise durch seine Aussage während der Aufbewahrungskontrolle am … Dezember 2016 oder Äußerungen in seinen E-Mails, eine glaubhafte Distanzierung von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ im Fall des Klägers festzustellen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine glaubhafte Distanzierung kann aufgrund der identischen sicherheitsrechtlichen Schutzrichtung – Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – die ausländerrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 54 Abs. 1 Nr. 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – entsprechend herangezogen werden (vgl. VG München, Gerichtsbescheid v. 17.10.2018 – M 7 K 17.750 – juris Rn. 39). Dementsprechend ist für eine glaubhafte Distanzierung zu verlangen, dass äußerlich feststellbare Umstände vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Betroffene seine innere Einstellung verändert hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.4.2018 – 1 B 11/18 – juris Rn. 12). Das Erfordernis der Veränderung der inneren Einstellung bedingt es, dass der Betroffene in jedem Fall einräumen muss oder zumindest nicht bestreiten darf, in der Vergangenheit den einschlägigen sicherheitsrechtlichen Tatbestand erfüllt zu haben. Ohne Einsicht des Betroffenen in die Unrichtigkeit des im vorgeworfenen Handelns hat die Ankündigung einer Verhaltensänderung keine glaubwürdige Grundlage (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2017 – 10 B 16.1252 – juris Rn. 53). Eine diesen Anforderungen genügende, glaubhafte Distanzierung des Klägers von der Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ lässt sich nicht, jedenfalls aber nicht bis zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses feststellen. Hinreichende äußerlich feststellbare Umstände, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass der Kläger seine innere Einstellung verändert hat, sind nicht erkennbar, zumal der Kläger nach wie vor bestreitet, jemals der Ideologie nahegestanden bzw. diese als für sich verbindlich angesehen zu haben. Wie bereits erwähnt liegt daher auch insoweit nahe, dass der Kläger seine Einstellung nicht aufgrund einer eigenen Motivation bzw. Einsicht geändert, sondern verfahrenstaktisch agiert.
1.2 Vor diesem Hintergrund ist auch die in Nr. I.3 des Bescheids vom 11. Juli 2017 verfügte Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins nach § 18 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 BJagdG rechtmäßig (vgl. 1.1). Zweifel an der Rechtmäßigkeit der in den Nrn. I.2, I.4, I.5 und I.8 bis I.12 des Bescheids ausgesprochenen Nebenverfügungen sind weder ersichtlich noch vorgetragen; insoweit wird gem. § 117 Abs. 5 VwGO auf dessen Gründe Bezug genommen.
2. Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO. Der bzgl. Nr. I.6 des Bescheids zunächst bei Klageerhebung gestellte Verbescheidungsantrag wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
3. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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